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BGH Urteil vom 30.09.2003 - XI ZR 232/02

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Leitsatz (amtlich)

Zum Einwand des Mitverschuldens gegenüber Schadensersatzansprüchen wegen grob fahrlässiger Hereinnahme abhanden gekommener Schecks.

 

Normenkette

BGB §§ 254, 989-990; ScheckG § 21

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.06.2002)

LG Darmstadt

 

Nachgehend

LG Saarbrücken (Urteil vom 28.11.2011; Aktenzeichen 9 O 261/10)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des OLG Frankfurt am Main v. 7.6.2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die klagende Aktiengesellschaft verlangt von der beklagten Sparkasse Schadensersatz, weil diese bei der Hereinnahme von 59 Inhaber- bzw. Orderverrechnungsschecks zur Einziehung grob fahrlässig nicht erkannt habe, dass die Schecks abhanden gekommen seien.

In der Zeit von 1989 bis 1996 reichte ein Angestellter der Klägerin, der u. a. für Logistik und Lagerverwaltung zuständig war, der Beklagten die Schecks zur Einziehung auf sein privates Girokonto ein und hob die gutgeschriebenen Scheckbeträge ab. Die Klägerin hat vorgetragen, der Angestellte habe ihr durch die Vorlage fingierter Rechnungen von Geschäftspartnern Verbindlichkeiten vorgetäuscht und sie dadurch zur Ausstellung und Aushändigung der Schecks veranlasst. Bei der Hereinnahme der Schecks habe die Beklagte, insbesondere wegen der Disparität zwischen den Scheckbegünstigten und dem Scheckeinreicher, grob fahrlässig gehandelt. Die Beklagte hat ein Abhandenkommen der Mehrzahl der Schecks bestritten, ein grob fahrlässiges Verhalten in Abrede gestellt und ein überwiegendes Mitverschulden der Klägerin eingewandt.

Das LG hat der in erster Instanz nur wegen fünf Schecks erhobenen Klage i. H. v. 398.531,25 DM nebst Zinsen zur Hälfte stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zusätzlich Schadensersatz wegen des Abhandenkommens weiterer 54 Schecks verlangt und insgesamt Zahlung von 3.938.032,55 DM nebst Zinsen begehrt. Das Berufungsgericht hat der Klage i. H. v. insgesamt 683.403,56 Euro (= 1.336.621,18 DM) nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ihre Revision, mit der sie ihre Klageforderung in voller Höhe weiterverfolgt, zugelassen und die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte begehrt mit der Anschlussrevision die vollständige Abweisung der Klage bzw. Zurückweisung der Berufung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Das in erster Instanz geltend gemachte Schadensersatzbegehren sei gem. Art. 21 ScheckG i. V. m. §§ 989, 990 BGB in voller Höhe begründet. Die zu Grunde liegenden fünf Inhaberverrechnungsschecks seien der Klägerin abhanden gekommen und von der Beklagten grob fahrlässig zur Einziehung hereingenommen worden. Der Beklagten habe auffallen müssen, dass die Schecks erhebliche Beträge aufwiesen und über ein Privatkonto eingezogen wurden, auf dem außer häufigen Scheckeinzahlungen und Abhebungen erheblicher Beträge praktisch keine Umsätze stattfanden. Die Beklagte, die gewusst habe, dass der einreichende Angestellte der Klägerin kein selbständiger Kaufmann gewesen sei, habe ferner erkennen müssen, dass den Schecks Handelsgeschäfte zwischen Kaufleuten zu Grunde lagen. Hinzu komme, dass es im Zeitpunkt der Einreichung der Schecks im kaufmännischen Geschäftsverkehr nicht mehr üblich gewesen sei, Inhaberverrechnungsschecks zahlungshalber weiterzugeben.

Den Beweis eines Mitverschuldens der Klägerin und dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden habe die beweispflichtige Klägerin (richtig: Beklagte) nicht geführt. In dem eingeholten Sachverständigengutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft werde nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die innerbetriebliche Organisation der Klägerin zwar Mängel und Unzulänglichkeiten aufgewiesen habe, dass aber angesichts der erheblichen kriminellen Energie und Raffinesse des Angestellten der Klägerin nicht davon ausgegangen werden könne, dass dessen betrügerische Manipulationen durch ein branchenübliches, den wirtschaftlichen und personellen Verhältnissen der Klägerin angemessenes Kontrollsystem hätten verhindert oder früher entdeckt werden können. An der Richtigkeit dieser plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen bestehe kein Zweifel. Die fachliche Kompetenz des Gutachters stehe außer Frage.

