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BGH Urteil vom 23.09.2010 - VII ZR 6/10

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Haustürgeschäft. Zwei-Wochen-Widerrufsfrist. Beginn der Widerrufsfrist mit Abgabe des Vertragsangebots des Verbrauchers

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beginn der Widerrufsfrist bei einem Haustürgeschäft setzt nicht die Annahme des Angebots des Verbrauchers durch den Unternehmer voraus.

 

Normenkette

BGB § 312 a.F., § 355 Abs. 1; BGB a.F. § 355 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bayreuth (Urteil vom 02.12.2009; Aktenzeichen 13 S 67/09)

AG Bayreuth (Entscheidung vom 09.06.2009; Aktenzeichen 2 C 88/09)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bayreuth vom 2.12.2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Vergütung nach Kündigung eines Werkvertrages geltend. Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte den Vertrag wirksam gem. §§ 312, 355 BGB widerrufen hat.

Rz. 2

Am 2.4.2008 suchte der für die Klägerin tätige Handelsvertreter B. in Begleitung einer weiteren Person den Beklagten in dessen Wohnung auf. Am Ende des Gesprächs unterschrieb der Beklagte eine "Bestellung" auf einem Formular der Klägerin, dessen Text u.a. lautete: "Ich bestelle hiermit unter Anerkennung der auf dieser Seite und auf der Rückseite abgedruckten Bedingungen die Lieferung/den Einbau nachgenannter Elemente für/in mein/das nebenstehend bezeichnete bebaute Grundstück". Anzahl und Größe von insgesamt fünf bestellten Fenstern waren handschriftlich in das Formular eingetragen und näher bezeichnet. Durch Ankreuzfelder war weiter angegeben, dass die Klägerin die alten Fenster demontieren und entsorgen sowie die neu gelieferten einbauen und einputzen sollte. Als Gegenleistung sollte der Beklagte einen "Festpreis" von 5.642,26 EUR zzgl. Mehrwertsteuer, ggf. abzgl. Skonto, erbringen. Weiter war ausgeführt, dass sich die Klägerin für die Annahme der Bestellung eine Frist von fünf Wochen vorbehielt.

Rz. 3

In einem eingerahmten Kasten war auf der Vorderseite des Formulars folgende Widerrufsbelehrung aufgedruckt:

"Der Besteller kann diese Bestellung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt mit der Aushändigung eines Durchschlages dieses Bestellscheins mit der schriftlichen Widerrufsbelehrung. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Im Fall des Widerrufs bestehen keinerlei Ansprüche der Firma H. gegen den Besteller. Der Widerruf ist zu richten an: H. ..."

Rz. 4

Der Beklagte hat auch diese Erklärung gesondert unterschrieben.

Rz. 5

Auf der Rückseite des Formulars waren allgemeine Geschäftsbedingungen enthalten, deren Ziffer V.1) lautete:

"Kündigt der Auftraggeber den Vertrag nach § 649 BGB oder tritt der Auftraggeber mit Einverständnis der Auftragnehmerin aus nicht von dieser zu vertretenden Gründen vor Fertigung der in Auftrag gegebenen Elemente vom Vertrag zurück, so ist die Auftragnehmerin berechtigt, eine Aufwandsentschädigung i.H.v. 30 % des Netto-Auftragswertes zu berechnen, es sei denn, der Auftraggeber kann nachweisen, dass der der Auftragnehmerin durch die Kündigung bzw. den Rücktritt entstandene Schaden (entstandene Kosten und entgangener Gewinn) niedriger oder gar kein Schaden entstanden ist."

Rz. 6

Eine Durchschrift der Bestellung verblieb beim Beklagten. Mit Schreiben vom 9.4.2008 übersandte die Klägerin ihm eine der Bestellung entsprechende Auftragsbestätigung. Mit E-Mail vom 21.4.2008 erklärte der Beklagte, "er würde die Auftragserteilung gerne noch etwas nach hinten schieben", da er über die Finanzierung der gesamten Modernisierungsmaßnahme mit seiner Bank verhandle. Mit E-Mail vom 6.6.2008 teilte der Beklagte mit: "Wir würden gerne den oben genannten Auftrag (Nr. 286395) stornieren, da wir uns anderweitig entschieden haben!"

Rz. 7

Das AG hat die Klage auf Zahlung von 1.692,50 EUR nebst Zinsen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 8

Die zulässige Revision ist nicht begründet.

Rz. 9

Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist § 649 BGB in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung anwendbar, Art. 229 § 19 Abs. 1 EGBGB. § 355 BGB ist in der bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB.

I.

Rz. 10

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der durch den Antrag des Beklagten vom 2.4.2008 und die Annahme der Klägerin vom 9.4.2008 zustande gekommene Werkvertrag über die im Einzelnen näher bezeichneten Bauleistungen sei nicht durch einen Widerruf des Beklagten nach §§ 312, 355 BGB aufgehoben worden, so dass seine Erklärung, den Vertrag stornieren zu wollen, die Rechtsfolge des § 649 Satz 2 BGB auslöse. Zwar liege ein Haustürgeschäft nach § 312 BGB vor. Der Widerruf des Beklagten sei aber nicht in der Zwei-Wochen-Frist des § 355 Abs. 1 BGB erfolgt. Diese Widerrufsfrist habe mit dem Ablauf des 16.4.2008 geendet. Denn am 2.4.2008 sei dem Beklagten anlässlich der Abgabe seines Vertragsangebots die nach § 355 Abs. 2 BGB erforderliche Widerrufsbelehrung zusammen mit der Durchschrift seines Vertragsantrags übergeben worden. Entgegen einer vom OLG Karlsruhe (ZGS 2006, 399) vertretenen Ansicht beginne die Widerrufsfrist nicht erst mit dem Zustandekommen des Vertrages, sondern bereits mit der Abgabe der auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers. Form und Inhalt der verwendeten Widerrufsbelehrung begegneten keinen Bedenken. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Pauschale halte einer Inhaltskontrolle stand; sie sei angemessen und darüber hinaus branchenüblich.

II.

Rz. 11

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Rz. 12

1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beginn der Widerrufsfrist bei einem Haustürgeschäft nicht vom Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages abhängt.

Rz. 13

a) Das einem Verbraucher gem. § 312 BGB eingeräumte Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften ist gem. § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB innerhalb von zwei Wochen auszuüben. Diese Frist beginnt gem. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine dort näher beschriebene Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich, wann dem Verbraucher diese Belehrung mitzuteilen ist. Jedoch bezieht sich der Widerruf auf die auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers, § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB. Das legt nahe, dass dem Verbraucher zugleich oder jedenfalls im Zusammenhang mit der Abgabe dieser Erklärung eine Belehrung über die Widerrufsmöglichkeit zu erteilen ist.

Rz. 14

aa) Der BGH hat bereits entschieden, dass eine verfrühte Widerrufsbelehrung unwirksam und nicht geeignet ist, die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, 3398 m.w.N.). Dem mit der Einräumung eines Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften bezweckten Schutz des Verbrauchers widerspricht es, dass seine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung über das ihm zustehende Recht zum Widerruf seiner auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärung bereits vor deren Abgabe erteilt wird. Die Belehrung soll dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen führen. Dieses Ziel wird aber nur dann erreicht, wenn sich die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht. Das setzt voraus, dass der Verbraucher eine solche Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt. Denn nur unter dieser Voraussetzung steht ihm eine Entscheidungsfreiheit zu, die durch die Gewährung einer nachträglichen Überlegungsfrist wiederhergestellt werden soll (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrats zum HWiG, BT-Drucks. 10/2876, 7). Dagegen ist eine Widerrufsbelehrung, die dem Verbraucher bereits vor der Abgabe der Vertragserklärung erteilt worden ist, von vornherein mit dem mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer größer werdenden Risiko behaftet, dass dieser sie zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Vertragserklärung bereits wieder vergessen hat. Dementsprechend vermag die dem Verbraucher eingeräumte Bedenkfrist unter dieser Voraussetzung ihren Sinn nicht zu erfüllen (BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 55/00, a.a.O.).

Rz. 15

Eine zusammen mit der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers erteilte Belehrung erfüllt danach jedoch ihren Zweck, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers durch eine nachträgliche Überlegungsfrist wieder herzustellen.

Rz. 16

bb) Es besteht keine Veranlassung, dies in den Fällen anders zu beurteilen, in denen es zum Vertragsschluss erst durch eine später nachfolgende Annahmeerklärung des Unternehmers kommt (ebenso Masuch in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 355 BGB Rz. 40; Witt, NJW 2007, 3759, 3761; a.A. Ulmer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 355 BGB Rz. 41; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 355 Rz. 12; OLG Karlsruhe, ZGS 2006, 399 = OLGR 2006, 649).

Rz. 17

Bereits die Systematik des Gesetzes zeigt, dass auch dann die Widerrufsfrist grundsätzlich bereits mit der bei der Abgabe des Angebots erfolgten Mitteilung der Widerrufsbelehrung beginnt. Denn § 312d Abs. 2 BGB geht davon aus, dass die Widerrufsfrist "abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1" bei Fernabsatzverträgen "bei Dienstleistungen nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses" beginnt. Daraus, dass diese Regelung ausdrücklich als Abweichung von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bezeichnet wird, folgt, dass letztere Vorschrift gerade nicht den Beginn der Frist mit dem Tage des Vertragsschlusses vorsieht (ebenso Masuch in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 355 BGB Rz. 40). Der Sonderregel in § 312d Abs. 2 BGB bedürfte es sonst nicht.

Rz. 18

Dieser Gesetzesaufbau zeigt auch, dass die Erwähnung eines Vertrages in § 312 BGB ebenso wie in § 312d BGB lediglich den Anwendungsbereich der Widerrufsvorschriften beschreibt, nicht jedoch den wirksamen Abschluss des jeweiligen Vertrages als Voraussetzung für ein Widerrufsrecht erfordert. Gleiches gilt für den Verweis auf die Rücktrittsvorschriften in § 357 BGB. Deren Rückgewährregeln kommen ohnehin nur zum Tragen, wenn bereits Leistungen ausgetauscht worden sind. Das ist auch im Falle eines Widerrufes binnen 14 Tagen nach Vertragsschluss weder zwingend noch regelmäßig der Fall.

Rz. 19

Von diesem Verständnis ging ersichtlich auch die BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV) in der bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung aus. Denn das Muster für die Widerrufsbelehrung der dortigen Anlage 2 sah vor, dass in den Fällen des § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB hinter dem Hinweis, dass die Widerrufsfrist nach Erhalt dieser Belehrung in Textform beginne, der Zusatz einzufügen sei, "jedoch nicht vor Vertragsschluss". Daraus ergibt sich zum einen, dass die Belehrung auch vor Vertragsschluss abgegeben werden kann, und zum anderen, dass damit grundsätzlich der Lauf der Widerrufsfrist beginnt.

Rz. 20

Für diese Auslegung spricht auch die seit dem 11.6.2010 geltende gesetzliche Vorschrift des Art. 246 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB mit ihrer Anlage 1. Nach diesem Muster für die Widerrufsbelehrung beginnt das Widerrufsrecht nach Erhalt dieser Belehrung in Textform. Nach dem Gestaltungshinweis [1] ist eine Ausnahmeregelung für den Fall vorgesehen, dass die Belehrung "nicht spätestens bei, sondern erst nach Vertragsschluss mitgeteilt" wird. Hieraus folgt, dass sie auch vor Vertragsschluss im Zusammenhang mit der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers erteilt werden kann. Aus dem Gestaltungshinweis [3] b) bb) ergibt sich, dass in Fällen des § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB bei der Erbringung von Dienstleistungen die Frist ausnahmsweise nicht vor Vertragsschluss zu laufen beginnt. Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus, dass sie im Übrigen auch zuvor zu laufen beginnen kann. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit Einführung dieser Musterwiderrufsbelehrung, die der BGB-InfoV nachgebildet ist, den Inhalt des § 355 BGB sachlich hat ändern wollen. Zwar ist zum gleichen Zeitpunkt auch § 355 BGB textlich geändert worden. Auch hier gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass damit eine inhaltliche Veränderung im Hinblick auf den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist verbunden sein sollte. § 355 Abs. 3 BGB n.F. entspricht inhaltlich § 355 Abs. 2 Sätze 1, 3 und 4 BGB in der bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung.

Rz. 21

b) Die Widerrufsregelung in § 355 BGB dient nach der amtlichen Anmerkung u.a. der Umsetzung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1985, S. 31. Diese ist bei der Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften daher ergänzend heranzuziehen, wobei Divergenzen zu der Richtlinie so weit wie möglich zu vermeiden sind. Die nationalen Rechtsvorschriften sind so weit wie möglich unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, 3399 m.w.N.).

Rz. 22

Diese Richtlinie sieht in Art. 1 Abs. 4 ausdrücklich vor, dass ein bindendes Angebot widerrufen werden kann. Die Widerrufsbelehrung ist dem Verbraucher nach Art. 4 Satz 3 lit. c der Richtlinie zum Zeitpunkt der Abgabe seines Angebots auszuhändigen. Der Verbraucher besitzt das Recht, von der eingegangenen Verpflichtung innerhalb von mindestens sieben Tagen nach Erteilung dieser Belehrung zurückzutreten, Art. 5 Abs. 1 Satz 1.

Rz. 23

Noch deutlicher wird derselbe Mechanismus in dem Entwurf für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher vom 8.10.2008, die u.a. die Richtlinie 85/577/EWG ersetzen soll. Dort ist in Art. 12 Abs. 2 vorgesehen, dass im Fall eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags die Widerrufsfrist an dem Tag zu laufen beginnt, an dem der Verbraucher das Bestellformular unterzeichnet. In Art. 15 lit. b wird als Wirkung des Widerrufs das Ende der Verpflichtungen der Vertragsparteien zum Abschluss eines Vertrags außerhalb von Geschäftsräumen, sofern der Verbraucher ein Angebot abgegeben hat, genannt. Dass hiermit eine Einschränkung der Verbraucherrechte im Vergleich zur bisherigen Richtlinie 85/577/EWG beabsichtigt wäre, ist nicht ersichtlich.

Rz. 24

Es ist nicht erkennbar, dass der deutsche Gesetzgeber über die Vorgaben der Richtlinie 85/577/EWG hinaus den Beginn der Widerrufsfrist in diesen Fällen auf den Vertragsschluss hat hinausschieben wollen. Eine Abweichung zugunsten des Verbrauchers wäre nach Art. 8 der Richtlinie zwar möglich. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei der Umsetzung der Richtlinie in diesem Punkt hiervon Gebrauch gemacht werden sollte.

Rz. 25

c) Durch den an die Übergabe der Widerrufsbelehrung bei der Abgabe der bindenden Willenserklärung des Verbrauchers geknüpften Beginn der Widerrufsfrist wird der mit § 312 BGB verfolgte Zweck des Widerrufsrechts nicht beeinträchtigt. § 312 BGB soll den Verbraucher vor der Gefahr schützen, bei durch Anbieter initiierten Vertragsanbahnungen außerhalb eines ständigen Geschäftslokals in seiner rechtlichen Entscheidungsfreiheit überfordert bzw. überrumpelt zu werden. Durch das in § 312 BGB eingeräumte Widerrufsrecht soll der Verbraucher die Möglichkeit erhalten, sich von der in einem Überraschungsmoment abgegebenen, für ihn bereits bindenden Willenserklärung wieder lösen zu können (vgl. Erwägungsgrund 5. zur Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, a.a.O.). Zur Erreichung dieses Zweckes ist es gleichgültig, ob die vom Verbraucher zu widerrufende Willenserklärung bereits vom Gewerbetreibenden angenommen worden ist oder ob der Verbraucher lediglich nach § 147 Abs. 2 BGB an seinen Antrag gebunden ist. Hat der Verbraucher eine solche für ihn bindende, auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärung abgegeben und ist ihm bei der Abgabe eine Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden, in der er ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist, hat er ab diesem Zeitpunkt ausreichend Gelegenheit, ohne den Druck der Haustürsituation seine Entscheidung zu überdenken.

Rz. 26

2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Beklagte auf dem Formular ordnungsgemäß über den Fristbeginn belehrt worden. Es reicht aus, dass das den Lauf der Frist auslösende Ereignis, nämlich die Aushändigung eines Durchschlags dieses Bestellscheins mit der schriftlichen Widerrufsbelehrung, benannt wurde. Insbesondere ist keine zusätzliche Belehrung auch über den Inhalt des § 187 Abs. 1 und des § 188 Abs. 2 BGB, aus denen sich Beginn und Ende der Widerrufsfrist ergeben, notwendig (vgl. BGH, Urt. v. 27.4.1994 - VIII ZR 223/93, BGHZ 126, 56, 62).

Rz. 27

Die Einwände der Revision gegen die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts zur ausreichenden Deutlichkeit der Widerrufsbelehrung haben ebenfalls keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Verfahrensfehler festgestellt, dass die Belehrung ggü. dem übrigen Vertragstext ausreichend hervorgehoben ist.

Rz. 28

3. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Angemessenheit der verlangten Entschädigung sind von der Revision nicht angegriffen.

III.

Rz. 29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2463510

BGHZ 2011, 97

BB 2010, 2642

DB 2010, 2391

NJW 2010, 10

NJW 2010, 3503

BauR 2011, 107

EBE/BGH 2010, 338

CR 2011, 272

EWiR 2011, 39

IBR 2010, 689

WM 2010, 2047

WuB 2011, 103

ZAP 2010, 1089

ZIP 2010, 2052

JA 2011, 304

MDR 2010, 1304

VersR 2011, 763

VuR 2011, 232

ZfBR 2011, 35

MMR 2011, 27

RÜ 2010, 753

ZBB 2010, 517

ZGS 2010, 500

NRÜ 2010, 533

ZJS 2010, 775

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