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BGH Beschluss vom 14.09.2017 - I ZB 9/17

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Leitsatz (amtlich)

a) Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu seiner Verwerfung.

b) Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein in der Kostenlast besteht. Ist die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits, sind Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

ZPO §§ 574, 802c, 802g, 802 h Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 24.01.2017; Aktenzeichen 44 T 1803/16)

AG Memmingen (Beschluss vom 22.01.2015; Aktenzeichen 1 M 3387/14)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des LG Memmingen - 4. Zivilkammer - vom 24.1.2017 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Gegenstandswert: 2.000 EUR

 

Gründe

Rz. 1

I. Der Schuldner wurde mit rechtskräftigem Urteil des LG Koblenz vom 1.9.1991 zur Zahlung von 8.562,99 DM zzgl. Zinsen an die Gläubigerin verurteilt. Die Gläubigerin betreibt auf der Grundlage dieses Urteils gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer Teilforderung i.H.v. 5.000 EUR. Die Gläubigerin beantragte - vertreten durch die D. Inkasso GmbH & Co. KG - mit Schreiben vom 31.10.2014 die Abnahme der Vermögensauskunft und für den Fall der Weigerung des Schuldners den Erlass eines Haftbefehls gegen ihn und seine anschließende Verhaftung. Im von der zuständigen Gerichtsvollzieherin bestimmten Termin vom 27.11.2014 verweigerte der Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft.

Rz. 2

Das AG hat mit Beschluss vom 22.1.2015 Haftbefehl gegen den Schuldner erlassen, um die Abgabe einer Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO zu erzwingen.

Rz. 3

Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit am 14.2.2017 beim BGH eingegangenen Schriftsatz hat der Schuldner die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.

Rz. 4

Mit Beschluss vom 20.2.2017 hat das AG Memmingen den Haftbefehl vom 22.1.2015 gem. § 802h Abs. 1 ZPO mit der Begründung aufgehoben, die Vollziehung des Haftbefehls sei unstatthaft, da nach dessen Erlass mehr als zwei Jahre vergangen seien.

Rz. 5

Mit seiner Rechtsmittelbegründung vom 13.4.2017 beantragt der Schuldner,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der sofortigen Beschwerde gemäß dem Antrag des Schuldners stattzugeben, d.h. den Haftbefehl des Vollstreckungsgerichts Memmingen vom 22.1.2015 aufzuheben.

Rz. 6

II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die sofortige Beschwerde des Schuldners sei unbegründet. Die Voraussetzungen eines Haftbefehls gem. § 802g ZPO seien gegeben. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung lägen vor. Die D. Inkasso GmbH & Co. KG habe den Vollstreckungsantrag vom 31.10.2014 in wirksamer Stellvertretung für die Gläubigerin gestellt. Der Schuldner sei wirksam von der Gerichtsvollzieherin zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen worden. Er habe die Abgabe der Vermögensauskunft ohne Grund verweigert.

Rz. 7

III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist jedoch nicht mehr zulässig, weil die Beschwer des Schuldners nach ihrer Einlegung entfallen ist.

Rz. 8

1. Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu seiner Verwerfung (BGH, Beschl. v. 29.6.2004 - X ZB 11/04, NJW-RR 2004, 1365; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 574 Rz. 6, Vor § 511 Rz. 10 f.; Lipp in MünchKomm/ZPO, 5. Aufl., § 577 Rz. 7; in BeckOK.ZPO/Wulf, Stand 15.6.2017, § 577 Rz. 1).

Rz. 9

2. Der Schuldner war durch den angefochtenen Beschluss beschwert, der seine sofortige Beschwerde gegen den Erlass des Haftbefehls zurückgewiesen hat. Diese Beschwer ist nach Einlegung der Rechtsbeschwerde dadurch entfallen, dass das Vollstreckungsgericht den Haftbefehl aufgehoben hat.

Rz. 10

3. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich eine Beschwer nicht aus dem Fortbestand der Entscheidung des Beschwerdegerichts und der mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde verbundenen Kostenlast des Schuldners.

Rz. 11

a) Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein in der Kostenlast besteht (Zöller/Heßler, a.a.O., Vor § 511 Rz. 10; Zöller/Herget, a.a.O., § 99 Rz. 4). Ist die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits, sind Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 31.3.2011 - V ZB 236/10, NJW-RR 2011, 1026 Rz. 7; BeckOK.ZPO/Wulf, a.a.O., § 511 Rz. 18.15).

Rz. 12

b) So liegt es hier. Mit seiner Rechtsmittelbegründung hat der Schuldner geltend gemacht, er erstrebe die Aufhebung des Haftbefehls vom 22.1.2015. Gegenstand des Rechtsstreits in der Hauptsache war danach auch in der Rechtsbeschwerde die Aufhebung des Haftbefehls. Die mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde verbundene Kostenlast hat bei der Bestimmung der Beschwer daher außer Betracht zu bleiben. Der Schuldner hat aus der prozessualen Überholung dieser in der Hauptsache auf Aufhebung des Haftbefehls gerichteten sofortigen Beschwerde in der Rechtsbeschwerdeinstanz keine Konsequenzen gezogen.

Rz. 13

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 11530520

NJW-RR 2018, 384

FA 2018, 143

WM 2018, 331

JZ 2018, 250

MDR 2018, 360

Mitt. 2018, 199

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