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BSG Urteil vom 25.11.1977 - 2 RU 99/76

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz für eine "gemischte Tätigkeit"

 

Orientierungssatz

Der Unfallversicherungsschutz für eine als "gemischte Tätigkeit" anzusehende Zurücklegung eines Weges erfordert nicht, daß sie dem Unternehmen überwiegend dient, sondern es reicht aus, daß sie ihm wesentlich dient. Daher kann allenfalls ein ganz unbedeutender Zeitaufwand für die betriebliche Betätigung, in dem zugleich auch die geringe Bedeutung der Betätigung ihren Ausdruck gefunden hat, ein entscheidender Faktor für die Beurteilung der Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit des betrieblichen Zwecks der "gemischten Tätigkeit" sein.

 

Normenkette

RVO § 548 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1963-04-30

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 05.10.1976; Aktenzeichen L 5 U 26/75)

SG Detmold (Entscheidung vom 25.11.1975; Aktenzeichen S 8 U 199/74)

 

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1976 aufgehoben, soweit es das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22. Januar 1975 geändert, die Klage abgewiesen und über die Kosten entschieden hat.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1), der fast erblindet ist, betreibt in B eine chemische Reinigung mit mehreren Filialen. Seine Ehefrau arbeitete im Unternehmen mit.

Am 12. September 1973 fuhren der Kläger zu 1), seine Ehefrau sowie der mit beiden befreundeten Versicherungskaufmann W (W.) und dessen Mutter im Kraftfahrzeug des Klägers zu 1) von B kommend auf der Autobahn Fulda-Würzburg. Das Fahrzeug wurde von W. geführt. Beim km 130 kam es infolge eines platzenden Hinterreifens zu einem Unfall, bei dem die Insassen des Kraftfahrzeuges verletzt wurden. Die Ehefrau des Klägers zu 1) und Mutter der Kläger zu 2) und 3) ist auf dem Transport zum Krankenhaus gestorben.

Die Insassen des Kraftfahrzeuges befanden sich auf der Fahrt nach Pilsen, wo W. am 13. September 1973 mittags zu heiraten beabsichtigte; er hatte den Kläger zu 1) und dessen Ehefrau zur Hochzeit eingeladen. Die Visa für die Einreise in die CSSR waren für fünf Tage erteilt. Der Kläger zu 1) und seine Ehefrau beabsichtigten außerdem, am Unfalltage bei der Firma N GmbH in S bei N einen Shok-Finisher zu besichtigen, dessen Ankauf für zwei neu zu eröffnende Sofortreinigungen in Betracht gezogen war. Durch Bescheid vom 26. August 1974 lehnte die Beklagte Entschädigungsansprüche aus den Unfällen des Klägers und dessen Ehefrau ab, da zwischen der betrieblichen Tätigkeit und der unternommenen Fahrt kein ursächlicher Zusammenhang bestanden habe. Der Besuch der Firma N sei nur Nebenzweck der fünftägigen privaten Reise nach P gewesen.

Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die Beklagte verurteilt, den Klägern, und zwar dem Kläger zu 1) auch als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau, wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 1973 eine Entschädigung in gesetzlicher Höhe zu gewähren (Urteil vom 22. Januar 1975). Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, soweit sie Sterbegeld, Überführungskosten, Überbrückungshilfe und Ansprüche des Klägers zu 1) als Rechtsnachfolger seiner tödlich verunglückten Ehefrau betraf. Im übrigen hat das LSG das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Oktober 1976). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich der im Urteilsausspruch im einzelnen aufgeführten Leistungen sei die Berufung der Beklagten nach § 144 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig, weil es sich um einmalige Leistungen und um wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen handele. Soweit die Berufung die Entschädigung der Folgen des Unfalls des Klägers zu 1) und die Gewährung der Waisenrente an die Kläger zu 2) und 3) betreffe, sei sie statthaft und begründet. Der Senat sehe es aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme als erwiesen an, daß der Kläger zu 1) und seine Ehefrau bei Antritt der Fahrt am 12. September 1973 die Absicht gehabt hätten, anläßlich der Fahrt nach P den Musterbetrieb der Firma N in S bei Nürnberg aufzusuchen, um zu prüfen und zu entscheiden, ob deren Shok-Finisher für die unmittelbar bevorstehende Eröffnung einer weiteren Sofortreinigung angekauft werden sollte. Dennoch hätten der Kläger zu 1) und seine Ehefrau zur Unfallzeit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Der Weg von B habe zwar sowohl der privaten Teilnahme an der Hochzeit ihres Freundes W. als auch der betrieblichen Besichtigung und Prüfung des Shok-Finishers der Firma N gedient, jedoch sei der betriebliche Zweck des Weges nur Nebenzweck der Fahrt gewesen; er habe dem Reinigungsunternehmen nicht wesentlich gedient. Der Zeitpunkt der Reise sei entscheidend durch den Hochzeitstermin des Freundes W. bestimmt worden. Zudem sei der Zeitaufwand für die betriebliche Besichtigung des Shok-Finishers von etwa zwei bis drei Stunden im Vergleich zu der geplanten fünftägigen Reise in die CSSR verschwindend gering gewesen. Hinzu komme, daß auch das Interesse des Klägers zu 1) an einem Ankauf des Shok-Finishers der Firma N äußerst gering gewesen sei. Dem Kläger zu 1) sei aufgrund der mehrfachen Unterrichtungen durch den als Zeugen vernommenen Vertreter von O (von O.) bekannt gewesen, daß die Kapazität des Shok-Finishers (ca 150 Teile pro Stunde) für eine Sofortreinigung wesentlich zu hoch und damit wegen der hohen Anschaffungskosten der Maschine für seinen Betrieb wenig rentabel sein würde. Der Kläger zu 1) habe sich auch nach dem Unfall nicht zum Ankauf eines Shok-Finishers der Firma N entschlossen, obwohl er sechs weitere Betriebe eröffnet habe. Diese seien mit Geräten anderer Hersteller ausgerüstet worden. Die Besichtigung der Musterschau der Firma N sei ohne ersichtlichen Grund weder vom Kläger zu 1) noch etwa dem als Zeugen vernommenen Färber- und Chemischreinigermeister B (B.) nachgeholt worden. Schließlich habe der Kläger zu 1) mit dem Zeugen von O. keine Vereinbarung über den am 12. September 1973 beabsichtigten Besuch getroffen, obwohl der Zeuge noch am 22. August 1973 bei ihm gewesen sei und zu dieser Zeit an den Kläger zu 1) bereits die Einladung zur Hochzeit ergangen war sowie auch der Termin für die Eröffnung weiterer Sofortreinigungsbetriebe für Ende September/Anfang Oktober 1973 geplant gewesen sei. Diese Umstände sprächen dafür, daß die Fahrt in erster Linie der von dritter Seite ohne Mitwirkung des Klägers zu 1) oder seiner Ehefrau festgesetzten Hochzeit in P gedient habe, so daß die Musterschau der Firma N nur gelegentlich dieser ohnehin durchzuführenden Fahrt beabsichtigt und daher nur Nebenzweck der Fahrt gewesen sei. Es könne somit nicht davon ausgegangen werden, daß die Fahrt bis zur Unfallstelle als gemischte Tätigkeit dem versicherten Reinigungsbetrieb wesentlich im Sinne der Begriffsbestimmung der gesetzlichen Unfallversicherung gedient habe.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Kläger haben dieses Rechtsmittel eingelegt und wie folgt begründet: Der beabsichtigte Besuch bei der Firma Normbau sei entgegen der Ansicht des LSG nicht nur Nebenzweck der zum Unfall führenden Fahrt gewesen. Die in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen trügen die Entscheidung nicht. Aus dem Zeitaufwand für die Besichtigung bei der Firma N im Vergleich zur Dauer der Reise zur Hochzeit lasse sich nicht auf einen Nebenzweck der Besichtigung schließen. Es sei unstreitig, daß die Besichtigung des Shok-Finishers in der angegebenen Zeit hätte bewerkstelligt werden können. Sie hätte auch für den Entschluß über den Ankauf einer derartigen Maschine ausgereicht. Der Besuch bei der Firma Normbau, der schon lange geplant gewesen sei, sei wegen der Blindheit des Klägers zu 1) und des dadurch bedingten Angewiesenseins auf fremde Hilfe mit der Fahrt zur Hochzeit verbunden worden. Zu Unrecht habe das LSG aus der großen Kapazität des Shok-Finishers gefolgert, daß das Interesse an einem Ankauf äußerst gering gewesen sei. Der Entschluß zur Fahrt nach S bei Nürnberg sei gerade deshalb erfolgt, weil der Kläger zu 1) trotz der ihm bekannten Umstände die praktische Arbeitsweise der Maschine kennenlernen wollte, um sich dann endgültig zu entscheiden. Das geringe Interesse an dem Erwerb des Shok-Finishers ergebe sich auch nicht daraus, daß eine Besichtigung nach dem Unfall nicht mehr erfolgt sei. Anfang 1974 sei in M ein Shok-Finisher aufgestellt worden, der in Größe und Kapazität besser für die Sofortreinigungen geeignet gewesen sei und um 50% unter dem Preis der Firma N gelegen habe. Im Anschluß daran seien mehrere Geräte dieser Art erworben worden und damit nachträglich das Interesse an der Firma N zurückgegangen. Daß dem Vertreter von O. der genaue Termin des Besuchs im August 1973 nicht mitgeteilt worden sei, erkläre sich daraus, daß die Fahrt am 12. September 1973 nach P noch nicht festgestanden habe. Sie sei von der Unterbringung der Kläger zu 2) und 3) in B für die Dauer der Reise abhängig gewesen. Wäre diese Unterbringung gescheitert, wäre der Kläger zu 1) mit seiner Ehefrau vielleicht nicht am 12. September 1973, aber an einem passenden anderen Tag noch im September 1973 zur Firma N gefahren; denn er habe die Maschine für die beiden neu zu eröffnenden Filialen kaufen wollen.

