Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Urteil vom 15.11.1999 - II ZR 122/98 (veröffentlicht am 15.11.1999)

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Leitsatz (amtlich)

Eine Verkürzung der Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG durch Vereinbarung ist nur insoweit zulässig, als der Schadenersatzbetrag zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft nicht erforderlich ist (arg. § 43 Abs. 3 GmbHG).

 

Normenkette

GmbHG § 43 Abs. 4

 

Verfahrensgang

Thüringer OLG (Aktenzeichen 5 U 439/97)

LG Meiningen (Aktenzeichen 1 O 1743/94)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 10. März 1998 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten als ihre ehemaligen Geschäftsführer auf Schadenersatz in Anspruch. Das Geschäftsführerverhältnis ist zum 30. September 1994 widerrufen worden.

Die Klägerin gehört zu einer Reihe von Kapital- und Personengesellschaften, deren Anteile von Mitgliedern der Familie P. aus K. gehalten werden und die unter Beteiligung der Treuhandanstalt mit verschiedenen Banken am 7. März 1994 eine Sanierungsvereinbarung getroffen haben. Bestandteile der Vereinbarung waren u.a. drei Verträge, mit denen die P. und R. GmbH sowie die P. GmbH & Co. KG (P. KG) ihre Anteile an der Klägerin auf die T. bank (T B) und die T. Industriebeteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (TI) übertragen haben, sowie ein zwischen der Klägerin und der P. KG abgeschlossener Betriebsführungs- und Liefervertrag. Danach wurde die P. KG mit der Führung des Unternehmens der Klägerin in deren Namen und für deren Rechnung unter Übernahme der Verpflichtung beauftragt, die bei der Klägerin vorhandene Produktionskapazität für CD's und Boxen – erforderlichenfalls unter Einschaltung von Dritten – mindestens zur Hälfte auszulasten. Weiter vereinbarten die Gesellschaften, daß die Klägerin sämtliche bei ihr produzierten CD's, Boxen sowie die Mastering-Leistungen an die P. KG oder von dieser benannte Dritte liefern werde. Als Gegenleistung hatte die P. KG die bei der Klägerin anfallenden, in zwei Anlagen zum Vertrag aufgelisteten fixen und variablen, perioden- und produktionsgerecht zugeordneten Kosten zu tragen. Die Fixkosten waren binnen 90 Tagen ab dem jeweiligen Monatsende, die variablen Kosten für April bis September innerhalb von 90 Tagen und die für Oktober bis März innerhalb von 120 Tagen ab dem jeweiligen Monatsende, in dem sie anfielen, zu zahlen.

Die P. KG, über deren Vermögen am 25. Juli 1995 das Anschlußkonkursverfahren eröffnet worden ist, ist ihrer Zahlungspflicht nicht nachgekommen. Die Klägerin hat den Beklagten u.a. vorgeworfen, sie hätten die Warenlieferungen trotz der Säumnis der P. KG fortgesetzt und zudem die offenen Forderungen nicht beigetrieben. Sie hat den von ihr geltend gemachten Schadenersatzanspruch auf 1 Mio. DM nebst Zinsen beschränkt.

Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehren die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten führt zur Zurückverweisung.

Das Berufungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Revision rügt zu Recht, daß es entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beklagten nicht berücksichtigt hat.

1. Das Berufungsgericht hat eine Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadenersatz nach § 43 Abs. 2 GmbHG mit der Begründung bejaht, durch Lieferungen, die ab Juni 1994 vorgenommen worden seien, habe die Klägerin Ansprüche auf Ausgleich variabler Kosten in Höhe von 1.650.520,12 DM für Juni, 429.886,20 DM für Juli und 1.909.826,94 DM für August 1994 erworben, die aufgrund des Konkurses der P. KG nicht mehr durchgesetzt werden könnten. Den Beklagten sei vorzuwerfen, daß sie die Lieferungen vorgenommen hätten, obwohl die P. KG die Warenlieferungen aus den Monaten Januar bis März 1994 nicht bezahlt habe, weil ihre Liquiditätssituation äußerst angespannt gewesen sei. Diese Liquiditätskrise hätten sie aber ohne weiteres erkennen können und daraus die Konsequenzen ziehen müssen.

Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht zu diesem Ergebnis nur deswegen gelangen konnte, weil es Sachvortrag der Beklagten übergangen hat.

Danach war den beiden Gesellschafterinnen der Klägerin bereits bei Abschluß des Vertrages vom 7. März 1994 die angespannte Liquiditätslage der P. KG bekannt. Ferner seien sie laufend darüber unterrichtet worden, daß sich die finanzielle Lage der P. KG ständig verschlechtert und sie die Rechnungen der Klägerin nur teilweise, u.z. insoweit ausgeglichen habe, als sie über Liquidität verfügt haben. Der Beklagte zu 2 habe seit Abschluß des Betriebsführungs- und Liefervertrages wöchentlich dreimal den bei der T B tätigen Zeugen S. über die Entwicklung unterrichtet. Der Zeuge P. habe der TI die Einzelheiten auf deren Anfrage vom 18. Mai 1994 bekanntgegeben. Die damalige schlechte finanzielle Situation der Klägerin ergebe sich aus einem Schreiben des Beklagten zu 2 an die T B, mit dem er einen weiteren Liquiditätsbedarf von 1,5 Mio. DM angezeigt habe. Ferner folge sie aus dem Bericht des Zeugen Dr. F. vom 8. Juni 1994 über den finanziellen Status der P. -Gruppe. Die Hauptgesellschafterin habe noch am 16. September 1994 die Einleitung eines Mahnverfahrens gegen die P. KG zurückstellen lassen. Die neue Geschäftsführung habe die Lieferungen sogar noch nach dem Ausscheiden der Beklagten fortgesetzt.

Legt man diesen Vortrag der Beklagten zugrunde, kann man von einer – zumindest stillschweigenden – Übereinkunft der Gesellschafter der Klägerin ausgehen, die Forderungen gegen die P. KG nicht durch Einleitung eines Mahn- oder Klageverfahrens geltend zu machen.

Für diese Haltung sprechen auch weitere von den Beklagten vorgetragene Umstände, die von der Revision aufgezeigt werden. Im Hinblick auf die angestrebte Sanierung hätten die Klägerin und die P. KG wie zu der Zeit, als zwischen ihnen ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestanden habe, eine Einheit dargestellt. Es sei stets um die Liquidität des gesamten Unternehmensverbundes gegangen. Da die P. KG zudem noch vermögenslos gewesen sei, hätte die Durchsetzung der Forderungen den Konkurs der P. KG zur Folge gehabt, so daß die Klägerin keine Abnehmer mehr für ihre Lieferungen gehabt hätte mit der Folge, daß sie ihren Betrieb hätte einstellen müssen. Das wäre mit der Absicht der Gesellschafter, das Unternehmen zu verkaufen, unvereinbar gewesen.

Bei diesem Sach- und Kenntnisstand hätten die Gesellschafter der Klägerin die Beklagten als Geschäftsführer anweisen müssen, die Forderungen gegenüber der P. KG geltend zu machen. Daran waren die Gesellschafter deshalb nicht gehindert, weil die P. KG zur Bezahlung verpflichtet war; die entsprechenden Beträge hätten also jederzeit beigetrieben werden können. Die abweichenden Ausführungen der Revisionserwiderung treffen nicht zu.

2. Aufgrund des dem Berufungsgericht unterlaufenen Verfahrensfehlers konnte sein Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird den Tatsachenvortrag der Beklagten umfassend zu würdigen haben. Dazu gehört auch die in § 19.5 der Geschäftsführerverträge getroffene Regelung, daß Ansprüche gegen die Geschäftsführer nur innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten ab Kündigung der Geschäftsführerverträge geltend gemacht werden können. Das kommt einer Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG gleich. Eine solche kann grundsätzlich vereinbart werden. Die Verkürzung ist jedoch insoweit ausgeschlossen, als der Schadenersatzbetrag zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist (arg. § 43 Abs. 3 GmbHG; vgl. Hachenburg/Mertens, GmbHG 8. Aufl. § 43 Rdn. 95; Scholz/U.H. Schneider, GmbHG 8. Aufl. § 43 Rdn. 207; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 16. Aufl. § 43 Rdn. 31; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG 3. Aufl. § 43 Rdn. 51; Meyer-Landrut/Miller/Niehues, GmbHG § 43 Rdn. 20; abweichend Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14. Aufl. § 43 Rdn. 22). Das Berufungsgericht wird ferner Gelegenheit haben, die weiteren von der Revision erhobenen Rügen zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, wird es – gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag durch die Parteien – die von den Parteien angebotenen Beweise erheben müssen.

 

Unterschriften

Röhricht, Henze, Goette, Kurzwelly, Münke

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 15.11.1999 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 538639

BB 2000, 59

DB 2000, 139

DB 2000, 268

DStR 2000, 168

NJW 2000, 576

NWB 2000, 1060

BGHR

GmbH-StB 2000, 37

NZG 2000, 204

Nachschlagewerk BGH

WM 2000, 73

WuB 2000, 671

ZAP 2000, 193

ZIP 2000, 135

MDR 2000, 283

NJ 2000, 261

GmbHR 2000, 187

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung
haufe-product

    Meistgelesene Beiträge
    • Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, HGB ... / 2 Inhalte des Konzernanhangs (Abs. 1 Sätze 1 und 2)
      1
    • Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen / §§ 21 - 30 Teil 3 Denkmalbehörden, Denkmalfachämter und Verfahren
      1
    • Frotscher/Geurts, EStG § 18 Selbständige Arbeit / 11.1.1 Betriebseinnahmen
      1
    • Frotscher/Geurts, EStG § 5 Gewinn bei Kaufleuten und bei ... / 4.1 Allgemeines
      1
    • Geschenke / 5 Wertbestimmung
      1
    • IFRS 01 - Erstmalige Anwendung der International Financi ... / [IAS 1]
      1
    • Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 21 Besondere Vorschrift ... / 11.3 Rechtsbehelfsverfahren
      1
    • Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 4 Nr. 20 [Theater, Orch ... / 2.2 Andere Unternehmer
      1
    • Verhaltenskodex: Wichtiges Element für das Compliance-Ma ... / 2 Beteiligungsrechte des Betriebsrats
      1
    Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
    Top-Themen
    Downloads
    Zum Haufe Shop

    Produktempfehlung


    Zum Thema Finance
    Richtig verzollen und Geld sparen: Schnelleinstieg Zoll
    Schnelleinstieg Zoll
    Bild: Haufe Shop

    Vermeiden Sie teure Fehler bei der Zollerklärung. Mit diesem Buch gehen Sie sicher mit allen Rechtsfragen zum Import und Export um - ohne juristische Vorkenntnisse. Es erklärt Ihnen Schritt für Schritt alle zollrechtlichen Grundlagen für einen reibungslosen Ablauf.


    GmbH-Gesetz / § 43 Haftung der Geschäftsführer
    GmbH-Gesetz / § 43 Haftung der Geschäftsführer

      (1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.  (2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen ...

    4 Wochen testen


    Newsletter Finance
    Newsletter Steuern und Buchhaltung

    Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

    • Für Praktiker im Rechnungswesen
    • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
    • Alles rund um betriebliche Steuern
    Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
    Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
    Haufe Fachmagazine
    Themensuche
    A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
    Zum Finance Archiv
    Haufe Group
    Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Lexware rudolf.ai - Haufe meets AI
    Weiterführende Links
    RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
    Kontakt
    Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
    Haufe Rechnungswesen Shop
    Rechnungswesen Produkte Buchführung Software und Bücher Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen Produkte zu Kostenrechnung Produkte zur IFRS-Rechnungslegung Haufe Shop Buchwelt

      Weitere Produkte zum Thema:

      × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

      Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

      Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

      Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

      Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren