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BGH Urteil vom 19.03.1991 - VI ZR 199/90

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Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 17.05.1990)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Mai 1990 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin die Abweisung der Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für den materiellen Schaden der Klägerin bestätigt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Beklagte ist beamteter Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der Medizinischen Einrichtungen der Universität D.. Er nahm am 15. Juli 1983 bei der Klägerin, die sich als Privatpatientin in seine Behandlung begeben hatte, eine Kieferhöhlenoperation vor. Nach der Behauptung der Klägerin hat er dabei ein Narkosespray verwendet, das bei ihr zu chronischem Bronchialasthma geführt habe.

Die Klägerin hat dem Beklagten Behandlungsfehler vorgeworfen. Er habe, zumal ihre Lunge bereits vorgeschädigt gewesen sei, keine Spraynarkose vornehmen dürfen; ferner habe er versäumt, ihr nach der Narkose Antibiotika zu verabreichen. Zudem habe der Beklagte auch die ihm obliegende Aufklärungspflicht verletzt.

Die Klägerin hat vom Beklagten ein Schmerzensgeld von mindestens 50.000,00 DM verlangt und die Feststellung begehrt, daß er verpflichtet sei, ihr alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Operation entstünden. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin allein noch ihren Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich des materiellen Schadens weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht führt aus, es spreche sehr viel dafür, daß - wenn das Gericht sich sachverständig beraten ließe - sowohl ein Behandlungsfehler als auch ein Aufklärungsversäumnis des Beklagten zu verneinen sei. Auch erscheine es bereits jetzt als nahezu ausgeschlossen, daß die von der Klägerin geltend gemachte Asthmaerkrankung auf die Behandlung durch den Beklagten zurückzuführen sei. Der Einholung eines ärztlichen Gutachtens zu diesen Fragen bedürfe es jedoch nicht, da die Klage schon aus Rechtsgründen abzuweisen sei. Eine deliktische Haftung des Beklagten, dem allenfalls Fahrlässigkeit zur Last falle, scheitere an dem Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, und eine vertragliche Einstandspflicht für materielle Schäden könne nicht festgestellt werden, weil die Klägerin nicht einmal die Möglichkeit dargetan habe, daß ihr solche Schäden entstanden sein könnten.

II.

Das Berufungsurteil hält, soweit es von der Revision angegriffen wird, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.

Ohne Rechtsverstoß verneint das Berufungsgericht allerdings eine Schadensersatzpflicht des Beklagten aus unerlaubter Handlung, so daß auch bezüglich des allein noch streitigen materiellen Zukunftsschadens der Klägerin die Feststellungsklage nicht auf eine deliktische Grundlage gestützt werden kann. Denn auch insoweit gilt für den Beklagten als liquidationsberechtigten beamteten Chefarzt das Haftungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, mit dem er die Klägerin auf die Schadensersatzpflicht des Krankenhausträgers verweisen kann (vgl. BGHZ 85, 393, 396 ff; 89, 263, 273 f; 95, 63, 66 f; Senatsurteil vom 24. Juni 1986 - VI ZR 202/85 - VersR 1986, 1206).

2.

Nicht rechtsfehlerfrei ist das Berufungsurteil aber insoweit, als das Berufungsgericht auch eine vertragliche Haftung des Beklagten als Grundlage für das Feststellungsbegehren der Klägerin verneint.

a)

Das Berufungsgericht stellt fest, daß zwischen den Parteien ein Vertrag über die stationäre Behandlung der Klägerin abgeschlossen worden ist. Weiterhin ist, da das Berufungsgericht dies offen läßt, für die Revisionsinstanz sowohl von einer fehlerhaften Behandlung der Klägerin durch den Beklagten als auch von der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für das Asthmaleiden der Klägerin auszugehen. Schließlich nimmt das Berufungsgericht mit Recht an, daß auch in Arzthaftungssachen das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht für vertragliche Schadensersatzansprüche gilt (Senatsurteil vom 28. Juni 1988 - VI ZR 288/87 - VersR 1989, 145, 146).

b)

Bei dieser Ausgangslage kann nicht, wie das Berufungsgericht meint, die Feststellungsklage mit der Begründung abgewiesen werden, die Klägerin habe die Möglichkeit eines materiellen Schadens nicht dargelegt.

aa)

Die Rechtsprechung hat an die Darlegung der für ein Feststellungsbegehren erforderlichen Wahrscheinlichkeit, daß spätere Schadens folgen eintreten können, vor allem mit Rücksicht auf das Interesse des Klägers an Schutz vor der Verjährung seiner Ersatzansprüche stets maßvolle Anforderungen gestellt. Es genügt, daß der Kläger die aus seiner Sicht bei verständiger Würdigung nicht eben fern liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch das Auftreten weiterer Folgeschäden aufzeigt (Senatsurteil vom 25. Januar 1972 - VI ZR 20/71 - VersR 1972, 459, 460; vom 30. Oktober 1973 - VI ZR 51/72 - VersR 1974, 248 und vom 30. Oktober 1990 - VI ZR 340/89 - zur Veröffentlichung bestimmt).

bb)

Hiernach kann aber im Streitfall der Vortrag der Klägerin zu möglichen Folgeschäden nicht als unzureichend angesehen werden. Die Klägerin hatte, wie das Berufungsgericht selbst darlegt, schon in der Klageschrift auf ihre körperliche Beeinträchtigung hingewiesen, unter der sie vermutlich ihr ganzes Leben lang werde leiden müssen; sie hatte ferner unter Beweisantritt behauptet, sie habe sich nach der Operation durch den Beklagten zur Behandlung des Bronchialasthmas bislang insgesamt 10 mal in stationäre Behandlung begeben müssen. Auch der Beklagte hat ausgeführt, daß das Asthmaleiden der Klägerin (das er nicht verursacht haben will) chronisch und progredient sei und daß die Klägerin sich deswegen immer wieder stationär habe behandeln lassen müssen. Daß solche Krankenhausaufenthalte Geld kosten, ist selbstverständlich und bedarf keines ausdrücklichen Vortrags. Da die Klägerin sich von dem Beklagten als Privatpatientin hatte behandeln lassen, fehlt auch jeder Anhalt dafür, daß sie von den Kosten der zum Teil in Japan durchgeführten stationären Folgebehandlungen von Sozialversicherungsträgern, erst recht in vollem Umfang, freigestellt worden wäre. Die mögliche Eintrittspflicht einer privaten Krankenversicherung stellt nicht infrage, daß etwaige Behandlungskosten zunächst bei ihr als Schaden zu Buche schlagen, und berührt ihre Aktivlegitimation für künftige Schadensersatzansprüche nicht. Unter diesen Umständen war aber von der Klägerin mit dem Vortrag ihrer durch die Operation verursachten körperlichen Beeinträchtigungen und mit dem Hinweis auf das weitere Fortschreiten ihres behandlungsbedürftigen Leidens genügend auch für einen materiellen Zukunftsschaden dargelegt worden.

c)

Eine andere Betrachtung ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil die Klägerin auf den Hinweis des Berufungsgerichts in der dem Urteil zugrunde liegenden mündlichen Verhandlung vom 15. März 1990: "Für vertragliche Ansprüche sei bisher nichts dargetan" ihr Vorbringen nicht ergänzt hat. Zum einen wird im Berufungsurteil nicht gesagt, daß sich dieser Hinweis auf die Darlegung materieller Schäden und nicht, wie es nach seinem Wortlaut näher liegt, auf Ausführungen zum Vertrag als Anspruchsgrundlage bezogen hat. Zum anderen traf der Hinweis, wenn er auf ersteres abgezielt haben sollte, nach den obigen Ausführungen in der Sache nicht zu.

III.

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit gemäß § 565 Abs. 1 ZPO zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nunmehr zu prüfen haben, ob dem Beklagten ein Behandlungsfehler oder ein Aufklärungsversäumnis zur Last fällt und ob das Asthmaleiden der Klägerin auf die von ihr behauptete Verwendung des Narkosesprays zurückzuführen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018888

NJW-RR 1991, 917-918 (Volltext mit red. LS)

VersR 1991, 779-780 (Volltext mit red. LS)

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