Die Kläger beantragen dem Sinne nach,

das Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1976 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen und über die Kosten entschieden worden ist, und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Detmold vom 22. Januar 1975 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß die unfallbringende Fahrt maßgeblich von dem Zweck geprägt worden sei, zu einer mehrtägigen Hochzeitsveranstaltung des Freundes W. nach P zu fahren. Der Besuch bei der Firma N sei derart belanglos gewesen, daß der Kläger zu 1) ihn nicht einmal dem Vertreter von O. angekündigt und nach dem Unfall auch nicht nachgeholt habe. Die Blindheit hätte den Kläger zu 1) nicht gehindert, ohne die Fahrt nach P zur Firma N zu fahren, wenn ihm dies im geschäftlichen Interesse belangvoll erschienen wäre. Hinsichtlich der Erwägungen des LSG über den Zeitaufwand für den Besuch der Firma N im Vergleich zum Aufenthalt in P, seien keine Einwendungen zu erheben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist insofern begründet, als die angefochtene Entscheidung, soweit durch sie die Klage abgewiesen worden ist, aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.

Die Entschädigungsansprüche des Klägers zu 1), eines gegen Arbeitsunfall kraft Satzung versicherten Unternehmers (§ 543 Reichsversicherungsordnung - RVO -) und der Kläger zu 2) und 3), als Hinterbliebene ihrer im väterlichen Unternehmen beschäftigt und nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO gegen Arbeitsunfall versichert gewesenen Mutter, hängt davon ab, ob der Unfall am 12. September 1973 ein Arbeitsunfall war.

Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Die Versicherten stehen unter Versicherungsschutz nicht nur bei ihrer dem unmittelbaren Arbeitsvorgang dienenden Tätigkeit und auf den hiermit zusammenhängenden Wegen innerhalb der Betriebsstätte, sondern auch auf den Wegen außerhalb der Betriebsstätte, die zur Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden und dadurch einen ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit haben (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 8. Aufl, S 481 p). Dienen Wege nicht ausschließlich betriebsbedingten, sondern zugleich auch privaten (eigenwirtschaftlichen) Zwecken und lassen sie sich nicht eindeutig in einen versicherten unternehmensbedingten und einen unversicherten unternehmensfremden Teil trennen, stehen die Versicherten bei der Zurücklegung der Wege als einer sog "gemischten Tätigkeit" unter Versicherungsschutz, sofern diese dem versicherten Zweck wesentlich dient. Nur wenn das Handeln im Interesse des versicherten Zweckes bloßer Nebenzweck der Tätigkeit ist, wird der Versicherungsschutz verneint (BSGE 3, 240 und die dort zitierte Rechtsprechung; BSGE 20, 215, Brackmann aaO S 480 t und 481 g; Lauterbach Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl § 548 Anm 46).

Von diesen rechtlichen Erwägungen ausgehend ist das LSG aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger zu 1) und seine Ehefrau auf der zum Unfall führenden Fahrt eine "gemischte Tätigkeit" verrichteten. Die Fahrt diente sowohl der dem Unternehmen des Klägers zu 1) zuzurechnenden Besichtigung und Prüfung des Shok-Finishers der Firma N in S bei N als auch der privaten Teilnahme an der Hochzeit des Freundes W. in P. Soweit das LSG das beabsichtigte Aufsuchen der Firma N jedoch als einen den Versicherungsschutz ausschließenden Nebenzweck der Fahrt bezeichnet, ist seinen Ausführungen nicht in allen Teilen zu folgen. Der festgestellte Sachverhalt reicht zu einer abschließenden Entscheidung nicht aus.

Die Tatsache, daß der Zeitpunkt für die Fahrt, auf der sich der Unfall ereignete, entscheidend durch die Hochzeit des Freundes W. bestimmt wurde, der Kläger zu 1) und seine Ehefrau an dem Zustandekommen des Termins auch nicht beteiligt waren, sagt noch nichts über die Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit des betrieblichen Zwecks der Fahrt aus. Es kann durchaus vernünftig sein, eine im betrieblichen Interesse liegende Verrichtung mit einer termingebundenen privaten Reise zu verbinden. Nach der Auffassung des erkennenden Senats ist auch weniger Gewicht auf den Zeitaufwand der betrieblichen Betätigung im Verhältnis zur privaten Verrichtung zu legen, sondern die Bedeutung der betrieblichen Betätigung für das Unternehmen festzustellen (vgl Wildfeuer, SozVers 1973, 260, 263). Der Zeitaufwand ist zwar nicht ganz außer Betracht zu lassen (vgl BSGE 3, 240, 246; 20, 215, 219), jedoch als Merkmal für das Gewicht der betrieblichen Betätigung und nicht als bloße Zahl zur Ermittlung des Verhältnisses von betrieblicher zu privater Betätigung. Ein Zeitaufwand von zwei bis drei Stunden, wie er vom Kläger zu 1) für die Besichtigung und Prüfung des Shok-Finishers angegeben worden ist, kann eine "gemischte Tätigkeit" als wesentlich betrieblichen Interessen dienend qualifizieren, wenn ein größerer Zeitaufwand für die betriebliche Betätigung nicht erforderlich ist, sie gleichwohl erhebliche Bedeutung für das Unternehmen hat. Da eine als "gemischte Tätigkeit" anzusehende Zurücklegung eines Weges nicht erfordert, daß sie dem Unternehmen überwiegend dient, sondern ausreicht, daß sie ihm wesentlich dient, kann allenfalls ein ganz unbedeutender Zeitaufwand für die betriebliche Betätigung, in dem zugleich auch die geringe Bedeutung der Betätigung ihren Ausdruck gefunden hat, ein entscheidender Faktor für die Beurteilung der Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit des betrieblichen Zwecks der "gemischten Tätigkeit" sein.

