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BFH Urteil vom 15.09.1992 - VII R 66/91 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung zur Vorlage von Kontoauszügen bei einer Außenprüfung

 

Leitsatz (NV)

1. Die Finanzbehörde hat bei einer Außenprüfung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen (hier: Vorlage von Kontoauszügen) in Anspruch nimmt.

2. Zu den Anforderungen an die Begründung der Ermessensentscheidung (hier: Anordnung zur Vorlage von Kontoauszügen).

 

Normenkette

AO 1977 §§ 90, 92, 200 Abs. 1, § § 328 ff.; FGO § 102

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden als Facharzt an einem Krankenhaus angestellt. Daneben war er freiberuflich für zwei Krankenhäuser und zwei Privatkliniken als Facharzt tätig. Sämtliche unbaren Geldbewegungen privater und betrieblicher Natur wurden über ein Postgirokonto abgewickelt, auf das auch die Krankenhäuser und Privatkliniken, für die der Kläger tätig war, seine Entgelte überwiesen. Der Kläger ermittelte seine freiberuflichen Einkünfte nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Einnahmen ermittelte er durch Addition der Überweisungen auf einem Tippstreifen, dem er die Überweisungsträger der Bank beiheftete. Nach der Steuererklärung des Klägers beliefen sich seine Betriebseinnahmen in 1989 auf . . . DM bei einem Gewinn von . . . DM.

Anläßlich einer Außenprüfung beim Kläger forderte der Beklagte und Revisionbeklagte (das Finanzamt - FA -) mit Verfügung vom . . . u.a. die Vorlage der Kontoauszüge für dessen Postgirokonto für die Jahre 1987 bis 1989. Der Kläger erklärte, daß er die Kontoauszüge vernichtet habe, und bestritt die Vorlagepflicht. Nach einer einheitlichen Zwangsgeldandrohung von 500 DM für den Fall der Nichterfüllung, die später aus formellen Gründen wieder aufgehoben wurde, drohte das FA mit drei Verfügungen . . . jeweils ein Zwangsgeld von 200 DM an, falls der Kläger die Kontoauszüge für die Jahre 1987, 1988 und 1989 nicht vorlegen werde. Die angedrohten Zwangsgelder wurden durch Verfügungen . . . festgesetzt.

Auf die Beschwerden des Klägers hob die zuständige Oberfinanzdirektion (OFD) die Aufforderungen zur Vorlage der Postgirokontoauszüge für 1987 und 1988 auf. Hinsichtlich des Streitjahres 1989 wies sie die Beschwerden gegen die Anordnungs-, Androhungs- und Zwangsgeldfestsetzungsverfügung als unbegründet zurück. Die OFD hielt den Kläger für verpflichtet, die Kontoauszüge aufzubewahren. Deshalb sei es ihm zuzumuten, Ersatzbelege vom Postgiroamt anzufordern und diese dem FA vorzulegen. Da aber bisher noch nicht festgestellt worden sei, daß die betrieblichen Einnahmen unvollständig erfaßt seien, könne aus Ermessensgründen die Vorlage der Postgirokontoauszüge nicht für den gesamten Prüfungszeitraum, sondern nur für das Jahr 1989 verlangt werden.

Die Klage gegen die Aufforderung zur Vorlage der Kontoauszüge, die Androhung und die Festsetzung des Zwangsgeldes, soweit die Verfügungen mit der Beschwerdeentscheidung aufrechterhalten worden sind, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte aus, das noch nicht bestandskräftige Vorlageersuchen sowie die Androhung und die Festsetzung von Zwangsgeld seien rechtmäßig. Der Kläger sei im Rahmen der Außenprüfung nach § 200 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) verpflichtet, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Inwieweit das FA hiervon Gebrauch mache, stehe in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die angeforderten Kontoauszüge seien Urkunden i.S. des § 200 Abs. 1 Satz 2 AO 1977, da sie ein betriebliches Konto beträfen. Ein wichtiges Ziel der Außenprüfung sei die Kontrolle der Vollständigkeit der erklärten Einnahmen. Hierfür müßten die unbaren Geschäftsvorfälle auf dem Konto, das der Steuerpflichtige für seine berufliche Tätigkeit verwende, überprüft werden können.

Dem Kläger sei zuzumuten, sich vom Postgiroamt Ersatzbelege für die von ihm vernichteten Kontoauszüge ausstellen zu lassen, da er nach § 147 Abs. 1 Nr.5 AO 1977 zur Aufbewahrung dieser für die Besteuerung bedeutsamen Unterlagen verpflichtet gewesen sei. Die Aufbewahrungspflicht nach dieser Vorschrift folge aus der Aufzeichnungspflicht des Klägers als Unternehmer für seine Entgelte gemäß § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), die unabhängig davon bestehe, ob die Umsätze steuerfrei seien oder nicht. Da der Kläger tatsächlich Aufzeichnungen für eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG geführt habe, ergebe sich die Aufbewahrungspflicht auch aus § 146 Abs. 6 i.V.m. § 147 AO 1977.

Die Aufforderung des FA zur Vorlage der Kontoauszüge sei nicht ermessensfehlerhaft. Bei einer Außenprüfung könne auch ohne einen Verdacht auf Einnahmeverkürzung die Vorlage der Auszüge des Bankkontos verlangt werden, über das die betrieblichen Vorgänge abgewickelt worden seien. Denn die Außenprüfung diene gerade der Überprüfung der Vollständigkeit der erklärten Einnahmen. Jedenfalls sei die Anforderung der Unterlagen für ein einziges Prüfungsjahr nicht unverhältnismäßig. Auch die nachfolgende Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld sei rechtmäßig und nicht ermessensfehlerhaft.

Mit der vom FG zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das FA und das FG seien bereits zu Unrecht davon ausgegangen, daß seine Nebentätigkeit für zwei Krankenhäuser und zwei Kliniken zu Einkünften aus selbständiger Arbeit geführt habe. Da er auch hier in den Organismus der Betriebe eingegliedert gewesen sei, lägen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor. Arbeitnehmer unterlägen aber weder der Betriebsprüfung noch irgendwelchen Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten.

Aber auch im Rahmen der Mitwirkungspflichten nach § 200 AO 1977 könne im Streitfall die Vorlage der Kontoauszüge nicht verlangt werden. Er habe dem FA auf dessen Verlangen bereits Einnahmebestätigungen der Krankenhäuser und Kliniken, für die er tätig gewesen sei, vorgelegt. Neben seinen Einnahmebelegen und den nachgereichten Einnahmebestätigungen bestehe kein Bedürfnis des FA an noch weitergehenderen Kontrollmöglichkeiten. Das FA sei auch nicht in der Lage, eine sinnvolle Begründung für sein Verlangen nach Vorlage der Kontoauszüge vorzubringen. Im übrigen bestehe keine Verpflichtung, nicht vorhandene Kontoauszüge vorzulegen, denn § 200 AO 1977 begründe keine Urkundenbeschaffungspflicht. Er sei auch nicht aufzeichnungspflichtig, weil er als Arzt von der Umsatzsteuer befreit sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen (§ 126 Abs. 3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Auch wenn der Senat mit dem FG davon ausgeht, daß der Kläger als freiberuflich tätiger Arzt im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten aus Anlaß der bei ihm angeordneten Außenprüfung (§§ 193 Abs. 1, 194 Abs. 1, 195, 196, 200 Abs. 1 AO 1977) grundsätzlich dazu verpflichtet war, die für die Besteuerung erheblichen Urkunden vorzulegen, zu denen im Hinblick auf die Betriebseinnahmen auch die Kontoauszüge des Postgirokontos gehörten, so ergibt sich die Rechtswidrigkeit der im Streitfall angefochtenen Anordnungsverfügung doch daraus, daß die Finanzbehörde bei der Aufforderung zur Vorlage der Kontoauszüge für das Jahr 1989 ihre Ermessensausübung nicht ausreichend begründet hat, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen unter 2. ergibt.

