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BFH Urteil vom 10.08.1972 - VIII R 80/69

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Leitsatz (amtlich)

Zur Wohnung im Sinne des § 21 Abs. 2 EStG zählt das gesamte Grundstück insoweit, als es Wohnzwecken dient. Bei unbebauten Grundstücksflächen kommt es insbesondere auf deren räumlichen Zusammenhang mit dem Haus und die Gestaltung, z. B. als Garten oder Park, an.

 

Normenkette

EStG 1965 § 21 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, wie der Nutzungswert des dem Kläger und Revisionsbeklagten (Steuerpflichtiger) gehörenden Einfamilienhauses zu bemessen ist.

Der Steuerpflichtige ist Kaufmann. Er errichtete 1962 auf seinem 42 345 qm großen Grundstück in D in einem Landschaftsschutzgebiet ein Einfamilienhaus, zu dem ein getrennt stehendes Garagengebäude mit Nebenräumen gehört. Die gesamte bebaute Fläche beträgt 497 qm. Die Anschaffungskosten für das Grundstück einschließlich der Kosten für den Abbruch eines Althauses betrugen 260 000 DM, die Herstellungskosten des Hauses mit dem Nebengebäude 340 000 DM. Während das FA den Mietwert des Hauses auf netto 12 000 DM jährlich schätzte, errechnete der Steuerpflichtige einen Bruttomietwert von 750 DM monatlich entsprechend dem von ihm beigezogenen Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Grundstücks- und Hypothekenangelegenheiten.

Die mit Zustimmung des FA erhobene Sprungklage hatte teilweise Erfolg. Das FG errechnete den Nutzungswert der Wohnung (§ 21 Abs. 2 EStG) anhand der Kostenmiete, weil eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG mangels geeigneter Vergleichsobjekte am Wohnort des Steuerpflichtigen nicht in Betracht komme. Eine Kapitalverzinsung könne aber nur insoweit angesetzt werden, als das investierte Kapital den Nutzungswert der Wohnung erhöhe. Das sei bei den Kosten für bauliche Ausgestaltung des Wohnhauses und eines dazu gehörenden Gartens in angemessener Größe der Fall. Der Mietwertberechnung sei daher eine Fläche von 10 000 qm, im übrigen der vom FA angenommene Zinssatz von 2 v. H. des eingesetzten Kapitals zugrunde zu legen, so daß der Ansatz für Grund und Boden um 2 v. H. von 200 000 DM = 4 000 DM zu mindern und dementsprechend der Nutzungswert auf 8 000 DM festzusetzen sei.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§§ 21 Abs. 2, 8 Abs. 2 EStG) und Verstoß gegen die Denkgesetze.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

Der Steuerpflichtige beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

Zutreffend ist das FG von der Anwendbarkeit des § 21 Abs. 2 EStG ausgegangen. Der nach dieser Vorschrift steuerpflichtige Nutzungswert der Wohnung im eigenen Hause ist durch Schätzung (§ 217 AO) zu ermitteln. Läßt sich - wie im Streitfall - die EinfHaus-VO wegen Überschreitens der in § 4 Satz 1 EinfHaus-VO bestimmten Flächenbegrenzung nicht anwenden, so ergibt sich der Nutzungswert aus der Gegenüberstellung des Bruttonutzungswerts und der tatsächlichen Werbungskosten (Urteil des BFH VI R 17/67 vom 17. Oktober 1969, BFH 97, 117, BStBl II 1970, 60). Als Bruttonutzungswert ist grundsätzlich die mutmaßliche Rohmiete (Marktmiete) anzusetzen. Der Senat schließt sich insoweit dem Urteil des BFH VI 292/64 U vom 20. Oktober 1965 (BFH 84, 37, BStBl III 1966, 13) an. Welche Vergleichsobjekte im Rahmen der Feststellung der Marktmiete heranzuziehen sind, bestimmt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Insbesondere bei besonders aufwendig oder anderweit außergewöhnlich gestalteten Wohngrundstücken ist nicht nur auf den örtlichen, sondern auch auf den überregionalen Wohnungsmarkt abzustellen.

Die in der neueren BFH-Rechtsprechung anerkannte Errechnung des Nutzungswerts anhand des Anschaffungs- bzw. Herstellungsaufwands und der Unterhaltskosten (Kostenmiete) kommt nur mehr hilfsweise in Betracht, vor allem wenn sich die Marktmiete nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellen läßt (Entscheidungen VI R 175/66 vom 8. März 1968, BFH 92, 8, BStBl II 1968, 435; VI R 336/67 vom 12. September 1969, BFH 96, 527, BStBl II 1969, 727; VI R 17/67). Ferner ist der anhand der Kostenmiete zu ermittelnde Nutzungswert im allgemeinen auch maßgeblich, sofern er den aus der Marktmiete abgeleiteten Nutzungswert übersteigt. Denn das Wohnen im eigenen Haus ist dem Nutzenden dann, wie das FG zutreffend hervorhebt, diesen höheren Aufwand wert.

Hierin liegt entgegen der Ansicht des Steuerpflichtigen keine Schlechterstellung gegenüber dem Sachverhalt der Vermietung des Grundstücks zur mutmaßlich niedrigeren Marktmiete. Denn besonders aufwendig errichtete oder sonst auf die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse des Steuerpflichtigen zugeschnittene Wohnhäuser sind erfahrungsgemäß nicht zur Vermietung, sondern zur Eigennutzung bestimmt. Eine andere Beurteilung ist allerdings angebracht, wenn und soweit die Aufwendungen für das Anwesen auch über das Wohnbedürfnis der in Betracht kommenden Kreise hinausgehen, nämlich ganz oder teilweise ausschließlich persönlichem Geschmack oder Repräsentationswünschen und dergleichen entsprechen. In diesem Falle ist nicht der gesamte Aufwand der Berechnung des Nutzungswerts zugrunde zu legen, andererseits aber auch ein entsprechender Teil des Gesamtaufwands als nicht Einnahmezwecken (z. B. Liebhaberei) dienend von den Werbungskosten zu kürzen (Entscheidungen des RFH VI A 80/27 vom 8. Februar 1928, RFH 23, 46; VI A 1109/33 vom 24. Oktober 1934, StuW 1935, Teil II, Nr. 83; IV 200/41 vom 17. Dezember 1941, RStBl 1942, 363).

Die Berechnung der Kostenmiete erfolgt, wie der Senat auch in dem Urteil VIII R 82/71 vom heutigen Tage (BStBl II 1972, 883) entschieden hat, zweckmäßigerweise in Anlehnung an die Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz vom 17. Oktober 1957 (BGBl I, 1719). Zur Verzinsung des Eigenkapitals treten Abschreibung sowie Verwaltungs-, Betriebs- und Instandhaltungskosten. Der Nettonutzungswert ergibt sich nach Abzug der im Veranlagungszeitraum angefallenen Werbungskosten.

Als Verzinsung des Eigenkapitals hält der Senat im allgemeinen einen Durchschnittswert von 4 v. H. für angemessen, ohne jedoch damit ein für allemal ausschließen zu wollen, daß auch ein höherer v. H.-Satz in Betracht kommt. Er geht dabei von der Erwägung aus, daß sich Kapital, das langfristig in teilweise bebautes und teilweise nicht bebautes privates Grundeigentum investiert wird, erfahrungsgemäß verhältnismäßig niedrig verzinst. Dem steht das Urteil des I. Senats I R 62/70 vom 19. April 1972 (BFH 105, 364, BStBl II 1972, 594), in dem der Zinssatz von 4 v. H. als obere Grenze des Schätzungsrahmens bezeichnet wurde, nicht entgegen. Denn diese Entscheidung ist, wie auch der I. Senat hervorhebt, zur Frage der verdeckten Gewinnausschüttung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG) ergangen, so daß die Anwendung einkommensteuerlicher Vorschriften hiervon unberührt bleibt.

Im vorliegenden Fall schlägt der Einwand des Steuerpflichtigen, es liege teilweise Liebhaberei vor, nur insoweit durch, als das Grundstück nicht Wohnzwecken dient. Zur Entscheidung dieser Frage reichen die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht aus. Es steht nur fest, daß der Steuerpflichtige die errichteten Gebäude bewohnt. Zur Wohnung gehören auch Hof-, Garten- und Parkanlagen, die in räumlichem Zusammenhang mit dem Hause stehen, so daß hierdurch die Annehmlichkeit des Wohnens erhöht wird (RFH-Entscheidung VI A 80/27 vom 8. Februar 1928, a. a. O.). Es kommt entscheidend auf die Gestaltung des Grundstücks an. Im Streitfall bedarf vor allem noch der Klärung, welche Grundstücksfläche als zum Haus zählender Garten oder Park gestaltet ist. Scheiden danach Grundstücksteile aus, so können die hierauf entfallenden Kosten weder bei der Berechnung des Bruttomietwerts noch als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Ist der Nutzungswert nicht mit Hilfe der Marktmiete, sondern der Kostenmiete zu ermitteln, so kommt es entgegen der Ansicht des Steuerpflichtigen keinesfalls in Betracht, als Herstellungskosten des Gebäudes lediglich den angeblich bei anderen Einfamilienhäusern üblichen Betrag von 150 000 DM zugrunde zu legen. Vielmehr ist vom tatsächlichen Herstellungsaufwand auszugehen, sofern dieser nicht, wie ausgeführt, als nicht für Wohnzwecke gemacht ausscheidet.

Da der Senat die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht selbst treffen darf, muß der Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70216

BStBl II 1973, 10

BFHE 1973, 199

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