Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 12.01.1973 - VI R 207/71

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Leitsatz (amtlich)

Die Kosten der Unterbringung eines Familienangehörigen in einem Altersheim sind typische Unterhaltsaufwendungen im Sinne von § 33a EStG.

 

Normenkette

EStG §§ 33, 33a Abs. 1, 5

 

Tatbestand

Die 1885 geborene Mutter des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) lebt seit 1964 in einem Altersheim. Sie hatte im Streitjahr 1969 eigene Einkünfte von 3 057 DM. Der Kläger zahlte zu den Unterbringungskosten einen Zuschuß von 5 400 DM. Diesen machte er in seiner Einkommensteuererklärung für 1969 als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) versagte die Berücksichtigung.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte im wesentlichen aus: Der Mutter des Klägers werde im Altersheim gegen Zahlung Unterkunft und Verpflegung gewährt. Sie bedürfe - wie das Altersheim dem FA gegenüber schriftlich bestätigt habe - keiner besonderen Pflege. Soweit sie krank gewesen sei, seien die dadurch entstandenen Kosten von der Krankenkasse übernommen worden. Es handle sich somit um den in § 33a EStG geregelten Fall der Unterbringung bedürftiger Angehöriger. Die Anwendung des § 33 EStG sei dadurch ausgeschlossen.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung der §§ 33, 33a EStG und der Art. 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 GG. Er trägt vor: § 33a EStG träfe nur Fälle typischer Unterhaltsleistungen. Er sei nicht anzuwenden, wenn erhöhte Unterhaltsleistungen aufgrund außergewöhnlicher Umstände zu erbringen seien (Urteil des BFH vom 11. Februar 1965 IV 213/64 U, BFHE 82, 440, BStBl III 1965, 407). Da aber die sich aus dem Alter ergebende Pflegebedürftigkeit in fast allen Fällen mit irgendwelchen Leiden oder Krankheiten verbunden sei, sei eine Abgrenzung der bloßen Alterspflegebedürftigkeit von der durch ungewöhnliche Umstände (zu ihnen gehörten doch wohl auch Krankheiten) herbeigeführten Hilfsbedürftigkeit schwierig (vgl. Grieger, BB 1965, 779). Die Fälle der altersbedingten Pflegebedürftigkeit seien einer Krankheit gleichzusetzen. Eine Einschränkung des Anwendungsgebiets des § 33a EStG zugunsten des § 33 EStG sei auch im Interesse sozialer Gerechtigkeit notwendig. Der jetzige Zustand verstoße gegen die Menschenwürde der Alten. Der Ärmste der Armen habe nach dem Sozialhilfegesetz einen Anspruch auf mindestens 200 DM im Monat, mithin im Jahr auf mehr als 2 400 DM. Er habe damit keine Möglichkeit, von Angehörigen Unterhaltsleistungen zu bekommen, die beim Unterhaltsleistenden nach § 33a EStG abzugsfähig wären. Die verschiedene Rechtsentwicklung bei Kindern - nach § 32 EStG seien eigene Einkünfte des Kindes von jährlich 7 200 DM unschädlich - und sonstigen Unterhaltsberechtigten verstoße gegen den Gleichheitssatz. Entweder müsse § 33a EStG hinsichtlich des Teils, der die zulässige Höhe der eigenen Einkünfte der Unterhaltsempfänger festlege, als verfassungswidrig angesehen werden oder man müsse davon ausgehen, daß mit dieser Bestimmung typisierend nur die Unterhaltsleistungen einfachster Art abgegolten werden sollten. Bei Untätigkeit des Gesetzgebers müßten hier die Gerichte Abhilfe schaffen.

Der Kläger beantragt, in Abänderung des Urteils des FG den Einkommensteuerbescheid für 1969 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des FA dahin abzuändern, daß die Steuer nach der Splittingtabelle 5 712 DM beträgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Unterhaltskosten werden steuerlich nicht nach § 33 EStG, sondern nach § 33a EStG berücksichtigt. § 33a EStG enthält einen der Vereinfachung und Gleichmäßigkeit der Besteuerung dienenden Sondertatbestand für einige typische, oft vorkommende Fälle der außergewöhnlichen Belastung. Soweit die typisierende Sonderregelung eingreift, entfällt nach § 33a Abs. 5 EStG die Anwendbarkeit des § 33 EStG. Nur außergewöhnliche Kosten, die in nicht typischen Fällen entstehen, sind nicht nach § 33a EStG, sondern nach § 33 EStG zu beurteilen (BFH-Urteil vom 19. Februar 1965 VI 306/64 U, BFHE 82, 102, BStBl III 1965, 284). Etwas anderes kann auch der Entscheidung IV 213/64 U nicht entnommen werden.

Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Kosten der Unterbringung in einem Altersheim typische Unterhaltskosten sind. Unter Unterhalt ist das zu verstehen, was ein Mensch üblicherweise zum Leben braucht. Die Lebensbedürfnisse älterer Menschen sind anders geartet als die der jüngeren. Daß ein älterer Mensch in einem Altersheim lebt, weil er nicht mehr für sich sorgen kann oder will, ist deshalb nichts Außergewöhnliches. Mag oft auch die erhöhte gesundheitliche Anfälligkeit älterer Menschen für ihren Aufenthalt im Altersheim eine Rolle spielen, so handelt es sich dabei doch um einen für ältere Menschen ganz typischen Lebenssachverhalt, der von § 33a EStG erfaßt wird. Nur soweit der Aufenthalt ausschließlich durch Krankheit bedingt ist oder infolge Krankheit ausscheidbare Kosten entstehen, kann § 33 EStG zum Zuge kommen. Wie das FG jedoch im Streitfall festgestellt hat, ist die Mutter des Klägers lediglich aus Altersgründen im Altersheim. Der Senat ist an diese Feststellung gebunden, da der Kläger in bezug auf sie zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgetragen hat (§ 118 Abs. 2 FGO).

Die vom Kläger begehrte "anpassende" Auslegung des § 33a EStG kommt nicht in Betracht. Die Gerichte sind an die Gesetze gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Eine Regelung zu schaffen, die der Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse Rechnung trägt, ist - wie bereits das FG ausgeführt hat - Sache des Gesetzgebers.

Verfassungsmäßige Bedenken gegen § 33a EStG bestehen nicht. Inwiefern die Begrenzung der Abzugsfähigkeit bei eigenen Einkünften oder Bezügen der Unterhaltsempfänger (§ 33a Abs. 1 EStG) gegen die Würde des Menschen verstößt, ist nicht ersichtlich. Die dem Staat auferlegte Verpflichtung des Schutzes der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG) bedeutet nicht den Schutz vor materieller Not, sondern Schutz gegen Angriffe auf die Menschenwürde durch andere, wie Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung usw. (Beschluß des BVerfG vom 19. Dezember 1951 1 BvR 220/51, BVerfGE 1, 97 [104]). Daß den Unterhaltsleistenden ein Freibetrag nicht mehr gewährt werden kann, wenn die Bezüge der Unterhaltsempfänger 2 400 DM übersteigen, ist für letztere nicht entwürdigend. Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes dadurch, daß für die Gewährung des Kinderfreibetrages nach § 32 Abs. 2 EStG eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes bis zu 7 200 DM unschädlich, während bei den übrigen unterhaltenen Personen Bezüge über 2 400 DM schädlich sind (§ 33a Abs. 1 EStG), ist nicht gegeben. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleichzubehandeln (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. Beschluß vom 19. Dezember 1967 2 BvL 4/65, BVerfGE 23, 12 [25]). Bei dem Unterhalt von in Ausbildung befindlichen Kindern unter 27 Jahren und dem zwangsläufigen Unterhalt anderer Personen handelt es sich um ungleiche Sachverhalte. Den vom Kläger gerügten, jedoch nicht begründeten Verstoß gegen Art. 6 GG vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70395

BStBl II 1973, 442

BFHE 1973, 500

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung

haufe-product

Meistgelesene Beiträge
  • Innergemeinschaftlicher Erwerb: Umsatzsteuerlich richtig zuordnen und buchen
    2.050
  • Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder
    1.965
  • Nachforderungszinsen
    1.126
  • Nachforderungszinsen / 7 Wann für Nachforderungszinsen der Betriebsausgabenabzug gewährt wird
    982
  • GmbH, Gewinnausschüttung
    842
  • Sozialversicherungskonten abstimmen / 4.2 "Nebenkosten" separat buchen
    828
  • Werkzeuge, Abschreibung
    708
  • Homepage und Domain / 4.3 Buchung laufender Gebühren für die Domain-Nutzung
    684
  • Allgemeines zur Abschreibung von Gebäuden / 5 Abschreibungsbeginn und -ende
    643
  • Umsatzsteuer, Ausnahmen beim Leistungsort bei grenzübers ... / 8 Verwendung von Konten im SKR 03 und SKR 04: Voraussetzung der richtigen Buchung ist der umsatzsteuerliche Sachverhalt
    635
  • Wechsel der Gewinnermittlungsart
    621
  • Jahresabschluss, Umsatzsteuer / 1 So kontieren Sie richtig!
    614
  • Anschaffungskosten, Aktivierung oder Betriebsausgabenabzug / 5.2.1 Anschaffungskosten bei Anlagevermögen
    518
  • Instandhaltungsrücklage / 1.3 Zinserträge aus der Anlage von Instandhaltungsrücklagen
    451
  • Erhöhte Absetzungen nach §§ 7h und 7i EStG
    437
  • Firmen-Pkw, Anschaffung
    433
  • Firmen-Pkw, betriebliche Nutzung bis 50 %
    411
  • (Erst-)Ausbildungskosten als Sonderausgaben
    405
  • Verluste/Verlustabzug / 4.3 Verlustrücktrag
    401
  • Kapitallebensversicherungen, Einkommensteuer / 10.2 Leistungen aus einem Lebensversicherungsvertrag
    387
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Finance
Vorschriften sicher umsetzen: Rechnungslegung nach HGB und IFRS
Rechnungslegung nach HGB und IFRS
Bild: Haufe Shop

Dieser Praxiskommentar bietet Ihnen einen unmittelbaren Detailvergleich beider Rechnungslegungssysteme. So werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten transparent. Zahlreiche Beispiele, Hinweise und Checklisten erleichtern die korrekte Anwendung.


BFH III R 253/83
BFH III R 253/83

  Leitsatz (amtlich) 1. Zum Begriff der anrechenbaren anderen Bezüge von Unterhaltsempfängern. 2. Die im Rahmen der Sozialhilfe geleisteten Beträge für Krankenhilfe (§ 37 BSHG), häusliche Pflege (§ 69 Abs.2 BSHG) und Mehrbedarf (§ 23 Abs.1 Nr.1 BSHG) ...

4 Wochen testen


Newsletter Finance
Bild: Haufe Online Redaktion
Newsletter Steuern und Buchhaltung

Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Für Praktiker im Rechnungswesen
  • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
  • Alles rund um betriebliche Steuern
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Finance Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe Onlinetraining
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Lexware
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Rechnungswesen Shop
Rechnungswesen Produkte
Buchführung Software und Bücher
Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen
Produkte zu Kostenrechnung
Produkte zur IFRS-Rechnungslegung
Haufe Shop Buchwelt

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren