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BSG Urteil vom 23.06.1977 - 8 RU 98/76

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Leitsatz (amtlich)

Bewohnt der Versicherte am Arbeitsort nur eine "Unterkunft" und fährt er an den Wochenenden abwechselnd zur Wohnung seiner Mutter und zu der seines Onkels, so ist grundsätzlich nur eine Wohnung, und zwar die der Mutter, als seine "Familienwohnung" iS des RVO § 550 S 3 anzusehen, wenn er sich nicht vom Elternhaus gelöst hatte.

 

Normenkette

RVO § 550 S. 3 Fassung: 1971-03-18, § 550 Abs. 3 Fassung: 1974-04-01

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 1976 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob sich der Kläger auf der Fahrt vom Beschäftigungsort zum Wohnort seines Onkels auf einer Familienheimfahrt befand und deshalb unter Unfallversicherungsschutz stand.

Der 1952 geborene unverheiratete Kläger war seit Oktober 1973 bei einer Firma in S als Schriftsetzer beschäftigt. In einem Stuttgarter Vorort hatte er ein möbliertes Zimmer gemietet, in dem er sich während der Arbeitswoche aufhielt. Die Wochenenden verbrachte er regelmäßig abwechselnd entweder bei seiner verwitweten Mutter in K oder in der Familie seines Onkels in M, Kreis R. In der Wohnung seiner Mutter bewohnte er dann ein eigenes Zimmer, das mit eigenen Möbeln ausgestattet war und in dem er den weitaus überwiegenden Teil seiner persönlichen Sachen aufbewahrte. Sein Verhältnis zu seiner Mutter war gut. Der Kläger war polizeilich mit erstem Wohnsitz in K gemeldet, sein zweiter Wohnsitz war S. Er war aktives Mitglied im Sportklub S und spielte, wenn er dort war, in der zweiten Mannschaft des Vereins Fußball. In der Wohnung des Onkels besaß der Kläger kein eigenes Zimmer. Zum Übernachten stand ihm bei seinen regelmäßigen Besuchen ein Bett im Zimmer seines Vetters zur Verfügung. An persönlichen Sachen bewahrte er dort nur etwas Wäsche auf, um sich an den Wochenenden umziehen zu können. Er fühlte sich in der Wohnung des Onkels genauso wohl wie in der Wohnung seiner Mutter. Seine gebrauchte Wäsche nahm der Kläger jeweils mit. Sie wurde an dem einen Wochenende von der Mutter und an dem anderen von seiner Tante gewaschen und instandgehalten.

Am 4. Januar 1974 erlitt der Kläger mit seinem PKW auf der Fahrt von S nach M einen Unfall. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 8. April 1975 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, da sich der Unfall nicht auf einer versicherten Familienheimfahrt ereignet habe. Das Sozialgericht Speyer (SG) hat der hiergegen erhobenen Klage stattgegeben, weil der Kläger sowohl bei seiner Mutter als auch bei seinem Onkel eine Familienwohnung gehabt habe (Urteil vom 13. April 1976). Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat mit Urteil vom 24. November 1976 dieses Urteil "abgeändert" und die Klage "zurückgewiesen". Zur Begründung hat es ua ausgeführt: Die Abwägung aller objektiven und subjektiven Umstände ergebe, daß der Kläger im Unfallzeitpunkt den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse allein bei seiner Mutter und nicht bei seinem Onkel gehabt habe. Da er sich vom Elternhaus nicht gelöst habe, könne für M. keine zweite gleichwertige Familienwohnung angenommen werden. Der Annahme zweier Familienwohnungen stünden somit tatsächliche, im übrigen aber auch rechtliche Gründe entgegen.

Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er meint, das LSG gehe zu Unrecht davon aus, § 550 (Satz 3) der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF lasse die Annahme von zwei Familienwohnungen nicht zu. Zum Unfallzeitpunkt seien seine Bindungen zu der Familie seines Onkels genauso tief gewesen wie zu seiner Mutter. Es könne nicht von Bedeutung sein, wie seine Wochenendunterkünfte im einzelnen eingerichtet und gestaltet gewesen seien. Es erscheine unverständlich, wenn der streitige Unfall deshalb nicht als Arbeitsunfall gewertet werde, weil er sich zufällig auf dem Weg zu seinem Onkel und nicht auf der Fahrt zu seiner Mutter befunden habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 24. November 1976 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Speyer vom 13. April 1976 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Annahme zweier Wohnbereiche als Familienwohnung sei nur möglich, wenn es sich um sich ergänzende Teilbereiche, nicht aber um zwei völlig getrennte Wohnungen handele.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG aufgehoben ("abgeändert") und die Klage abgewiesen ("zurückgewiesen"). Der Bescheid der Beklagten vom 8. April 1975 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, da er am Unfalltag auf der Fahrt zu seinem Onkel nach M nicht unter Unfallversicherungsschutz stand.

Nach § 550 Satz 1 RVO aF - jetzt § 550 Abs 1 RVO - gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Nach § 550 Satz 3 RVO aF - jetzt § 550 Abs 3 RVO - schließt der Umstand, daß der Versicherte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft hat, die Versicherung auf dem Weg von und nach der Familienwohnung nicht aus. Der Kläger hatte zwar an seinem Beschäftigungsort Stuttgart lediglich eine Unterkunft - ein möbliertes Zimmer -; das LSG hat jedoch zutreffend entschieden, daß der Wohnsitz des Onkels nicht als eine Familienwohnung iS des § 550 Satz 3 RVO angesehen werden kann.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in ständiger Rechtsprechung diejenige Wohnung als Familienwohnung bezeichnet, die für längere oder nicht unerhebliche Zeit den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bildet (vgl zB BSGE 1, 171, 173; 2, 78, 80; 20, 110, 111; 37, 98, 99). Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen ist es nicht zu beanstanden, daß es die Wohnung der Mutter des Klägers als dessen Familienwohnung angesehen hat. Zwar sind einige der vom LSG zur Begründung seiner Auffassung angeführten Kriterien - wie die polizeiliche Meldung mit erstem Wohnsitz und das Bewohnen eines eigenen Zimmers bei der Mutter - nicht zwingend erforderlich, um eine Wohnung als Familienwohnung erscheinen zu lassen (vgl BSGE 2, 78, 81; 5, 165, 167; 17, 270, 272). Sind solche Umstände aber vorhanden, sind sie zumindest als Indizien anzusehen, die hier zusammen mit den weiteren Feststellungen des LSG die Annahme des Lebensmittelpunktes bei der Mutter des Klägers rechtfertigen. Das BSG hat bereits ausgesprochen, daß ein lediger Versicherter - wie der Kläger - seine Familienwohnung bei den Eltern behält, wenn er seine Freizeit regelmäßig bei ihnen verlebt, die Bindung zu ihnen nicht gelockert ist und er an dem Beschäftigungsort keinen neuen Mittelpunkt seines Lebensinteresses gefunden hat (BSGE 37, 98, 99 mit weiteren Nachweisen; vgl auch BSGE 24, 159, 160). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG fuhr der Kläger in 14-tägigen, regelmäßigen Abständen während seiner Freizeit an den Wochenenden zu seiner Mutter, sein Verhältnis zu ihr war gut, es bestanden normale familiäre Bindungen, er hatte sich von zu Hause noch nicht gelöst. Die Mutter versorgte ihn bei diesen Gelegenheiten, reinigte seine Wäsche und hielt diese instand. Das LSG hat keine Feststellungen getroffen, aus denen sich die Schaffung eines neuen Lebensmittelpunktes etwa in Stuttgart ergeben hätte, während der Kläger andererseits über die familiäre Bindung hinaus mit K auch durch seine aktive Mitgliedschaft im dortigen Sportverein verbunden war. Aus allen diesen Umständen ergibt sich, daß die Familienwohnung des Klägers bei seiner Mutter war.

Dies wird von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. Sie meint aber, daneben sei auch der Wohnsitz des Onkels in M als Lebensmittelpunkt und damit Familienwohnung anzusehen. Das LSG ist dieser - auch vom SG vertretenen - Auffassung zu Recht nicht gefolgt. Es hat zutreffend ausgeführt, daß die sich mit den "Teilbereichen ... eines häuslichen Wirkungskreises", dh mit der Trennung der Wohnung in mehrere Teile befassende Rechtsprechung des BSG (vgl BSGE 19, 257 ff; Urteil des erkennenden Senats vom 28. Oktober 1976 in SozR 2200 § 550 RVO Nr 21) auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung finden kann. Dabei kann dahinstehen, ob diese zu § 550 Satz 1 RVO aF - bzw dem früheren § 543 RVO aF - ergangenen Entscheidungen für die Auslegung des Begriffs der Familienwohnung des § 550 Satz 3 RVO aF in jeder Hinsicht herangezogen werden können oder ob im Einzelfall nicht auch eine Familienwohnung aus mehreren Teilbereichen bestehen kann. Für letztere Ansicht könnte sprechen, daß § 550 Satz 3 RVO aF nur ein - allerdings etwas anders gearteter - Unterfall des § 550 Satz 1 RVO aF ist (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 19.8.1975 in SozR 2200 § 550 RVO Nr 6,S 12). Die Frage, ob einer Anwendung der zu Satz 1 erarbeiteten Grundsätze auf Satz 3 des § 550 RVO aF aus anderen Gründen rechtssystematische Hindernisse entgegenstünden, konnte offenbleiben, da dem LSG jedenfalls darin zuzustimmen ist, daß hier nicht von zwei Teilbereichen des häuslichen Wirkungskreises bzw der Familienwohnung im Sinne des § 550 Satz 3 RVO gesprochen werden kann. Dabei ist zunächst von Bedeutung, daß die Vorschrift nicht von "Familienwohnungen" des Versicherten, sondern von "seiner ständigen Familienwohnung" spricht und damit zum Ausdruck bringt, daß in unserem Kulturkreis der Versicherte normalerweise nur einer Familie zugehört. Deren Wohnung kann zwar ausnahmsweise in mehreren Orten liegen (zB Stadtwohnung und Landwohnung oder Wochenendhaus), wobei aber grundsätzlich auch nur eine , nämlich die dem Ort der Tätigkeit nächstgelegene als Familienwohnung iS des § 550 RVO anzusehen ist, wenn beide Wohnungen von gleicher Qualität sind (vgl Urteil BSG vom 2.3.1971 - 2 RU 108/68 in USK 1971 Nr 7130). Daneben könnte allenfalls erwogen werden, ob zB im Falle des Getrenntlebens der Eltern sowohl die Wohnung der Mutter als auch die des Vaters eine "Familienwohnung" des Kindes darstellen kann. Liegen solche oder ähnliche Ausnahmefälle jedoch nicht vor, so ist grundsätzlich von einer Familienwohnung auszugehen. Insoweit ist dem LSG zuzustimmen, wenn es zur Annahme einer anderen (zweiten) Familienwohnung fordert, daß bei einem ledigen Versicherten eine Lösung vom Elternhaus stattgefunden haben muß. Besteht jedoch eine enge Verbindung zum Elternhaus, so ist dies jedenfalls dann die alleinige Familienwohnung iS des § 550 Satz 3 RVO, wenn die tatsächlichen Verhältnisse so geartet sind, wie sie vom LSG - unangegriffen - festgestellt worden sind. Das steht auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung. Denn die obengenannten Entscheidungen des BSG haben sich - abgesehen von USK 7130 - auf Fälle bezogen, die Ausnahmecharakter hatten, so daß die Anwendung der darin erarbeiteten rechtlichen Gesichtspunkte auch auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben muß. Der in BSG 19, 257 ff entschiedene Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, daß sich das private Leben des Versicherten in zwei häuslichen Bereichen vollzog, indem er in der Wohnung seiner Braut verköstigt wurde und seine Freizeit verbrachte, während er in seinem Untermietzimmer seine Schlafstelle hatte. Nach den Feststellungen, auf denen das genannte Urteil des erkennenden Senats beruht (SozR 2200 § 550 RVO Nr 21), diente das vom Versicherten zusammen mit einem Landsmann bewohnte Zimmer zum Schlafen, Lesen, Umziehen und Aufbewahren persönlicher Dinge, während er im Zimmer seiner Ehefrau mit dieser zusammensein konnte und von ihr mit Essen und Wäsche versorgt wurde. Diese Sachverhalte waren demnach durch die Besonderheit der Wohnverhältnisse gekennzeichnet; die beiden räumlich getrennten Teilbereiche konnten zusammengenommen wie eine Wohnung gewertet werden, denn sie ergänzten sich dergestalt, daß wesentliche Teile des Lebensmittelpunktes bzw der Wohnverhältnisse in einem Bereich fehlten, im anderen aber vorhanden waren. Jeder Teil für sich genommen stellte für den Versicherten keine vollständige "Wohnung" dar; er bedurfte immer jeweils der Ergänzung durch den anderen, so daß wegen dieser besonderen Umstände der Weg zu jedem der beiden sich notwendigerweise ergänzenden Teilbereiche unter Unfallversicherungsschutz stand (vgl auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand Dezember 1976, S 486 e; Fleischer in BG 1973, 274 f). Diese Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmefall liegen hier nicht vor. In BSG 19, 257, 258 ist bereits darauf hingewiesen worden, daß für die Bejahung von zwei sich ergänzenden Teilbereichen der Wohnung die Entfernung zwischen diesen von wesentlicher Bedeutung sein könne und daß es von den Umständen des Einzelfalles abhänge, bei welcher Entfernung eine Zusammengehörigkeit getrennter häuslicher Bereiche nicht mehr zu rechtfertigen sei. Der Abstand von nicht ganz einem Kilometer wurde noch als ausreichend für die Annahme von Teilbereichen angenommen. Bei dem dem genannten Urteil des erkennenden Senats zugrunde liegenden Sachverhalt lagen die beiden Teilbereiche zwar etwa 15 km auseinander, sie konnten aber durch häufig verkehrende Züge erreicht werden, so daß diese größere Entfernung praktisch nicht ins Gewicht fiel. Hier dagegen sind die beiden Wohnungen sehr weit voneinander entfernt. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren in Verbindung mit der Landkarte auf Bl. 71 der Unfallakte hat die Entfernung nach K 200 km (in nordwestlicher Richtung) betragen, während der Weg von S zu seinem Onkel - nach Bad Waldsee - ca 175 km (in südöstlicher Richtung) betrug. Beide Wohnungen lagen demnach über 350 km auseinander, so daß schon aus diesem Grunde nicht von zwei an sich zusammengehörenden Teilbereichen gesprochen werden kann.

Hinzu kommt, daß hier im Gegensatz zu den obengenannten Sachverhalten auch keine notwendige Ergänzung zweier Wohnbereiche vorliegt. Jede Wohnung war für sich allein - wenn auch etwas unterschiedlich - geeignet, dem Kläger zum Wohnen an den Wochenenden und sämtlichen damit zusammenhängenden Verrichtungen zu dienen. Er war nicht aufgrund räumlicher Besonderheiten darauf angewiesen, für bestimmte Zwecke eine Wohnung in Anspruch zu nehmen, weil die andere hierfür keine Möglichkeit bot. Die Annahme von zwei Teilbereichen scheidet bei einer solchen Sachlage aus (vgl auch BSG in USK 1971, 7130 S 122 für einen ähnlich gelagerten, oben bereits zitierten Fall). Die Wohnungen der Mutter und des Onkels des Klägers waren vielmehr selbständige, voneinander unabhängige Ziele der Wochenendheimfahrten des Klägers. Zwar ist die Wohnung des Onkels als "Familienwohnung" grundsätzlich nicht ausgeschlossen, zumal diese kein Familienverhältnis iS des Bürgerlichen Rechts voraussetzt (BSGE 17, 270; 20, 110); sie scheidet jedoch neben der primären Familienwohnung der Mutter als solche aus, weil kein Ausnahmefall gegeben ist, der die Annahme von zwei sich notwendigerweise ergänzenden Teilbereichen rechtfertigen könnte. Somit ist es aufgrund der getroffenen, von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG nicht zu beanstanden, daß es unter Abwägung aller tatsächlichen Umstände als Mittelpunkt der Lebensverhältnisse und damit als Familienwohnung allein den Wohnsitz der Mutter angesehen hat. Damit stand die Fahrt des Klägers zu seinem Onkel nicht unter Unfallversicherungsschutz; sie ist unfallversicherungsrechtlich als Besuchsfahrt zu werten.

Der Kläger meint zu Unrecht, es erscheine unverständlich, wenn der Unfall nur deshalb nicht als Arbeitsunfall angesehen werde, weil dieser sich zufällig auf dem Weg zu dem Onkel und nicht auf der Fahrt zur Mutter ereignet habe. Der Kläger übersieht, daß bei einer Familienheimfahrt der Versicherungsschutz nach § 550 Satz 3 RVO aF nicht weitergehen kann als bei einem Heimweg im Sinne von § 550 Satz 1 RVO aF. Auch nach dieser Vorschrift ist nicht jeder Weg, der vom Ort der Tätigkeit ausgeht, geschützt. Vielmehr entfällt der Unfallversicherungsschutz, soweit der Weg dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen ist. Entsprechend steht nach § 550 Satz 3 RVO aF nur der Weg von und nach der "Familienwohnung" iS dieser Vorschrift unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Besuchsfahrten der hier vorliegenden Art zu Verwandten sind dem privaten unversicherten Bereich zuzurechnen, auch wenn sie vom Ort der Tätigkeit aus angetreten werden.

Nach alledem war die Revision mit der sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes ergehenden Kostenfolge zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1652793

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