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BGH Beschluss vom 27.06.2000 - 4 StR 211/00

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Entscheidungsstichwort (Thema)

versuchter Totschlag

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 20. Dezember 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in jeweils zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde Erfolg; einer Erörterung der Verfahrensbeschwerde bedarf es daher nicht.

Nach den Feststellungen stach der Angeklagte, der sich in einem Zustand hochgradiger affektiver Erregung befand, mit bedingtem Tötungsvorsatz seiner Ehefrau auf dem Flur „dreimal mit dem Küchenmesser in den Bauchbereich” (UA 10). Danach begab er sich zurück in die Wohnung, wo er der mit seiner Ehefrau befreundeten Katharina H. – ebenfalls mit bedingtem Tötungsvorsatz – insgesamt fünf Messerstiche in den Bauch- und Brustbereich sowie in den Arm versetzte. Anschließend ließ er von Frau H. ab und verließ die Wohnung. Frau H. flüchtete daraufhin – wie bereits zuvor schon die Ehefrau des Angeklagten – zu einer Nachbarin.

Das Landgericht hat jeweils einen strafbefreienden Rücktritt vom Totschlagsversuch verneint und hierzu ausgeführt:

„Vorliegend hatte der Angeklagte in beiden Fällen mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt. Es liegt daher nahe, daß er auch nach den jeweils letzten Ausführungshandlungen der Auffassung war, daß sich der Todeserfolg ohne gegenkausale Rettungsaktivität realisieren würde. Einen Hinweis darauf, daß der Angeklagte nach der Tatausführung zutreffende Vorstellungen von der Gefährdungslage hatte, ergibt der Umstand, daß er den eintreffenden Polizeibeamten mitteilte, daß seine Ehefrau Messerstichverletzungen habe und daß er zugestochen habe. Damit handelte es sich jeweils um einen beendeten Versuch. Ein Rücktritt durch bloßes Nichtstun war jeweils nicht mehr möglich” (UA 18/19).

Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft. Für die Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen strafbefreienden Rücktritts kommt es darauf an, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hält (sog. Rücktrittshorizont; vgl. nur Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 24 Rdn. 4 a mit zahlreichen Nachweisen). Dies hat die Strafkammer zwar im Ansatz nicht verkannt. Die von ihr herangezogenen Gesichtspunkte sind jedoch nicht geeignet, die Annahme eines beendeten Versuchs zu rechtfertigen: Daß der Angeklagte mit (bedingtem) Tötungsvorsatz gehandelt hat, ist Voraussetzung für die Strafbarkeit wegen des versuchten Tötungsdeliktes; für die Frage der Vorstellungen des Täters über die Möglichkeit des Erfolgseintritts nach der letzten Ausführungshandlung besagt dies aber nichts. Die Äußerung des Angeklagten gegenüber den eintreffenden Polizeibeamten, seine Frau habe Messerstichverletzungen, gibt für die Auffassung des Landgerichts ebenfalls nichts her. Sie könnte im Gegenteil sogar als Indiz dafür gewertet werden, daß der Angeklagte in bezug auf seine Ehefrau gerade nicht mit der Möglichkeit des Eintritts des Todes gerechnet hat.

Die Annahme eines beendeten Versuchs wird auch nicht von den Feststellungen getragen. Das Urteil verhält sich insbesondere nicht zu dem äußeren Erscheinungsbild und zu dem Verhalten der Geschädigten jeweils nach dem zuletzt geführten Messerstich. Es bleibt daher offen, ob für den – während der Tatausführung hochgradig erregten – Angeklagten zu diesem Zeitpunkt eine lebensgefährliche Wirkung der Messerstiche erkennbar war (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, unbeendeter 17). Entsprechender Darlegungen hätte es hier um so mehr bedurft, als jedenfalls die Verletzungen der Ehefrau des Angeklagten nicht konkret lebensbedrohend waren und beide Opfer nach der Tat aus eigener Kraft fliehen konnten. Auch dafür, daß sich der Angeklagte nach den letzten Ausführungshandlungen keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns gemacht hat mit der Konsequenz, daß ein beendeter Versuch anzunehmen wäre (BGHSt 40, 304 ff), geben die bisherigen Feststellungen keinen hinreichenden Anhalt.

Der aufgezeigte Mangel zwingt auch zur Aufhebung der für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilungen wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1; Kuckein in KK 4. Aufl. § 353 Rdn. 12).

 

Unterschriften

Meyer-Goßner, Maatz, Kuckein, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI540749

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