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BGH Urteil vom 16.11.2000 - I ZR 34/98 (veröffentlicht am 16.11.2000)

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Leitsatz (amtlich)

a) Von einem Fehlen jeglicher Warenähnlichkeit kann nur ausgegangen werden, wenn angesichts des Abstandes der Waren voneinander trotz Identität oder großer Ähnlichkeit der Marken und trotz besonders hoher Kennzeichnungskraft der älteren Marke die Annahme einer Verwechslungsgefahr von vornherein ausgeschlossen ist.

b) Wein und Mineralwasser sind ähnliche Waren, auch wenn sie im allgemeinen aus verschiedenen Betrieben – Weinbau- und Mineralbrunnenbetrieben – stammen.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nrn. 2-3

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg

LG Hamburg

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 18.10.2004; Aktenzeichen 2 BvR 318/03)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 8. Januar 1998 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin hat ihren Sitz in dem am Genfer See gelegenen französischen Kurort Evian-les-Bains. Nur sie ist berechtigt, die Mineralwasserquellen in Evian-les-Bains zu nutzen. Sie ist Inhaberin der für Mineralwasser geschützten deutschen Marke „EVIAN” (Priorität 11. November 1985). Die Klägerin vertreibt ihr in Evian-les-Bains gefördertes (stilles) Mineralwasser seit Anfang des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern, in Deutschland seit Anfang der sechziger Jahre (Umsatz 1995: über 17 Mio. DM). Die Klägerin nimmt für ihre Marke „EVIAN” in Deutschland einen Bekanntheitsgrad von 40 % (Gesamtbevölkerung im Alter von 14 bis 64 Jahren) in Anspruch.

Die Beklagten gehören zu einer größeren Getränke-Gruppe. Sie sind mit dem Vertrieb eines 1996 unter der Bezeichnung „REVIAN” auf den Markt gebrachten Weißweins aus dem Herkunftsgebiet Rheinhessen befaßt. Es handelt sich dabei um einen Wein der Rebsorte Müller-Thurgau, wobei der Name „Revian” an Rivaner, eine andere Bezeichnung für Müller-Thurgau, erinnern soll. Die Beklagte zu 2 führt die Firma „Revian Weinhandelsgesellschaft mbH”. Die Beklagte zu 1 ist Inhaberin einer Reihe von Marken, die im Zusammenhang mit der Vermarktung des Weißweins Revian stehen, so der u.a. für Mineralwasser und alkoholische Getränke eingetragenen Wortmarke „REVIAN” (über den von der Klägerin gegen die Eintragung dieser Marke erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden), der für alkoholische Getränke außer Bier eingetragenen Wortmarken „REWIAN” und „REVAN” sowie der nachfolgend wiedergegebenen, im Original farbigen Wort-Bild-Marke (der gegen diese Eintragung eingelegte Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg):

Die Klägerin sieht ihre Rechte an der Marke „EVIAN” durch die angeführten Marken der Beklagten zu 1 als verletzt an. Die Marken „REVIAN” und „EVIAN” seien hochgradig klanglich und schriftbildlich verwechselbar. Zwischen Wasser und Wein bestehe nicht zuletzt im Hinblick auf die Gewohnheit vieler Konsumenten, neben Wein Mineralwasser zu trinken oder anzubieten, Warenähnlichkeit. Die Verwechslungsgefahr liege um so näher, als es sich bei „EVIAN” um eine bekannte Marke handele. Die besondere Wertschätzung, deren sich diese Marke erfreue, werde durch die Verwendung von „REVIAN” beeinträchtigt und ausgebeutet.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

  1. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,

    die Bezeichnung „REVIAN” zur Kennzeichnung eines Weins im geschäftlichen Verkehr zu verwenden, so gekennzeichneten Wein anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter der Marke „REVIAN” ein- oder auszuführen, die Marke „REVIAN” in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen;

  2. die Beklagte zu 2 zu verurteilen,

    in die Löschung des Bestandteils „Revian” ihres Firmennamens durch Erklärung gegenüber dem Handelsregister einzuwilligen;

  3. die Beklagte zu 1 zu verurteilen,

    in die Löschung der Marken „Rewian” und „Revan” durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patentamt einzuwilligen;

  4. festzustellen,

    daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus der unter Ziffer 1 bezeichneten Zuwiderhandlung entstanden ist und/oder noch entstehen wird;

  5. die Beklagten zu verurteilen,

    der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der unter Ziffer 1 beschriebenen Zuwiderhandlungen in Form einer zeitlich geordneten Aufstellung, insbesondere der Verkaufsmenge, der erzielten Verkaufspreise, der Gestehungskosten und des Gewinns des unter der Marke „REVIAN” verkauften Weins und der dafür geschalteten Werbung, geordnet nach Werbeträger und Verbreitungsdatum.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Hamburg NJWE-WettbR 1998, 203).

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat markenrechtliche Ansprüche der Klägerin wegen der Verwendung der Bezeichnung „REVIAN” verneint und zur Begründung ausgeführt:

Auch nach dem Markenrecht sei von dem zur Rechtslage nach dem Warenzeichengesetz entwickelten Grundsatz auszugehen, daß Waren oder Dienstleistungen ähnlich seien, wenn die Produkte nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und Verwendungsweise, nach ihrer Beschaffenheit und Herstellung, insbesondere auch hinsichtlich ihrer regelmäßigen Herstellungs- oder Verkaufsstätten so enge Berührungspunkte hätten, daß danach der Schluß naheliege, die Waren oder Dienstleistungen seien demselben Anbieter zuzurechnen. Da nach wie vor die Herkunftsfunktion der Marke im Vordergrund stehe, sei immer dann von einer solchen Verwechslungsgefahr auszugehen, wenn durch die Verwendung eines Zeichens falsche Vorstellungen über die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen ausgelöst würden. Nach diesen Grundsätzen sei eine Verwechslungsgefahr im Streitfall zu verneinen.

Typischerweise stammten Weine und Mineralwässer von verschiedenen Anbietern und aus verschiedenen Produktionsstätten. Die generelle Tendenz zur Sortimentsausweitung dürfe nicht überbewertet werden. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, daß sich die Verkehrsvorstellungen hinsichtlich der Sortimentsabgrenzung zwischen Betrieben der Weinwirtschaft und Mineralbrunnenbetrieben gewandelt hätten. Daß Wein und Mineralwasser bei einer Mahlzeit verzehrt würden, lege es für den Verkehr noch nicht nahe, daß sie von einem Anbieter stammten. Im Hinblick auf den außerordentlich großen Abstand der in Rede stehenden Waren reichten der relativ geringe Abstand zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen und die – zu unterstellende – Bekanntheit der Klagemarke nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Hinzu komme, daß ein Teil des Verkehrs mit der Klagemarke den Ort am Genfer See verbinde und deswegen auch erkenne, daß der unter der beanstandeten Bezeichnung auf den Markt gebrachte rheinhessische Weißwein nicht von der Klägerin stamme und ihr auch nicht im weiteren Sinne zugerechnet werden könne.

Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf den Schutz bekannter Marken stützen. Eine Ausbeutung besonderer Qualitätsvorstellungen liege nicht vor. Ein „Imagetransfer” von der Marke der Klägerin auf das Produkt der Beklagten sei ausgeschlossen, weil es für Wein von vornherein nicht günstig sei, mit dem Image eines Mineralwassers identifiziert zu werden. Es sei auch nicht ersichtlich, daß die Beklagten mit der Marke „REVIAN” die Attraktionskraft und den Werbewert von „EVIAN” ausnutzten und so zu einer Verwässerung der Klagemarke beitrügen.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Klageantrag zu 1 (Unterlassungsantrag):

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke „EVIAN” und dem angegriffenen Zeichen „REVIAN” (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht – wovon grundsätzlich auch das Berufungsgericht ausgegangen ist – eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH, Urt. v. 11.11.1997 – Rs. C-251/95, Slg. 1997, I-6191 = GRUR 1998, 387, 389 f. Tz. 22 f. – Sabèl/Puma; Urt. v. 29.9.1998 – Rs. C-39/97, Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. – Canon; BGH, Urt. v. 14.10.1999 – I ZR 90/97, GRUR 2000, 605, 606 = WRP 2000, 525 – comtes/ComTel; Urt. v. 13.1.2000 – I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 – ATTACHÉ/TISSERAND; Urt. v. 6.7.2000 – I ZR 21/98, GRUR 2001, 158, 159 f. = WRP 2001, 41 – Drei-Streifen-Kennzeichnung).

bb) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß die beiden sich gegenüberstehenden Zeichen „EVIAN” und „REVIAN” nur einen geringen Abstand aufweisen, so daß von einer sehr großen Ähnlichkeit auszugehen ist. Die Marke der Beklagten unterscheidet sich von der Klagemarke allein durch das vorangestellte „R”. Auch wenn der Wortanfang erfahrungsgemäß stärker beachtet wird als nachfolgende Wortteile (vgl. BGH, Beschl. v. 25.3.1999 – I ZB 32/96, GRUR 1999, 735 = WRP 1999, 855 – MONOFLAM/POLYFLAM, m.w.N.), kommen die beiden Zeichen sich damit sowohl in klanglicher Hinsicht als auch im äußeren Erscheinungsbild äußerst nahe. Was das Klangbild angeht, ist weiter zu berücksichtigen, daß sich Teile des Verkehrs, denen die Klagemarke und der französische Ort am Genfer See bekannt sind, wegen der teilweise bestehenden Übereinstimmung zu einer französischen Aussprache von „Revian” veranlaßt sehen werden, was zumindest für diesen Personenkreis die Nähe zur Klagemarke unterstreicht.

cc) Ferner ist für das Revisionsverfahren von einer starken Kennzeichnungskraft der Klagemarke auszugehen. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt, wonach es sich bei „EVIAN” um eine im Inland bekannte Marke handelt.

dd) Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist das angefochtene Urteil nicht frei von Widersprüchen. Das Berufungsgericht hat zwar bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren – Mineralwasser und Wein – unterstellt, hat aber gleichzeitig von einem außerordentlich weiten Abstand der Waren gesprochen und ist im Rahmen der Prüfung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG davon ausgegangen, daß es sich bei der beanstandeten Verwendung des Zeichens „REVIAN” für Wein „um eine Benutzung im warenunähnlichen Bereich” handele. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg. Zwar liegt die Beurteilung der Warenähnlichkeit im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet (BGH, Beschl. v. 16.3.2000 – I ZB 43/97, GRUR 2000, 886, 887 = WRP 2001, 37 – Bayer/BeiChem, m.w.N.). Das Berufungsgericht hat jedoch zu stark darauf abgestellt, daß Wein und Mineralwasser typischerweise von verschiedenen Anbietern und aus unterschiedlichen Produktionsstätten stammen, und hat damit den zugrundeliegenden Rechtsbegriff nicht zutreffend erfaßt. Bei der gebotenen Berücksichtigung aller das Verhältnis der fraglichen Waren kennzeichnenden Faktoren kann im Streitfall nicht von einem Fehlen der Warenähnlichkeit und auch nicht davon ausgegangen werden, daß zwischen den fraglichen Waren ein besonders weiter Abstand besteht.

Zu den Faktoren, die das Verhältnis der Waren kennzeichnen, zählen insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 23 – Canon; BGH, Beschl. v. 8.10.1998 – I ZB 35/95, GRUR 1999, 245, 246 = WRP 1999, 196 – LIBERO; Beschl. v. 26.11.1998 – I ZB 18/96, GRUR 1999, 496, 497 = WRP 1999, 528 – TIFFANY; GRUR 2000, 886, 887 – Bayer/BeiChem). Im Streitfall sind insoweit zwei gegenläufige Faktoren zu verzeichnen: Einerseits stammen Wein und Mineralwasser – wie das Berufungsgericht als dem Verkehr bekannt festgestellt hat – im allgemeinen von verschiedenen Herstellern, so daß es unter diesem Gesichtspunkt eher unwahrscheinlich sein mag, daß der Verkehr die eine Ware dem Hersteller der anderen Ware zurechnet. Andererseits liegen die beiden Produkte nach ihrer Funktion nah beieinander (Lebensmittel, Getränke). Im Handel werden sie nebeneinander präsentiert, teilweise werden sie auch nebeneinander beworben. Auch beim Verbrauch treten Wein und Mineralwasser häufig nebeneinander in der Weise in Erscheinung, daß Mineralwasser als Alternative oder ergänzend zum Wein – teilweise sogar mit Wein vermischt – angeboten und konsumiert wird. Schließlich weist auch die übliche Darreichungsform in Flaschen und Gläsern Ähnlichkeiten auf.

Unter diesen Umständen wäre es rechtsfehlerhaft, von einer absoluten, die Verwechslungsgefahr ausschließenden Unähnlichkeit der Waren auszugehen und damit die Möglichkeit von vornherein auszuschließen, daß ein verhältnismäßig großer Abstand der Waren durch besondere Nähe oder Identität der Zeichen sowie durch eine besondere Kennzeichnungskraft der Klagemarke ausgeglichen wird. Denn jedenfalls bei einer besonders kennzeichnungskräftigen oder sogar bekannten Marke und bei Zeichenidentität würde der Verkehr, wenn ihm beide Produkte nebeneinander begegnen, unwillkürlich eine Verbindung herstellen und die – vom Berufungsgericht festgestellte – Vorstellung korrigieren, Wein und Mineralwasser stammten durchweg aus unterschiedlichen, miteinander nicht verbundenen Unternehmen. Im Hinblick auf die beschriebenen, für die Beurteilung der Ähnlichkeit maßgeblichen Faktoren kann noch nicht einmal angenommen werden, der Abstand der hier in Rede stehenden Waren sei besonders groß.

ee) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die Verwechslungsgefahr verneint hat, stützen sich auf einen außerordentlich weiten Abstand der in Rede stehenden Waren. Ihnen ist die Grundlage entzogen, wenn – wie geboten – davon ausgegangen wird, daß die Waren Wein und Mineralwasser ähnlich sind und sich im Rahmen der Ähnlichkeit noch nicht einmal durch eine besondere Warenferne auszeichnen.

Der Senat sieht sich nicht in der Lage, die Frage der Verwechslungsgefahr auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen abschließend zu beurteilen. Auch wenn – entgegen der Auffassung des Landgerichts – die Gefahr von Verwechslungen bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft verneint werden kann, muß im Revisionsverfahren die Bekanntheit der Klagemarke unterstellt werden. Mit der Bekanntheit einer Marke geht indessen ein erweiterter Schutzumfang einher (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz. 24 – Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 Tz. 18 – Canon; BGH GRUR 2001, 158, 160 – Drei-Streifen-Kennzeichnung). Im Streitfall könnte bei erweitertem Schutzumfang insbesondere die Gefahr an Bedeutung gewinnen, daß der Verkehr zwischen den Zeichen „EVIAN” und „REVIAN” eine gedankliche Verbindung herstellt und wegen der Nähe zur bekannten Marke „EVIAN” einen irgendwie gearteten wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Anbieter des „Revian”-Weines und dem bekannten Mineralwasserhersteller vermutet oder für möglich erachtet (Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, auch bei Bekanntheit der Klagemarke komme ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 14 Abs. 5 i.V. mit § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht in Betracht, hält ebenfalls der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

aa) Im Hinblick auf die zu bejahende Warenähnlichkeit kommt allerdings eine Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG im Streitfall nur in Betracht, wenn der Schutz der bekannten Marke nach dieser Bestimmung nicht auf die Fälle fehlender Warenähnlichkeit beschränkt ist. Der Senat neigt dazu, § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG so zu verstehen, daß ein Schutz selbst dann zu gewähren ist, wenn das identische oder ähnliche Zeichen nicht für ähnliche Waren oder Leistungen benutzt wird. Die Frage einer solchen Auslegung, durch die der Anwendungsbereich der den Schutz der bekannten Marke regelnden Bestimmungen des Markengesetzes über ihren Wortlaut hinaus ausgedehnt würde, hat der Senat zum Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 EG gemacht (vgl. BGH, Beschl. v. 27.4.2000 – I ZR 236/97, GRUR 2000, 875 = WRP 2000, 1142 – Davidoff), über das der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften noch nicht entschieden hat.

Im derzeitigen Verfahrensstadium bedarf diese Frage keiner abschließenden Klärung. Denn im Streitfall ist es im Hinblick auf die Ausführungen zu § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – oben unter II.1.a)ee) – noch offen, ob überhaupt auf die Bestimmungen zum Schutz der bekannten Marke zurückgegriffen werden muß.

bb) Das Berufungsgericht hat – wie die Revision mit Erfolg rügt – nicht hinreichend berücksichtigt, daß die Unterscheidungs- oder Kennzeichnungskraft einer bekannten Marke auch dadurch beeinträchtigt werden kann, daß ein Dritter ein identisches oder ähnliches Zeichen verwendet (Verwässerungsschutz), wobei eine solche Beeinträchtigung je eher zu erwarten ist, desto geringer der Branchenabstand zwischen den erfaßten Waren oder Leistungen ist (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 511). Im Hinblick auf die zu verzeichnende Branchennähe käme im Streitfall ein solcher Verwässerungsschutz in Betracht, der auch dann eingreifen kann, wenn das Renommee, wenn die Wertschätzung der bekannten Marke durch das andere Zeichen nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.

Das Berufungsgericht hat die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 14 Abs. 5 i.V. mit § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG – aus seiner Sicht folgerichtig – ungeprüft gelassen. Sollte es auf diesen Punkt ankommen, wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob die mögliche Beeinträchtigung der Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise erfolgt ist.

2. Klageanträge zu 2 und 3 (Löschung des Firmenbestandteils „Revian” sowie der Marken „REWIAN” und „REVAN”):

Kann die Abweisung der Klage mit dem Unterlassungsantrag keinen Bestand haben, gilt Entsprechendes für den auf Löschung des Firmenbestandteils „Revian” gerichteten Klageantrag zu 2 sowie für den auf Löschung der Marken „REWIAN” und „REVAN” gerichteten Klageantrag zu 3. Bei der Beurteilung des auf §§ 51, 55, 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 MarkenG gestützten Klageantrags zu 3 wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß sich die Zeichen „REWIAN” und „REVAN” zwar etwas stärker von der Klagemarke unterscheiden, daß aber die Verwendung dieser Marken nicht nur für Wein, sondern generell für alkoholische Getränke außer Bier in Rede steht.

3. Kommt eine Verletzung der Klagemarken in Betracht, kann auch die Abweisung der Klage mit den auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Auskunftserteilung gerichteten Anträgen zu 4 und zu 5 keinen Bestand haben.

III. Das angefochtene Urteil ist danach auf die Revision der Klägerin in vollem Umfang aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Erdmann, Starck, Bornkamm, Büscher, Schaffert

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 16.11.2000 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 584880

BGHR 2001, 428

BGHR

NJW-RR 2001, 827

GRUR 2001, 507

Nachschlagewerk BGH

WRP 2001, 694

ZLR 2001, 428

MarkenR 2001, 204

Mitt. 2001, 210

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