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BGH Urteil vom 13.12.1990 - I ZR 31/89

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Immbolienanzeige

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist grundsätzlich irreführend, wenn in einer Immobilienanzeige nicht zum Ausdruck kommt, daß bei Vertragsschluß eine (Makler-)Provision zu zahlen ist. Die Irreführung wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß der Inserent in der Anzeige als "Finanz- und Vermögensberater" bezeichnet ist, denn eine solche Bezeichnung deutet nicht ohne weiteres darauf hin, daß auch der angesprochene Erwerber dem - nach dem Berufsbild eines "Beraters" mutmaßlich im Auftrag eines Dritten handelnden - Inserenten eine Vergütung zu zahlen haben wird.

 

Normenkette

UWG § 3

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder durch die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gehört.

Der Beklagte, der sich als Finanz- und Vermögensberater betätigt, warb in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 21. August 1987 mit nachfolgender Anzeige:

"... Sehr schönes 1-FAM.-HAUS

Neubau, Nähe Wiesbaden in landschaftl. reizvoller Lage, hochwertige Ausstattung, ruhige Wohnlage, Erstbezug, individuelle Gestaltung möglich, für Familien oder als Alterssitz bestens geeignet, Wfl. bis 150 qm, Grundst. 640 qm, Kaufpreis ab 148.000,- DM. Informationen, auch Sa. und So. durch W. B. Finanz- und Vermögensberatung"

Interessenten, die sich auf das Inserat meldeten, teilte der Beklagte mit, daß im Falle des Erwerbs eine Courtage in Höhe von drei vom Hundert des Kaufpreises zu zahlen sei.

Der Kläger hat diese Anzeige beanstandet, weil aus ihr nicht ersichtlich sei, daß es sich um die Werbung eines Immobilienvermittlers handele, und daher der Umstand, daß im Falle eines Kaufes Provision zu entrichten sei, verschwiegen werde.

Er hat beantragt,

dem Beklagten unter Androhung der im Gesetz vorgesehenen Ordnungsmittel zu untersagen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Immobilien anzubieten, ohne darauf hinzuweisen, daß vom Erwerber eine Provision zu zahlen ist, insbesondere zu werben:

"... 1-FAM.-HAUS ... ab 248.000,- DM ...

W. B.

Finanz- und Vermögensberatung

Tel.: ...".

Der Beklagte ist dem mit der Behauptung entgegengetreten, er sei nicht Immobilienmakler, sondern Finanz- und Vermögensberater, was aus dem Inserat deutlich hervorgehe und was dazu führe, daß dem Verkehr erst recht geläufig sei, daß der Erwerber des Objektes eine Provision zu entrichten haben werde.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Im Berufungsverfahren hat der Beklagte die Klagebefugnis des Klägers im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in Frage gestellt. Er hat eine Reihe von Umständen vorgetragen, aus denen sich nach seiner Auffassung ergeben soll, daß die Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen dem Kläger nur als Mittel zur Verfolgung satzungsfremder Ziele diene. Dem ist der Kläger mit eingehendem Tatsachenvortrag entgegengetreten.

Die Berufung ist erfolglos geblieben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner - zugelassenen - Revision, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

1.

Das Berufungsgericht hat die Prozeßführungsbefugnis des Klägers im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG mit eingehenden Ausführungen bejaht. Diese Ausführungen waren bereits - nach Beiziehung der vorliegenden Akten zum Verfahren I ZR 56/89 - Gegenstand der Prüfung durch den erkennenden Senat, der sie mit Urteil vom 5. Oktober 1989 (I ZR 56/89, GRUR 1990, 282 = WRP 1990, 255 - Wettbewerbsverein IV) gebilligt hat. Insoweit kann auf dieses Urteil verwiesen werden.

2.

Die Revision beruft sich demgegenüber darauf, daß im vorgenannten Senatsurteil auch ausgeführt ist, die Prozeßführungsbefugnis des Klägers könne anders zu beurteilen sein, sofern der Kläger gewisse, im Urteil näher bezeichnete Verhaltensweisen auch nach nunmehr erfolgten Hinweisen der Gerichte auf die rechtliche Bedenklichkeit dieser Verhaltensweisen beibehalte. Die Revision macht geltend, daß es im Hinblick hierauf Sache des Klägers gewesen sei, die Änderung dieser Verhaltensweisen ausdrücklich vorzutragen und nachzuweisen.

3.

Dem kann unter den vorliegend gegebenen Verhältnissen nicht beigetreten werden. Für den Kläger ist seiner Struktur und Zielsetzung nach die Erhaltung seiner Prozeßführungsbefugnis eine Existenzfrage. Demgemäß hat er, wie in dem der Entscheidung Wettbewerbsverein IV (aaO.) zugrundeliegenden Berufungsurteil festgestellt worden war, bereits früher auf gerichtliche Bedenken hin - seinerzeit hinsichtlich der ursprünglichen Höhe seiner Abmahnpauschalen - unverzüglich mit entsprechenden Verhaltensänderungen reagiert. Daß er im vorliegenden Verfahren anders reagiert und trotz der aufgezeigten Gefahren für seine Existenz den deutlichen Hinweisen sowohl des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren als auch des Senats im Urteil Wettbewerbsverein IV (aaO.) nicht Rechnung getragen hat, kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden. Anhaltspunkte dafür sind nicht hervorgetreten. Auch die Revision hat keine konkreten Umstände aufzuzeigen vermocht, die geeignet wären, die Prozeßführungsbefugnis des Klägers in Frage zu stellen. Sie wiederholt vielmehr im wesentlichen nur - in allgemeiner Form - die Beanstandungen, mit denen der Senat sich in seiner Entscheidung vom 5. Oktober 1989 bereits eingehend auseinandergesetzt hat. Da der Beklagte - wie sein eingehender und detaillierter Sachvortrag über Interna des Klägers und dessen früheres Verhalten zeigt - ersichtlich über weitreichende Informationsquellen hinsichtlich des Verhaltens des Klägers verfügt, spricht der Umstand, daß er konkrete Beispiele einer Fortsetzung des vor einem Jahr beanstandeten Verhaltens des Klägers im Revisionsverfahren ersichtlich nicht benennen konnte, indiziell ebenfalls für die Begründetheit der Annahme, daß der Kläger zur Zeit Anlaß zu weiteren Beanstandungen nicht gibt. Der Senat sieht daher jedenfalls im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Notwendigkeit, in eine Beweisaufnahme einzutreten, um von Amts wegen lediglich gemutmaßten Zweifeln nachzugehen.

II.

1.

In der Sache hat das Berufungsgericht - wie bereits das Landgericht - dem Unterlassungsbegehren des Klägers gemäß § 3 UWG entsprochen, Es hat dazu ausgeführt, daß es bei der Werbung für Immobilien bereits aus der Anzeige ersichtlich sein müsse, wenn der Interessent außer dem angegebenen Kaufpreis eine Provision bezahlen müsse. In Anbetracht der Höhe der Provisionsansprüche und der absoluten Summen, um die es dabei gehe, werde eine Vielzahl von Interessenten auf eine Werbung für - erkennbar - provisionspflichtige Angebote überhaupt nicht reagieren. Der unzutreffende Eindruck, es handele sich um ein nicht provisionspflichtiges Geschäft, führe daher in relevanter Weise in die Irre.

Die konkreten Umstände schlössen im vorliegenden Fall die Irreführung nicht aus. Zwar müßten nach der Rechtsprechung der Berliner Wettbewerbsgerichte Makler dann nicht auf die Provisionspflicht hinweisen, wenn sie ihren Beruf in der Werbung eindeutig kenntlich machten; denn der Verkehr wisse in der Regel, daß jedenfalls in Berlin Immobilienmakler beinahe ausnahmslos Courtagen von den Käufern verlangten. Vorliegend handele es sich aber nicht um eine erkennbare Makleranzeige, sondern um die Werbung eines Inserenten, der sich als "Finanz- und Vermögensberater" bezeichne. Eine solche Werbung lege es nicht nahe, daß für die angebotene Leistung auch der Käufer ein Entgelt zu entrichten habe. Sie rufe vielmehr bei weiten Teilen des Verkehre den Eindruck hervor, eine Vergütung sei seitens des Erwerbers nicht zu bezahlen, weil der Inserent erkennbar als Beauftragter eines Dritten tätig werde, der ihn dafür auch honoriere.

2.

Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß es irreführend ist, wenn in einer Immobilienanzeige die Tatsache nicht zum Ausdruck kommt, daß bei Vertragsschluß eine (Makler-)Provision zu zahlen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.1989 - I ZR 107/87, GRUR 1990, 377 - RDM). Auch seine weitere - tatrichterliche - Würdigung, daß die vorliegende Anzeige diese Tatsache nicht hinreichend zum Ausdruck bringe, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Der Bundesgerichtshof hat im vorgenannten Urteil (aaO. - RDM) bereits entschieden, daß es für die Erkennbarkeit der Provisionspflicht nicht ausreichen kann, wenn der angesprochene Verkehr den gewerblichen Charakter des Anbieters einer Immobilie aus der Anzeige erkennen kann; denn auch gewerbliche Anbieter seien nicht ohne weiteres Makler, sondern könnten Immobilien - etwa aus dem eigenen Bestand - auch maklerfrei anbieten. Der vorliegende Fall liegt zwar insoweit anders, als bei einem Finanz- und Vermögensberater der Verkauf eines Grundstücks aus eigenem Bestand eher fernliegt. Er ist dem vorentschiedenen Fall (aaO. - RDM) Jedoch insofern vergleichbar, als bei einem Finanz- und Vermögensberater nach seinem allgemeinen Berufsbild die Annahme naheliegt, daß er - in seiner Eigenschaft als Berater eines bestimmten Auftraggebers - ein Grundstück aus dessen Bestand anbietet und von diesem dafür - entweder im Rahmen seiner Gesamttätigkeit oder für den konkreten einzelnen Tätigkeitsfall - auch honoriert wird. Die Feststellung des Berufungsgerichts, ein solcher Eindruck werde zumindest bei dem für die Anwendung des § 3 UWG ausreichenden nicht ganz unerheblichen Teil des Verkehrs entstehen, widerspricht daher nicht der allgemeinen Lebenserfahrung und ist somit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Revision des Beklagten bleibt daher ohne Erfolg. Sie ist mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456262

BB 1991, 379

GRUR 1991, 324

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