Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Beschluss vom 14.06.2005 - 5 StR 168/05, 5 StR 120/97

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 16.07.2004; Aktenzeichen 63 S 66/04)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2004 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch wie folgt geändert:

Der Angeklagte wird auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit wird auf ein Jahr festgesetzt. Es wird eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten angedroht.

Der Bewährungsbeschluß des Landgerichts ist gegenstandslos.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen, jedoch wird die Gebühr um ein Drittel ermäßigt. Je ein Drittel der in diesem Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier Fälle der Rechtsbeugung, jeweils in Tateinheit mit (einmal dreifacher) Freiheitsberaubung (Tatzeiten: 1986 und 1988) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. In diesen beiden Fällen hatte der Senat mit Urteil vom 21. August 1997 – 5 StR 120/97 – (NStZ-RR 1997, 359) ein erstes freisprechendes Urteil des Landgerichts auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben.

1. Die unbeschränkte Revision des Angeklagten ist auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des Senats zu Fällen der Rechtsbeugung in DDR-Politstrafsachen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 17. Mai 2005 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit das Rechtsmittel sich gegen den Schuldspruch richtet (vgl. neben dem Senatsurteil im ersten Durchgang nur BGHR StGB § 336 [a. F.] DDR-Recht 26 und 27 sowie Staatsanwalt 1; jeweils m.w.N.).

2. Dagegen hat der Strafausspruch keinen Bestand. Insoweit hat die mit der Revision erhobene Rüge der Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK durch überlange Verfahrensdauer Erfolg.

Der entsprechende Verstoß wird bereits durch den zeitlichen Abstand von fast sieben Jahren zwischen der ersten Revisionsentscheidung des Senats und dem Urteil des Landgerichts belegt, zudem vor dem Hintergrund eines Zeitablaufs seit Begehung der letzten Tat von mittlerweile mehr als 17 Jahren und unter Berücksichtigung der denkbar einfachen Beweis- und Rechtslage, letzteres jedenfalls nach der ersten Revisionsentscheidung. Eine zwischenzeitliche Verbindung der Sache mit weiteren Anklagevorwürfen – insoweit ist dann durchweg absolute Verjährung eingetreten – war nicht etwa derart sachgerecht, daß sich die massive Verfahrensverzögerung deshalb hätte rechtfertigen lassen.

Das Landgericht hat eine überlange Verfahrensdauer dann auch zutreffend angenommen. Es hat indes die unerläßliche Konsequenz der näheren Kennzeichnung eines wegen einer solchen Verfahrensverzögerung erfolgten Strafabschlages (vgl. nur BGHSt 45, 308, 309 f. m.w.N.) außer acht gelassen. Schon angesichts dessen, daß die Strafe im Vergleich zu anderen ohne eine derartige Verzögerung abgeurteilten ähnlichen Fällen nicht etwa besonders niedrig bemessen worden ist, läßt sich nicht ausschließen, daß sich dieser Fehler bei der Straffindung ausgewirkt hat. Es kommt hinzu, daß Landgericht und Staatsanwaltschaft dem Angeklagten – erklärbar nur durch die Verfahrensverzögerung – eine Verfahrenserledigung nach § 153a Abs. 2 StPO angeboten hatten, die allein am Fehlen der Zustimmung des Angeklagten gescheitert war. Die danach verhängte Strafe steht mit der Erwägung eines solchen Verfahrensabschlusses ganz offensichtlich nicht in Einklang.

Zudem hat das Landgericht in diesem Zusammenhang noch folgendes außer acht gelassen: Es ist im Ansatz zutreffend bei der Strafzumessung vom Grundsatz strikter Alternativität ausgegangen und hat angenommen, das Recht der Bundesrepublik Deutschland sei im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB i. V. m. Art. 315 Abs. 1 EGStGB milder als das Recht der DDR, weil allein ersteres die Möglichkeit der Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe eröffne. Hierbei hat das Landgericht jedoch nicht bedacht, daß wegen der herausgehobenen Besonderheit einer gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verstoßenden Verfahrensverzögerung dem Recht der DDR im vorliegenden Fall die Möglichkeit eine außergewöhnliche Strafmilderung in entsprechender Anwendung von § 62 Abs. 1 und Abs. 2 i. V. m. § 25 Nr. 2 StGB-DDR entnommen werden kann (vgl. BGHR StGB § 339 DDR-Richter 2). Danach wird eine leichtere als die gesetzlich vorgesehene Strafart, namentlich eine Verurteilung auf Bewährung nach § 33 StGB-DDR, ermöglicht. Auf diese Weise ist wegen der Eröffnung eines deutlich minderen Strafrahmens hier ausnahmsweise das DDR-Recht milder im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB i. V. m. Art. 315 Abs. 1 EGStGB.

3. Über die danach gebotene Aufhebung des Strafausspruchs hinaus macht der Senat von der Möglichkeit einer Verurteilung auf Bewährung selbst Gebrauch in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 354 Abs. 1 StPO, wie dies in Fällen dieser Art zur Vermeidung einer weiteren Verfahrensverzögerung geboten ist (vgl. nur BGH, Beschluß vom 26. Juni 2002 – 5 StR 53/02).

Der Senat ändert daher den Strafausspruch dahin ab, daß der Angeklagte auf Bewährung verurteilt, eine Bewährungszeit in Höhe der Mindestdauer von einem Jahr (§ 33 Abs. 2 Satz 1 StGB-DDR) festgesetzt und eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten angedroht wird; die Mindestdauer der anzudrohenden Freiheitsstrafe von drei Monaten (§ 33 Abs. 2 Satz 3 StGB-DDR) ist mit Rücksicht auf die tateinheitlichen beträchtlichen Freiheitsberaubungen zum Nachteil von vier Personen mindestens in diesem Maße zu überschreiten.

Der Bewährungs- und Pflichtenbeschluß des Landgerichts wird mit dieser Rechtsfolgenabänderung gegenstandslos. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO.

 

Unterschriften

Harms, Basdorf, Gerhardt, Brause, Schaal

 

Fundstellen

Haufe-Index 2565552

wistra 2005, 421

NStZ-RR 2005, 273

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen / 7.3 Begünstigte Aufwendungen
    1.033
  • § 57 Zivilprozessrecht / I. Muster: Anzeige der Verteidigungsbereitschaft
    735
  • Abgrenzung von Anschaffungskosten, Herstellungskosten un ... / 5 Anschaffungsnaher Aufwand
    627
  • § 20 Mahnverfahren / V. Verfahren nach Einspruch
    464
  • Eigentümerwechsel – Rechtsfolgen / 1.3.3 Betriebskostenabrechnung
    406
  • Verwalter muß Anträge auf Tagesordnung setzen
    348
  • § 37 Sozialrecht / I. Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren
    343
  • Die verbilligte Vermietung von Wohnungen
    342
  • Kündigung (außerordentliche) von Wohnraum / 8 Muster einer außerordentlichen fristlosen Kündigung
    340
  • Lebensalter / 1 Vollendung eines Lebensjahres
    335
  • § 4 Arbeitsrecht / 9. Muster: Anschreiben Urlaubsansprüche und deren drohender Verfall
    325
  • § 57 Zivilprozessrecht / II. Muster: Klageschriften
    321
  • § 2 Die Gebühren nach dem RVG / 1. Einigungsgebühr, Nr. 1000, 1003, 1004 VV RVG
    318
  • § 31 Miete und Pacht / 3. Muster: Aufhebungsvertrag
    310
  • Gewerblicher Grundstückshandel / 2.2 Erwerb und Veräußerung innerhalb von 5 Jahren
    304
  • § 57 Zivilprozessrecht / 2. Muster: Anerkenntnis
    303
  • § 57 Zivilprozessrecht / b) Muster: Antrag auf Kostenfestsetzung gegen die eigene Partei gem. § 11 RVG
    295
  • § 57 Zivilprozessrecht / 2. Muster: Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung als Videokonferenz
    286
  • Grundstück und Grundbuch / 11 Kosten in Grundbuchsachen
    286
  • § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG / 2. Anrechnung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG
    276
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Recht
Optimal gestaltet: Schiedsverfahren in der Unternehmenspraxis
Schiedsverfahren in der Unternehmenspraxis
Bild: Haufe Shop

Im Fokus des Buches stehen die Gestaltung des gesamten Schiedsverfahrens, ​in der Praxis auftretende Probleme, ​Anforderungen an die Vertragsestaltung sowie praktikable Lösungen. Konkrete Handlungsanweisungen und Formulierungsvorschläge unterstützen die Parteien bei der praktischen Umsetzung. ​


BGH 5 StR 614/98
BGH 5 StR 614/98

  Entscheidungsstichwort (Thema) Rechtsbeugung  Tenor 1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. März 1998 nach § 349 Abs. 4 StPO in den Fällen 10 und 11 des Urteils (Fälle 25 und 26 der Anklage) im ...

4 Wochen testen


Newsletter Recht
Bild: Haufe Online Redaktion
Newsletter Recht - Wirtschaftsrecht

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Wirtschaftsrecht frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Vertriebsrecht
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Recht Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Advolux
Haufe Onlinetraining
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Shop Recht
Anwaltssoftware
Anwaltliches Fachwissen Software
Gesellschafts- & Wirtschaftsrecht Lösungen
Alle Recht Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren