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BGH Urteil vom 02.05.1990 - VIII ZR 139/89

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Leitsatz (amtlich)

a) Zur Auslegung eines Rahmenvertrages zwischen Kreditkartenausgeber und Vertragsunternehmen als Forderungskauf.

b) Zur Angemessenheit der Verteilung von Veritäts- und Bonitätshaftung zwischen Kreditkartenausgeber und Vertragsunternehmen.

 

Normenkette

BGB § 437; AGBG § 9

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 20.03.1989)

LG Berlin

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 20. März 1989 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Kreditkartenunternehmen und gibt die Kreditkarte Eurocard heraus. Nach Maßgabe einer „Vereinbarung über die Teilnahme am Eurocard-Service” vom 3./11. März 1983 ist die Beklagte Vertragsunternehmen der Klägerin. In den vorgedruckten Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es u. a.:

2. Annahme der Karte

Sie erklären sich bereit, die Karte für die Erbringung aller Leistungen Ihres Unternehmens an den Karteninhaber zu honorieren, sofern die Karte

  • vor dem Verfalldatum vorgelegt wird,
  • Ihnen nicht durch Sperrlisten oder anderweitige Benachrichtigung als widerrufen gemeldet ist,
  • die Unterschrift des Karteninhabers trägt, die mit der Unterschrift auf dem vom Karteninhaber in Gegenwart eines Ihrer Mitarbeiter unterzeichneten Leistungsbeleg übereinstimmt,
  • nicht erkennbar verändert oder unleserlich gemacht wurde.

3. Übertragung von Forderungen

Sie verkaufen und übertragen uns alle Forderungen gegen Karteninhaber gemäß den nachstehenden Allgemeinen Richtlinien und werden keinem Karteninhaber für Ihre Leistungen Bargeld oder Schecks abverlangen.

Wir werden Ihnen den Gesamtbetrag der Forderungen abzüglich der vereinbarten Gebühren vergüten. Unsere Ankaufsverpflichtung für jede einzelne übertragene Forderung ist jedoch auf einen Gesamtbetrag von DM 1.000 für Eurocard … pro Tag und Karteninhaber beschränkt. Die Überschreitung dieses Limits ist nur mit unserer vorherigen telefonischen, fernschriftlichen oder telegrafischen Zustimmung zulässig. …

Sollten wir Forderungen, die den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes nicht entsprechen, dennoch kaufen und darauf Zahlung leisten, so erfolgt dies unter Vorbehalt des vollen Rückgriffs gegen Sie.

Ihre Forderungen gegen den Karteninhaber aus erbrachten oder zu erbringenden Leistungen gehen mit der Ausfertigung des Leistungsbelegs auf uns über.

4. Allgemeine Richtlinien

…

Wir verpflichten uns, jeweils am Montag einer jeden Woche den Gesamtbetrag der ordnungsgemäßen Leistungsbelege, die bis zum Montag der vorangegangenen Woche bei uns eingingen, abzüglich des vereinbarten Disagios und der darauf zu berechnenden gesetzlichen Mehrwertsteuer zur Zahlung anzuweisen.

…

5. Beschwerden und Reklamationen

Beschwerden und Reklamationen wegen erbrachter Leistungen Ihres Unternehmens werden Sie unmittelbar mit dem Karteninhaber regulieren. Wenn sich ein Karteninhaber im Zusammenhang mit einer solchen Beschwerde oder Reklamation weigert, die uns übertragene Forderung zu begleichen, werden Sie uns den in Frage stehenden Betrag erstatten. Wir sind auch berechtigt, einen solchen Betrag von anderen Zahlungen in Abzug zu bringen oder anderweitig Rückerstattung zu fordern. Die uns übertragene Forderung gegen den Karteninhaber werden wir an Sie zurückübertragen.

Im Juni 1985 gab die Klägerin eine Kreditkarte an Wolf gang M. aus. Dieser nahm bei der Beklagten in der Zeit vom 30. Juni bis 13. Juli 1985 unter Verwendung der Kreditkarte Leistungen für insgesamt 18.822 DM in Anspruch, davon am 30. Juni und 1. Juli 1985 für zusammen 1.995 DM und vom 2. bis 13. Juli 1985 für insgesamt 16.827 DM; in Höhe eines Betrages von 5.000 DM für am 4. Juli 1985 erbrachte Leistungen bestätigte die Klägerin der Beklagten am gleichen Tag, daß sie diesen Betrag akzeptiere. Auf die sich hieraus ergebenden Forderungen zahlte die Klägerin an die Beklagte nach Abzug des vereinbarten Disagios einen Betrag von 17.105,44 DM.

Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß der Karteninhaber Merkel seit dem 2. Juli 1985 geschäftsunfähig war. Als ihn die Klägerin zur Erstattung der von ihr an die Beklagte erbrachten Zahlungen aufforderte, verweigerte er die Leistung und berief sich auf seine Geschäftsunfähigkeit. Die Klägerin verlangt nunmehr von der Beklagten die Rückgewähr des ihr gezahlten Betrages. Davon hat sie mit der Klage – nach teilweiser Rücknahme – 8.914,42 DM geltend gemacht und weitere 8.191,02 DM auf Forderungen der Beklagten aus Geschäften mit anderen Karteninhabern verrechnet. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage die Zahlung von 8.191,02 DM begehrt.

Das Landgericht hat der Klägerin hinsichtlich der Zahlungen für Leistungen an den Karteninhaber M. im Zeitraum vom 2. bis 13. Juli 1985 6.919,42 DM nebst 7 % Zinsen seit 28. Februar 1987 zugesprochen; die Klage im übrigen sowie die Widerklage hat es abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer – zugelassenen – Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage sowie die Verurteilung der Klägerin entsprechend der Widerklage.

 

Entscheidungsgründe

A) Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der vom Landgericht zuerkannte Klaganspruch sei aus den §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB begründet, der Widerklageanspruch durch die von der Klägerin erklärte Aufrechnung mit einem weiteren Teil ihres Anspruchs erloschen.

Durch den Vertrag vom 3./11. März 1983 sei ein Kauf der Forderungen der Beklagten gegen den jeweiligen Karteninhaber vereinbart worden. Der Vertrag spreche ausdrücklich von einem Kauf. Es bestehe auch keine Veranlassung, aus der sonstigen Vertragsgestaltung zu entnehmen, daß die Parteien ein anderes Rechtsverhältnis gewollt hätten. Durch Nr. 3 des Eurocard-Vertrages würden die typischen Merkmale eines Forderungskaufes erfüllt? dagegen habe die Klägerin keine Zahlungsgarantie übernommen. Ein allgemeines Leitbild des Kreditkartengeschäfts und die Interessenlage seien bei der vorliegenden Vertragsgestaltung ohne Aussagewert. Insbesondere lasse sich aus der Auffassung, das Vertragsunternehmen müsse bei der Hinnahme der Kreditkarte sein Geld so sicher wie bei einer Barzahlung des Kunden erhalten, nichts für eine Garantie herleiten. Sei nämlich – wie hier – im Valutaverhältnis zwischen dem Vertragsunternehmen und dem Kunden ein wirksamer Vertrag nicht zustandegekommen, so müsse der Unternehmer eine Barzahlung ebenfalls zurückgewähren. Hinsichtlich der Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zeige Nr. 5 des Eurocard-Vertrages, daß die Forderungen der Beklagten gegen die Klägerin sogar von den Einwendungen des Karteninhabers aus dem Valutaverhältnis beeinflußt würden, obwohl die Forderungen rechtswirksam begründet worden seien. Es könne auch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, daß abweichend vom Kauf der endgültige Erwerb der Forderungen gegen den Kunden nicht im Vordergrund stehe; aus Nr. 5 des Eurocard-Vertrages könnten hierzu keine Rückschlüsse gezogen werden, da dort nur geregelt sei, wer sich bei Mängelrügen und Zahlungsverweigerung des Karteninhabers mit diesem auseinandersetzen solle. Ohne Aussagewert für den erklärten rechtsgeschäftlichen Willen der Vertragsparteien seien die Fragen, ob die Klägerin an die Beklagte auch dann zu zahlen habe, wenn der Karteninhaber trotz unwirksamen Vertrages die Forderung begleiche, sowie, was im Falle der Insolvenz des Kartenausgebers mit der Forderung des Vertragsunternehmens gegen den Karteninhaber geschehe. Schließlich bestehe danach auch keine Veranlassung, die Eurocard-Vereinbarung hinsichtlich der Zahlungspflicht der Klägerin als Schuldversprechen (§ 780 BGB) oder Vertrag sui generis anzusehen.

