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BFH Urteil vom 20.10.1976 - I R 148/74

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Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GewStG, nach der die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 105

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 21.03.1977; Aktenzeichen 1 BvR 1/77)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, befaßt sich mit der Verwaltung eigenen Vermögens, das früher im wesentlichen aus Mietwohnhäusern bestand. Im Jahre 1970 veräußerte sie diese Häuser, wobei ein Gewinn von rd. 732 000 DM entstand. Davon stellte sie 700 000 DM in eine Rücklage nach § 6 b EStG ein und löste im Jahre 1971 diese Rücklage mit 370 000 DM gewinnerhöhend auf. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) bezog bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags für das Jahr 1971 den Betrag von 370 000 DM in die Ermittlung des Gewerbeertrags ein. Demgegenüber ist die Klägerin der Auffassung, der Veräußerungsgewinn unterliege nicht der Gewerbesteuer. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG sei zwar die Tätigkeit einer GmbH stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen. Diese Vorschrift verstoße jedoch gegen das GG.

Die unmittelbar zum FG erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das FG sah es als sachgerecht an, daß der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke auch als Gewerbeertrag versteuert wird. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß Steuerpflichtige unterschiedlicher Rechtsform auch unterschiedlich behandelt würden.

Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, die Vorentscheidung aufzuheben und den Gewerbesteuermeßbescheid für den Erhebungszeitraum 1971 vom 25. Mai 1973 ersatzlos aufzuheben. Sie rügt Verletzung von Bundesrecht, nämlich von Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 i. V. m. Art. 106 Abs. 6 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG. Sie macht geltend, die Heranziehung einer GmbH, die ausschließlich vermögensverwaltend tätig sei, zur Gewerbesteuer werde durch die Gesetzgebungskompetenzen des Grundgesetzes nicht gedeckt. Es handle sich um die Auferlegung einer besonderen Gemeindeeinkommensteuer und Gemeindevermögensteuer, die vom Grundgesetz nicht vorgesehen seien. Die Gewerbesteuer sei eine dem Aufkommen nach den Gemeinden zugewiesene Realsteuer (Rechtsgutachten des BVerfG vom 16. Juni 1954 1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407 [438]). Sie diene dem Zweck, die besonderen Belastungen und Aufwendungen der Gemeinden wegen des Vorhandenseins von Gewerbebetrieben auszugleichen (BVerfG-Beschluß vom 14. Februar 1967 1 BvR 25 u. a. /64, BVerfGE 21, 160 [168], und BVerfG-Urteil vom 13. Juli 1965 1 BvR 771/59 u. a. , BVerf-GE 19, 101, [112]). Der materielle Inhalt des Begriffs Gewerbe werde in § 2 Abs. 1 GewStG i. V. m. § 1 GewStDV abschließend umschrieben. Verwaltung von Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung fielen nicht darunter. Mit der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG verlasse der Gesetzgeber den ihm zugunsten der Gemeinden eingeräumten Spielraum. Die Belastungen und Aufwendungen einer Gemeinde seien schon denkgesetzlich unabhängig davon, ob Vermögensverwaltung oder Vermietung und Verpachtung durch eine natürliche oder durch eine juristische Person betrieben würden. Die Statuierung einer Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform für Kapitalgesellschaften erfülle nicht die Voraussetzungen des in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen verfassungsrechtlich relevanten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel. Der Gesetzgeber habe mit der Begründung der Gewerbesteuerpflicht aus der Rechtsform einer Person die von ihm mit § 2 Abs. 1 GewStG selbst konstituierte Sachgesetzlichkeit grobwillkürlich durchbrochen. Die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG aufgestellte Fiktion sei auch mit dem Recht des Steuergesetzgebers zur Typisierung nicht begründbar (Urteile des BVerfG vom 20. Dezember 1966 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12 [27 f.]). Die Folgen der Ungleichbehandlung für Kapitalgesellschaften überstiegen die vom BVerfG noch für unbeachtlich gehaltene Toleranzgrenze bei weitem.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Der Einwand der Klägerin, die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG sei durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach dem Grundgesetz nicht gedeckt, greift nicht durch.

Nach Art. 105 Abs. 2 GG i. d. F. des Einundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz) vom 12. Mai 1969 (BGBl I, 359) hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über "die übrigen Steuern", wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder - was hier in Betracht kommt - die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Was zu den "übrigen Steuern" gehört, ist dem Vergleich mit Art. 105 Abs. 1 GG zu entnehmen, nach dem der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole hat. "Übrige Steuern" sind also alle Steuern mit Ausnahme der Zölle und Finanzmonopole. Dazu gehört auch die Gewerbesteuer. Die gleiche Rechtslage ergibt sich nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 3 GG in der vor Inkrafttreten des Finanzreformgesetzes geltenden Fassung. Danach hatte der Bund unter den gleichen Voraussetzungen die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz über die Realsteuern mit Ausnahme der Festsetzung von Hebesätzen. Realsteuern in diesem Sinne sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer (§ 1 Abs. 3 der AO). Nach Art. 105 GG in beiden Fassungen ist es Sache des Gesetzgebers, zu bestimmen, wie er die Gewerbesteuer im einzelnen ausgestalten will, insbesondere, an welche Merkmale er die Gewerbesteuerpflicht anknüpft. Es ist richtig, daß die Gewerbesteuer als eine besondere Steuer neben der Einkommen- und Körperschaftsteuer die besonderen Belastungen und Aufwendungen abgelten soll, die der Gemeinde aus dem Vorhandensein des Gewerbebetriebs erwachsen (BVerfG-Urteil 1 BvR 771/59 u. a. ). Was jedoch Gewerbebetrieb ist, bestimmt der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden, nur durch die Vorschriften des Grundgesetzes eingeschränkten Ermessens.

2. Es gibt keine Rechtsnorm, die es dem Gesetzgeber verbietet, die Tätigkeit einer GmbH schon wegen ihrer Rechtsform stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb zu qualifizieren (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GewStG). Insbesondere läßt sich ein solches Verbot nicht aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG herleiten.

a) Der Gleichheitssatz bindet den Gesetzgeber in der Weise, daß Gleiches nicht ungleich behandelt werden darf. Er ist nur verletzt, wenn die Unsachlichkeit der getroffenen Regelung evident erscheint. Dem Gesetzgeber wird danach eine weitreichende Gestaltungsfreiheit eingeräumt, die erst dort endet, wo ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (vgl. Urteil des BFH vom 14. Mai 1974 VIII R 95/72, BFHE 112, 546 [562], BStBl II 1974, 572, mit weiteren Hinweisen).

b) Kapitalgesellschaften, zu denen nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG auch die GmbH gehört, weisen gegenüber natürlichen Personen und Personengesellschaften (OHG), KG und anderen Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer - Mitunternehmer - des Gewerbebetriebs anzusehen sind) in wesentlichen Punkten Besonderheiten auf, die es als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen, sie ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit im einzelnen als Gewerbebetrieb zu behandeln. So gelten Gesellschaften mit beschränkter Haftung als Handelsgesellschaften i. S. des HGB (vgl. § 13 Nr. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -). Sie sind als Kaufleute anzusehen (§ 6 Abs. 1 HGB). Dem Gesetzgeber kann es bei der Ausgestaltung der Gewerbesteuer nicht verwehrt sein, der vorgeprägten Ordnungsstruktur des Zivilrechts zu folgen und die Gewerbesteuerpflicht der Kapitalgesellschaften an Merkmalen auszurichten, die zivilrechtlich das Wesen dieser Rechtsgebilde mit ausmachen. In diesem Vorgehen des Gesetzgebers liegt weder eine verfassungsrechtlich verbotene Typisierung noch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel. Kapitalgesellschaften werden auch in anderer Hinsicht - so z. B. bei der Besteuerung nach ihrem Einkommen - nach wesentlich anderen Grundsätzen behandelt als natürliche Personen oder Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft. Auch in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung weisen Kapitalgesellschaften - jedenfalls Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung - typische Besonderheiten auf. Sie sind mit einem bestimmten Mindestkapital ausgestattet (§ 7 des AktG, § 5 Abs. 1 GmbHG) und als juristische Personen in ihrem Bestand von Art und Zahl ihrer Mitglieder unabhängig (§ 1 AktG, § 13 Abs. 1 GmbHG). Damit erweisen sie sich als Gebilde mit eigener wirtschaftlicher Kraft und der damit verbundenen Bestimmung zu wirtschaftlicher Betätigung. Der Gesetzgeber handelt daher nicht willkürlich, wenn er sie - ohne Rücksicht auf ihre jeweilige Tätigkeit - als Gewerbebetriebe behandelt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72105

BStBl II 1977, 10

BFHE 1977, 265

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