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BVerfG Beschluss vom 16.02.2006 - 2 BvR 951/04, 2 BvR 1087/04

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Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 03.05.2004; Aktenzeichen 2 Ws 1/04)

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 31.03.2004; Aktenzeichen 2 Ws 1/04)

LG Heidelberg (Beschluss vom 12.11.2003; Aktenzeichen 4 Ns 24 Js 25006/02)

 

Tenor

Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. März 2004 verletzt den Beschwerdeführer zu 1. in seinem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer zu 1. die durch die Verfassungsbeschwerde entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

 

Gründe

A.

I.

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Zulassung einer “anderen Person” als Strafverteidiger im Sinne des § 138 Abs. 2 StPO vor dem Hintergrund der Zulässigkeit “altruistischer Rechtsberatung” nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG).

1. Der Beschwerdeführer zu 1. – ein pensionierter Richter am Oberlandesgericht, der keine Anwaltszulassung besitzt und auch nicht Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule ist – kämpft seit langem um die Anerkennung der altruistischen Rechtsberatung. Hierfür bedient er sich unter anderem auch der Internetseite seines Vereins, der sich der Erforschung und Vermittlung der Bedeutung und Funktion des Rechts und der Justiz im demokratischen Rechtstaat vor dem Hintergrund des Justizunrechts im 20. Jahrhundert widmet. In diesem Zusammenhang sieht der Beschwerdeführer auch die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes, das 1935 geschaffen wurde, um jüdischen Juristen auch die letzte Möglichkeit zu nehmen, rechtsberatend tätig zu werden.

2. Unter dem 30. Juni 2003 hat der Beschwerdeführer zu 1. bei dem Landgericht Heidelberg einen Antrag nach § 138 Abs. 2 StPO auf Bestellung als (weiterer) Verteidiger in einem Verfahren gegen den Beschwerdeführer zu 2. wegen Diebstahls gestellt. Er fügte eine Vollmacht des Beschwerdeführers zu 2. bei und wies darauf hin, dass er bereits zwei Mal vom Amtsgericht Braunschweig wegen unerlaubter geschäftsmäßiger Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten verurteilt worden war.

3. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat gegen den Beschwerdeführer zu 1. wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG eine Geldbuße von 600 Euro festgesetzt.

4. Das Landgericht hat die Genehmigung nach § 138 Abs. 2 StPO versagt, weil der Beschwerdeführer zu 1. bereits zwei Mal wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG verurteilt worden war. Nach dieser Vorschrift bedürfe auch die unentgeltliche, rein altruistische Rechtsberatung der behördlichen Erlaubnis, sofern sie geschäftsmäßig und nicht nur einmalig betrieben werde. Dies räume der Beschwerdeführer zu 1. ein; er besitze die deshalb erforderliche Erlaubnis nicht. Weil seine Tätigkeit einen erneuten Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG bedeute, komme eine Zulassung nach § 138 Abs. 2 StPO nicht in Betracht.

5. Gegen diesen Beschluss haben die Beschwerdeführer jeweils Beschwerden zum Oberlandesgericht eingelegt, die es als unbegründet verworfen hat.

a) Zur Begründung hat das Gericht hinsichtlich des Beschwerdeführers zu 1. ausgeführt, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er die Verteidigertätigkeit nicht geschäftsmäßig im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG vornehme. Da zudem die Genehmigung nach § 138 Abs. 2 StPO die nach Art. 1 § 1 RBerG erforderliche Genehmigung nicht ersetzen könne, müsse der Beschwerdeführer zu 1. mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, erneut in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren belangt zu werden. In dieser Situation könne ihm die Genehmigung nach § 138 Abs. 2 StPO nicht erteilt werden. Es widerspreche dem überwiegenden Interesse der im Rahmen der Zulassungsentscheidung nach § 138 Abs. 2 StPO zu berücksichtigenden Rechtspflege, wenn eine Person in einem Strafverfahren mit gerichtlicher Genehmigung die Verteidigung übernehme, die damit gleichzeitig gegen geltendes Recht verstoße. Auch müsse mit einer erheblichen Belastung des Berufungsverfahrens durch ein möglicherweise gleichzeitig gegen den als Verteidiger Tätigen laufendes Bußgeldverfahren gerechnet werden.

b) Das Oberlandesgericht hat über die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 2. erst auf dessen Nachfrage entschieden, seinen Beschluss hinsichtlich des Beschwerdeführers zu 1. ergänzt und die dort gegebene Begründung wiederholt.

II.

1. Gegen einen Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft Braunschweig gemäß Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG wegen eines Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG, gegen die entsprechende Verurteilung durch das Amtsgericht Braunschweig und den diese bestätigenden Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig hatte der Beschwerdeführer zu 1. in dem Verfahren 1 BvR 737/00 Verfassungsbeschwerde erhoben.

2. Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat am 29. Juli 2004 beschlossen, den Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 1. März 2000 – 1 Ss (B) 5/00 – und das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 13. Oktober 1999 – 2 OWi 701 Js 9841/99 – aufzuheben, weil sie den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Die Sache wurde an das Amtsgericht Braunschweig zurückverwiesen. Die weitergehende Verfassungsbeschwerde wurde verworfen (vgl. BVerfGK 3, 348 ff.).

B.

I.

1. Der Beschwerdeführer zu 1. hat fristgerecht Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er rügt, die Ablehnung der von ihm beantragten Zulassung als Verteidiger nach § 138 Abs. 2 StPO verletze sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Er beantragt die Aufhebung der Beschlüsse des Landgerichts Heidelberg und des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. März 2004.

2. Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer zu 2., die Ablehnung der von ihm beantragten Zulassung des Beschwerdeführers zu 1. als Verteidiger nach § 138 Abs. 2 StPO verletze sein aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip) folgendes Grundrecht auf freie Verteidigerwahl. Er beantragt die Aufhebung der Beschlüsse des Landgerichts Heidelberg und des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. März 2004 und vom 3. Mai 2004.

II.

Das Bundesministerium der Justiz, der Präsident des Bundesgerichtshofs und das Justizministerium Baden-Württemberg haben von einer Stellungnahme abgesehen (§ 94 Abs. 1 BVerfGG).

Das Bundesverfassungsgericht hat die Akten des Ausgangsverfahrens beigezogen (11 Cs 24 Js 25006/02 – AK 152/03, Amtsgericht S.).

C.

I.

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. ist teilweise unzulässig.

1. Soweit der Beschwerdeführer zu 1. den Beschluss des Landgerichts angreift, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Diese Entscheidung ist prozessual überholt. Das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht hat die Ermessensentscheidung des Landgerichts in vollem Umfang, nicht nur auf Rechtsfehler überprüft (vgl. BayObLG NJW 1954, S. 1212; OLG Oldenburg NJW 1958, S. 33; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl. 2005, Rn. 23 zu § 138 StPO).

2. Im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde keine Bedenken. Aus den von der Kammer angeforderten Verfahrensakten ergibt sich zwar, dass das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer zu 2. seit dem 19. Februar 2005 rechtskräftig abgeschlossen ist. Dennoch hat der Beschwerdeführer zu 1. unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr weiterhin ein Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 33, 247 ≪257≫; 47, 198 ≪223 f.≫; stRspr).

II.

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, wird sie zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts angezeigt ist (§ 93b in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu dem aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit hat das Bundesverfassungsgericht für den hier zu beurteilenden Zusammenhang bereits entschieden (vgl. zuletzt Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 2004 – 1 BvR 737/00 –, BVerfGK 3, 348 ≪350 f.≫, m.w.N. auch der Senatsrechtsprechung). Danach ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer begründenden Sinne offensichtlich begründet.

1. Die angegriffene Entscheidung entspricht nicht den sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die von dem Beschwerdeführer geleistete altruistische, also die im Rahmen seines gesellschaftlichen Engagements gegebene Rechtsberatung, fällt in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG, der Betätigungen jedweder Art umfasst, ohne dass diese einen besonders prägenden Bezug zur Entfaltung der Individualpersönlichkeit aufweisen müssen (vgl. Dreier, GG-Kommentar, 2. Aufl. 2004, Rn. 27 zu Art. 2 I GG m.w.N.). Der Beschwerdeführer übt die Rechtsberatung nach seinen eigenen Angaben nicht entgeltlich und damit nicht als Beruf aus, so dass er sich nicht auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) berufen kann (vgl. Schenke, JZ 2004, S. 1122 ≪1123≫). Die Nichtzulassung gemäß § 138 Abs. 2 StPO wegen vorangegangener Verurteilungen nach Art. 1 § 8 Abs. 1 Satz 1 RBerG stellt – ebenso wie eine solche Verurteilung selbst (vgl. BVerfGK, a.a.O., 350) – einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers dar.

2. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung, die Genehmigung zu versagen, darauf gestützt, der Beschwerdeführer sei bereits zwei Mal wegen eines Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG verurteilt worden und werde mit der Tätigkeit im vorliegenden Verfahren erneut gegen diese Vorschrift verstoßen. Es widerspreche dem überwiegenden Interesse der im Rahmen des § 138 Abs. 2 StPO zu berücksichtigenden Rechtspflege, wenn eine Person in einem Strafverfahren mit gerichtlicher Genehmigung die Verteidigung übernehme, die damit gleichzeitig gegen geltendes Recht verstoße.

3. Diese Rechtfertigung des Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit hat vor dem Hintergrund der Auslegung des Art. 1 § 1 RBerG durch das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung BVerfGK 3, 348 keinen Bestand. Die Entscheidung stellt einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Freiheitsrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG dar.

a) Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat ausgeführt, der Erlaubnisvorbehalt für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gemäß Art. 1 § 1 RBerG sei verfassungsgemäß. Das Gesetz diene dem Schutz des Rechtssuchenden sowie der geordneten Rechtspflege. Zur Erreichung dieser Zwecke sei es erforderlich und angemessen (vgl. BVerfGK 3, 348 ≪351≫ unter Bezugnahme auf BVerfGE 41, 378 ≪390≫; 75, 246 ≪267, 275 f.≫; 97, 12 ≪26 f.≫).

b) Allerdings müssten die die Norm anwendenden und auslegenden Gerichte auch berücksichtigen, dass das Rechtsberatungsgesetz – wie andere Gesetze auch – einem Alterungsprozess unterworfen sei. Das Rechtsberatungsgesetz stehe in einem Umfeld sozialer Verhältnisse und gesellschaftspolitischer Anschauungen, mit deren Wandel sich auch der Norminhalt ändern könne. Die Gerichte hätten vor diesem Hintergrund zu prüfen, ob das Gesetz für alle Fälle, auf die seine Regelung abziele, eine gerechte Lösung bereithalte. Seien mehrere Deutungen einer Norm möglich, so verdiene diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspreche. Diese Grundsätze gälten auch dann, wenn durch die Verurteilung zu einer Geldbuße gemäß Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG wegen eines Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen werde. Die Gerichte hätten nicht in Erwägung gezogen, ob der Begriff der “Geschäftsmäßigkeit” in Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG unter Berücksichtigung der durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Interessen und des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG von Verfassungs wegen im konkreten Fall eine Auslegung erfordere, die die unentgeltliche Rechtsbesorgung durch einen berufserfahrenen Juristen nicht erfasst. Dies hat die Kammer für den Fall des Beschwerdeführers zu 1. bejaht, die Entscheidungen als auf dem Grundrechtsverstoß beruhend angesehen und deshalb aufgehoben (vgl. BVerfGK 3, 348 ≪351 ff.≫).