Ebenso liege in der Bestätigung der Klägerin vom 4. Juli 1985 wegen des von dem Kunden M. in Anspruch genommenen Betrages von 5.000 DM weder eine selbständige Garantie noch ein Schuldanerkenntnis, vielmehr habe die Klägerin lediglich im Rahmen von Nr. 3 Abs. 2 des Eurocard-Vertrages gehandelt.

Aus dem Forderungsverkauf hafte die Beklagte für die Verität der Forderung. Etwas anderes hätten die Parteien auch nicht gewollt; denn es wäre unverständlich, daß die Beklagte nach Nr. 5 des Eurocard-Vertrages von der Klägerin gezahlte Beträge zurückerstatten müsse, sofern der Karteninhaber gegen die wirksam entstandene Forderung Einwendungen aus Gewährleistungsrechten erhebe, während die Beklagte den Betrag solle behalten können, wenn keine rechtswirksame Forderung begründet worden sei. Die Zahlungszusage der Klägerin zu Nr. 2 (gemeint: Nr. 3 Abs. 2) des Vertrages gelte nur im Rahmen des § 437 BGB und der Nr. 5 des Eurocard-Vertrages.

Schließlich hafte die Klägerin der Beklagten auch nicht aus positiver Vertragsverletzung auf Schadensersatz. Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, daß die Klägerin beim Abschluß des Kreditkartenvertrages Anhaltspunkte für die Geschäftsunfähigkeit M. gehabt habe. M. sei zu dieser Zeit noch geschäftsfähig gewesen.

B) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

I. Der Anspruch der Klägerin auf Rückerstattung ihrer Zahlungen für Leistungen an den Karteninhaber M. für die Zeit ab 2. Juli 1985 ergibt sich aus §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB.

1. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß zwischen den Parteien ein Forderungskauf vereinbart worden ist. Die dieser Auffassung zugrunde liegende Auslegung der Vereinbarung vom 3./11. März 1983 durfte das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfen, denn letztere besteht aus Formularbedingungen, die im gesamten Bundesgebiet verwendet werden (ständige Rechtsprechung vgl. BGHZ 98, 256, 258). Zu einem anderen Ergebnis führt das jedoch nicht.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach dem typischen Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an Geschäften dieser Art normalerweise beteiligten Kreise auszulegen (BGHZ 102, 384, 389 f m.w.Nachw.).

a) Auszugehen ist daher vom gewählten Wortlaut des Vertrages. Er weist wegen der in den Vertragsbedingungen der Klägerin gebrauchten Formulierungen in Nr. 3 Abs. 1 („Sie verkaufen und übertragen uns alle Forderungen gegen Karteninhaber …”), Abs. 2 („unsere Ankaufsverpflichtung”) und Abs. 3 des Eurocard-Vertrages („sollten wir Forderungen, …, dennoch kaufen, …”) auf einen Rechtskauf hin; dem entspricht es, daß nach Nr. 6 der „Bedingungen für Inhaber” die Gesellschaft „die bei der Benutzung der Eurocard entstandenen sofort fälligen Forderungen der Vertragsunternehmen gegen den Karteninhaber erwerben” wird. Der mehrfach verwendete Begriff „Kauf” ist in seiner rechtlichen Bedeutung allgemein bekannt; deshalb muß davon ausgegangen werden, daß Vertragsparteien „Kauf” meinen, wenn sie von „Kauf” sprechen, zumal wenn sie – wie hier – Kaufleute sind.

b) Entgegen der Auffassung der Revision lassen sich auch aus dem Inhalt der Vereinbarung keine Gesichtspunkte herleiten, die die Annahme eines Forderungskaufs verbieten.

aa) Soweit die Auffassung vertreten wird, durch Nr. 4 Abs. 3 des Eurocard-Vertrages („Wir verpflichten uns, jeweils am Montag einer jeden Woche den Gesamtbetrag der ordnungsgemäßen Leistungsbelege, …, abzüglich des vereinbarten Disagios und der darauf zu berechnenden gesetzlichen Mehrwertsteuer zur Zahlung anzuweisen.”) seien die §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1 BGB abbedungen (vgl. Schönle, Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl., § 29 I 2 a; Stauder/Weisensee, Das Kreditkartengeschäft, 1970, S. 78; Eckert, WM 1987, 161, 163; LG Düsseldorf WM 1984, 990, 992), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Wortlaut dieser Klausel läßt allenfalls die Deutung zu, daß die Klägerin zunächst die durch ordnungsgemäße Belege ausgewiesenen Beträge zu zahlen hat. Davon bleibt ein auf die §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 323 Abs. 3, 325 BGB gestütztes Rückforderungsrecht unberührt. Ein derartiger Erstattungsanspruch ist demgemäß auch in Nr. 5 der Eurocard-Bedingungen vorgesehen. Überdies wäre es – worauf schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat – unverständlich, daß das Vertragsunternehmen gemäß Nr. 5 der Eurocard-Bedingungen den gezahlten Betrag erstatten muß, falls der Karteninhaber gegen die bestehende Forderungen Einwendungen aus Gewährleistungsrechten erhebt, obwohl deren Berechtigung ungeklärt ist, während es den von der Klägerin geleisteten Betrag soll behalten können, wenn eine wirksame Forderung nicht begründet worden ist. Eine derartige Differenzierung kann den Eurocard-Bedingungen nicht entnommen werden (für die Anwendbarkeit von § 437 BGB auch Canaris, Großkommentar zum HGB, 3. Aufl. Bd. III/3 (2. Bearb.) 1981, Rdnr. 1643; Beck, Einwendungen bei eurocheque und Kreditkarte, 1986, S. 7 f; Heymann/Horn, HGB, Band 4, Anh. § 372 III, Rdnr. 156).

bb) Unbegründet ist auch der Einwand, durch den Ausschluß von § 404 BGB in den zwischen Kartenausgeber und Karteninhaber geltenden Vertragsbedingungen (hier: Nr. 8 der Eurocard-Bedingungen für den Karteninhaber) werde vom Leitbild des Forderungskaufes dermaßen abgewichen, daß von einem solchen nicht mehr gesprochen werden könne (Weller, Das Kreditkartenverfahren, 1986, S. 96 f; Stauder/Weisensee aaO S. 78; Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 2. Aufl. § 9 Kreditkartenvertrag Rz. K 51, 64). Dabei mag dahinstehen, inwieweit die Vereinbarungen zwischen Kartenausgeber und Karteninhaber Rückschlüsse auf den Inhalt des Vertrages zwischen Kartenausgeber und Vertragsunternehmen zulassen. Jedenfalls ist die Abbedingung von § 404 BGB mit der Annahme eines Forderungskaufes nicht unvereinbar. Überdies kann die durch § 404 BGB dem Schuldner gegebene Möglichkeit, zur Zeit der Abtretung begründete Einwendungen auch dem Neugläubiger entgegenzusetzen, allenfalls dann zum Leitbild des Forderungskaufes gerechnet werden, wenn sich der Übergang des Anspruchs ohne Wissen und Wollen des Schuldners vollzieht. Das ist aber beim Kreditkartengeschäft nicht der Fall. Der Karteninhaber ist vielmehr aufgrund seiner Vereinbarung mit dem Kartenausgeber damit einverstanden, daß dieser die Forderung erwirbt und gegen ihn geltend macht.

3. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Vereinbarung eines Forderungskaufes im Zusammenhang mit dem Kreditkartengeschäft auch nicht gemäß § 9 AGBG unwirksam.

a) Sie benachteiligt die Beklagte nicht unangemessen.

aa) Die Vereinbarung ist nicht deshalb unangemessen, weil sie dem Vertragsunternehmen aufgrund der Gewährleistungsregelung gemäß § 437 BGB das Veritätsrisiko aufbürdet. Daß das Rechtsgeschäft zwischen Vertragsunternehmen und Karteninhaber nicht zustandekommt oder unwirksam, der Anspruch auf die Gegenleistung also nicht entstanden ist, kann auf verschiedenen Gründen beruhen, z. B. fehlender – wie im Streitfall – oder beschränkter Geschäftsfähigkeit einer Partei (§§ 105, 108, 114 BGB), Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit (§§ 134, 138 BGB) oder Anfechtung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung (§§ 119, 123, 142 BGB). Wenn der Abschluß des Vertrages aus derartigen Gründen scheitert, folgt dies jedoch nicht aus seiner Eigenschaft als Kreditgeschäft. Das Risiko, in derartigen Fällen einen Entgeltanspruch für die schon erbrachte Leistung nicht zu erwerben, besteht für das Vertragsunternehmen beim Bargeschäft in gleicher Weise; der Kunde kann die Rückabwicklung des Leistungsaustausches nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff BGB) verlangen, wenn der beabsichtigte Vertragsschluß fehlgeschlagen ist.

bb) Die Revision meint ferner, das Vertragsunternehmen werde bei einem Forderungsverkauf benachteiligt, wenn – wie hier – ein wirksamer Vertrag mit dem Karteninhaber nicht zustandegekommen sei. Dann müsse es dem Kartenausgeber die gesamte Leistung zurückerstatten. Beim Barzahlungsgeschäft könne es dagegen nach der herrschenden Saldotheorie (vgl. Palandt/Thomas, BGB, 49. Aufl., § 818 Anm. 6 D b) den Wert der eigenen Leistung abziehen.

Die seltenen Fälle, in denen sich dieser Nachteil auswirkt, berechtigen jedoch nicht zu der Annahme, daß das Vertragsunternehmen dadurch unangemessen benachteiligt wird. Dem Vertragsunternehmen verbleibt nämlich der Rückgewähranspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den Karteninhaber. Oftmals wird dieser die Leistung an das Vertragsunternehmen zurückgeben können. Ist der Vertrag wegen fehlender oder beschränkter Geschäftsfähigkeit des Kunden unwirksam oder hat dieser seine Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung angefochten, so kann die Saldotheorie ohnehin nicht angewendet werden (BGHZ 53, 144, 147 ff; 57, 137, 147 ff; Larenz, Schuldrecht Besonderer Teil, 12. Aufl., § 70 III; BGB-RGRK/Heimann-Trosien, 12. Aufl., § 812 Rdn. 64 f; Palandt/Thomas § 818 Anm. 6 D c; Beck aaO S. 59).

b) Die Vereinbarung eines Forderungskaufes schränkt auch nicht wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so ein, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG). Vielmehr entspricht sie der durch die Besonderheiten des Kreditkartengegenüber dem Bargeschäft erzeugten Interessenlage (siehe oben B I 3 a aa).

4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, in der Bestätigung der Klägerin vom 4. Juli 1985 über den von dem Karteninhaber in Anspruch genommenen Betrag von 5.000 DM sei weder eine selbständige Garantie noch ein Schuldanerkenntnis zu sehen. Ungeachtet der Frage, ob es sich um eine nur eingeschränkt nachprüfbare individuelle Erklärung oder um eine vom Revisionsgericht voll nachprüfbare typische Willenserklärung handelt, ist die Bewertung des Berufungsgerichts jedenfalls zutreffend. Mit der in Nr. 3 Abs. 2 des Eurocard-Vertrages vorgesehenen „Zustimmung” will sich die Klägerin lediglich die Klärung der Bonitätsfrage vorbehalten. Dagegen soll mit der „Zustimmung” nicht die spätere Rückforderung des Betrages aus anderen Gründen ausgeschlossen werden, denn die Umstände, die für die Unwirksamkeit des Vertrages zwischen Vertragsunternehmen und Karteninhaber maßgeblich sind, sind der Klägerin zu dieser Zeit regelmäßig nicht bekannt. Sie hat auch keinen Anlaß, bei höheren Beträgen auf Rückgewähransprüche von vornherein zu verzichten, die ihr bei kleineren Beträgen zustehen können.

5. Die Beklagte ist daher unter Verrechnung unstreitig bestehender Gegenforderungen von 8.191,02 DM zu Recht zur Zahlung eines Betrages von 6.919,42 DM nebst 7 % Zinsen seit 28. Februar 1987, dessen Höhe ebenfalls unter den Parteien außer Streit steht, verurteilt worden.

II. Die Widerklage der Beklagten, mit welcher diese die Zahlung des Guthabensbetrages von 8.191,02 DM begehrt, muß ohne Erfolg bleiben.

Die Widerklage ist zulässig. Ihr fehlt nicht die nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderliche Bestimmtheit des Klageanspruchs, denn zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, welche Forderungen die Beklagte widerklagend geltendmacht.

Da die Gegenforderungen der Beklagten von 8.191,02 DM jedoch infolge Aufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch in gleicher Höhe erloschen sind (§ 389 BGB), ist die Widerklage unbegründet und damit zu Recht abgewiesen worden.

 

Unterschriften

Wolf, Dr. Brunotte, Dr. Zülch, Dr. Paulusch, Dr. Hübsch

 

Fundstellen

Haufe-Index 884740

NJW 1990, 2880

BGHR

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1990, 778

ZBB 1990, 163

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