Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 30.05.1963 - V 86/60 U

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht, Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Finanzamt eine rechtskräftige Veranlagung zuungunsten des Steuerpflichtigen berichtigt, obwohl die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO gar nicht vorlagen, weil z. B. nicht neue Tatsachen von einigem Gewicht festgestellt werden konnten, so war diese Berichtigungsveranlagung unzulässig.

Der ursprünglich festgesetzte Steuerbetrag ist rechtskräftig geblieben, so daß der Steuerpflichtige eine niedrigere Festsetzung der Steuer auch dann nicht verlangen kann, wenn in diesem Betrage Steuern enthalten sind, die auf einer durch das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Norm beruhen.

 

Normenkette

AO § 222 Abs. 1 Nr. 1, §§ 234, 232/1; BVerfGG § 79

 

Tatbestand

Die Bfin. ist für den Veranlagungszeitraum 1954 durch Bescheid vom ... 1956 zu einer Umsatzsteuer von 75.000,00 DM rechtskräftig veranlagt worden. In diesem Steuerbetrage war Herstellerzusatzsteuer (ß 58 UStDB 1951) mit 25.000,00 DM enthalten. Bei einer Betriebsprüfung in 1957 wurde lediglich eine neue Tatsache zuungunsten der Bfin. festgestellt (Verkauf zweier gebrauchter Kraftwagen an Unternehmer), die eine Umsatzsteuer von 48,00 DM ergab. Das Finanzamt berichtigte daraufhin nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO den ursprünglichen Bescheid um 48,00 DM, ließ aber die Herstellerzusatzsteuer entgegen dem auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvL 18/56 vom 5. März 1958 (BGBl 1958 I S. 154, BStBl 1958 I S. 83) gestützten Erstattungsantrag der Bfin. unverändert.

Nach erfolglosem Einspruch setzte das Finanzgericht die Steuer wieder auf den Betrag des ursprünglichen Bescheides fest; die Erstattung der Zusatzsteuer lehnte es gleichfalls ab.

 

Entscheidungsgründe

Die hiergegen gerichtete Rb. ist unbegründet. Zutreffend ist das Finanzgericht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausgegangen, die eine Berichtigungsveranlagung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO nur dann als zulässig erachtet, wenn neue Tatsachen von einigem Gewicht vorliegen. Im Streitfalle war diese Voraussetzung nicht gegeben (vgl. Urteil des erkennenden Senats V 180/59 U vom 8. Februar 1962, BStBl 1962 III S. 225, Slg. Bd. 74 S. 610). Lagen hiernach die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO gar nicht vor, so durfte das Finanzamt einen Berichtigungsbescheid nicht erlassen. Die Berichtigungsveranlagung war unzulässig; der Berichtigungsbescheid mußte ersatzlos aufgehoben werden. Es muß deshalb bei dem mit Bescheid vom ... 1956 festgesetzten Steuerbetrage verbleiben. Die Bfin. kann daraus, daß das Finanzamt entgegen der eindeutigen Rechtslage eine Berichtigungsveranlagung vorgenommen hat, nichts für ihre Auffassung herleiten. Im übrigen würde, auch wenn man der Bfin. darin folgen wollte, daß durch die - unzulässige - Berichtigungsveranlagung ein neues Verfahren eingeleitet worden sei, der Erstattung der Zusatzsteuer § 234 AO entgegenstehen, wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat. Insoweit wird auf das Grundsatzurteil des erkennenden Senats V 244/61 S vom 22. November 1962 (BStBl 1963 III S. 31) Bezug genommen.

Die Steuerpflichtige hat nach Erlaß eines Bescheides unter anderem noch folgendes vortragen lassen: Steuerbescheide seien Verwaltungsakte und als solche eine Einheit; partielle Steuerbescheide gebe es nicht. Im Falle des § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO müsse auch nach Auffassung des Senats der ganze Steuerfall wieder aufgerollt werden. Mit Erlaß des Berichtigungsbescheides sei der ursprüngliche Bescheid ersatzlos und endgültig aus der Welt geschafft worden. Auch § 234 AO besage nichts darüber, inwieweit der neue Bescheid anfechtbar sei. Die Auffassung des Senats berücksichtige nicht die ex-tunc-Wirkung der Urteile des Bundesverfassungsgerichts.

Diese Argumentation verkennt jedoch, daß der Berichtigungsbescheid verfahrensrechtlich gar nicht zulässig und deshalb aufzuheben war. Damit ist aber der erste - rechtskräftige - Bescheid wieder in Kraft getreten. Nach der Ausgestaltung des Veranlagungsverfahrens, wie es die Abgabenordnung vorsieht, ist es nach Auffassung des Senats nicht denkbar, daß durch die gebotene Aufhebung eines Berichtigungsbescheides für das Streitjahr überhaupt keine Veranlagung vorläge. Die ersatzlose Aufhebung einer Vorentscheidung, insbesondere auch eines Berichtigungsbescheides, durch eine Rechtsmittelinstanz bedeutet vielmehr, daß solchenfalls der ursprüngliche Bescheid wieder in Kraft tritt. Aus § 234 AO geht zumindest hervor, daß der ursprünglich festgesetzte Steuerbetrag eine fortdauernde Wirkung hat. Da sich die Auffassung des Senats aus dem Verfahrensrecht der AO ergibt und dieses Recht durch § 79 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht unberührt geblieben ist, kommt es auch nicht darauf an, daß, wie die Bfin. meint, aus § 79 Abs. 2 a. a. O. nichts für eine partielle Rechtskraft eines Verwaltungsaktes zu entnehmen sei.

Nach alledem war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1963, 342

BFHE 1964, 68

BFHE 77, 68

StRK, AO:222 R 144

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Gold enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 14b Verspätungszuschlag
    217
  • Änderungsvorschriften / 3.1 "Schlichte" Änderung
    156
  • Pflegekosten / 2 Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen
    131
  • Schwarz/Pahlke/Keß, AO § 109 Verlängerung von Fristen / 5.1 Allgemeines
    124
  • Stenger/Loose, Bewertungsrecht - Kommentar zum BewG, Erb ... / VI. Umrechnungsfaktoren zur Ermittlung der Brutto-Grundfläche bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken
    124
  • Ehescheidung: Scheidungsfolgenvereinbarung / 5.3 Übertragung an Ehepartner bzw. Veräußerung des Familienwohnheims
    121
  • Weilbach, GrEStG § 1 Erwerbsvorgänge / 3 Tauschvertrag (Abs. 5)
    119
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 8 Hinzurechnungen / 8.4 Umfang der Hinzurechnung
    118
  • Kapitalgesellschaft: Liquidation / 3.3.4 Auswirkungen der Auskehrung des Vermögens
    116
  • Grundsteuer für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ... / 5.1 Landwirtschaftliche Nutzung – § 237 Abs. 2 BewG
    115
  • Frotscher/Drüen, UmwStG § 22 Besteuerung des Anteilseigners
    111
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 28 Allgemeines / 3.5 Verlegung einer Betriebsstätte von einer in eine andere Gemeinde (§ 28 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GewStG)
    107
  • Kündigung und Niederlegung von Mandaten in der Steuerber ... / 5.3 Wichtiger Grund berechtigt zur Kündigung zur Unzeit
    105
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 7 Gewerbeertrag / 4.2 Veräußerungs- und Aufgabegewinne bei Einzelunternehmen
    100
  • Bedarfsbewertung: Erklärung zur Feststellung des Bedarfs ... / 1 Erläuterungen zum Formular
    99
  • Ausschluss vom Vorsteuerabzug / 2 Ausschluss bei steuerfreien Umsätzen
    97
  • Grunderwerbsteuer bei Veränderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG) (ErbStB 2022, Heft 8, S. 247)
    93
  • Änderungsvorschriften / 3.3 Änderung wegen neuer Tatsachen und Beweismittel
    91
  • Grundstücksteile von untergeordneter Bedeutung (§ 8 EStDV) (estb 2022, Heft 12, S. 467)
    90
  • Erbschaftsteuererklärung: Anlage Erwerber vom 1.1.2009 b ... / 1.6 Erwerb durch Erbanfall (Zeilen 22 bis 31)
    89
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Steuer Office Gold
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Steuern
BFH Kommentierung: Höhe der Säumniszuschläge verfassungsgemäß
BFH Richterstuhl
Bild: Bundesfinanzhof, Foto: Andreas Focke

Gegen die Höhe des Säumniszuschlags nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO bestehen auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken. 


BFH: Erlass der Säumniszuschläge setzt nicht zwingend AdV im gerichtlichen Verfahren voraus
Stapel Euro Münzen auf Chart
Bild: mauritius images / Wolfgang Filser

Säumniszuschläge entstehen selbst dann, wenn eine Steuerfestsetzung später geändert oder aufgehoben wird. Wird eine Aussetzung der Vollziehung gewährt, entsteht ein Säumniszuschlag mangels Vollziehbarkeit nicht. Wird eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt, kann der entstehende Säumniszuschlag erlassen werden. Nach Auffassung des BFH muss für einen solchen Erlass die AdV nicht zwingend zuvor auch beim FG beantragt werden.


Erfolgreich umsetzen: Neue Arbeitswelt in der Steuerberatung
Neue Arbeitswelt in der Steuerberatung
Bild: Haufe Shop

Das Buch ist ein Wegweiser für alle, die ihre Kanzlei in eine moderne und zukunftsorientierte Arbeitsumgebung transformieren wollen. Es bietet Strategien und praktische Ratschläge, um die Vorteile von New Work voll auszuschöpfen und sich erfolgreich den neuen Herausforderungen zu stellen.


BFH V 79/60 U
BFH V 79/60 U

  Entscheidungsstichwort (Thema) Verfahrensrecht, Abgabenordnung  Leitsatz (amtlich) Steuerfestsetzungen, die im vereinfachten Verfahren ohne Bescheiderteilung durchgeführt worden sind, sind nicht anders zu beurteilen als solche, bei denen förmliche ...

4 Wochen testen


Newsletter Steuern
Bild: Adobe
Newsletter Steuern - BFH-Urteilsservice

Aktuelle Informationen zur neuesten BFH-Rechtsprechung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Kurzkommentierungen
  • Praxishinweise
  • wöchentlich
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Steuern Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Haufe Onlinetraining
Smartsteuer
Schäffer-Poeschel
Lexware
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Steuern Shop
Steuern Software
Komplettlösungen Steuern
Kanzleimanagement Lösungen
Steuern im Unternehmen
Lösungen für die Steuererklärung
Steuer-Kommentare
Alle Steuern Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren