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BFH Urteil vom 12.07.1979 - II R 41/77

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Leitsatz (amtlich)

Wird innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 13 Abs. 1 ErbStG 1959 nach freigebiger Zuwendung des Rechts auf Nutzung eines Gegenstands während der Dauer des Nutzungsrechts der der Nutzung unterliegende Gegenstand dem Nutzungsberechtigten freigebig zugewendet, so kann der Besteuerung der nachfolgenden Zuwendung bei der Zusammenrechnung der Erwerbe nur ein Wert zugrunde gelegt werden, der insgesamt zu keiner höheren Besteuerungsgrundlage führt, als bei einmaliger bloßer Substanzschenkung.

 

Normenkette

ErbStG 1959 § 13 Abs. 1; ErbStG 1974 § 14 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger hat seiner Nichte mit Schreiben vom 17. Dezember 1971 die Rückzahlung eines drei Jahre vorher gewährten, bis 1. Dezember 1978 befristeten unverzinslichen Darlehens in Höhe von 50 000 DM erlassen. Das Finanzamt (FA) setzte mit Bescheid vom 25. Januar 1973 Schenkungsteuer in Höhe von 11 700 DM gegen den Kläger, der die Entrichtung der Steuer übernommen hatte, fest. Die Besteuerungsgrundlage berechnete das FA wie folgt:

Zinsvorteil aus dem auf 10 Jahre

ausgereichten Darlehen 20 728,50 DM

Forderungserlaß (abgezinst) 34 372,00 DM

Zurechnung wegen Übernahme

der Steuer 9 918,00 DM

65 018,50 DM

Mit der unmittelbar beim Finanzgericht (FG) erhobenen Klage (§ 45 der Finanzgerichtsordnung - FGO - begehrt der Kläger die Herabsetzung der Steuer auf 10 440 DM unter Zugrundelegung einer Schenkung im Wert von 50 000 DM zuzüglich übernommener Steuer. Das FG hat die Klage abgewiesen. Seine Entscheidung ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 328 (EFG 1977, 328) veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt Verletzung von § 3 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1959 und § 608 BGB.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

Auf entsprechende Aufforderung des Senats hin ist der Bundesminister der Finanzen (BdF) dem Verfahren beigetreten. Er hält die Steuerfestsetzung nach Grund und Höhe für rechtmäßig.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abänderung des angefochtenen Steuerbescheids dahin gehend, daß die Steuer auf 10 440 DM festgesetzt wird. Bei Gewährung eines unverzinslichen Darlehens unterliegt als freigebige Zuwendung die dem Verzicht auf die eigene Nutzungsmöglichkeit korrespondierende Nutzungsmöglichkeit durch den Zuwendungsempfänger der Erbschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959). Sie ist der Steuerberechnung mit dem der Laufzeit entsprechenden Kapitalwert (§ 23 Abs. 1 ErbStG 1959 i. V. m. § 13 Abs. 1 BewG) unter Annahme eines Jahreswerts von 5,5 v. H. (§ 23 Abs. 1 ErbStG 1959 i. V. m. § 15 Abs. 1 BewG) zugrunde zu legen (vgl. Urteil vom 12. Juli 1979 II R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631).

Diese zeitlich vorhergehende Zuwendung ist gemäß § 13 Abs. 1 ErbStG 1959 mit der nachfolgenden Zuwendung des schenkungshalber ausgesprochenen Erlasses der Rückzahlungsschuld zusammenzurechnen. Gemäß § 13 Abs. 1 ErbStG 1959 sind mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person demselben Empfänger anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammenzurechnen, daß dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach dem früheren Wert zugerechnet werden und von der Steuer für den Gesamtbetrag die Steuer abgezogen wird, welche für die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten zu erheben gewesen wäre. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, zu verhindern, daß durch Zerlegung einer Schenkung in mehrere aufeinanderfolgende Zuwendungen die Steuerlast vermieden oder verringert werden kann (Urteil vom 28. November 1967 II 72/63, BFHE 91, 104, 114 f., BStBl II 1968, 239). Durch § 13 Abs. 1 ErbStG soll erreicht werden, daß durch Hebung des Steuersatzes und nur einmaliger Gewährung eines etwa zustehenden Freibetrags ein nahezu gleiches Ergebnis herbeigeführt wird, wie wenn anstelle der mehreren Schenkungen (oder einer bzw. mehrerer Schenkungen und eines Erwerbs von Todes wegen) nur ein einziger Vermögensanfall vorläge (Urteil vom 28. Juli 1976 II R 71/69, BFHE 120, 60, 62, BStBl II 1976, 785); die Mehrheit der einzelnen der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerbe soll (annähernd) gleich, keinesfalls aber höher besteuert werden als ein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerbim Gesamtwert (Urteil vom 17. November 1977 II R 66/68, BFHE 124, 216, 220, BStBl II 1978, 220).

Dieser Sinn der Zusammenrechnungsvorschrift würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn während einer noch andauernden Nutzung eines Gegenstands, die ihren Grund in einer Schenkung bzw. freigebigen Zuwendung der Nutzung durch dieselbe Person hat, die Substanz dem Nutzungsberechtigten schenkungshalber zugewendet wird. In diesem Fall würden bei wortgetreuer Anwendung des § 13 Abs. 1 ErbStG 1959 zwei Zuwendungen mit einem dem Wert einer einmaligen Zuwendung des Gegenstands seiner Substanz nach übersteigenden Wert der Besteuerung unterliegen; die festzusetzende Steuer würde den Betrag, der sich bei einer einmaligen Schenkung der nutzungsfähigen Substanz im Zeitpunkt der Nutzungsschenkung ergeben würde, übersteigen. Dem Sinn der Vorschrift entspricht es, in solchen Fällen der Steuerberechnung innerhalb des Zusammenrechnungszeitraums insgesamt nur den Wert zugrunde zu legen, der sich ergäbe, wenn sofort die Substanz geschenkt worden wäre. Nur dann werden die verschiedenen Erwerbe im Ergebnis wie ein Erwerb behandelt und wird verhindert, daß eine höhere Steuer zu zahlen ist als in dem Fall, in dem sofort die Substanz zugewendet wird.

Die Besteuerungsgrundlage für die Berechnung der zeitlich nachfolgenden Schenkung bzw. freigebigen Zuwendung ist demgemäß in der Weise zu kappen, daß die Zusammenrechnung der beiden Zuwendungen zu keinem höheren Betrag führt als demjenigen, der für eine einmalige Zuwendung der Substanz der Steuerberechnung zugrunde zu legen wäre.

Dem Fall der Nachschenkung der Substanz, also des Gegenstands, an dem das früher eingeräumte unentgeltliche Nutzungsrecht besteht, ist der Fall gleichzusetzen, daß die Rückzahlungsschuld bei einem zinslosen Darlehen, das als unentgeltliche Gewährung der Nutzungsmöglichkeit einer Geldsumme anzusprechen ist, während der Laufzeit des Darlehens im Zusammenrechnungszeitraum erlassen wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73258

BStBl II 1979, 740

BFHE 1979, 401

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