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BFH Urteil vom 10.06.1964 - II 30/61 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Gehört zum Nachlaß ein Grundstück, so löst der Erwerb des letzten aller Erbanteile an einer Erbengemeinschaft durch denselben Erwerber Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 GrEStG aus.

Wäre ein dem Erwerb eines Erbanteils entsprechender (schuldrechtlich wirksamer) Erwerb eines Grundstücksbruchteils von der Grunderwerbsteuer befreit, so wird die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 2 GrEStG durch dessen Abs. 4 nicht ausgeschlossen.

In den Fällen des Erwerbs des letzten aller Erbanteile an einer Erbengemeinschaft durch denselben Erwerber ist die Steuer von der Gegenleistung zu berechnen; hierzu gehört auch der Wert der untergehenden Beteiligung des Erwerbers am Gesamthandvermögen.

Erwirbt derjenige, der ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden als dessen wesentlichen Bestandteil errichtet und daran die Verwertungsbefugnis (ß 1 Abs. 2 GrEStG) erworben hat, nachträglich den Grund und Boden und dadurch zugleich auch das bürgerlich-rechtliche Eigentum am Gebäude, so ist dies ein grunderwerbsteuerbarer Rechtsvorgang, der das ganze Grundstück einschließlich Gebäude umfaßt.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Ziff. 3; GrEStSWG ND 1966 § 1 Nr. 5; GrEStG § 6 Abs. 2, 4, § 10 Abs. 1

 

Tatbestand

Es ist im wesentlichen streitig, ob nach Ausschlagung der Erbschaft durch den Ehemann die (Rück-) übertragung der Erbanteile von den Erben auf ersteren Grunderwerbsteuerpflicht auslöst und - im Fall der Bejahung - von welchem Wert der Gegenleistung die Steuer zu berechnen ist.

I. - In einem gemeinschaftlichen Testament vom Juni 1958 hatten der Bf. zu 2 und seine Ehefrau sich gegenseitig als Erben eingesetzt; nach dem Tode des überlebenden sollte der Nachlaß an die Familie W. fallen. Die Ehefrau des Bf. zu 2 ist im Dezember 1958 verstorben. Ihr Nachlaß bestand aus einem unbelasteten Wohngrundstück, das ihr von ihrem Vater im Jahre 1948 als unbebautes Grundstück übertragen worden war. Anschließend war auf dem Grundstück mit Mitteln des Bf. zu 2 ein Einfamilienhaus errichtet worden. Der Einheitswert des bebauten Grundstücks zum 1. Januar 1955 ist auf rd. 5.800 DM - davon Anteil des Grund und Bodens rd. 650 DM - festgestellt worden.

Der Bf. zu 2 schlug die Erbschaft aus, um seine Testierfreiheit gemäß § 2271 Abs. 2 BGB wiederzuerlangen; deshalb fiel die Erbschaft der Familie W. an, und zwar zu je 1/5 den Eltern und den drei Geschwistern des Bf. zu 2. In notariell beurkundeten Verträgen vom 26. und 28. Februar 1959 übertrugen die Erben ihre Erbanteile auf den Bf. zu 2.

Das Finanzamt setzte auf Grund der letzteren Rechtsvorgänge eine Grunderwerbsteuer von 406 DM aus dem Einheitswert des Grundstücks als Gegenleistung fest. Den Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Die Ehefrau des Bf. zu 2 - so führte es in der Einspruchsentscheidung aus - sei gemäß §§ 93, 94 BGB auch Eigentümerin des Gebäudes, dem Bf. zu 2 gegenüber aber lediglich gemäß §§ 946, 951, 812 ff. BGB ersatzpflichtig geworden. Der Verzicht des Bf. zu 2 auf diesen Bereicherungsanspruch als Nachlaßschuld stelle seine Gegenleistung für den Erwerb der Erbanteile, also des Grundstücks dar. Der Wert dieser Gegenleistung entspreche an sich dem mit 18.500 DM ermittelten gemeinen Wert des Grundstücks; aus Billigkeitsgründen sei aber der Einheitswert des Grundstücks der Besteuerung zugrunde gelegt worden.

Mit der Berufung erstrebte der Bf. zu 2 Freistellung von der Grunderwerbsteuer gemäß § 3 Ziff. 2 GrEStG. Allenfalls könnten höchstens 1.000 DM als Wert des unbebauten Grundstücks als Besteuerungsgrundlage angesetzt werden.

Das Finanzgericht bejahte die Steuerpflicht der Erbanteilsübertragung dem Grunde nach aus § 1 Abs. 1 Ziff. 3 GrEStG und erblickte die Gegenleistung in der Aufgabe der Rechte des Erwerbers am Gesamthandvermögen, dessen Wert es dem gemeinen Wert des Grundstücks von 18.500 DM gleichsetzte. Da jedoch das Wohnhaus als Gebäude auf fremdem Grund und Boden dem Bf. zu 2 im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne bereits "gehört" habe, könne - bei folgerichtiger Anwendung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs über die Steuerpflicht der nachträglichen übertragung der Verwertungsmacht eines solchen Gebäudes auf den Eigentümer des Grund und Bodens gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG (Urteil des Bundesfinanzhofs II 87/55 U vom 18. Januar 1956, BStBl 1956 III S. 92, Slg. Bd. 62 S. 248) auf den umgekehrten Fall des Erwerbs des Grund und Bodens durch den hinsichtlich des Gebäudes Verwertungsberechtigten - der nachträgliche bürgerlich-rechtliche Eigentumsübergang des Gebäudes auf den Bf. zu 2 entgegen dem Wortlaut des Gesetzes nicht der Grunderwerbsteuer unterworfen werden. Unter Aufteilung der Gegenleistung nach dem Verhältnis des Einheitswerts zum Bodenwertanteil des Grundstücks setzte das Finanzgericht die Steuer nur für den Erwerb des Grund und Bodens aus 2.000 DM auf 140 DM fest.

Hiergegen haben der Vorsteher des Finanzamts und der Bf. zu 2 die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Rbn. eingelegt.

Der Vorsteher des Finanzamts meint, daß die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs über die grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden auf den Streitfall nicht anwendbar sei, da es sich um Verhältnisse zwischen Ehegatten handele.

Der Bf. zu 2 widerspricht dieser Auffassung des Finanzamts und rügt formell Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs, materiell unzulässige Verböserung wegen Erhöhung der Gegenleistung vom Einheitswert auf den gemeinen Wert des Grundstücks und unzutreffende Nichtbeachtung der Steuervergünstigung des § 3 Ziff. 6 GrEStG.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rbn. führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.

Der Bf. zu 2 rügt zu Unrecht Verletzung des auch im Steuerrecht geltenden Grundsatzes der Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs. Die Vorschrift des § 273 Abs. 2 AO, wonach der Termin den Beteiligten mitzuteilen ist, gilt gemäß § 273 Abs. 1 AO nur, wenn mündliche Verhandlung angeordnet worden war. Da im Streitfall eine solche nach § 272 AO nicht anberaumt worden war, hatte das Finanzgericht keine Veranlassung, die Beteiligten zu der Sitzung, in der das Urteil erging, zu laden.

In der Berechnung der Steuer vom gemeinen Wert statt vom Einheitswert des Grundstücks liegt keine unzulässige Verböserung ohne Anhörung der Beteiligten. Ausweislich der Akten hat das Finanzamt den Vertreter des Bf. zu 2 auf die Möglichkeit der Verböserung noch vor Weitergabe der Berufungsschrift ausdrücklich mündlich und in seiner dem Bf. zu 2 zur Gegenäußerung übersandten Stellungnahme vom 12. November 1959 im Verfahren über die Berufung hingewiesen. Den darin mit 18.500 DM angegebenen gemeinen Grundstückswert hätte der Bf. zu 2 durch Befragen oder Einsicht in die dem Finanzgericht vorgelegten Einheitswertakten, die die Einzelberechnung dieses Wertes enthielten, auf seine Richtigkeit rechtzeitig nachprüfen können.

Zutreffend ist das Finanzgericht davon ausgegangen, daß die übertragung eines Erbanteils durch einen Miterben (ß 2033 Abs. 1 BGB) auch dann nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn zum Nachlaß (nur) ein Grundstück gehört, da die übertragung sich nicht auf die einzelnen Nachlaßgegenstände, sondern auf das aus dem Gesamthandeigentum fließende Recht des Miterben bezieht und nur ein steuerfreier Wechsel im Personenstand der Erbengemeinschaft vorliegt (Beschluß des Preuß. Kammergerichts vom 22. Februar 1904, Johow, Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts, Bd. 28 B S. 77; Urteile des Reichsfinanzhofs II A 23/23 vom 17. April 1923, Slg. Bd. 12 S. 71 ff., 75; II A 331/30 vom 1. Juli 1930, Mrozek-Kartei, GrEStG a. F., § 1 Abt. I Versch., Rechtsspruch 92). Dagegen löste der Erwerb des letzten aller Erbanteile durch denselben Erwerber Grunderwerbsteuerpflicht zwar nicht nach § 1 Abs. 1 Ziff. 1 oder 2, aber nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 GrEStG aus, da hierdurch an die Stelle der sich auflösenden Erbengemeinschaft der Bf. zu 2 als Einzelperson trat, die kraft Gesetzes mit unmittelbar dinglicher Wirkung Alleineigentümer des zum Nachlaß gehörigen Grundstücks wurde (Urteil des Reichsfinanzhofs II A 456/27 vom 21. Oktober 1927, Mrozek-Kartei, GrEStG a. F., § 1, Rechtsspruch 46; Urteil des Bundesfinanzhofs II 121/59 U vom 14. Juni 1961, BStBl 1961 III S. 423 linke Spalte unten, Slg. Bd. 73 S. 429, 432; Palandt, Kommentar zum BGB, 23. Aufl., 1964, § 2033 Anm. 1 c).

Eine Steuervergünstigung nach § 3 GrEStG kommt nicht in Betracht. Die Beteiligten mögen nichts anderes beabsichtigt haben, als daß der Bf. zu 2 so gestellt würde, wie wenn er das Grundstück unmittelbar von seiner Ehefrau geerbt hätte. Bei der Grunderwerbsteuer als einer Rechtsverkehrsteuer, die in der Regel an bürgerlich-rechtliche Tatbestände anknüpft, entscheidet grundsätzlich - von Sondertatbeständen, z. B. des § 1 Abs. 2 oder 3 GrEStG abgesehen - die von den Beteiligten gewählte Rechtsform (Urteil des Bundesfinanzhofs II 77/61 U vom 27. Juli 1962, BStBl 1962 III S. 478, 479 linke Spalte unten, Slg. Bd. 75 S. 578, 580). Der Bf. zu 2 hatte durch die Ausschlagung der Erbschaft seine Stellung als Erbe mit Rückwirkung aufgegeben (ß 1953 BGB) und wurde auch als Erbanteilerwerber nicht wieder Miterbe (BGB-RGRK, 11. Aufl., 1960, § 2033 Anm. 1; Ehard-Eder bei Soergel-Siebert, Kommentar zum BGB, 9. Aufl., 1961, § 2033 Tz. 4; Palandt, a. a. O., 2033 Anm. 2 a). Der Erwerb aller Erbanteile von den an seine Stelle getretenen Miterben durch den Bf. zu 2 ist deshalb weder ein Grundstückserwerb von Todes wegen im Sinne des § 3 Ziff. 2 noch ein Erwerb durch Miterben zur Teilung des Nachlasses im Sinne des § 3 Ziff. 3 GrEStG (vgl. auch Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 7. Aufl., 1963, § 3 Tz. 60).

Zu Unrecht hat die Vorinstanz dagegen die Steuervergünstigung des auch beim Erwerb gemäß § 1 Abs. 1 Ziff. 3 GrEStG anwendbaren § 6 Abs. 2 GrEStG für nicht gegeben erachtet. Zwar liegt zwischen dem Erwerb der ersten Anteile an der Erbengemeinschaft durch den Bf. zu 2 und dem Erwerb des Alleineigentums am Grundstück durch Erwerb des letzten Anteils nur eine Zeitspanne von zwei Tagen, also von weniger als fünf Jahren. § 6 Abs. 4 GrEStG soll (objektiven) Steuerumgehungen vorbeugen, die der steuerfreie übergang von Anteilen an einer Gesamthand ermöglicht. Eine solche Steuerumgehung ist aber ausgeschlossen, wenn ein dem Anteilserwerb entsprechender Erwerb von Bruchteilseigentum grunderwerbsteuerfrei ist. Deshalb schließt in einem solchen Fall § 6 Abs. 4 GrEStG die Vergünstigung des Abs. 2 a. a. O. nicht aus, wenn der Erwerber seinerzeit, d. h. bei seinem ersten Anteilserwerb, anstelle des Gesamthandanteils von demselben Veräußerer Bruchteilseigentum hätte erwerben können (Boruttau-Klein, a. a. O., § 6 Tz. 79 mit Nachweisen der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs). Hätte der Bf. zu 2 also das Grundstück von der grunderwerbsteuerrechtlich als selbständige Rechtsträgerin zu behandelnden Erbengemeinschaft (Urteil des Bundesfinanzhofs II 77/61 U, a. a. O., S. 479 linke Spalte oben, Slg. Bd. 75 S. 579) selbst erworben, so wäre, da eine solche Gemeinschaft nicht mit dem Erwerber verwandt sein kann, eine Steuerbefreiung, etwa nach § 3 Ziff. 6 GrEStG, nicht möglich gewesen. Der Bf. zu 2 hat aber seine ersten drei Erbanteile nach dem Vertrag vom 26. Februar 1959 von den betreffenden einzelnen Miterben erworben. Zwar können die Miterben über einen einzelnen Nachlaßgegenstand nicht allein verfügen (ß 2040 Abs. 1 BGB); jeder Miterbe kann sich aber schuldrechtlich verpflichten, einen Nachlaßgegenstand, also z. B. ein Grundstück oder seinen Grundstücksbruchteil, zu veräußern (BGB-RGRK, a. a. O., § 2040 Anm. 4; Ehard-Eder bei Soergel-Siebert, a. a. O., § 2040 Tz. 9). Das GrEStG knüpft grundsätzlich an das Verpflichtungsgeschäft an; Veräußerer ist der dem Erwerber gegenüberstehende Vertragsteil des schuldrechtlichen Geschäfts, auch wenn ihm ein Grundstück (Grundstücksbruchteil) noch nicht gehört. Da der Bf. zu 2 im Rahmen des ersten Erwerbsvorganges anstelle der Erbanteile von seinen Eltern grunderwerbsteuerrechtlich Bruchteilseigentum steuerfrei gemäß § 3 Ziff. 6 GrEStG hätte erwerben können, ist die Grunderwerbsteuer gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG in Höhe von 2/5 nicht zu erheben. Die Vorentscheidung, die dies nicht beachtet hat, war deshalb bereits aus diesem Grunde wegen Rechtsirrtums aufzuheben.

Anders als in den Fällen der Anteilsvereinigung bei einer Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Ziff. 2, § 12 GrEStG ist in dem Falle des Erwerbs des Alleineigentums an dem Grundstück durch Erwerb aller Anteile bzw. des letzten Anteils an einer hierdurch erlöschenden Erbengemeinschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 3 GrEStG die Steuer nicht vom Einheitswert des Grundstücks, sondern gemäß § 10 Abs. 1 GrEStG von der Gegenleistung zu berechnen (vgl. insoweit Urteil des Reichsfinanzhofs II 169/41 vom 11. März 1943, Slg. Bd. 53 S. 71 ff., 77 zu IV; Urteile des Bundesfinanzhofs II 210/54 S vom 13. Juli 1955, BStBl 1955 III S. 269, Slg. Bd. 61 S. 182; II 128/57 U vom 16. April 1958, BStBl 1958 III S. 280 rechte Spalte Mitte, Slg. Bd. 67 S. 19, 20; vgl. auch Boruttau-Klein, a. a. O., § 5 Tz. 56 bis 58, § 10 Tz. 29). Bei weitgefaßtem Begriff sind Gegenleistung alle Leistungen, die der Erwerber für den Erwerb des Grundstücks gewährt ohne Rücksicht darauf, ob die Beteiligten eine Leistung als Gegenleistung vereinbart oder ausdrücklich im Vertrag erwähnt haben. Zutreffend ist das Finanzgericht davon ausgegangen, daß bei Auflösung der Erbengemeinschaft zur Gegenleistung auch der Wert der untergehenden Beteiligung des Erwerbers am Gesamthandvermögen rechnet, der gegebenenfalls zu schätzen ist (Boruttau-Klein, a. a. O., § 6 Tz. 276, 305). Da der Bf. zu 2 mit dem Erwerb des letzten Anteils zugleich das ganze Grundstück erwarb, hat das Finanzgericht grundsätzlich richtig zunächst den gemeinen Wert dieses Grundstücks als Gegenleistung angesetzt (Boruttau-Klein, a. a. O., § 11 Tz. 209), dies auch deshalb mit Recht, weil auch etwaige Ausgleichsansprüche, die dem Bf. zu 2 aus §§ 946, 951, 812 ff. BGB als Nachlaßverbindlichkeiten gegen die Erbengemeinschaft zustanden, durch deren Auflösung und unter Vereinigung von Forderung und Schuld untergegangen waren (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs II 128/57 U, a. a. O., S. 281 rechte Spalte Mitte, Slg. Bd. 67 S. 24).

Eine Schenkung im Sinne des § 3 Ziff. 2 GrEStG durch die Miterben an den Bf. zu 2 liegt demgemäß ebenfalls nicht vor.

Dagegen kann der Senat die vom Finanzgericht auch in dessen früherem Urteil III v 133/58 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1959 S. 134 Nr. 164) bewußt gegen den Gesetzeswortlaut vertretene Auffassung nicht teilen, daß der dem Erwerb der Verwertungsbefugnis nachfolgende bürgerlich-rechtliche Erwerb eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden durch den Errichter selbst nicht als Erwerb im Sinne des GrEStG gelten könne und daß deshalb der sich auf das Gebäude beziehende Teil der Gegenleistung aus der Besteuerungsgrundlage auszuscheiden sei. Erwirbt derjenige, der ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden als dessen Bestandteil im Sinne der §§ 93, 94 BGB errichtet und daran die Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG erworben hat, nachträglich den Grund und Boden und dadurch zugleich auch das bürgerlich-rechtliche Eigentum am Gebäude, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß dieser Erwerbsvorgang nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ein Rechtsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 GrEStG ist, der das ganze Grundstück (einschließlich Gebäude) umfaßt. Der Senat sieht keinen Anlaß zu einer Auslegung gegen diesen klaren Gesetzeswortlaut, zumal die Wortauslegung kein sinnwidriges Ergebnis erkennen läßt. Denn regelmäßig wird eine Grunderwerbsteuer nach dem sinngemäß anzuwendenden § 1 Abs. 5 Satz 3 GrEStG hinsichtlich des Gebäudes nicht in Betracht kommen, weil der Errichter für den bürgerlich-rechtlichen Erwerb des Gebäudes keine Gegenleistung entrichten wird. Soweit er aber auch hierfür eine Gegenleistung erbringt, ist auch die entsprechende Steuerfestsetzung gerechtfertigt (vgl. auch Boruttau-Klein, a. a. O., § 2 Tz. 57, § 11 Tz. 80 bis 85).

Aus dem letzteren Grund ist es für den Streitfall aber gleichwohl bedeutsam, ob der Bf. zu 2 an dem auf dem Grundstück seiner Ehefrau errichteten Gebäude die Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG erworben hatte oder nicht. Hatte der Errichter des Gebäudes diese Verwertungsbefugnis bereits mit der Errichtung erworben, so wird im allgemeinen davon ausgegangen werden können, daß der Errichter einen Ausgleichsanspruch gemäß §§ 946, 951, 812 ff. BGB zumindest nicht geltend machen wollte, zumal bei einem auch stillschweigend möglichen Verzicht auf Erstattung der Baukosten kein Bereicherungsanspruch mehr besteht (vgl. Oechßler bei Soergel-Siebert, a. a. O., 1960, § 951 Tz. 5; Urteil des Bundesfinanzhofs II 87/55 U vom 18. Januar 1956, BStBl 1956 III S. 92, 93 linke Spalte am Ende, Slg. Bd. 62 S. 248, 251).

Die Frage aber, ob der Bf. zu 2 bereits mit der Errichtung auch die Verwertungsbefugnis über das Gebäude erworben hatte, hat das Finanzgericht bisher nicht geprüft, sondern anscheinend lediglich deshalb in bejahendem Sinne beantwortet, weil das Gebäude mit Mitteln des Bf. zu 2 gebaut worden ist. Gerade bei Ehegatten ist aber jedenfalls allein entscheidend, mit wessen Mitteln (durch wen), sondern für wen (für wessen Rechnung) das Gebäude errichtet worden ist. Die Ehegatten lebten im gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung, zuletzt in dem der Zugewinngemeinschaft, also mit grundsätzlich getrenntem Vermögen. Bei der den Ehegatten auch für diesen Güterstand belassenen Möglichkeit, im Einzelfall durch freie Vertragsgestaltung Abweichendes zu vereinbaren (vgl. Bartholomeyczik bei Erman, BGB-Kommentar, 3. Aufl., 1962, § 1363 Anm. 4), kann nur nach dem Willen der Ehegatten unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles entschieden werden, ob die Ehefrau ihrem Ehemann die Verwertungsbefugnis in dem Umfang einräumen wollte, daß letzterer nicht nur besitz- und nutzungs-, sondern auch substanzberechtigt in dem Sinne war, daß er rechtlich oder wirtschaftlich das Gebäude auf eigene Rechnung verwerten durfte (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs II 60/56 U vom 24. Oktober 1956, BStBl 1956 III S. 364, 365 linke Spalte, Slg. Bd. 63 S. 433, 437; Boruttau-Klein, a. a. O., § 1 Tz. 150 bis 154, 159). Der Umstand, daß der Bf. zu 2 noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, er habe auch gegenüber den Erben nicht auf seinen Bereicherungsanspruch verzichtet, wird (bei der bereits erwähnten dispositiven Natur des § 951 BGB) für sich allein noch nicht zu dem Schluß zwingen, der Bf. zu 2 habe sich selbst nicht als Verwertungsbefugter des Gebäudes betrachtet, wie andererseits die Tatsache, daß er möglicherweise allein mit den Bauhandwerkern die Finanzierung des Gebäudes regelte, noch nicht allein den umgekehrten Schluß rechtfertigt. Schließlich läßt sich auch daraus, daß bei der Wertfortschreibung des Grundstücks und der Fortschreibungsveranlagung zum 1. Januar 1955 unter Umständen fehlerhaft die Eheleute als (bürgerlich-rechtliche) Eigentümer bezeichnet worden waren und die Gemeindeverwaltung den Bf. zu 2 zur Grundsteuer heranzog, nichts für den entscheidenden maßgeblichen Willen der Eheleute selbst hinsichtlich der Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG ableiten.

Angesichts des zum Teil widerspruchsvollen Akteninhalts wird die nicht spruchreife Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Dieses wird unter Berücksichtigung der oben dargelegten Gesichtspunkte und auch der Merkmale, die der Senat - allerdings zur Weiterveräußerung eines Erbbaurechts mit Gebäude - in dem Urteil II 198/58 U vom 30. März 1960 (BStBl 1960 III S. 366, 368 linke Spalte, Slg. Bd. 71 S. 313, 316) für den Erwerb der Verwertungsbefugnis als bedeutsam angesprochen hat, noch festzustellen haben, ob der Bf. zu 2 die Verwertungsbefugnis über das Gebäude bereits mit dessen Errichtung erworben und demgemäß auf einen Ausgleichsanspruch verzichtet hatte. In diesem Falle wäre die Steuer nur von dem anteilig auf den Grund und Boden entfallenden gemeinen Wert des Grundstücks zu berechnen und bliebe gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG zu 2/5 unerhoben. Andernfalls müßte die Steuer mit 3/5 aus der noch zu ermittelnden Gegenleistung im Sinne der Ausführungen oben zu II 4 erhoben werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411269

BStBl III 1964, 486

BFHE 1965, 33

BFHE 80, 33

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