Zutreffend hat das LSG daher geprüft, welches Interesse der Kläger zu 1) an dem Ankauf des Shok-Finishers der Firma N für die zu eröffnenden weiteren Sofortreinigungen gehabt hat. Nach der Auffassung des Senats kommt diesem Interesse entscheidende Bedeutung zu. War es so groß, daß der Kläger zu 1) und seine Ehefrau unabhängig von der Fahrt nach P zur Firma N gefahren wären, würde die Zurücklegung des Weges nach P im Zeitpunkt des Unfalls auch wesentlich versicherten Zwecken gedient haben. Das geringe Interesse des Klägers zu 1) an dem Ankauf des Shok-Finishers der Firma N hat das LSG daraus gefolgert, daß die Kapazität der Maschine für die Sofortreinigungen des Klägers zu 1) zu hoch war, die Besichtigung und Prüfung des Gerätes nach dem Unfall weder vom Kläger zu 1) noch seinem Färber- und Chemischreinigermeister B nachgeholt wurden und der Kläger zu 1) die nach dem Unfall eröffneten Sofortreinigungsbetriebe mit Maschinen anderer Hersteller ausgerüstet habe. Nach Auffassung des erkennenden Senats sind dies zwar gewichtige Argumente, um den Besuch bei der Firma N als bloßen Nebenzweck der privaten Reise nach P anzusehen. Andererseits kann dadurch noch nicht als unwahrscheinlich angesehen werden, daß der Kläger zu 1) sich erst nach einer Besichtigung und Prüfung des Shok-Finishers der Firma N entschließen wollte, ob er die Maschine für die zu eröffnenden Sofortreinigungen anschafft. Dazu wäre erforderlich festzustellen, ob der Kläger zu 1) zur selben Zeit nicht etwa schon mit anderen Herstellern oder Lieferanten gleichartiger oder ähnlicher Geräte Geschäftsbeziehungen angeknüpft und Vereinbarungen getroffen hatte, die bereits eine Entscheidung für den einzusetzenden Gerätetyp bedeuteten. Darüber fehlen Feststellungen.

In einem Schreiben vom 22. Juli 1974 an die Beklagte wies der Prozeßbevollmächtigte des Klägers zu 1) darauf hin, daß der Kläger zu 1) Shok-Finisher der Firma N für die im Oktober 1973 zu eröffnende Sofortreinigung in B und für die im November 1973 zu eröffnende Sofortreinigung in H zu erwerben beabsichtigt habe. Infolge des Unfalls seien die beiden Filialen mit verkleinerter Maschinenausstattung, und zwar Z-Garderobenformern, erst im Januar 1974 eröffnet worden. Auch in der Klageschrift vom 19. September 1974 ließ der Kläger zu 1) vortragen, daß er wegen des Unfalls mit weniger leistungsfähigen Maschinen habe auskommen müssen. Nach Aussage des Färber- und Chemischreinigermeisters B am 5. Oktober 1976 wurden die beiden Filialen Ende November 1973 und Mitte Dezember 1973 eröffnet. In diesem Zusammenhang bedarf es der Klärung der Geschäftsbeziehungen des Klägers zu 1) zu den Herstellern oder Lieferanten der dort verwendeten Geräte, die mit dem Shok-Finisher der Firma N konkurrieren, insbesondere auch, ob der Kläger zu 1) diese Geräte ebenfalls vor dem Ankauf besichtigt hat. Dabei wird zu beachten sein, daß der Kläger zu 1) in der Revisionsbegründung vom 8. Februar 1977 die später angeschafften Geräte nunmehr als in Größe und Kapazität wesentlich besser zu seinen Sofortreinigungen passend beschreibt.

Von dem Ergebnis der weiteren Sachaufklärung wird es abhängen, welche Bedeutung das Vorbringen des Klägers zu 1) hinsichtlich der Gründe für die unterbliebene Unterrichtung des Vertreters von O. von dem Besuch bei der Firma N hat. Während noch im Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren behauptet worden war, daß mit dem Vertreter von O. ein Termin für den Besuch vereinbart gewesen sei, wurde später die unterbliebene Unterrichtung damit begründet, daß die Firma N unvorbereitet aufgesucht werden sollte, und in der Revisionsbegründung ist vorgetragen, daß die Reise wegen der Unterbringung der Kinder noch nicht endgültig festgestanden habe. Möglicherweise läßt sich durch eine Sachaufklärung bezüglich der damaligen Unterbringung der Kinder Aufschluß über die Glaubwürdigkeit des Klägers zu 1) gewinnen, dessen Vorbringen das LSG in anderer Hinsicht als nicht überzeugend bezeichnet hat.

Da das Revisionsgericht die Sachaufklärung nicht selbst vornehmen kann, mußte das angefochtene Urteil, soweit es die Klage abgewiesen und über die Kosten entschieden hat, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das LSG gemäß § 170 Abs 2 SGG zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1654183

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