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BFH Urteil vom 30.10.1962 - I 124/60 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung von betrieblicher und privater Versorgungsrente.

Vereinbaren die Gesellschafter einer Personengesellschaft mit einem neu aufgenommenen Gesellschafter, daß dieser eine von ihnen zu erfüllende außerbetriebliche Verpflichtung im Innenverhältnis teilweise mitzutragen hat, so kann darin eine Abrede über die Gewinnverteilung liegen.

 

Normenkette

EStG §§ 4-5, 10/1/1

 

Tatbestand

Gekürzter Tatbestand: Der verstorbene Gesellschafter einer OHG hatte seiner Ehefrau durch letztwillige Verfügung eine Rente ausgesetzt, die von den Erben, seinen Kindern, in erster Linie aus dem Geschäftsvermögen der OHG gezahlt werden sollte. Diese wandelten nach dem Tode des Erblassers die OHG unter Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine KG um, in die sie unter anderem ihre Anteile aus der OHG einbrachten. Der neu aufgenommene Gesellschafter leistete eine Bareinlage. Der Gewinn sollte - nach Abzug von Tantiemen und Vorwegvergütungen - nach der Höhe der Kapitaleinlage verteilt werden. Die Gesellschafter erklärten im Gesellschaftsvertrag, daß ihnen der Rentenanspruch der Witwe des verstorbenen Gesellschafters bekannt sei, und erkannten diesen ausdrücklich an.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat folgt der Auffassung des Finanzgerichts und beurteilte die Rente als außerbetriebliche Versorgungsrente der Erben. Er führte unter anderem folgendes aus:

Soweit die letztwilligen Verfügungen des Erblassers als Rechtsgrundlage der Versorgungsrente in Betracht kommen, ist der Bfin. zuzugeben, daß die erbrechtliche Natur des Rechtsgrundes allein die Annahme eines betrieblichen Vorgangs nicht ausschließt. Auch beim Erwerb von Betriebsvermögen im Erbgang kann ganz oder teilweise ein betrieblicher Erwerbsvorgang vorliegen (Urteile des Bundesfinanzhofs I 115/59 U vom 6. Oktober 1959, BStBl 1960 III S. 2, Slg. Bd. 70 S. 2; IV 184/58 U vom 12. Februar 1960, BStBl 1960 III S. 172, Slg. Bd. 70 S. 459). Dies setzte jedoch voraus, daß sich mindestens für einen Teil des Betriebs Leistung und Gegenleistung angemessen gegenüberstehen.

Dagegen ist eine andere Beurteilung geboten, wenn - wie im Streitfall - der Gedanke einer Versorgung der anspruchsberechtigten Person im Vordergrund gestanden hat. Der Bundesfinanzhof hat hierzu in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß erbrechtlich geregelte oder im Wege vorweggenommener Erbauseinandersetzung vereinbarte Versorgungsrenten nicht betrieblich veranlaßt sind, sondern das Privatvermögen des Verpflichteten betreffen (Urteile des Bundesfinanzhofs I 232/54 U vom 12. Juli 1955, BStBl 1955 III S. 302, Slg. Bd. 61 S. 272; IV 217/54 U vom 2. Februar 1956, BStBl 1956 III S. 88, Slg. Bd. 62 S. 235; IV 160, 161/54 U vom 17. November 1955, BStBl 1956 III S. 281, Slg. Bd. 63 S. 215; I 115/59 U a. a. O.; IV 184/58 U a. a. O.). Diesen Standpunkt hat der Senat insbesondere auch in seinem Urteil I 59/53 vom 28. Juli 1953 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 4, Rechtsspruch 282) zum Ausdruck gebracht, in dem er sich mit einem dem Streitfall ähnlich gelagerten Sachverhalt auseinandergesetzt hat. Der Senat hat in dieser Entscheidung auch im einzelnen dargelegt, weshalb die vom Reichsfinanzhof für die Altenteilsleistungen bei der Landwirtschaft aufgestellten Grundsätze, auf die sich die Bfin. unter anderem beruft, für gewerbliche Betriebe nicht anwendbar sind (vgl. auch Urteil des Senats I 115/59 U a. a. O.).

Die Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, an denen der Senat festhält, gibt im Streitfall keinen Anlaß zu einer von der Vorinstanz abweichenden Entscheidung. Es kann bei der Beurteilung einer Rente als privat oder betrieblich nicht entscheidend darauf ankommen, ob der Erblasser, der die Rente in Form des Vermächtnisses ausgesetzt hat, hiermit in erster Linie das Betriebsvermögen und das Geschäftsergebnis und erst in zweiter Linie das Privatvermögen der Erben belasten wollte. Die Beurteilung hängt vielmehr allein davon ab, ob bei Begründung des Rentenrechts private oder betriebliche Erwägungen im Vordergrund gestanden haben. Die bei einer Verfügung von Todes wegen naheliegende Vermutung, daß familiäre Rücksichten entscheidend gewesen sind, wird nur in Ausnahmefällen widerlegt werden können (vgl. Urteil des Senats I 141/58 U vom 16. Juni 1959, BStBl 1962 III S. 271). Sie ist auch im Streitfalle nicht widerlegt worden. Die Bfin. trägt selbst vor, bei der Begründung der Rente habe es eine entscheidende Rolle gespielt, daß der Ehefrau des Erblassers aus zweiter Ehe infolge ihres vertraglichen Verzichts weder Erb- noch Pflichtteilsrechte zugestanden hätten. Derartige erbrechtliche Erwerbsaussichten pflegen jedoch bei betrieblichen Versorgungsrenten, die ihren wesentlichen Grund in der Arbeitsleistung des Ehemanns haben, nicht entscheidend in den Vordergrund zu treten. Wenn der Erblasser unter Berücksichtigung solcher Gesichtspunkte daran interessiert gewesen ist, seine Witwe zu versorgen, so hat er dieses Anliegen in erster Linie als Ehemann verfolgt, nicht etwa als Mitunternehmer der OHG. Jedenfalls kann nicht davon gesprochen werden, daß das betriebliche Interesse bei dieser Entscheidung überwogen hat.

An dieser Beurteilung ändert auch die anläßlich der Gründung der KG von sämtlichen Gesellschaftern erklärte Anerkennung der Rentenverpflichtung nichts. Im Verhältnis zu den Erben hätte die Umwandlung einer privaten in eine betriebliche Versorgungsrente mindestens zur Voraussetzung, daß auch dem Erblasser zu dessen Lebzeiten eine als betrieblich zu beurteilende Pensionszusage hätte erteilt werden können. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Der Senat hat in seinem Urteil I 141/58 U a. a. O. ausgeführt, daß eine Versorgungszusage, die bei einer Familiengesellschaft durch die in das Unternehmen aufgenommenen Kinder an den die Geschäfte der Gesellschaft führenden Vater erteilt wird, eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung begründet, daß die Versorgung des Vaters mit der Unterhaltsverpflichtung der Kinder, mit einer vorweggenommenen Erbfolge oder mit sonstigen familiären Erwägungen zusammenhängt.

Entgegen der Auffassung der Bfin. kann aber auch der vom neu aufgenommenen Gesellschafter zu tragende Anteil den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern. Die Vereinbarung der Gesellschafter über die Anerkennung der Rentenverpflichtung hat ausschließlich das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern betroffen. Die Witwe des Erblassers ist daran nicht beteiligt gewesen und kann daraus keinerlei Ansprüche für sich herleiten. Daher kann es sich bei der Mitwirkung des neu aufgenommenen Gesellschafters an der Erfüllung der Rentenverpflichtung nur um eine Leistung an die übrigen Gesellschafter handeln, die er im Zusammenhang mit dem Erwerb seiner Beteiligung zugesagt hat. Da jedoch eine Kaufpreisrente nicht ausdrücklich vereinbart worden ist, bestehen keine Bedenken dagegen, daß das Finanzgericht die Vereinbarung als eine Abrede beurteilt hat, durch die den beiden übrigen Gesellschaftern höhere Gewinnanteile zugebilligt worden sind. Nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs I 32/61 U vom 21. August 1961 (BStBl 1961 III S. 500, Slg. Bd. 73 S. 643) kann der Umstand, daß auf den in eine Personengesellschaft neu eintretenden Gesellschafter stille Reserven übergehen, auch bei der Gewinnverteilung berücksichtigt werden (vgl. auch Mirre, Deutsche Steuer-Zeitung 1937 S. 629, 631; Falkenroth, Finanz und Steuer Teil II 1947 S. 133).

 

Fundstellen

Haufe-Index 410638

BStBl III 1963, 40

BFHE 1963, 109

BFHE 76, 109

BB 1963, 26

DB 1963, 15

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