Die Fehlerhaftigkeit der Anordnungsverfügung macht auch die nachfolgende Androhung und Festsetzung des Zwangsgeldes von 200 DM rechtswidrig, weil Verwaltungsakte, die auf Vornahme einer Handlung gerichtet sind, nur dann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden können (§ 328 Abs. 1 AO 1977), wenn sie rechtmäßig sind (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 328 AO 1977 Tz.3).

Das Urteil des FG kann keinen Bestand haben, weil es die an eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung zu stellenden Anforderungen verkannt hat.

Da die angefochtenen Verwaltungsakte und die Vorentscheidung bereits wegen mangelnder Ermessensbegründung der Anordnungsverfügung aufzuheben sind, braucht der Senat auf die Einwendungen der Revision gegen die Rechtsauffassung des FA und des FG nicht einzugehen. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob der Kläger seine Nebentätigkeit als Freiberufler oder als Arbeitnehmer ausgeübt hat, ob letzteres im Revisionsverfahren noch berücksichtigt werden könnte (§ 118 Abs. 2 FGO), ob tatsächlich die vom FG angenommenen Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten bestehen (§ 22 UStG, § 4 Abs. 3 EStG, §§ 147 Abs. 1 Nr.5, 200 Abs. 1 Satz 2 AO 1977) und ob nach Aufhebung der einheitlichen Zwangsgeldandrohung über 500 DM am selben Tage drei Zwangsgeldandrohungen über je 200 DM (1987, 1988, 1989) erlassen werden durften.

2. Eine Begründung der Ermessensausübung war aus folgenden Gründen erforderlich:

a) Nach § 200 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 hat der Steuerpflichtige im Rahmen einer Außenprüfung - deren Rechtmäßigkeit im Streitfall für die Entscheidung unterstellt wird - bei der Feststellung der Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können, mitzuwirken. Er hat - nach Satz 2 dieser Vorschrift - insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Die Vorschrift modifiziert und ergänzt die allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung der Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren (§§ 90 ff. AO 1977). Wie dort (§ 90 Abs. 1 Satz 3 AO 1977) richtet sich auch der Umfang der Mitwirkungspflicht bei einer Außenprüfung nach den Umständen des Einzelfalles.

Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht ergeben sich daraus, daß die Mitwirkung ein der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens unterliegendes Aufklärungs- oder Beweismittel ist. Entsprechend § 92 Satz 1 AO 1977 hat die Finanzbehörde auch im Rahmen des § 200 AO 1977 nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt. Dabei darf eine Mitwirkung nur verlangt werden, soweit sie zur Feststellung des steuererheblichen Sachverhalts notwendig, verhältnismäßig, erfüllbar und zumutbar ist (vgl. zum vorstehenden Absatz: Tipke/Kruse, a.a.O., § 200 AO 1977 Tz.9 und § 90 AO 1977 Tz.4; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 4. Aufl., § 200 Anm.2; Zwank in Koch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 200 Rdnr.3).

Das FG hat im Streitfall zwar nicht verkannt, daß es im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht, inwieweit sie von ihrem Anspruch auf Mitwirkung durch den Steuerpflichtigen Gebrauch macht. Es hat aber bei der Beurteilung der Ermessensentscheidung des FA, vom Kläger die Vorlage der Kontoauszüge von seinem Postgirokonto zu verlangen, die Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht ausreichend beachtet und infolgedessen - ebenso wie die OFD in ihrer Beschwerdeentscheidung - verkannt, daß in Anbetracht der dem FA bereits vorliegenden Nachweise zu den Nebeneinnahmen des Klägers die Notwendigkeit der Vorlage der Kontoauszüge für das Jahr 1989 nicht ohne weiteres erkennbar ist und deshalb in besonderem Maße begründungsbedürftig war.

b) Ermessensentscheidungen der Verwaltung sind nach § 102 FGO im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen, ob der Verwaltungsakt deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Um diese Überprüfung, die dem Gericht keinen Raum für eigene Ermessenserwägungen läßt, wahrnehmen zu können, muß die Ermessensentscheidung der Verwaltung im Verwaltungsakt, spätestens aber in der außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung, begründet werden (vgl. § 121 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr.2 und Abs. 2 AO 1977), anderenfalls sie im Regelfall fehlerhaft ist. Dabei müssen die bei der Ausübung des Verwaltungsermessens angestellten Erwägungen aus der Entscheidung erkennbar sein (vgl. Urteile des Senats vom3. Februar 1981 VII R 86/78, BFHE 133, 1, BStBl II 1981, 493, und vom 30. April 1987 VII R 48/84, BFHE 149, 511, BStBl II 1988, 170). Eine fehlerfreie Ermessensentscheidung durch die Finanzbehörde kann nur auf der Grundlage eines umfassend und einwandfrei ermittelten Sachverhalts getroffen werden (Klein/Orlopp, a.a.O., § 5 Anm.7; Senatsurteil vom 11. März 1986 VII R 144/81, BFH/NV 1987, 137).

c) Ein Verlangen der Vorlage von Kontoauszügen für das Postgirokonto im Rahmen einer Außenprüfung, um die Vollständigkeit der erklärten Betriebseinnahmen aus der ärztlichen Nebentätigkeit zu überprüfen, wird zwar im Regelfall nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden können, weil sich die Höhe der unbaren Betriebseinnahmen in der Regel nur durch Überprüfung des Kontos, über das die Einnahmen abgewickelt werden, feststellen läßt. Allein das Vorliegen von Einnahmebelegen, wie sie auch der Kläger seiner Gewinnermittlung beigefügt hat, stellt noch keine Gewähr für die Vollständigkeit der erklärten Einnahmen dar.

Im Streitfall ist aber zu beachten, daß der Kläger nach den Feststellungen des FG im Jahre 1989 eine freiberufliche Nebentätigkeit als Facharzt, um deren Einnahmen es geht, neben einer hauptberuflichen nichtselbständigen Tätigkeit als Krankenhausarzt, die bereits eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beanspruchte, nur für zwei Krankenhäuser und zwei Privatkliniken ausgeübt hat. Im Hinblick darauf, daß der Umfang der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers infolge der im Jahre 1988 aufgenommenen Vollzeitbeschäftigung als angestellter Arzt im Streitjahr 1989 gegenüber den Vorjahren erheblich zurückgegangen ist, erscheint es nicht ohne weiteres verständlich, daß die OFD in ihrer Beschwerdeentscheidung ausgerechnet wegen der vom möglichen Zeitaufwand und von der Zahl der Auftraggeber her untergeordneten Nebentätigkeit des Jahres 1989 an der geforderten Vorlage der Kontoauszüge zur Überprüfung der Betriebseinnahmen festhält, während sie die Anordnungsverfügung für die Vorjahre 1987 und 1988 aus Ermessensgründen aufgehoben hat. Insoweit hätte die Ermessensentscheidung der OFD jedenfalls einer besonderen Begründung bedurft.

Wie der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, sind außerdem dem FA auf dessen Verlangen für alle Kliniken und Krankenhäuser, für die er tätig geworden ist, Einnahmebestätigungen vorgelegt worden. Wenn dem FA für das Streitjahr neben den Einnahmebelegen (Überweisungsträgern) des Klägers Bestätigungen der - je zwei - Krankenhäuser und Privatkliniken über die an den Kläger gezahlten Entgelte vorliegen, so liegt es auch unter Berücksichtigung der vorgenannten weiteren besonderen Umstände des Streitfalles nahe, daß sich die Vollständigkeit der erklärten Betriebseinnahmen bereits anhand dieser Unterlagen feststellen läßt. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, warum das FA zusätzlich noch der Vorlage der Kontoauszüge für das Postgirokonto, über das sämtliche betrieblichen und privaten unbaren Zahlungsvorgänge des Klägers abgewickelt werden, bedarf, wenn es bereits aufgrund der ihm vorliegenden Fremdbelege die Höhe der Betriebseinnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers unschwer ermitteln kann. Bei den von Krankenhäusern und Kliniken ausgestellten Bescheinigungen kann auch - zunächst - von deren inhaltlichen Richtigkeit ausgegangen werden. Etwaige Differenzen zwischen den von diesen ausgestellten Zahlungsbestätigungen und den vom Kläger erklärten Betriebseinnahmen dürften wegen der geringen Zahl der Beteiligten leicht auszuräumen sein. Die Notwendigkeit des Verlangens nach Vorlage der Kontoauszüge für das Jahr 1989 ist bei diesem Sachverhalt zumindest nicht erkennbar.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß dem Kläger für die Anfertigung der Ersatzbelege zusätzliche Aufwendungen erwachsen würden. Wenn er auch im Regelfall - falls keine sonstigen Beweismittel vorlägen - aufgrund der Aufbewahrungspflicht (§ 147 Abs. 1 Nr.5 AO 1977) diese zu tragen verpflichtet sein mag, so gibt der Streitfall auch aus diesem Grunde doch zu besonderen Erwägungen dahin Anlaß, ob die Vorlage der Ersatzbelege notwendig ist.

Die OFD ist in ihrer Beschwerdeentscheidung auf die Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts (Einnahmebestätigungen der Krankenhäuser und Kliniken) nicht eingegangen. Es ist deshalb nicht erkennbar, daß sie ihre Ermessensentscheidung, die Vorlage der Kontoauszüge für das Jahr 1989 zu verlangen, auf der Grundlage eines vollständig ermittelten Sachverhalts und unter hinlänglicher Abwägung des Für und Wider für die Notwendigkeit ihres Verlangens getroffen hat.

d) Zwar beruht die vorstehende Würdigung des Senats weitgehend auch auf dem - unwidersprochenen - Revisionsvorbringen des Klägers. Der Senat kann aber dennoch ohne Zurückverweisung der Sache an das FG entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr.1 FGO), weil die Richtigkeit des klägerischen Vorbringens in tatsächlicher Hinsicht durch hinreichende Anhaltspunkte bestätigt wird, die die Fehlerhaftigkeit der Beschwerdeentscheidung wegen nicht ausreichender Ermessensbegründung durch die OFD ergeben. So hat der Kläger bereits im Klageverfahren in dem vom FG in Bezug genommenen Schriftsatz . . . auf die der Außenprüfung vorliegenden Bestätigungen der Krankenhäuser und Kliniken über die an ihn in den Jahren 1987 bis 1989 geleisteten Zahlungen hingewiesen. Dieses klägerische Vorbringen ist vom FA weder im Klage- noch im Revisionsverfahren bestritten worden.

Darüber hinaus enthält die angefochtene Anordnungsverfügung . . . neben der Aufforderung, die Kontoauszüge für das Postgirokonto vorzulegen, das Verlangen nach Vorlage der Abrechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung (für 1989 nicht mehr relevant) und der ,,fehlenden Abrechnungen mit den Krankenhäusern". In den späteren Androhungsverfügungen wird dann nur noch die Vorlage der Kontoauszüge des Postgirokontos verlangt, so daß davon ausgegangen werden kann, daß die sonstigen angeforderten Unterlagen inzwischen vorgelegt worden sind. Die OFD hatte auch deshalb Anlaß, in ihrer Beschwerdeentscheidung darauf einzugehen, warum Abrechnungen bzw. Bestätigungen der Krankenhäuser (und Kliniken) nicht mehr verlangt, an der Aufforderung zur Vorlage der Kontoauszüge für 1989 aber festgehalten wurde. Auch wegen dieser Frage, die sich aufgrund der angefochtenen Verfügungen aufdrängt, fehlt es an einer ausreichenden Begründung der Ermessensentscheidung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64079

BFH/NV 1993, 76

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