Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 10.09.1982 - VI R 95/81

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wechsel der Familienwohnung innerhalb elner Großstadt kann auch dann beruflich veranlaßt seln, wenn der Umzug weder vom Arbeitgeber gefordert wird noch mit einem Arbeitsplatzwechsel im Zusammenhang steht (Anschluß an BFHE 121, 27, BStBl II 1977, 117).

2. Wird die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in einer Großstadt um 9 km verkürzt, so kann darin eine ausreichende berufliche Veranlassung für den Umzug liegen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) waren im Streitjahr beide nichtselbständig beschäftigt. Aufgrund ihrer Tätigkeit war die Klägerin häufig gezwungen, an Besprechungen teilzunehmen, die auch in den Abendstunden stattfanden, und sie zu Überstunden zwangen; dabei mußten jeweils mehrere Hin- und Rückfahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte am selben Tage ausgeführt werden.

Im Streitjahr 1977 zogen die Kläger von Köln-A nach Köln-B um; A war kurz vorher von der Stadt Köln eingemeindet worden. Durch den Umzug verkürzte sich die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 10 km auf 1 km. Während die frühere Wohnung 105 qm groß war, ist die neue 135 qm groß; sie wurde der Klägerin von ihrer Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt. Der Mietpreis ist pro qm etwa gleich hoch wie bei der früheren Wohnung, die jedoch besser ausgestattet war.

In ihrer Einkommensteuererklärung 1977 machten die Kläger Umzugskosten in Höhe von ... DM als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA) lehnte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen ab. Hiergegen erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage.

Die Klage hatte teilweise Erfolg; das Finanzgericht (FG) erkannte die Umzugskosten als Werbungskosten an. Es führte in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1981, 283 veröffentlichten Urteil im wesentlichen aus: Entgegen der Anweisung in Abschn. 26 Abs. 1 der Lohnsteuer-Richtlinien 1975 (LStR) könne die ausschließlich berufliche Veranlassung eines Umzugs nicht auf die Fälle beschränkt werden, daß der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz gewechselt oder der Arbeitgeber den Umzug aus dienstlichen Gründen gefordert habe. Auch das Überschreiten der Gemeindegrenze sei als Kriterium für die berufliche Veranlassung ungeeignet. Sonst würden ländliche Verhältnisse unter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 des Grundgesetzes -- GG --) günstiger als städtische beurteilt. Daß die Gemeindegrenze nicht maßgeblich sein könne, werde in einem Fall wie dem vorliegenden besonders deutlich, da der bisherige Wohnort kurz vor dem Umzug vom neuen Wohnort eingemeindet worden sei. Das Gericht habe deshalb nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung darüber zu entscheiden, ob der Umzug ausschließlich beruflich veranlaßt sei. Erfolge der Umzug ausschließlich, um den Weg zur Arbeitsstätte wesentlich zu verkürzen oder ihr Erreichen auf andere Weise wesentlich zu erleichtern, so sei er beruflich veranlaßt. Denn ohne den Beruf wäre es dann nicht zu dem Umzug gekommen. Ein einmaliger Aufwand für den Umzug sei ebenso beruflich veranlaßt wie es laufende Aufwendungen für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien. Auch sei es volkswirtschaftlich erwünscht, daß der Arbeitnehmer seine Wohnung in die Nähe der Arbeitsstätte verlege. Der Senat sei davon überzeugt, daß der Umzug der Kläger im Streitfall ausschließlich beruflich veranlaßt gewesen sei. Anhaltspunkte für eine private Mitveranlassung fehlten.

Gegen das Urteil des FG richtet sich die Revision des FA. Es rügt die Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 und des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat die Abziehbarkeit der Umzugskosten gemäß § 9 Abs. 1 EStG zu Recht bejaht. Allerdings hat der Senat bei Umzügen am selben Arbeitsort strenge Anforderungen an die berufliche Veranlassung gestellt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 18. Oktober 1974 VI R 72/72, BFHE 114, 468, BStBl II 1975, 327 und vom 15. Oktober 1976 VI R 162/74, BFHE 121, 27, BStBl II 1977, 117). Im Urteil in BFHE 121, 27, BStBl II 1977, 117 hat er jedoch u. a. ausgeführt, daß den besonderen Verhältnissen der Großstädte in angemessener Weise Rechnung getragen werden müsse; er hat in diesem Urteil einen Umzug, der im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzwechsel stand, als beruflich veranlaßt angesehen, weil sich dadurch der Zeitaufwand für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erheblich verringert hatte. Dem FG ist deshalb darin beizupflichten, daß das Überschreiten von Gemeindegrenzen, zumal in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der bisherige Wohnort der Kläger erst kurz vorher in eine der größten Städte der Bundesrepublik Deutschland eingemeindet worden war, kein entscheidender Gesichtspunkt für die berufliche Veranlassung sein kann. Der Senat ist ferner der Auffassung, daß auch ein Umzug, der nicht im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzwechsel steht und nicht vom Arbeitgeber gefordert worden ist, beruflich veranlaßt sein kann. Denn die angespannten Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt -- gerade auch in Großstädten -- zwingen den Arbeitnehmer nicht selten dazu, zunächst eine Wohnung zu nehmen, die weit von der Arbeitsstätte entfernt ist. Bietet sich später eine Gelegenheit, durch einen Umzug den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu verkürzen, so kann die berufliche Veranlassung nicht grundsätzlich geleugnet werden.