Die Klageerweiterung im Berufungsverfahren sei zulässig, aber nur teilweise begründet. Von den zu Grunde liegenden Inhaber- und Orderverrechnungsschecks seien der Klägerin nur 16 mit einem Gesamtwert von 938.090 DM abhanden gekommen. Bei den weiteren 38 Schecks sei das nicht der Fall. Da sie Indossamente der von der Klägerin angegebenen Scheckbegünstigten aufwiesen, sei von wirksamen Begebungsverträgen zwischen der Klägerin als Ausstellerin und den Begünstigten als ersten Scheckempfängern auszugehen. Für eine Fälschung der Indossamente fehle jegliches substanziiertes Vorbringen der Klägerin.

II.

1. Revision der Klägerin

a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage teilweise abgewiesen hat, ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat an die Substantiierung des klägerischen Sachvortrags zur Fälschung der Indossamente der Scheckbegünstigten überzogene Anforderungen gestellt.

aa) Sachvortrag ist erheblich, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die i. V. m. einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, den geltend gemachten Anspruch zu begründen (BGH, Urt. v. 4.7.2000 - VI ZR 236/99, MDR 2000, 1392 = NJW 2000, 3286 [3287], m. w. N.). Die Angabe näherer Einzelheiten ist grundsätzlich nur erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolge von Bedeutung sind, wenn der Vortrag infolge der Einlassung des Gegners unklar wird oder wenn die Angabe weiterer Umstände erforderlich ist, um dem Gegner die Nachprüfung der behaupteten Tatsachen und den Antritt von Gegenbeweisen zu ermöglichen (BGH, Urt. v. 21.1.1999 - VII ZR 398/97, MDR 1999, 735 = WM 1999, 1178 und v. 26.5.1999 - VIII ZR 123/98, MDR 1999, 1206 = WM 1999, 1986 [1989]).

bb) Gemessen hieran ist der Vortrag der Klägerin hinreichend substantiiert. Sie hat unter Benennung von Zeugen behauptet, dass sämtliche Indossamente gefälscht seien. Zur Konkretisierung hat sie ausgeführt, dass in dem rechtskräftigen Strafurteil gegen ihren betrügerischen Angestellten Fälschungen von Indossamenten festgestellt worden seien. Hierzu hat sie eine Gegenüberstellung der Mehrzahl der streitgegenständlichen Schecks mit den in dem Strafurteil behandelten Schecks vorgelegt. Im Strafurteil, das das Berufungsgericht, zusammen mit den Strafakten, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, wird im Einzelnen festgestellt, dass der Angestellte der Klägerin die Indossamente der Begünstigten auf der Mehrzahl der Schecks gefälscht und anschließend sein eigenes Blankoindossament hinzugefügt hat.

Weitere Einzelheiten brauchte die Klägerin auch deshalb nicht vorzutragen, weil nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ersichtlich ist, wie die Schecks, wenn sie nicht abhanden gekommen, sondern wirksam an die Begünstigten begeben worden sein sollten, wieder an den betrügerischen Angestellten, der sie unstreitig der Beklagten zur Einziehung eingereicht hat, gelangt sein könnten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war es im kaufmännischen Geschäftsverkehr unüblich, Schecks zahlungshalber weiterzugeben.

b) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Grobe Fahrlässigkeit der Beklagten i. S. d. Art. 21 ScheckG kann, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht allein deshalb verneint werden, weil die hereingenommenen Schecks teilweise eine formell ordnungsgemäße Indossamentenkette aufwiesen und die Beklagte die Indossamente nicht auf ihre Echtheit prüfen musste. Trotz formeller Ordnungsmäßigkeit der Indossamentenkette hat eine Bank zur Vermeidung grober Fahrlässigkeit die sachliche Berechtigung des Einreichers zu prüfen, wenn Umstände nach der Lebenserfahrung den Verdacht nahe legen, der Scheck könne abhanden gekommen und vom Einreicher auf unredliche Weise erlangt worden sein (vgl. Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 61 Rz. 196). Dies ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszuschließen (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2000 -XI ZR 186/99, MDR 2000, 653 = WM 2000, 812 [813]).

c) Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO), soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Das Berufungsgericht wird nunmehr die zum schlüssigen Vortrag der Klägerin, die Schecks seien ihr abhanden gekommen und teilweise mit gefälschten Indossamenten versehen worden, angetretenen Beweise zu erheben haben.

2. Anschlussrevision der Beklagten

a) Die Anschlussrevision ist zulässig.

aa) Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Revision der Beklagten nicht zugelassen und der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen hat (§ 554 Abs. 2 S. 1 ZPO; vgl. auch Begr. RegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, 107 f.; BGH, Urt. v. 24.6.2003 - KZR 32/02, BGHReport 2003, 1081 = NJW 2003, 2525). Die Zulässigkeit der Anschlussrevision ist auch nicht davon abhängig, ob sie denselben Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung der Revision der Klägerin bezieht (BGH, Urt. v. 24.6.2003 - KZR 32/02, BGHReport 2003, 1081 = NJW 2003, 2525m. w. N.).

bb) Ob eine Anschlussrevision nur zulässig ist, wenn zwischen ihrem Streitgegenstand und dem der Hauptrevision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 24.6.2003 - KZR 32/02, BGHReport 2003, 1081 = NJW 2003, 2525m. w. N.), bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Zusammenhang ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Anschlussrevision, mit der die Beklagte den Einwand des Mitverschuldens geltend macht, betrifft ebenso wie die Revision den Schadensersatzanspruch gem. Art. 21 ScheckG i. V. m. §§ 989, 990 BGB.

b) Die Anschlussrevision ist unbegründet. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage teilweise als begründet angesehen hat, hält rechtlicher Überprüfung stand.

aa) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Abhandenkommen der Schecks und zur groben Fahrlässigkeit der Beklagten bei ihrer Hereinnahme sind rechtsfehlerfrei, entsprechen, soweit sie die grobe Fahrlässigkeit mit der Disparität zwischen Schecknehmer und -einreicher begründen, der Rechtsprechung des Senats (vgl. für Inhaberverrechnungsschecks: BGH, Urt. v. 17.7.2001 - XI ZR 362/00, MDR 2001, 1251 = BGHReport 2001, 792 = WM 2001, 1666 [1667] und für Orderverrechnungsschecks: BGH, Urt. v. 15.2.2000 - XI ZR 186/99, MDR 2000, 653 = WM 2000, 812 [813], jew. m. w. N.) und werden von der Anschlussrevision nicht angegriffen.

bb) Die Klageforderung ist, anders als die Anschlussrevision meint, nicht gem. § 254 BGB gemindert oder ausgeschlossen.

(1) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei kein schadensursächliches Organisationsverschulden in Form eines mangelhaften internen Kontrollsystems anzulasten, hält rechtlicher Überprüfung stand.

(a) Das Berufungsgericht hat diese Auffassung in einer § 286 Abs. 1 S. 2 ZPO genügenden Weise begründet. Hiernach sind die für die Überzeugungsbildung des Tatrichters wesentlichen Gesichtspunkte darzulegen, um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt sind und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen worden ist (BGH, Urt. v. 17.11.1998 - VI ZR 32/97, NJW 1999, 423 [424] und v. 7.3.2001 - X ZR 176/99, LM ZPO § 286 (A) Nr. 79 = BGHReport 2001, 705). Diese Darlegungen enthält das Berufungsurteil. Das Berufungsgericht hat klar zum Ausdruck gebracht, dass seine Überzeugung auf dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten beruht, das es sich auf Grund eigener Würdigung des Streitstoffes zu Eigen gemacht hat. Die nähere Darlegung dieser Würdigung in allen Einzelheiten war nicht erforderlich (vgl. BGH, v. 7.3.2001 - X ZR 176/99, LM ZPO § 286 (A) Nr. 79 = BGHReport 2001, 705).

(b) Dass das Berufungsgericht seine Überzeugungsbildung entscheidend auf das Sachverständigengutachten gestützt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gutachten ist entgegen der Auffassung der Anschlussrevision nicht unvollständig und gibt auch keinen Anlass zu Zweifeln an seinen Feststellungen. Der Sachverständige vertritt auf Grund seiner eigenen Erfahrung und unter Berufung auf das Institut der Wirtschaftsprüfer mit eingehender Begründung die Auffassung, dass auch ein sachgerecht gestaltetes internes Kontrollsystem nicht in jedem Fall Unterschlagungen verhindern könne. Bezogen auf den vorliegenden Fall nimmt er an, dass sachgerechte Kontrollen die Straftaten des Angestellten der Klägerin weder verhindert noch früher aufgedeckt hätten. Nach Auffassung des Sachverständigen spricht angesichts der kriminellen Energie des Angestellten - die durch dessen rechtskräftige Verurteilung zu langjähriger Freiheitsstrafe belegt ist - vieles dafür, dass auch bei optimierten Kontrollen im Ergebnis der geltend gemachte Schaden entstanden wäre. Diese Ausführungen begründen, anders als die Anschlussrevision meint, keine Zweifel an den Feststellungen des Sachverständigen, sondern bringen Zweifel an der Kausalität des unsachgemäßen Kontrollsystems der Klägerin für den Schaden zum Ausdruck. Auf Grund dieser Zweifel hat das Berufungsgericht die Kausalität rechtsfehlerfrei nicht als erwiesen angesehen.

Der Inhalt des Sachverständigengutachtens gab dem Berufungsgericht mithin auch keinen Anlass, von Amts wegen auf eine Ergänzung hinzuwirken oder ein weiteres Gutachten einzuholen. Einen dahingehenden Antrag hat die Beklagte nicht gestellt, obwohl das Berufungsgericht ihr ausdrücklich Gelegenheit gegeben hatte, eine mündliche Erläuterung des Gutachtens zu beantragen.

(c) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte die Beweislast für die Kausalität des unzureichenden Kontrollsystems für den Schaden der Klägerin trägt. Die Beweislast für die zur Anwendung des § 254 BGB führenden Umstände, mithin auch für die Ursächlichkeit eines Mitverschuldens, trägt der Schädiger (BGH v. 22.5.1984 - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243 [260] = MDR 1984, 740; vgl. auch BGH, Urt. v. 30.5.2001 - VIII ZR 70/00, MDR 2001, 1249 = BGHReport 2001, 718 = WM 2001, 2010 [2012]). Die Anschlussrevision zieht dies nicht in Zweifel, meint aber, die Frage, ob bei einem ausreichenden Kontrollsystem der gleiche Schaden entstanden wäre, betreffe nicht die Ursächlichkeit des Mitverschuldens, sondern den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens. Dies trifft nicht zu. Die Frage, ob ein hypothetisches rechtmäßiges Alternativverhalten den Schaden ebenso herbeigeführt hätte, stellt sich erst, wenn die Ursächlichkeit des tatsächlichen Verhaltens feststeht. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

(2) Ein schadensursächliches Mitverschulden ist entgegen der Ansicht der Anschlussrevision auch unter keinem anderen Gesichtspunkt gegeben.

(a) Die Klägerin trifft nicht etwa deshalb ein eigenes Mitverschulden an der Schadensentstehung, weil sie nach der Belastung ihres Girokontos mit den Scheckbeträgen die Beklagte als Inkassobank nicht rechtzeitig vor der Auszahlung an ihren Angestellten gewarnt hat. Dieses Verhalten war nicht sorgfaltswidrig, weil der Klägerin das Abhandenkommen der Schecks bis zu den Abhebungen nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste.

(aa) Dass sie sich diese Kenntnis durch ein sachgerechtes Kontrollsystem hätte verschaffen können, hat das Berufungsgericht - wie dargelegt - rechtsfehlerfrei nicht festgestellt.

(bb) Die Kenntnis ihres betrügerischen Angestellten vom Abhandenkommen der Schecks muss sich die Klägerin nicht in entsprechender Anwendung des § 166 BGB zurechnen lassen. Der Angestellte ist im Verhältnis zur Beklagten nicht Wissensvertreter der Klägerin. Er war bei der Klägerin für den Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten nicht zuständig und nicht gehalten, sein aus der Straftat zum Nachteil der Klägerin resultierendes Wissen für den insoweit zuständigen Mitarbeiter verfügbar zu machen.

(b) Das Verschulden ihres betrügerischen Angestellten ist der Klägerin gem. §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 S. 1 bzw. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB nicht zurechenbar. Ob das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, das zwischen den Parteien infolge der Hereinnahme der Schecks durch die Beklagte bestand, eine Sonderbeziehung ist, die die Anwendung des § 278 BGB rechtfertigt (verneinend: RGZ 119, 152 [155 f.]; s. auch BGH, Urt. v. 31.5.1965 - II ZR 89/63, WM 1965, 741 [743]; bejahend: KG v. 23.11.1994 - 24 U 1428/94, KGReport Berlin 1995, 74 = WM 1995, 241 [245] und die herrschende Lehre, vgl. die Nachweise bei Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb., Vorbem. zu §§ 987-993 Rz. 28 und § 989 Rz. 31), bedarf keiner Entscheidung. Die Klägerin hat sich dieses Angestellten jedenfalls nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber der Beklagten bedient. Der Angestellte hat bei der Begehung seiner Straftaten schon deshalb nicht in Erfüllung von Pflichten der Klägerin gehandelt, weil diese selbst Pflichtverletzungen durch Straftaten zu ihrem eigenen Nachteil nicht begehen konnte (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.1997 -XI ZR 84/96, MDR 1997, 760 = WM 1997, 1250 [1251]). Zur Erfüllung etwaiger Warn- und Hinweispflichten gegenüber der Beklagten vor Auszahlung der Scheckbeträge hat sich die Klägerin nicht des betrügerischen Angestellten bedient. Dieser war weder in der Buchhaltung tätig noch sonst für den Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten zuständig. Eine Zurechnung gem. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Angestellte, soweit er eine Warnung an die Beklagte unterließ, nicht in Ausführung einer Verrichtung, zu der die Klägerin ihn bestellt hatte, handelte.

c) Die Anschlussrevision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1064828

BGHR 2004, 114

EBE/BGH 2003, 380

NJW-RR 2004, 45

EWiR 2004, 303

WM 2003, 2286

WuB 2004, 89

ZIP 2003, 2196

MDR 2004, 163

VuR 2004, 108

BKR 2003, 994

ZBB 2003, 451

LL 2004, 89

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