c) Das Oberlandesgericht hatte hier nach pflichtgemäßem Ermessen als Beschwerdegericht über einen Genehmigungsantrag nach § 138 Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dabei hatte es das Interesse des Beschuldigten an der Zulassung einer Person seines Vertrauens als Verteidiger gegen die Bedürfnisse der Rechtspflege abzuwägen. Eine Genehmigung nach § 138 Abs. 2 StPO muss erteilt werden, wenn der Gewählte als hinreichend sachkundig und vertrauenswürdig erscheint und auch sonst keine Bedenken gegen sein Auftreten als Verteidiger bestehen (vgl. BayObLG; NJW 1954, S. 1212; HansOLG Bremen, NJW 1951, S. 123; OLG Zweibrücken, NZV 1993, S. 493; OLG Karlsruhe, NStZ 1987, S. 424; OLG Düsseldorf, NStZ 1988, S. 91 ≪92≫; 1999, 586 ≪587≫).

Nach den Grundsätzen der Entscheidung der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 2004 (BVerfGK 3, 348 ff.) kann Art. 1 § 1 RBerG auf die von dem Beschwerdeführer ausgeübte altruistische Rechtsberatung keine Anwendung finden, wenn bei der Auslegung des Begriffs der “Geschäftsmäßigkeit” die Grundrechtsposition des Beschwerdeführers zu 1. aus Art. 2 Abs. 1 GG hinreichende Beachtung findet. Ein vermeintlicher Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG kann damit auch nicht als Begründung zur Versagung einer Genehmigung nach § 138 Abs. 2 StPO herangezogen werden.

An der Sachkunde des Beschwerdeführers zu 1. bestehen angesichts seiner früheren Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht keine Bedenken. Mangelnde Vertrauenswürdigkeit und sonstige Argumente gegen sein Auftreten als Verteidiger sind nicht ersichtlich und in den Gründen der Entscheidung des Oberlandesgerichts auch nicht mitgeteilt.

4. Indem das Oberlandesgericht die Reichweite des Art. 2 Abs. 1 GG nicht gewürdigt und lediglich die auf eine überholte Auslegung des Art. 1 § 1 RBerG gestützten Bedürfnisse der Rechtspflege in die Abwägung eingestellt hat, liegt ein erheblicher Ermessensfehler vor. Die Ablehnungsentscheidung des Oberlandesgerichts beruht auch auf der Nichtbeachtung der Reichweite des Art. 2 Abs. 1 GG bei der Zulassungsentscheidung nach § 138 Abs. 2 StPO. Den Beschlussgründen ist nicht zu entnehmen, ob sich das Oberlandesgericht überhaupt mit der Grundrechtsposition des Beschwerdeführers zu 1. auseinandergesetzt hat.

D.

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2. wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer zu 2. hat zwar das Beschwerdeverfahren geführt und in der Berufungshauptverhandlung erneut gerügt, er sei durch die Nichtzulassung des Beschwerdeführers zu 1. in seinen Rechten beschränkt worden. Wie sich aus den von der Kammer angeforderten Akten des Ausgangsverfahrens ergibt, hat er jedoch eine entsprechende Revisionsrüge nicht angebracht, so dass im Hinblick auf die – grundsätzlich mit der Verfassungsbeschwerde nicht angreifbare – Zwischenentscheidung der Beiordnung des Beschwerdeführers zu 1. gemäß § 138 Abs. 2 StPO der Rechtsweg nicht erschöpft ist (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 2003 – 2 BvR 2000/03 –, juris, m.w.N.).

E.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Hassemer, Di Fabio, Landau

 

Fundstellen

Haufe-Index 1492416

FamRZ 2006, 539

NVwZ 2006, 437

AnwBl 2006, 352

DVP 2006, 256

AUR 2006, 215

Kriminalistik 2006, 658

BRAK-Mitt. 2006, 129

Betrifft JUSTIZ 2006, 306

JuS-Magazin 2006, 4

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