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BFH Urteil vom 12.06.1975 - IV R 159/74

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Leitsatz (amtlich)

Bewohnt ein Schaustellunternehmer in unmittelbarer Nähe seiner Betriebseinrichtungen einen Wohnwagen, weil dies aus betrieblichen Gründen notwendig ist, so kann dieser Wohnwagen zu seinem Betriebsvermögen gehören (Anschluß an das Urteil des BFH vom 9. Oktober 1974 I R 129/73, BFHE 114, 202, BStBl II 1975, 172).

 

Normenkette

EStG §§ 5, 4 Abs. 1, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist bei den Einkommensteuerveranlagungen 1968 und 1969, ob der Wohnwagen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) zu seinem Privat- oder Betriebsvermögen gehört.

Der Kläger betreibt ein Autoscooter-Geschäft und unterhält daneben einen Bierstand. Mit diesem Unternehmen besucht er Volksfeste und Jahrmärkte. Im Jahre 1968 erwarb der Kläger einen Wohnwagen mit Küche, Bad, Wohnzimmer, Eltern- und Kinderschlafzimmer zum Preise von 83 308 DM. In diesem Wagen wohnt er während der Geschäftssaison zusammen mit seiner im Geschäft mitarbeitenden Ehefrau und einem nicht schulpflichtigen Kind. Er führt dort auch geschäftliche Besprechungen; außerdem kocht seine Ehefrau in dem Wagen die Mahlzeiten für das Personal. Während der übrigen Zeit - in der Regel nur in den Monaten Januar und Februar - wohnt der Kläger mit seiner Familie in einer Mietwohnung in Witten.

Der Kläger, der seinen Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 5 EStG ermittelt, hat den Wohnwagen in seinen Bilanzen zum 31. Dezember 1968 und zum 31. Dezember 1969 als Betriebsvermögen aktiviert und macht für die Streitjahre Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend. Nach einer im Jahre 1972 durchgeführten Betriebsprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) zu der Ansicht, daß der Wohnwagen zum Privatvermögen des Klägers gehöre und daher bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb keine AfA auf den Wohnwagen berücksichtigt werden könne. Auf dieser Grundlage berichtigte das FA die Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre nach § 222 AO (Bescheide vom 15. August 1972).

Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Auch die Klage wurde abgewiesen. Zur Begründung seines in den EFG 1975, 4, veröffentlichten Urteils führte das FG aus, entsprechend seiner Zweckbestimmung und seiner tatsächlichen Nutzung gehöre der Wohnwagen des Klägers zum notwendigen Privatvermögen. Denn er diene in erster Linie oder fast ausschließlich als Familienwohnung; er sei als Hauptwohnstätte des Klägers und seiner Familie anzusehen. Wenn auch betriebliche Gründe die Anschaffung des Wagens mitveranlaßt haben sollten, so reiche dies nicht aus, um ihn als gewillkürtes Betriebsvermögen zu behandeln. Der Wohnwagen sei zwar für den Betrieb des Klägers förderlich, wenn er für geschäftliche Besprechungen, Schreibarbeiten, zum Kochen der Mahlzeiten für die Angestellten usw. genutzt werde; auch sei die ständige Anwesenheit des Klägers auf den Festplätzen im Interesse seines Unternehmens notwendig. Diese betriebliche Nutzung stehe jedoch erheblich hinter der Nutzung als Familienwohnung zurück, so daß die betriebliche Nutzung nicht als entscheidend für die Anschaffung des Wagens angesehen werden könne. Aufwendungen, die sowohl die private Lebensführung als auch den betrieblichen Bereich berührten, könnten nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abgezogen werden.

Mit seiner Revision wiederholt der Kläger seine Auffassung, daß der Wohnwagen zum Betriebsvermögen gehöre. Er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und das FA "zu verurteilen, den 1968 angeschafften Wohnwagen ... zum Betriebsvermögen zu rechnen".

Das FA hält an seiner Auffassung, daß der Wohnwagen Privatvermögen sei, fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Der Senat vermochte sich der Auffassung des FG über die steuerrechtliche Behandlung des Wohnwagens nicht anzuschließen.

Dem FG ist zwar darin beizupflichten, daß Wirtschaftsgüter des Privatvermögens bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG nicht angesetzt werden dürfen. Der Gewinn wird nach § 5 i. V. m. § 4 Abs. 1 EStG durch Vergleich des Betriebs vermögens am Schluß des Wirtschaftsjahres mit dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelt. Privatvermögen hat daher bei der Gewinnermittlung außer Betracht zu bleiben. Dem FG ist auch darin zuzustimmen, daß ein Wohnwagen - jedenfalls in der Regel - zum Privatvermögen zu rechnen ist, weil das "Wohnen" im allgemeinen zur privaten Lebensführung gehört.

Dem FG kann indessen nicht darin gefolgt werden, daß die Aufwendungen, die der Kläger im Streitfall für den Wohnwagen gemacht hat, als (hauptsächlich) privat veranlaßt anzusehen sind. Wie der I. Senat des BFH in seinem Urteil vom 9. Oktober 1974 I R 129/73 (BFHE 114, 202, BStBl II 1975, 172) entschieden hat, sind Fälle denkbar, in denen das Wohnen in einem Wohnwagen betriebsbedingt sein kann; hiernach kann auch der Wohnwagen eines Schaustellunternehmers Betriebsvermögen sein. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat für den Streitfall an.

Etwaige Bedenken hiergegen aus der Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG sind nicht begründet. Nach § 12 Nr. 1 EStG dürfen zwar Aufwendungen für die Lebensführung nicht abgezogen werden, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluß des Großen Senats vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) ist die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG dahin auszulegen, daß Kosten für die Anschaffung eines Wirtschaftsguts, die zu den in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG bezeichneten Aufwendungen für die Lebensführung gehören, in der Regel nicht abziehbar sind; darüber hinaus ist auch eine Aufteilung in nicht abziehbare Aufwendungen für die Lebensführung und in Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur zulässig, wenn objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen (Abzugs- und Aufteilungsverbot). Wie der Gesetzgeber jedoch an einer anderen Stelle (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG) zum Ausdruck gebracht hat, kann das Wohnen, das normalerweise der privaten Lebensführung zugerechnet wird, eine so enge Verbindung zum Betrieb haben, daß ihm betrieblicher Charakter zukommt. Wenn der Gesetzgeber diese Folge auch nur für die Wohnung eines Landwirts ausgesprochen hat, indem er das Wohngebäude eines Landwirts dem notwendigen Betriebsvermögen zurechnet (BFH-Urteil vom 4. April 1968 IV 210/61, BFHE 92, 15, BStBl II 1968, 411), so kommt den dahinterstehenden gesetzgeberischen Erwägungen doch auch in anderen Fällen Bedeutung zu. Sofern das Wohnen im Betrieb (oder in der unmittelbaren Nähe des Betriebs) betriebsnotwendig ist, kann es betrieblichen Charakter haben; das gilt für die Bordwohnung auf einem Frachtschiff (vgl. das rechtskräftige Urteil des FG Münster vom 29. November 1962 I a 413/62, EFG 1963, 197) ebenso wie für den Wohnwagen bei gewissen Schaustellern. In diesen Fällen kommt das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG nicht in Betracht.

Im Streitfall hat das FG festgestellt, daß die ständige Anwesenheit des Klägers auf den Festplätzen im Interesse seines Unternehmens erforderlich ist. Wenn sich aber der Kläger ständig in unmittelbarer Nähe seiner Betriebseinrichtungen aufhalten muß, sind auch Einrichtungen zum "Wohnen" - wie im Streitfall der Wohnwagen - betrieblich bedingt. Das gilt in besonderem Maße, wenn der Wohnwagen außerdem auch noch anderweitig betrieblich genutzt wird, wie etwa zum Kochen der Mahlzeiten für das Personal und für betriebliche Schreibarbeiten.

Bei dieser Sachlage steht der Aufnahme des Wohnwagens in das Betriebsvermögen des Klägers nichts entgegen. Dem Kläger ist deshalb darin Recht zu geben, daß die von ihm geltend gemachte AfA auf den Wohnwagen seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb mindert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71512

BStBl II 1975, 769

BFHE 1976, 270

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