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BFH Urteil vom 06.06.1951 - IV 175/50 U

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Leitsatz (amtlich)

1. Bescheide der Militärregierung gemäß § 3 des Anhangs zur Verordnung 175 der Militärregierung -- Deutschland -- Britisches Kontrollgebiet sind auch für den Bundesfinanzhof bindend.

2. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1947 sind bezahlte Vermögensteuern nur im Rahmen des § 10 Absatz 2 Ziffer 3 EStG in der Fassung des KontrRG Nr. 12 als Sonderausgaben abzugsfähig.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 2 Ziff. 3 i.d.F. des Art. XI KontrRG Nr. 12

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe bezahlte Vermögensteuern bei der Einkommensteuerveranlagung 1947 abzugsfähig sind.

Nach § 10 Absatz 1 Ziffer 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Artikels XI Absatz 2a des Kontrollratgesetzes (KontrRG) Nr. 12 gehören zu den Sonderausgaben, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind, bezahlte Vermögensteuern. Nach dem Erlaß der Finanzleitstelle vom 18. August 1947 -- S 2120 -- 51/St 1 -- (Steuer- und Zollblatt -- StuZBl. -- 1947 S. 211) sind bezahlte Vermögensteuern erstmalig bei der Einkommensteuerveranlagung 1947 nur im Rahmen des § 10 Absatz 2 Ziffer 3 EStG in der Fassung des KontrRG Nr. 12, also nur bis zur Höhe von jährlich 300 RM, abzugsfähig. Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat in ihrer Einkommensteuererklärung für 1947 die bezahlte Vermögensteuer nur mit dem Höchstbetrag von 300 RM abgesetzt. Sie ist nach ihrer Erklärung veranlagt worden. Gegen den Veranlagungsbescheid hat sie Sprungberufung mit dem Antrage eingelegt, nicht nur den Höchstbetrag von 300 RM, sondern die tatsächlich gezahlten Vermögensteuern von 20 800 RM zum Abzuge zuzulassen.

Zur Begründung des Rechtsmittels hat sich die Bfin. auf Artikel IV Ziffer 2 KontrRG Nr. 13 vom 11. Februar 1946 berufen. Durch dieses Gesetz sei die Vermögensteuer ab 1. Januar 1946 erheblich erhöht worden. Um zu vermeiden, daß die erhöhten Einkommensteuersätze des KontrRG Nr. 12 und die erhöhten Vermögensteuersätze aus KontrRG Nr. 13 zu einer untragbaren Besteuerung führen, habe der Gesetzgeber in dem Artikel IV KontrRG Nr. 13 bestimmt, daß bei Ermittlung des Einkommens die bezahlten Vermögensteuern als Sonderausgabe gemäß § 10 EStG in voller Höhe abzugsfähig sein sollten. Der Erlaß der Finanzleitstelle vom 18. August 1947, selbst wenn er auf Anordnung der Militärregierung ergangen sei, könne das vom KontrRG Nr. 13 verkündete Recht nicht abändern. Die Bfin. hat beantragt, gemäß §§ 2 und 3 der Anlage zur Verordnung 175 (StuZBl. 1948 S. 294) einen Bescheid der Militärregierung darüber herbeizuführen, ob

1. der Erlaß der Finanzleitstelle vom 18. August 1947 auf einer ausdrücklichen Anordnung der Militärregierung beruhe, und

2. dieser Erlaß das KontrRG Nr. 12 richtig ausgelegt habe.

Durch Bescheid 609/504/7/175 des Office of the Legal Adviser Commissioner's Office Hamburg BAOR 3 vom 16. September 1949 hat das Office beide Fragen bejaht. Das Finanzgericht hat daraufhin die Sprungberufung als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Der Rechtsbeschwerde (Rb.) ist ebenfalls der Erfolg zu versagen.

Nach § 2 der Anlage zur Verordnung 175 der Militärregierung -- Britisches Kontrollgebiet dürfen die Finanzgerichte Rechtsvorschriften, Verwaltungsmaßnahmen oder sonstige Handlungen oder Unterlassungen des Kontrollrats oder der Militärregierung sowie Gesetze, Verordnungen, sonstige Handlungen oder Unterlassungen deutscher Stellen, soweit sie auf einer ausdrücklichen Anordnung der Militärregierung beruhen, weder als ungültig oder unrechtmäßig behandeln noch sie so bezeichnen.

Der Bescheid der Militärregierung vom 16. September 1949 hat festgestellt, daß der Erlaß der Finanzleitstelle vom 18. August 1947 eine Entscheidung des Assistant Controller der Zonal Tax Administration Section enthält. Der Erlaß stellt somit eine verbindliche Anordnung im Sinne des § 2b der Anlage zur Verordnung 175 dar. Der Bescheid der Militärregierung hat auch in seinem zweiten Teil den von der Bfin. geäußerten Zweifel über die Auslegung des Artikels XI Ziffer 2 KontrRG Nr. 12 beseitigt. Hierdurch werden die in der Rechtsbeschwerdebegründung unter Ziffern 1 und 2 gestellten Anträge gegenstandslos.

Die in den §§ 2 und 3 der Anlage zur Verordnung 175 enthaltene Anordnung richtet sich an die Finanzgerichte. Nach dem Sinne der Vorschrift in Verbindung mit der Zielsetzung und dem Wesen des gesamten Besatzungsrechts besteht kein Zweifel, daß unter den Begriff der Finanzgerichte nicht nur die zur Zeit des Inkrafttretens der Verordnung 175 und ihrer Anlage bereits bestehenden, sondern auch später gegründeten Gerichte (Bundesfinanzhof) fallen. Ziel der Anlage zur Verordnung 175 ist, die Wirksamkeit und richtige Anwendung der Gesetze und Anordnungen jeglicher Art des Kontrollrats und der Militärregierung sicherzustellen. Dieses Ziel würde nicht erreicht werden, wenn nur die Finanzgerichte gebunden wären, während der Bundesfinanzhof in völliger Unabhängigkeit entscheiden könnte. Daß dies nicht in der Absicht der Besatzungsmächte liegt, ergibt sich auch aus dem Gesetz Nr. 13 des Rates der Alliierten Hohen Kommission vom 25. November 1949 über die "Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten" (Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland Jahrgang 1949 Nr. 6 S. 54). Nach dem für alle Gerichte des Bundesgebiets geltenden Artikel III Absatz 1 des Gesetzes in Verbindung mit der Durchführungsverordnung vom 9. Februar 1950 (Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission Jahrgang 1950 Nr. 10 S. 104) ist ähnlich den Bestimmungen des Anhangs zur Verordnung 175 eine Überweisung von Zweifelsfragen an die Besatzungsbehörden vorgesehen. Sofern nicht schon ein Bescheid der Militärregierung über den Streitfall vorliegen würde, wäre der Senat auf Grund des Gesetzes Nr. 13 des Rates der Alliierten Hohen Kommission gehalten, die Zweifelsfragen dem Alliierten Generalsekretariat, Bonn-Petersberg, vorzulegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407242

BStBl III 1951, 150

BFHE 1952, 380

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