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BFH Urteil vom 14.06.1967 - VI R 215/66

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur rechtlichen Stellung der FGe nach der FGO.

Die FGe sind bei Verwaltungsakten im Sinne des § 229 AO n. F., wie insbesondere bei Steuerbescheiden, zur eigenen Sachverhaltsaufklärung und Sachentscheidung verpflichtet. Sie dürfen von einer Sachentscheidung nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO nur absehen und den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ersatzlos aufheben, wenn das Gericht wesentliche Verfahrensmängel festgestellt hat und eine weitere, einen erheblichen Aufwand an Kosten und Zeit erfordernde Aufklärung für notwendig hält.

Hat der BFH die Sache an das FG zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zurückverwiesen, so kann das FG diese Aufgabe nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht dem FA übertragen.

Das FG ist an die Weisung des BFH zur Sachverhaltsaufklärung und Sachentscheidung auch gebunden, wenn das Urteil des BFH vor Inkrafttreten der FGO erging.

FGO §§ 76 Abs. 1, 96 Abs. 1, 100 Abs. 2, 126 Abs. 3 und 5, 184; AO a. F. § 296 Abs. 3 und 4; AO n.

 

Normenkette

AO § 296 Abs. 3, § 296/4; FGO § 126/3, § 126 Abs. 5; AO § 229; FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1, § 100 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Stpfl. oder seinem Vater für das Jahr 1956 die Steuervergünstigung nach § 7 b EStG für ein Zweifamilienhaus zusteht.

Im ersten Rechtsgang hatte der Stpfl. mit dem Einspruch und der Berufung keinen Erfolg. Der Senat gab jedoch durch das nicht veröffentlichte Urteil VI 151/64 vom 25. Januar 1965 der Rechtsbeschwerde statt und wies die Sache wegen mangelnder Aufklärung des Sachverhalts an das FG zurück.

Im zweiten Rechtsgang hob das FG durch das in EFG 1966, 422 veröffentlichte Urteil vom 25. Mai 1966 den Einkommensteuerbescheid des FA und die Einspruchsentscheidung des Steuerausschusses ersatzlos auf. Es führte aus: Die FGO enthalte keine Bestimmung darüber, ob das FG in den am 1. Januar 1966 anhängigen Streitsachen noch an die Rechtsansicht des BFH gebunden sei, wenn die Rechtsbeschwerdeentscheidung nach den Vorschriften der AO a. F. ergangen sei. Nach allgemeinen Grundsätzen sei zwar anzunehmen, daß die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalls durch den BFH für das FG im zweiten Rechtsgang maßgeblich sei. Das FG sei jedoch in verfahrensrechtlicher Hinsicht an die Weisungen des BFH aus der Zeit vor dem 1. Januar 1966 nicht gebunden, da die FGO das Verfahrensrecht der FGe von Grund auf umgestaltet habe. Das FG sei entsprechend dem Grundsatz der Gewaltenteilung insbesondere nicht mehr verpflichtet und grundsätzlich auch nicht berechtigt, einen festgestellten Fehler des Verwaltungsakts selbst zu beheben, sondern es habe gemäß dem Kassationsprinzip den Verwaltungsakt lediglich nach § 100 Abs. 1 FGO aufzuheben. Dies gelte auch im Streitfall, wo der BFH auf Grund der vom FA getroffenen Feststellungen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid als rechtswidrig angesehen habe. Es sei nicht Aufgabe des FG als eines unabhängigen, in erster Linie zum Rechtsschutz des Bürgers berufenen Gerichts, an Stelle des FA selbst noch Ermittlungen anzustellen mit dem Ziel, das dem Stpfl. günstige Ergebnis zu ändern.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA, mit der es rügt, das FG habe die Einspruchsentscheidung und den Steuerbescheid nicht aufheben dürfen, sondern habe den Sachverhalt selbst ermitteln müssen, ist begründet.

Der Senat hatte im ersten Rechtsgang das Urteil des FG wegen mangelnder Sachaufklärung aufgehoben und die Sache gemäß § 296 Abs. 3 AO a. F. an das FG zurückgewiesen. Nach Abs. 4 dieser Vorschrift war das FG an die rechtliche Beurteilung des Senats gebunden, die der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und der Rückverweisung zugrunde lag. Das bedeutete, daß das FG entsprechend den Weisungen des Senats den Tatbestand weiter zu ermitteln und ihn nach den rechtlichen Erwägungen des Senats zu würdigen hatte (BFH-Urteil IV 329/57 U vom 7. April 1960, BFH 71, 76, BStBl III 1960, 276).

Diese Verpflichtung oblag dem FG auch nach der FGO. Die FGO ist nach § 184 Abs. 1 Satz 1 dieses Gesetzes am 1. Januar 1966 in Kraft getreten. Sie erfaßt nach allgemeinen Grundsätzen zwischenzeitlichen Prozeßrechts auch die zu diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren mit der Maßgabe, daß diese von nun an der FGO unterstehen, soweit der Gesetzgeber nicht in § 184 Abs. 2 FGO etwas anderes angeordnet hat (vgl. z. B. Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., S. 23/24; Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. Juli 1920, Jahrbuch 25/26 S. 164, 166/67; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Bd. Allg. Teil, 9. Aufl. S. 149; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 2 BvL 4/59 vom 31. Mai 1960, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 11 S. 139, 146). Da § 184 Abs. 2 FGO keine besonderen Bestimmungen enthält, mußte das FG den Weisungen des Senats nach dem 1. Januar 1966 im Rahmen des § 126 Abs. 3 und 5 FGO nachkommen. Diese Vorschriften enthalten hinsichtlich der Stellung des FG keine änderungen gegenüber dem bisherigen § 296 Abs. 3 und 4 AO a. F. Der BFH ist auch jetzt berechtigt, das Urteil des FG wegen mangelnder Sachverhaltsaufklärung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO), und das FG ist weiterhin verpflichtet, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des BFH zugrunde zu legen (§ 126 Abs. 5 FGO). Hält der BFH eine weitere Aufklärung des Sachverhalts und eine Sachentscheidung des FG für geboten, so muß das FG mithin diese Weisung auch nach dem 1. Januar 1966 befolgen. Diese Weisung entspricht auch der Stellung, die die FGO den FGen gegeben hat.

Nach § 76 Abs. 1 FGO gehört es zu den wesentlichsten Aufgaben des FG, als einzige gerichtliche Tatsacheninstanz den Sachverhalt so weit wie möglich von Amts wegen zu erforschen. Entgegen der Ansicht des FG sind die FGe nicht nur zur Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts berechtigt. Das Kassationsprinzip gilt nach § 100 Abs. 2 FGO nicht für die in § 229 AO n. F. aufgeführten Verwaltungsakte, wie insbesondere für Steuerbescheide. Bei Steuerbescheiden ist das FG stets zur eigenen Sachentscheidung und damit gegebenenfalls zur Abänderung des Steuerbetrags im Rahmen des Klagebegehrens verpflichtet (§ 96 Abs. 1 FGO). Es darf nach § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO lediglich die Festsetzung (d. h. die Berechnung) des Steuerbetrags dem FA übertragen, wenn es im Urteil die Rechtsgrundlagen für die Ermittlung des Betrages festgestellt hat. Von einer Entscheidung in der Sache selbst darf es nur absehen, wenn dem FA wesentliche Verfahrensmängel unterlaufen sind und wenn es einen weiteren, einen erheblichen Aufwand an Kosten und Zeit erfordernden Aufwand für notwendig hält (BFH-Urteil V 74/64 vom 10. November 1966, BFH 87, 128, BStBl III 1967, 54).

Das angefochtene Urteil war ersatzlos aufzuheben, weil das FG auf Grund anderer Erwägungen die Weisungen des Senats nicht beachtet hat. Entgegen der Ansicht des FG hat der Senat den angefochtenen Steuerbescheid im ersten Rechtsgang nicht endgültig für materiell fehlerhaft gehalten; hätte er dies getan, so hätte er auch in der Sache selbst entscheiden können. Der Senat hat damals nur zum Ausdruck gebracht, daß gegen die rechtliche Würdigung des FG aus mehreren Gründen Bedenken bestehen. Ob der Einkommensteuerbescheid 1956 fehlerhaft ist, sollte das FG im zweiten Rechtsgang durch eine weitere Aufklärung des Sachverhalts an Hand der rechtlichen Beurteilung des Senats erst feststellen. Das FG muß die Sachverhaltsermittlung und Sachentscheidung nachholen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412629

BStBl III 1967, 610

BFHE 1967, 253

BFHE 89, 253

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