Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Beschluss vom 13.06.2007 - 3 StR 194/07

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 14.12.2006)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 14. Dezember 2006 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

Rz. 1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer (richtig: besonders schwerer) räuberischer Erpressung und wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Rz. 2

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zum Rechtsfolgenausspruch hat das Rechtsmittel Erfolg.

Rz. 3

1. Die im Rahmen der Sachrüge erhobene Beanstandung, das Landgericht habe bei der Strafzumessung eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) nicht berücksichtigt, ist als Verfahrensrüge auszulegen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 344 Rdn. 10). Sie ist zulässig, weil sich bereits aus der Revisionsbegründung im Zusammenhang mit den Feststellungen des Urteils der vom Generalbundesanwalt vermisste Vortrag ergibt, dass sich der Angeklagte während des Zeitraums, in dem die Justizbehörden mit der Ermittlung seines Aufenthalts beschäftigt waren, in Haft befand. Die Rüge führt zur Aufhebung des Strafausspruchs.

Rz. 4

Angesichts der Verfahrensdauer und des Umstandes, dass das Verfahren keine besonderen Schwierigkeiten aufwies, hätte der Tatrichter erkennbar prüfen und entscheiden müssen, ob eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt, für die eine messbare Kompensation geboten ist (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 7, 13). Bereits im Ermittlungsverfahren kam es zu mehreren nicht nachvollziehbaren Verzögerungen. Die Ausführung der Zuleitungsverfügung vom 8. Februar 2005, mit der die Staatsanwaltschaft die Akten an die Polizei übersandte, dauerte knapp zwei Monate. Obwohl die Staatsanwaltschaft bereits am 26. August 2005 die Fertigung der Anklage in Reinschrift verfügte, datiert diese vom 7. November 2005. Im Zwischenverfahren wurde mehrere Monate lang der Aufenthalt des Angeklagten ermittelt und das Verfahren nicht gefördert, obwohl gegen ihn von der Staatsanwaltschaft Wuppertal eine Haftstrafe vollstreckt wurde.

Rz. 5

2. Das Landgericht hat zudem mit einer rechtlich bedenklichen Begründung die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgelehnt.

Rz. 6

Nach den Feststellungen trank der Angeklagte seit dem sechzehnten oder siebzehnten Lebensjahr fast täglich etwa drei Flaschen Bier sowie Alkopops. Außerdem rauchte er seit dieser Zeit regelmäßig bis zu zwei Gramm Marihuana am Tag. Zusätzlich nahm er im Tatzeitraum häufig Kokain mit einer durchschnittlichen Tagesdosis von zwei bis drei Gramm und an den Wochenenden Amphetamine zu sich. Vor den Taten hatte der Angeklagte im Verlauf des Tages Alkohol in nicht feststellbarer Menge sowie zwei Gramm Kokain konsumiert. Mit dem bei der Erpressung erbeuteten Geld kaufte er unmittelbar nach der Tat Alkohol.

Rz. 7

Das sachverständig beratene Landgericht hat einen Hang des Angeklagten, Alkohol oder Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, im Wesentlichen mit der Begründung verneint, eine monothematische Ausrichtung auf Rauschmittelkonsum sei ebenso wenig festzustellen wie eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit oder eine körperliche bzw. psychische Verwahrlosung; vielmehr habe der Angeklagte, der nie unter Entzugserscheinungen gelitten habe, sein Konsumverhalten zu steuern vermocht und sei auch in der Lage, Abstinenzphasen einzuhalten.

Rz. 8

Diese Begründung lässt besorgen, dass das Landgericht von einem zu engen Verständnis eines Hanges im Sinne des § 64 StGB ausgegangen ist. Für einen Hang ist eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit nicht erforderlich; vielmehr ist ausreichend eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel im Übermaß zu konsumieren, ohne dass der Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht sein muss (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 64 Rdn. 6). Die getroffenen Feststellungen zum Konsumverhalten sprechen für eine solche den Angeklagten beherrschende Neigung und sind mit dem Schluss, er könne den Gebrauch von Rauschmitteln steuern, nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen. Für die Annahme eines Hanges ist nicht erforderlich, dass sich die Neigung nur auf ein spezielles Rauschmittel bezieht oder die Unfähigkeit besteht, den Konsum im Einzelfall zu begrenzen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 64 Rdn. 6, 6 a, 7). Die Menge und die Häufigkeit des Rauschmittelkonsums legen die Annahme eines Hanges beim Angeklagten nahe. Soweit sich das Landgericht an dessen Feststellung aus der Erwägung gehindert sieht, die Arbeitsfähigkeit des Angeklagten sei nicht eingeschränkt gewesen, geht dies schon deswegen fehl, weil der Angeklagte bis heute mit Ausnahme einer kurzfristigen Beschäftigung keiner geregelten Arbeitstätigkeit nachging.

Rz. 9

Die Frage der Unterbringung nach § 64 StGB bedarf daher neuer Prüfung und Entscheidung. Dem steht nicht entgegen, dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; vgl. BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Ablehnung der Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 363).

 

Unterschriften

Tolksdorf, Miebach, Winkler, von Lienen, Becker

 

Fundstellen

Haufe-Index 2552100

NStZ-RR 2008, 38

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen / 7.3 Begünstigte Aufwendungen
    1.033
  • § 57 Zivilprozessrecht / I. Muster: Anzeige der Verteidigungsbereitschaft
    735
  • Abgrenzung von Anschaffungskosten, Herstellungskosten un ... / 5 Anschaffungsnaher Aufwand
    627
  • § 20 Mahnverfahren / V. Verfahren nach Einspruch
    464
  • Eigentümerwechsel – Rechtsfolgen / 1.3.3 Betriebskostenabrechnung
    406
  • Verwalter muß Anträge auf Tagesordnung setzen
    348
  • § 37 Sozialrecht / I. Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren
    343
  • Die verbilligte Vermietung von Wohnungen
    342
  • Kündigung (außerordentliche) von Wohnraum / 8 Muster einer außerordentlichen fristlosen Kündigung
    340
  • Lebensalter / 1 Vollendung eines Lebensjahres
    335
  • § 4 Arbeitsrecht / 9. Muster: Anschreiben Urlaubsansprüche und deren drohender Verfall
    325
  • § 57 Zivilprozessrecht / II. Muster: Klageschriften
    321
  • § 2 Die Gebühren nach dem RVG / 1. Einigungsgebühr, Nr. 1000, 1003, 1004 VV RVG
    318
  • § 31 Miete und Pacht / 3. Muster: Aufhebungsvertrag
    310
  • Gewerblicher Grundstückshandel / 2.2 Erwerb und Veräußerung innerhalb von 5 Jahren
    304
  • § 57 Zivilprozessrecht / 2. Muster: Anerkenntnis
    303
  • § 57 Zivilprozessrecht / b) Muster: Antrag auf Kostenfestsetzung gegen die eigene Partei gem. § 11 RVG
    295
  • § 57 Zivilprozessrecht / 2. Muster: Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung als Videokonferenz
    286
  • Grundstück und Grundbuch / 11 Kosten in Grundbuchsachen
    286
  • § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG / 2. Anrechnung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG
    276
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Recht
Bundesgerichtshof: Polizeibeamter darf polizeiinterne Vorgänge nicht an Presse weitergeben
Polizeiabsperrung mit Flatterband, hinten Streifenwagen und Polizeibeamter
Bild: mauritius images / imageBROKER / Alex T.

Mit Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes hat das Thema Whistleblowing auch im öffentlichen Dienst an Aufmerksamkeit gewonnen. Vorsicht ist dabei insbesondere geboten, wenn Dienst- oder Privatgeheimnisse tangiert sind oder personenbezogene Daten verarbeitet werden. Denn bei Rechtsverstößen drohen empfindliche Strafen, wie ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt. Ein Polizeibeamter hatte einen befreundeten Journalisten unerlaubt über zahlreiche polizeiinterne Vorgänge informiert.


Optimal gestaltet: Schiedsverfahren in der Unternehmenspraxis
Schiedsverfahren in der Unternehmenspraxis
Bild: Haufe Shop

Im Fokus des Buches stehen die Gestaltung des gesamten Schiedsverfahrens, ​in der Praxis auftretende Probleme, ​Anforderungen an die Vertragsestaltung sowie praktikable Lösungen. Konkrete Handlungsanweisungen und Formulierungsvorschläge unterstützen die Parteien bei der praktischen Umsetzung. ​


BGH 2 StR 108/19
BGH 2 StR 108/19

  Verfahrensgang LG Aachen (Urteil vom 05.11.2018)   Tenor 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 5. November 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die ...

4 Wochen testen


Newsletter Recht
Bild: Haufe Online Redaktion
Newsletter Recht - Wirtschaftsrecht

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Wirtschaftsrecht frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Vertriebsrecht
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Recht Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Advolux
Haufe Onlinetraining
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Shop Recht
Anwaltssoftware
Anwaltliches Fachwissen Software
Gesellschafts- & Wirtschaftsrecht Lösungen
Alle Recht Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren