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BFH Urteil vom 14.03.2007 - XI R 59/04 (NV) (veröffentlicht am 15.08.2007)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Anwendung der Deckelungsregelung zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG

 

Leitsatz (NV)

1. Aus dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG folgt, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen.

2. Verwaltungsanweisungen, die eine Billigkeitsregelung zum Inhalt haben, führen aus Gründen der Gleichbehandlung zu einer Selbstbindung der Verwaltung. Der Steuerpflichtige hat einen Rechtsanspruch darauf, nach Maßgabe der allgemeinen Verwaltungsanweisungen besteuert zu werden, es sei denn, die Billigkeitsregelung verlässt den gesetzlich vorgesehenen Rahmen.

3. Die sog. Deckelungsregelung der Verwaltung zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG stellt eine Billigkeitsregelung i.S. des § 163 AO dar. Über ihre Anwendung ist grundsätzlich in einem eigenständigen (Billigkeits-)Verfahren zu entscheiden.

4. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG aus Gründen des Übermaßverbotes bestehen im Hinblick auf die Deckelungsregelung und den Rechtsanspruch auf deren Anwendung nicht.

5. Die Nutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden KFZ auf einer Privatfahrt ist nicht als Entnahme der Sache, sondern als Nutzungsentnahme zu beurteilen, bei der der durch sie verursachte Aufwand als entnommen anzusehen ist.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b; AO § 163 S. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2-4

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Urteil vom 06.09.2002; Aktenzeichen 16 K 2797/00 E; EFG 2005, 99)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin ihres zwischenzeitlich verstorbenen Ehemanns. Streitig ist der Wert der zu berücksichtigenden privaten Kraftfahrzeugnutzung im Rahmen des Gewinns aus selbständiger Arbeit des im Streitjahr als Innenarchitekt tätigen Ehemanns.

Die im Laufe des Einspruchsverfahrens am 18. Dezember 1998 eingereichte Einkommensteuererklärung 1996 wies einen Gewinn von 127 339 DM aus. In ihr waren die privaten Nutzungsanteile eines Mercedes "gemäß Fahrtenbuch" mit 2 920 DM und die eines VW Golf mit 2 055 DM angesetzt, was der Hälfte der angefallenen Kosten des VW Golf entsprach. Mit Schreiben an den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) vom 16. Juli 1999 listete die Klägerin die Kraftfahrzeugkosten auf. Im Dezember 1999 legte sie das als "Reisekosten-Abrechnung" dargestellte, aus mehreren einzelnen Blättern bestehende "Fahrtenbuch" im Original vor. Das FA berechnete die private Nutzungsentnahme gleichwohl für beide Fahrzeuge nach der 1 v.H.-Regelung, weil eine Wertermittlung laut Fahrtenbuch nur für beide Fahrzeuge zugleich erfolgen dürfe und das Fahrtenbuch zudem nicht ordnungsgemäß sei. Nach einem Verböserungshinweis erhöhte das FA in der Einspruchsentscheidung die private Kraftfahrzeugnutzung von zuletzt insgesamt 14 388 DM auf 17 784 DM (Mercedes 13 200 DM und VW Golf 4 584 DM), was einen Gewinn von 140 198 DM ergab. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, das FA dürfe die sog. 1 v.H.-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht auf den Mercedes anwenden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2005, 99). Das Fahrtenbuch für den Mercedes enthalte nicht die notwendigen Angaben. Es begegne auch keinen Bedenken, dass der angesetzte Nutzungswert des VW Golf dessen tatsächliche Gesamtkosten (4 584 DM statt 4 112 DM) übersteige. Denn zum einen binde die sog. Deckelungsregelung der Verwaltung nicht die Rechtsprechung und zum anderen dürfe nicht isoliert auf das einzelne Jahr als Vergleichszeitraum abgestellt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin zum einen, das FG habe gegen das Gebot aus § 93 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Streitsache mit den Beteiligten zu erörtern, verstoßen. Ihr Vertreter habe in der mündlichen Verhandlung angeboten, die dort erstmals nachgefragten Unterlagen, wie beispielsweise den Terminkalender, vorzulegen und die vom FA gerügten Mängel durch Nachweis entsprechender Unterlagen zu beheben. Da es sich bei dem Ort und der Adresse der Kunden um nachholbare Angaben handele, hätte das FG die Sache gegebenenfalls vertagen müssen. Die Zahl der Kunden und der damit zusammenarbeitenden Büros sei völlig überschaubar. Die Zuordnung der privaten und beruflichen Fahrten sei einwandfrei gegeben.

Hinsichtlich des VW Golf sei eine Deckelung der privat veranlassten Kosten erforderlich. Da die tatsächlichen Kosten von 4 112 DM unter dem nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelten Wert von 4 584 DM lägen und von der Finanzverwaltung für die Anwendung der 1 v.H.-Regelung verlangt werde, dass das Fahrzeug zu mehr als 50 v.H. betrieblich genutzt werde, sei die Privatentnahme auf 50 v.H. der tatsächlichen Kosten zu begrenzen.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es verweist auf die Vorentscheidung sowie das BFH-Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet; sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Zutreffend hat das FG entschieden, dass der Entnahmewert der privaten Mitbenutzung der beiden Betriebs-PKW grundsätzlich mit monatlich 1 v.H. des Listenpreises der PKW als Privatentnahme zu erfassen ist.

1. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor bzw. sind nicht ausreichend dargelegt worden, wie dies § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO erfordert.

Dass der Einzelrichter des FG die Streitsache mit den Beteiligten nicht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert hätte (§ 93 Abs. 1 FGO), ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht. Ebenso wenig ergibt sich daraus, dass der Vertreter der Klägerin einen Beweisantrag gestellt und das FG diesen nicht beachtet hätte. Soweit die Rüge der Klägerin dahingehend zu verstehen sein sollte, es werde als Verfahrensfehler die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) geltend gemacht, ist ein solcher Verfahrensmangel ebenfalls nicht ausreichend dargelegt. Hierzu wäre unter anderem aufzuzeigen gewesen, aus welchen Gründen sich dem FG unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunkts eine weitere Sachaufklärung oder Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag der durch einen Steuerberater vertretenen Klägerin hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweiserhebung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juni 2000 VII R 72/99, BFHE 192, 390). Daran fehlt es.

2. Die Revision hat keinen Erfolg, soweit sie eine Minderung der für den Mercedes angesetzten Privatentnahme verfolgt.

Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines im Betriebsvermögen gehaltenen Kfz für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Abweichend von dieser sog. 1 v.H.-Regelung kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 (ab 2007: Satz 4) EStG die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

a) Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt allerdings, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt, geführt worden ist. Erst im Laufe eines Klageverfahrens in einem geschlossenen Fahrtenbuch erfasste Eintragungen sind nicht zeitnah im Anschluss an die betreffenden Fahrten vorgenommen worden (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 2005 VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408).

Die Aufzeichnungen müssen zu den geschäftlichen Reisen neben Angaben zu Datum und Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner aufführen. Besteht eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, z.B. mehreren nacheinander an verschiedenen Orten aufgesuchten Kunden, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden, wenn die einzelnen Kunden im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Die genannten Angaben müssen sich in hinreichend übersichtlicher und geordneter Form regelmäßig schon aus dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen und dadurch eine stichprobenartige Überprüfung ermöglichen. Etwaige Abkürzungen für beispielsweise bestimmte häufiger aufgesuchte Kunden müssen entweder aus sich heraus verständlich oder z.B. auf einem dem Fahrtenbuch beigefügten Erläuterungsblatt näher aufgeschlüsselt sein (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 2006 VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625).

b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung des FG, den geführten Aufzeichnungen die Anerkennung als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch für den Mercedes zu versagen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Den hier einschlägigen Aufzeichnungen fehlten durchgängig Angaben zum Grund und Zweck der Fahrten, die mutmaßlichen Kunden waren nicht immer mit Orten und nie mit der Adresse angegeben und bei der Angabe mehrerer Namen fehlte zudem die Reiseroute. Die Blätter wiesen zudem nicht eine in sich geschlossene Form auf, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt. Eine stichprobenweise Überprüfung der Kilometerangaben war anhand des "Fahrtenbuchs" und der beigefügten Unterlagen mithin nicht möglich.

3. Die Revision ist auch hinsichtlich der privaten Nutzungsentnahme des VW Golf unbegründet. Die Frage, ob der unter Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelte Nutzungswert des VW Golf aus sachlichen Billigkeitsgründen einer Deckelung bedarf, soweit er im Streitjahr über den tatsächlichen Kosten des Fahrzeugs liegt, ist nicht Gegenstand des streitigen Steuerfestsetzungsverfahrens. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG aus Gründen des Übermaßverbotes bestehen im Hinblick auf die Deckelungsregelung und den Rechtsanspruch auf deren Anwendung nicht.

a) Der erkennende Senat teilt nicht die Rechtsauffassung des FG, auf die Anwendung der sog. Deckelungsregelung bestehe grundsätzlich kein Rechtsanspruch. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH führen vielmehr Verwaltungsanweisungen, die eine Billigkeitsregelung zum Inhalt haben, aus Gründen der Gleichbehandlung zu einer Selbstbindung der Verwaltung. Den Finanzbehörden ist es danach verwehrt, in Einzelfällen, die offensichtlich von der Verwaltungsanweisung gedeckt werden, deren Anwendung ohne triftige Gründe im Rahmen des ihnen prinzipiell eingeräumten Ermessens (vgl. § 163 Satz 1 der Abgabenordnung --AO--) abzulehnen. Der Steuerpflichtige hat einen auch vor den Steuergerichten zu beachtenden Rechtsanspruch darauf, nach Maßgabe der allgemeinen Verwaltungsanweisungen besteuert zu werden, es sei denn, die Billigkeitsregelung verlässt den gesetzlich vorgesehenen Rahmen (BFH-Urteile vom 7. Dezember 2005 I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097; vom 19. Mai 2004 III R 29/03, BFHE 206, 253, BStBl II 2005, 77; vom 16. März 2004 VIII R 33/02, BFHE 205, 270, BStBl II 2004, 927, und vom 30. September 1997 IX R 39/94, BFH/NV 1998, 446).

Die sog. Deckelungsregelung der Verwaltung zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 12. Mai 1997 IV B 2 -S 2177- 29/97, BStBl I 1997, 562 Rz 13, ersetzt durch das BMF-Schreiben vom 21. Januar 2002 IV A 6 -S 2177- 1/02, BStBl I 2002, 148; vgl. zuletzt Verfügung der Oberfinanzdirektion München vom 25. Mai 2005 -S 2145- 20 St 41/42, Der Betrieb 2005, 1305) stellt eine derartige Billigkeitsregelung i.S. des § 163 AO dar. Sie sieht vor, dass der nach dieser Vorschrift ermittelte Nutzungswert höchstens mit dem Betrag der Gesamtkosten des Kfz anzusetzen ist, wenn im Einzelfall nachgewiesen wird, dass der pauschal ermittelte Wert die tatsächlich entstandenen Aufwendungen übersteigt. Die Billigkeitsregelung verlässt auch nicht den gesetzlich vorgesehenen Rahmen (vgl. unten unter 3.c).

b) Die Klage richtet sich indes allein gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung. Über die Frage einer Deckelung des Entnahmewertes i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, d.h. über eine --grundsätzlich in einem eigenständigen Verfahren zu verfolgende-- abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 Satz 1 AO kann im Streitverfahren mithin nicht entschieden werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1998 X R 110/95, BFHE 187, 488, BStBl II 1999, 225, und vom 21. September 2000 IV R 54/99, BFHE 193, 301, BStBl II 2001, 178).

c)Die pauschale Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen PKW nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als der ermittelte Wert über den tatsächlichen Kosten des PKW liegt, weil aufgrund der sog. Deckelungsregelung gewährleistet ist, dass die Klägerin in Bezug auf die Privatentnahme nicht übermäßig besteuert wird.

Der Gesetzgeber durfte für betriebliche PKW, die auch privat genutzt werden und für die der betriebliche Nutzungsanteil nicht durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch nachgewiesen wird, die pauschalierende Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG treffen. Der Ansatz der privaten Nutzungsentnahme des Kfz mit 1 v.H. des Listenpreises bedeutet im Prinzip, dass nur noch die darüber hinausgehenden Aufwendungen für das Kfz als Betriebsausgaben berücksichtigt werden dürfen (BFH-Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II.3. der Gründe).

Die Nutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Kfz auf einer Privatfahrt ist nicht als Entnahme der Sache, sondern als Nutzungsentnahme zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Mai 1989 I R 213/85, BFHE 157, 521, BStBl II 1990, 8). Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung nicht der Wert der privaten Nutzung, sondern der durch sie verursachte Aufwand (Gesamtkostenbzw.Gesamtaufwendungen) als entnommen anzusehen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C.I.1.b bb der Gründe, m.w.N.; BFH-Urteil vom 18. Februar 1992 VIII R 9/87, BFH/NV 1992, 590; BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2003 X B 43/03, juris, m.w.N.). An diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen hat die Neuregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nichts geändert, wie sich auch aus der weiterhin bestehenden Möglichkeit ergibt, den Anteil der auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen mittels eines Fahrtenbuchs zu ermitteln.

Soweit es aufgrund der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG im Einzelfall --wie im Streitfall-- entgegen den dargestellten Grundsätzen dazu kommt, dass die zu versteuernde Nutzungsentnahme einen Wert erreicht, der über den Gesamtaufwendungen liegt, ist zum einen darauf zu verweisen, dass es sich bei der sog. 1 v.H.-Regelung nicht um eine unwiderlegbare Typisierung handelt, sondern der Steuerpflichtige der Anwendung der pauschalierenden Regelung durch den Nachweis des tatsächlichen Sachverhalts entgehen kann (BFH-Urteile in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II.4. der Gründe, m.w.N., und vom 1. März 2001 IV R 27/00, BFHE 195, 200, BStBl II 2001, 403). Zum anderen hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, die in Verwaltungserlassen geregelte Deckelung der Entnahme zu beantragen; er hat bei Vorliegen der dort geregelten Voraussetzungen auf deren Anwendung auch einen Rechtsanspruch (vgl. oben unter 3.a). Die Rechtsprechung hat dementsprechend Bedenken gegen die Zulässigkeit der gesetzlichen Regelung insbesondere unter Verweis auf die sog. Deckelungsregelung, mit der eine Begrenzung in Höhe der Gesamtaufwendungen in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum erzielt wird, zurückgewiesen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273; BFH-Beschlüsse vom 22. November 2002 IV B 134/01, BFH/NV 2003, 466; vom 25. Mai 2005 IV B 214/03, BFH/NV 2005, 1788).

d) Der Klägerin ist auch nicht zu folgen, soweit sie eine Deckelung in Höhe von 50 v.H. der tatsächlichen Gesamtkosten begehrt. Für eine solche Begrenzung fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (BFH-Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1780870

BFH/NV 2007, 1838

NWB 2007, 9

EStB 2007, 369

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