Allerdings ist die berufliche Veranlassung in einem solchen Fall besonders sorgfältig anhand aller Einzelumstände zu prüfen. Das hat das FG hier getan und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Umzug ausschließlich beruflich veranlaßt gewesen sei. Die Würdigung des FG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dabei kann dahinstehen, ob es zu dem Ergebnis gelangen konnte, der Umzug sei ausschließlich beruflich veranlaßt gewesen. Denn nach allgemeinen Grundsätzen reicht es zum Ausschluß der Nichtabziehbarkeit gemäß § 12 Nr. 1 EStG aus, wenn die berufliche Veranlassung etwaige andere Motive weit überwiegt. So war es hier ...

In rechtlicher Hinsicht ist es nicht zu beanstanden, daß das FG die durch den Umzug eingetretene Verkürzung des Arbeitsweges als ausreichende berufliche Veranlassung angesehen hat. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob eine Verkürzung des Weges zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in einer Großstadt um 9 km grundsätzlich die berufliche Veranlassung eines Umzugs begründen kann (anderer Ansicht wohl Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 19 Anm. 12 Stichwort Umzugskosten); denn hier mußte die Klägerin nach den Feststellungen des FG den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Wunsch des Dienstherrn häufig mehrmals am selben Tage zurücklegen, z. B. um auch in den Abendstunden zu Besprechungen zur Verfügung zu stehen. Unter diesen Umständen bedeutet die eingetretene Verkürzung eine Erleichterung, die bei großstädtischen Verhältnissen als erheblich angesehen werden kann.

 

Fundstellen

BStBl II 1983, 16

BFHE 1983, 478

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung

haufe-product

Meistgelesene Beiträge
  • Innergemeinschaftlicher Erwerb: Umsatzsteuerlich richtig zuordnen und buchen
    2.050
  • Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder
    1.965
  • Nachforderungszinsen
    1.126
  • Nachforderungszinsen / 7 Wann für Nachforderungszinsen der Betriebsausgabenabzug gewährt wird
    982
  • GmbH, Gewinnausschüttung
    842
  • Sozialversicherungskonten abstimmen / 4.2 "Nebenkosten" separat buchen
    828
  • Werkzeuge, Abschreibung
    708
  • Homepage und Domain / 4.3 Buchung laufender Gebühren für die Domain-Nutzung
    684
  • Allgemeines zur Abschreibung von Gebäuden / 5 Abschreibungsbeginn und -ende
    643
  • Umsatzsteuer, Ausnahmen beim Leistungsort bei grenzübers ... / 8 Verwendung von Konten im SKR 03 und SKR 04: Voraussetzung der richtigen Buchung ist der umsatzsteuerliche Sachverhalt
    635
  • Wechsel der Gewinnermittlungsart
    621
  • Jahresabschluss, Umsatzsteuer / 1 So kontieren Sie richtig!
    614
  • Anschaffungskosten, Aktivierung oder Betriebsausgabenabzug / 5.2.1 Anschaffungskosten bei Anlagevermögen
    518
  • Instandhaltungsrücklage / 1.3 Zinserträge aus der Anlage von Instandhaltungsrücklagen
    451
  • Erhöhte Absetzungen nach §§ 7h und 7i EStG
    437
  • Firmen-Pkw, Anschaffung
    433
  • Firmen-Pkw, betriebliche Nutzung bis 50 %
    411
  • (Erst-)Ausbildungskosten als Sonderausgaben
    405
  • Verluste/Verlustabzug / 4.3 Verlustrücktrag
    401
  • Kapitallebensversicherungen, Einkommensteuer / 10.2 Leistungen aus einem Lebensversicherungsvertrag
    387
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Finance
Praxis-Tipp: Umzugskosten für Homeoffice während der Pandemie
Frau arbeitet im Homeoffice (3)
Bild: Westend61

Umzugskosten können beruflich veranlasst sein, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung der Arbeitsbedingungen führt. Gilt das auch für Umzugskosten, die entstanden sind, um Homeoffice während der Corona-Pandemie zu ermöglichen?


BFH: Abzugsfähigkeit von Umzugskosten wegen Einrichtung eines Arbeitszimmers
Junge Familie beim Umzug
Bild: ©Monkey Business - stock.adobe.com

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für einen Umzug in eine andere Wohnung, um dort (erstmals) ein Arbeitszimmer einzurichten, sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig.


Richtig vorgehen: Rückstellungen bilden, auflösen und buchen
Rückstellungen
Bild: Haufe Shop

Dieses Fachbuch stellt den richtigen Umgang mit Rückstellungen sowohl im Handels- als auch im Steuerrecht übersichtlich dar. Es zeigt anhand von zahlreichen Beispielen und unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung, wie Sie bei Rückstellungen alles richtig machen.


BFH VI R 77/89
BFH VI R 77/89

  Entscheidungsstichwort (Thema) Umzugskosten als Werbungskosten  Leitsatz (amtlich) Ein einem Arbeitsplatzwechsel nachfolgender Umzug ist jedenfalls dann als beruflich veranlaßt anzusehen, wenn durch den Umzug die gesamte Fahrzeit zwischen Wohnung und ...

4 Wochen testen


Newsletter Finance
Bild: Haufe Online Redaktion
Newsletter Steuern und Buchhaltung

Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Für Praktiker im Rechnungswesen
  • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
  • Alles rund um betriebliche Steuern
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Finance Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe Onlinetraining
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Lexware
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Rechnungswesen Shop
Rechnungswesen Produkte
Buchführung Software und Bücher
Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen
Produkte zu Kostenrechnung
Produkte zur IFRS-Rechnungslegung
Haufe Shop Buchwelt

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren