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BFH Urteil vom 30.06.1970 - II R 68/67

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Leitsatz (amtlich)

1. Der Kapitalbedarf jeder einzelnen Kapitalgesellschaft ist von ihrer eigenen Kapitalausstattung aus zu beurteilen.

2. Mit Lieferverträgen zusammenhängende Darlehen eines Alleingesellschafters zum Bau von Tankstellen sind nicht schon deshalb gesellschaftsteuerfrei, weil der Alleingesellschafter (Lieferant und Darlehnsgeber) auch anderen Unternehmen gleiche Darlehen gewährt, an denen er nicht kapitalmäßig beteiligt ist.

 

Normenkette

KVStG 1955 § 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist der Vertrieb von Mineralölprodukten aller Art im Großhandel und durch Tankstellen. Sie schuldete ihrer Alleingesellschafterin und einigen ihrer Schwestergesellschaften am 31. Dezember 1955 aus Warenlieferungen rund 3,2 Mio DM. In Höhe von 3 120 000 DM wurde diese Warenlieferungsschuld im Jahre 1956 bei der Alleingesellschafterin (Muttergesellschaft) als Darlehen geführt, das mit 5 1/2 % zu verzinsen war. Die Muttergesellschaft betreibt - wie das Finanzamt (FA) unbestritten vorträgt - die Aufbereitung und den Vertrieb von Mineralölprodukten.

Das FA zog von dem Darlehen von 3 120 000 DM einen Teilbetrag von 1,5 Mio DM zur Gesellschaftsteuer heran mit der Begründung, daß in dieser Höhe das Anlagevermögen nicht durch Eigenkapital gedeckt sei.

Das Stammkapital der Klägerin betrug seit 1954 670 000 DM.

Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führt aus: § 3 Abs. 1 KVStG setze nicht voraus, daß der Gesellschafter das Darlehen in seiner Eigenschaft als Gesellschafter gewähre. Die Darlehen ersetzten eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung selbst dann, wenn die Muttergesellschaft die Darlehen in ihrer Eigenschaft als Lieferantin gewährt habe. Den Besonderheiten im Mineralölgeschäft sei dadurch genügend Rechnung getragen, daß der Prüfer in der Kapitalbedarfsberechnung das unbewegliche Anlagevermögen größtenteils nur mit 40 % der Bilanzwerte zum 31. Dezember 1956 angesetzt habe. Trotz dieses niedrigen Ansatzes betrage bei einem Eigenkapital von 670 000 DM die Unterdeckung des Anlagevermögens rund 1,5 Mio DM.

Die Klägerin beantragt mit der Revision Freistellung von der Gesellschaftsteuer. Sie rügt unrichtige Rechtsanwendung und unvollständige Aufklärung des Sachverhalts. Aus § 3 Abs. 1 KVStG ergebe sich, daß nur die Zuführung von verdecktem Eigenkapital, nicht aber die Zufuhr von Fremdkapital versteuert werden müsse. Das FA habe aus Warenlieferungen stammende Forderungen der Muttergesellschaft versteuert. In der Mineralölwirtschaft werde zur eigenen Absatzförderung der Bau von Tankstellen finanziert, und zwar unabhängig davon, ob es sich um konzerneigene oder konzernfremde Tankstellen handele. Der Tankstelleninhaber müsse sich nur langfristig zur alleinigen Abnahme der Produkte der Darlehnsgeberin verpflichten. Ein solcher Bezugsvertrag sei Grundlage der Darlehnsgewährung und nicht die gesellschaftliche Beteiligung an der Kundin. Der Tankstelleninhaber decke Zinsen und Abtrag aus der ihm zugebilligten Verdienstspanne.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Senat hat in der Entscheidung II 162/65 vom 3. Dezember 1969 (BFH 98, 59, BStBl II 1970, 279) die Tragweite des § 3 Abs. 1 KVStG neu abgegrenzt und die frühere Rechtsprechung in Punkten aufgehoben, die für die Beurteilung des Streitfalles wesentlich sind. Das FG hat noch die frühere Rechtsprechung seiner Beurteilung zugrunde gelegt; aus diesem Grunde wird die Vorentscheidung aufgehoben. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen.

Der Gesellschaftsteuer unterliegt nach § 3 Abs. 1 KVStG die Gewährung von Darlehen an eine inländische Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafter, wenn die Darlehnsgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt. Wie der Senat in der Entscheidung II 162/65 näher ausgeführt hat, tritt Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 KVStG nicht ein, wenn die Darlehnsgewährung nicht durch die Gesellschafterstellung veranlaßt ist. § 3 Abs. 1 KVStG 1955 will nicht gewöhnliche Kreditgeschäfte erfassen; erforderlich ist vielmehr, daß der Gesellschafter als solcher das Darlehen zur Förderung des Gesellschaftszwecks - also im Hinblick auf seine Stellung als Gesellschafter - gewährt (BFH 98, 59, 64).

Die Umwandlung von Kaufpreisforderungen aus laufenden Lieferungen in längerfristige Forderungen kann in ihrer Zielsetzung auf eine schlichte Gläubigerstellung ausgerichtet sein, kann aber auch ganz oder zum Teil der Kapitalzufuhr dienen.

Der Kapitalbedarf einer jeden Kapitalgesellschaft ist von ihrer eigenen Kapitalausstattung aus zu beurteilen. Schließt die Tochtergesellschaft die Verträge zur Durchführung der für sie vorgesehenen Investitionen im eigenen Namen ab, so wird bürgerlich-rechtlich die Tochtergesellschaft und nicht die Muttergesellschaft verpflichtet. Die der Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft gegebene Kapitalausstattung muß ausreichend sein, um die aus diesen Verträgen sich ergebenden Geschäftsrisiken zu decken. Reicht die Kapitalausstattung hierzu nicht aus, so können auch längerfristige von der Muttergesellschaft gegebene Darlehen die Steuerpflicht auslösen. Ein Konzern kann nicht dadurch der Gesellschaftsteuerpflicht in seinem Konzernbereich entgehen, daß er mit der Durchführung der neues Kapital erfordernden Investitionen eine Untergesellschaft beauftragt.

Gibt ein Alleingesellschafter Darlehen zur Deckung einer Kapitallücke, so kann die Gesellschaftsteuerpflicht nicht schon mit der Erwägung ausgeräumt werden, der Alleingesellschafter gebe gleichartige Darlehen auch nicht konzernangehörigen Firmen. Abgesehen davon, daß auch Darlehen zum Tankstellenbau - verbunden mit Abnahmeverpflichtungen und Konkurrenzklauseln - an konzernfremde Unternehmer in der Regel nicht bloß der Geldanlage - der Erlangung einer schlichten Gläubigerstellung -, sondern der Gewinnung vertraglich gebundener fester Absatzkunden dienen und mindestens zu gesellschaftsähnlichen Bindungen zwischen den Vertragsparteien führen werden, befestigt ein Alleingesellschafter mit der Darlehnsgewährung seine beherrschende gesellschaftsrechtliche Stellung.

Ein durch Gesellschafterdarlehen ermöglichter Ausbau des Geschäfts der Tochtergesellschaft kommt dem Alleingesellschafter über seine Gläubigerstellung hinaus zugute, da er als Gesellschafter weitergehend als ein Darlehnsgläubiger auch die aus dem Ausbau des Geschäfts der Tochtergesellschaft sich ergebenden Gewinne abziehen kann oder sie seiner Tochtergesellschaft belassen kann mit der Folge, daß sich der Wert seines Anteilsbesitzes an der Tochtergesellschaft steigert. Es spricht also eine Vermutung dafür, daß die gesellschaftsrechtlichen Kapitalinteressen des Alleingesellschafters und nicht sein Gläubigerinteresse maßgebend für die Darlehnsgewährung sind.

In welcher Höhe Darlehen der Gesellschaftsteuer zu unterwerfen sind, hängt u. a. von dem Inhalt der Lieferverträge und davon ab, in welcher Höhe bei dem Schuldenstand der Klägerin ein fremder Kreditgeber ohne Sicherheitsleistung (ohne Bürgschaft des Gesellschafters) Darlehen geben würde, in welcher Höhe die Klägerin beleihungsfähige Werte hat und in welchem Umfange die Klägerin etwaige höhere marktübliche Zinsen als die hier ausbedungenen 5 1/2 % verkraften kann.

Ein etwa zwischen der Mutter- und Tochtergesellschaft bestehender Ergebnisabführungsvertrag (EAV) verhindert zwar, daß die bereits bestehende Kapitalbasis wegen des Verlustdeckungsanspruchs gegen die Muttergesellschaft geschmälert wird. Dieser Deckungsanspruch ist aber nicht geeignet, einem wachsenden Kapitalbedarf der Tochtergesellschaft gerecht zu werden. Die Verpflichtung der Tochtergesellschaft, ihre Gewinne an die Muttergesellschaft abzuführen, hindert, daß die Tochtergesellschaft aus ihren abzuführenden Gewinnen Vermögen zur künftigen Finanzierung neuer Aufgaben bilden kann.

Auf die Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 4 Nr. 3 KVStG 1959 kann sich die Klägerin nicht berufen. Diese Vorschrift war im Zeitpunkt der durch die Sachlage gebotenen Kapitalzuführung noch nicht in Kraft. Sie ist erst durch das Gesetz zur Änderung verkehrsteuerlicher Vorschriften vom 25. Mai 1959 (BGBl I, 261) in das KVStG eingeführt worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69263

BStBl II 1971, 5

BFHE 1971, 256

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