Haufe.de Shop
Service & Support
Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 04.07.1979 - II R 74/77

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Leitsatz (amtlich)

Wer Haftungsschuldner kraft Tatbestandsverwirklichung ist, trägt grundsätzlich das Risiko, daß die Steuerforderung bei dem Steuerschuldner nicht beigetrieben werden kann (Eingrenzung zum Urteil vom 28. Februar 1973 II R 57/71, BFHE 109, 164, BStBl II 1973, 573).

 

Normenkette

KVStG 1959 § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Neben etwa 50 weiteren Kommanditisten übernahm der Kläger und Revisionskläger (Kläger) im Jahre 1969 einen Kommanditanteil von 100 000 DM an der X-GmbH & Co. KG (KG). Persönlich haftende Gesellschafterin war die (inzwischen in Liquidation befindliche) X-GmbH (GmbH), deren Stammkapital 20 000 DM betrug. Die Einzahlung auf die vom Kläger übernommene Einlage erfolgte im Jahre 1969. Sie wurde weder vom Kläger noch von der GmbH angezeigt, vielmehr dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) erst durch eine im Frühjahr 1971 durchgeführte Verkehrsteuerprüfung bekannt. Das FA setzte mit Bescheid vom 25. Mai 1971 gegen die GmbH Gesellschaftsteuer für den Erwerb der Kommanditanteile fest, soweit die Einlagen geleistet waren. Die GmbH beantragte Stundung der Steuer im Hinblick auf angebliche Ansprüche auf Umsatzsteuererstattung und Investitionszulage. Das insoweit zuständige FA hielt das Bestehen derartiger Ansprüche zunächst für nicht ausgeschlossen, erklärte aber schließlich mit Schreiben vom 3. Dezember 1971, daß zur Zeit verrechnungsfähige Guthaben nicht beständen. Der Stundungsantrag wurde vom beklagten FA erst mit Verfügung vom 25. Januar 1973 abschlägig beschieden. Da Vollstrekkungsmaßnahmen gegen die GmbH erfolglos blieben, nahm das FA die Kommanditisten gemäß § 10 des Kapitalverkehrsteuergesetzes 1959 (KVStG 1959) als Haftende in Anspruch, darunter auch den Kläger auf Gesellschaftsteuer in Höhe von 2 500 DM, und zwar mit Bescheid vom 11. Februar 1974.

Die nach erfolgloser Durchführung des außergerichtlichen Vorverfahrens erhobene Klage, mit der der Kläger die Aufhebung des Haftungsbescheids begehrt und geltend macht, der Haftungsanspruch sei verwirkt gewesen, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Das FA ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 KVStG 1959 haftet der Kläger für die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 entstandene Gesellschaftsteuer. Die Haftung hat ihren Grund darin, daß der Gesellschafter den Steuertatbestand verwirklicht hat. Der Anknüpfungspunkt für die Haftung ist damit der nämliche, der dazu geführt hat, daß das Grunderwerbsteuergesetz in § 15 Nr. 1 die an dem der Steuer unterliegenden Vorgang als Vertragsteile Beteiligten als Steuerschuldner bezeichnet.

Zutreffend hat das FG die Verwirkung des Haftungsanspruches verneint. Verwirkung bedeutet, daß ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist u n d besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Rechtsausübung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Der Tatbestand der Verwirkung enthält somit ein zeitliches Moment, nämlich die länger andauernde Untätigkeit des Anspruchsberechtigten, und ein Umstandsmoment, nämlich ein bestimmtes Verhalten des Berechtigten und einen hierdurch ausgelösten Vertrauenstatbestand (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. September 1978 IV R 89/74, BFHE 126, 130, BStBl II 1979, 121).

Da die zeitlichen Grenzen für die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis regelmäßig durch die Verjährung gesetzt werden, die vorrangig den Zeitraum bemißt, während dessen der aus den Steuergesetzen Verpflichtete mit seiner Inanspruchnahme rechnen muß, ist das Zeitmoment allgemein von geringerer Bedeutung. Die vom Gesetz gezogene zeitliche Grenze (Verjährungsfrist) kann nicht generell durch den Einwand des Schuldners vorverlegt werden, das FA hätte den Anspruch früher geltend machen können (BFH-Urteil vom 16. September 1965 V 91/63 U, BFHE 83, 441, BStBl III 1965, 657).

Ausschlaggebend ist ein zu dem Zeitmoment hinzutretendes bestimmtes Verhalten des Anspruchsberechtigten, das geeignet ist, im Verpflichteten das Vertrauen darauf zu wecken, daß das Recht nicht mehr ausgeübt werde. Dieses Verhalten muß grundsätzlich unmittelbar demjenigen gegenüber in Erscheinung getreten sein, der daraus den Vertrauenstatbestand herleiten will. Da das FA vor Erlaß des Haftungsbescheids nicht mit dem Kläger in Verbindung getreten ist, scheidet positives Verhalten, das einen Vertrauenstatbestand hätte auslösen können, aus. Der Vertrauenstatbestand kann aber auch durch Unterlassung gebotenen Tuns ausgelöst werden. Dabei ist allerdings zu beachten, daß die säumige Inanspruchnahme des Schuldners für sich allein die Vertrauensfolge nicht nach sich zieht. Denn wer allein wegen Tatbestandsverwirklichung für die daraus folgende Steuer haftet, trägt grundsätzlich das Risiko, daß die Steuerforderung bei dem Steuerschuldner nicht beigetrieben werden kann. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 28. Februar 1973 II R 57/71 (BFHE 109, 164 [167], BStBl II 1973, 573) ausgesprochen hat, bei Vermögensverfall des Schuldners könne Treu und Glauben der Inanspruchnahme des Haftenden schon dann entgegenstehen, wenn das FA die rechtzeitige Inanspruchnahme des Steuerschuldners verabsäumt habe, hält er daran nicht mehr fest. Eine Ausnahme könnte nur dann bestehen, wenn die fehlgeschlagene Beitreibung der Steuerforderung auf einer vorsätzlichen oder sonstigen besonders groben Pflichtverletzung des zuständigen Beamten des FA beruht. Bei der Eingrenzung der Umstände, die zur Verwirkung führen, ist zu beachten, daß im Falle der Haftung allein wegen Tatbestandsverwirklichung in besonderem Maße aufgrund der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung kein Ermessen dahin besteht, aus Billigkeitsgründen von der Verfolgung des Haftungsanspruchs abzusehen.

Im vorliegenden Fall besteht kein Anhaltspunkt für eine vorsätzliche oder in sonstiger Weise grobe Pflichtverletzung des zuständigen Beamten im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Steuerforderung gegen die Steuerschuldnerin. Bei der Überprüfung in dieser Hinsicht muß berücksichtigt werden, daß das FA zwangsläufig zunächst mit dem Steuerschuldner in Verbindung treten muß und erst dann Anlaß zur Information des Haftungsschuldners über seine mögliche Inanspruchnahme besteht, wenn ernstlich mit dieser zu rechnen ist. Unter dieser Prämisse kann nicht als besonders vorwerfbares Verhalten gewürdigt werden, wenn das FA trotz Kenntnis davon, daß ein behaupteter Stundungsgrund nicht besteht, die Ablehnung des Stundungsbegehrens noch zurückstellt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73390

BStBl II 1980, 126

BFHE 1980, 201

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung

haufe-product

Meistgelesene Beiträge
  • Steuern und Nebenleistungen, Betriebsausgaben
    3.918
  • Innergemeinschaftlicher Erwerb: Umsatzsteuerlich richtig zuordnen und buchen
    3.007
  • Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder
    2.834
  • Betriebsbedarf
    2.373
  • Mahnung und Mahnverfahren / 7.3 Buchung Mahngebühren und Verzugszinsen
    2.357
  • Renten / 11.2.3 Umwandlung einer Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente
    2.302
  • Software, Anschaffung und Abschreibung
    2.296
  • Jahresabschluss, Umsatzsteuer
    2.264
  • Anzahlungen, geleistete
    2.242
  • Jahresabschluss, Abgrenzung Vorsteuer
    2.209
  • Abschreibung, gebrauchte Wirtschaftsgüter / 6 Gebrauchter Firmen-Pkw: Besonderheiten bei der Schätzung der Nutzungsdauer
    2.097
  • Firmen-Pkw, Privatnutzung von Elektrofahrzeugen / 3 Privatnutzung des Unternehmers von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen: Anwendung der 1-%-Regelung
    2.031
  • Reisekosten Inland für Arbeitnehmer: Verpflegungskosten / 4.2 Kürzung der Verpflegungspauschale bei Gestellung von Mahlzeiten
    1.974
  • Sonderabschreibung: Voraussetzungen, Höhe und Buchung / 7 Sonderabschreibung: Übersicht
    1.961
  • Arbeitsmittel und Arbeitskleidung / 9.1 Werbungskostenabzug bei Arbeitnehmern für Reinigungskosten
    1.960
  • Anhang nach HGB / 4.2 Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer
    1.884
  • Größenklassen
    1.873
  • Nachforderungszinsen
    1.867
  • Betriebsaufgabe/Betriebsveräußerung/Betriebsverpachtung / 7 Ermittlung des Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinns
    1.840
  • Zinsen auf Steuern / 2.1 Beginn und Ende der Verzinsung
    1.833
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Finance
BFH: Zu den Auswirkungen einer Fiskalerbschaft auf einen Duldungsbescheid
Richter im Gerichtssaal
Bild: Haufe Online Redaktion

Für einen Duldungsbescheid gemäß § 191 Abs. 1 Satz 2 AO fehlt es grundsätzlich an einem vollstreckbaren Schuldtitel i.S.d. § 2 AnfG, wenn der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erloschen ist. Im Falle einer Fiskalerbschaft bewirkt der Akzessorietätsgrundsatz des § 2 AnfG jedoch nicht, dass das Anfechtungsrecht erlischt und der Duldungsanspruch untergeht. Die Steuerschuld gilt in diesem Fall als fortbestehend.


Haufe Shop: Digitale Transformation im Finanz- und Rechnungswesen
Digitale Transformation im Finanz- und Rechnungswesen
Bild: Haufe Shop

Ob Digital Finance/CFO4.0, E-Invoicing oder Robotic Accounting - das Buch greift verschiedene Facetten der digitalen Transformation im Finanz- und Rechnungswesen auf. Es zeigt, wie Handlungsbedarf frühzeitig erkannt, die Umsetzung praxistauglicher Strategien und der Einsatz generativer KI vorangetrieben werden können.


BFH II R 108/81
BFH II R 108/81

  Leitsatz (amtlich) 1. Wird über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft das Konkursverfahren eröffnet, so ist das FA regelmäßig berechtigt, die Gesellschafter als Haftende für die Gesellschaftsteuer in Anspruch zu nehmen (Anschluß an BFH-Urteil vom 4. Juli ...

4 Wochen testen


Newsletter Finance
Bild: Haufe Online Redaktion
Newsletter Steuern und Buchhaltung

Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Für Praktiker im Rechnungswesen
  • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
  • Alles rund um betriebliche Steuern
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Finance Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe Onlinetraining
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Lexware
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Rechnungswesen Shop
Rechnungswesen Produkte
Buchführung Software und Bücher
Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen
Produkte zu Kostenrechnung
Produkte zur IFRS-Rechnungslegung
Haufe Shop Buchwelt

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren