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BFH Urteil vom 28.02.1956 - I 92/54 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Als Gesellschafterleistung (Einlage) an eine Kapitalgesellschaft, die von der Besteuerung ausgenommen ist, wird auch die freigebige Zuwendung eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf Grund letztwilliger Verfügung angesehen.

 

Normenkette

KStG § 6; KStDV §§ 15-16; EStG § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 1

 

Tatbestand

Der GmbH ist aus dem Nachlaß eines im Jahre 1950 verstorbenen Gesellschafters und Geschäftsführers nach Abzug der Erbschaftsteuer ein Betrag von 25.719,58 DM zugeflossen. Das Finanzamt hat bei der Veranlagung 1950 diesen Betrag dem steuerpflichtigen Gewinn hinzugerechnet. Hiergegen hat die Steuerpflichtige Einspruch erhoben mit dem Einwand, es sei nicht angängig, Vermögenszuflüsse aus einem Erbfall als Einnahmen anzusehen, da Erbanfälle nicht unter eine der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fielen. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Berufung wurde außer dem seitherigen Vorbringen ausgeführt, die Auffassung des Finanzamts führe zu unhaltbaren Ergebnissen hinsichtlich der Bewertung. Sie zwinge zur Ausweisung unrealisierter Gewinne und damit zum Verstoß gegen handelsrechtliche Bewertungsvorschriften. Bei dem Erbfall seien der Gesellschaft eigene Geschäftsanteile und Wertpapiere zugeflossen. Für diese Wirtschaftsgüter habe sie als Anschaffungskosten nach § 5 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1950 in Verbindung mit § 15 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) den Betrag eingesetzt, den sie für die einzelnen Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt des Empfangs hätte aufwenden müssen. Eine derartige Bewertung sei nur verständlich, wenn man in dem Erbanfall einen Vermögenszuwachs erblicke, der die Erfolgsrechnung nicht berühre.

Auf die Berufung ist das Finanzgericht im wesentlichen dem Standpunkt der Steuerpflichtigen beigetreten. Es ist von § 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 EStG 1950 ausgegangen. Die Aufzählung der einkommensteuerpflichtigen Einkunftsarten sei erschöpfend. Erbanfälle fielen nicht darunter. Im EStG 1925 § 6 Abs. 3 seien zwar Vermögensanfälle noch ausdrücklich von der Einkommensteuerpflicht ausgenommen. Dieser Grundsatz habe auch für das EStG 1950 Gültigkeit, obgleich die Vorschrift des § 6 Abs. 3 EStG 1925 nicht in das EStG 1934 und folgende übernommen worden sei. § 2 Abs. 2 und 3 EStG 1950 hätten nach § 6 KStG auch für die Berechnung des der Körperschaftsteuer zu unterwerfenden Einkommens der Körperschaften Anwendung zu finden. § 15 KStDV schreibe das ausdrücklich vor. Es sei kein Grund ersichtlich, warum bei Erbanfällen Körperschaften anders behandelt werden sollten als natürliche Personen und warum der Einkommensbegriff für Körperschaften in einem so wichtigen Punkt ausdehnend ausgelegt werden solle. Auf § 16 KStDV lasse sich die Bejahung der Steuerpflicht nicht stützen. Danach gebe es für die Körperschaften, die nach den Vorschriften des HGB zur Führung von Büchern verpflichtet seien, lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, also keine sonstigen Einkünfte. Einnahmen aus einem Erbfall stellten zwar Einnahmen und einen Vermögenszuwachs dar, nicht aber Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 3 Ziff. 2 EStG und § 16 KStDV. Letztere Vorschrift spreche auch nicht von Einnahmen, sondern von Einkünften. Die Gleichstellung der Einkünfte mit den Einnahmen sei unzulässig. Das Gericht trete der im Schrifttum vertretenen Auffassung nicht bei (Hinweis auf Blümich-Klein-Steinbring, Anm. 4 Abs. 5 zu § 6 des Körperschaftsteuergesetzes - § 2 Einkommensteuergesetz), daß der Grundsatz, Vermögensanfälle wie Schenkungen und Erbschaften von der Einkommensteuerpflicht auszunehmen, für nichtbuchführungspflichtige Körperschaften, nicht aber für buchführungspflichtige Körperschaften Geltung habe. Diese Auslegung widerspreche dem klaren Wortlaut des § 16 KStDV, der nur von Einkünften spreche.

Der Vorsteher des Finanzamts hat Rechtsbeschwerde (Rb.) eingelegt. Er machte geltend, die Auffassung des Finanzgerichts beruhe auf Rechtsirrtum. Steuerlich habe die GmbH nur gewerbliches Einkommen und gelte im vollen Umfange als Gewerbebetrieb. Bei Kapitalgesellschaften gebe es keinen betriebsfremden Vorgang (Hinweis auf Urteil des Reichsfinanzhofs I 321/38 vom 14. Februar 1939, Slg. Bd. 46 S. 157, Reichssteuerblatt - RStBl - 1939 S. 761), Kapitalgesellschaften besäßen nur Betriebsvermögen und alle Einkünfte, gleichviel in welcher Form und Art sie ihnen zuflössen, seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Blümich-Klein-Steinbring, 2. Auflage S. 242, Anh. zu § 6 des Körperschaftsteuergesetzes Anm. I, Urteil des Reichsfinanzhofs I A 54/36 vom 21. April 1936, Slg. Bd. 39 S. 211, RStBl 1936 S. 559). Einmalige Vermögensanfälle unterlägen der Besteuerung ohne Rücksicht darauf, daß sie keiner der im § 2 Abs. 3 EStG angeführten Einkunftsarten zugerechnet werden könnten. Daher seien einmalige nicht wiederkehrende Einkünfte, die innerhalb eines Gewerbebetriebs erzielt würden, als gewerbliche Einkünfte steuerpflichtig (Kennerknecht, Körperschaftsteuergesetz 1934 S. 221 Anm. 22 zu § 6).

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes: Der Auffassung des Finanzgerichts kann nicht beigetreten werden, daß einmalige Anfälle aus Erbschaften bei Kapitalgesellschaften deshalb nicht zu den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinnen gehörten, weil diese Einkünfte nicht unter die im § 2 Abs. 3 Ziff. 1 - 7 bezeichneten Einkunftsarten fielen. Der Hinweis auf § 6 Abs. 3 EStG 1925 erscheint dem Senat nicht geeignet, die Ansicht des Finanzgerichts zu stützen. Nach der Begründung zum EStG 1925 (Reichstagsdrucksache 1924 - 1925 Nr. 794/802 S. 40) sollte § 6 Abs. 3 nicht konstitutive, sondern lediglich deklaratorische Bedeutung haben. Die Vorschrift des Abs. 3, so heißt es in der Begründung, beziehe sich nur auf einmalige Einkünfte, die außerhalb einer der im § 3 Abs. 1 bis 4 genannten Tätigkeiten anfallen. Aus Abs. 3 könne nicht gefolgert werden, daß einmalige nicht wiederkehrende Einkünfte, die innerhalb eines Gewerbebetriebs erzielt würden, der Steuer nicht unterlägen. Sie seien als gewerbliches Einkommen wie bisher selbstverständlich steuerpflichtig.

An diesen Grundsätzen hat sich, was die hier in Betracht kommende Frage anlangt, sachlich durch das EStG 1934, in dem § 6 Abs. 3 EStG 1925 nicht enthalten ist, nichts geändert (vgl. hierzu Begründung zum Körperschaftsteuergesetz RStBl 1935 S. 33, 35 linke Spalte Abs. 3). Auch nach diesem Gesetz und nach dem hier anzuwendenden EStG 1950 sind zufällige Einkünfte, die bei Gelegenheit einer unter die Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG fallenden Erwerbstätigkeit gemacht werden, steuerbares Einkommen. Aus dem Katalog des § 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 EStG läßt sich also für die Steuerfreiheit einmaliger Vermögensanfälle der hier vorliegenden Art bei Kapitalgesellschaften nichts entnehmen.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß buchführungspflichtige Kapitalgesellschaften nur Betriebsvermögen besitzen und daß ihre sämtlichen Einkünfte, gleichviel in welcher Form und Art sie ihnen zufließen, Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 54/36 vom 21. April 1936, Slg. Bd. 39 S. 211, RStBl. 1936 S. 559). Vermögensmehrungen von Kapitalgesellschaften sind demnach grundsätzlich steuerpflichtig, Falls sie nicht von der Besteuerung ausgenommen sind. Das aber ist bei Einlagen der Fall und dem, was den Einlagen gleichzustellen ist (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 83/36 vom 28. Juli 1936, Slg. Bd. 39 S. 303, RStBl 1936 S. 951). Die Ausnahme beruht auf dem auch für die Körperschaftsteuer anwendbaren § 4 Abs. 1 EStG (ß 15 Ziff. 1 KStDV 1950). Zu den Einlagen gehören alle Leistungen, die auf gesellschaftsrechtlichen Vorgängen beruhen und die von Gesellschaftern der Gesellschaft ohne jede Gegenleistung zugeführt werden. Als Gesellschafterleistung (Einlage) muß auch die freigebige Zuwendung eines Gesellschafters und Geschäftsführers an die Gesellschaft auf Grund letztwilliger Verfügung angesehen werden. Denn ohne die gesellschaftliche Verbundenheit mit der Steuerpflichtigen hätte der Verstorbene die Zuwendung an die Steuerpflichtige nicht ausgesprochen, sie auch keinem Dritten gemacht.

Somit ist im Ergebnis der Vorentscheidung zuzustimmen und die Rb. des Vorstehers des Finanzamts als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408432

BStBl III 1956, 154

BFHE 1956, 416

BFHE 62, 416

BB 1956, 995

DB 1956, 414

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