Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Beschluss vom 29.11.1999 - XI B 41/99 (NV)

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines ganzen Spruchkörpers

 

Leitsatz (NV)

  1. Die Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers des FG ist nicht missbräuchlich, wenn dies im Hinblick auf konkrete Anhaltspunkte in einer Entscheidung dieses Richterkollegiums erfolgt.
  2. Ein Ablehnungsgrund ist insoweit aber nur gegeben, wenn schlüssig dargetan wird, dass die behauptete Fehlerhaftigkeit der Entscheidung auf einer unsachlichen Einstellung der Richter gegen den ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht.
 

Normenkette

FGO § 51 Abs. 1; ZPO § 42 Abs. 1-2

 

Tatbestand

I. Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller), die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1992 vom … auszusetzen, abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat als unzulässig verworfen.

Zusammen mit der sog. außerordentlichen Beschwerde hat der Antragsteller die Richter des FG wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Befangenheit der Richter hat der Antragsteller daraus abgeleitet, dass diese nach seiner Auffassung im Aussetzungsverfahren einen greifbar gesetzeswidrigen Beschluss erlassen hätten. Das FG wies den Ablehnungsantrag als missbräuchlich und damit unzulässig zurück, weil der Antragsteller den Spruchkörper insgesamt abgelehnt habe, ohne konkrete Gründe zu nennen, die eine Ablehnung rechtfertigen würden.

Dagegen richtet sich die Beschwerde im vorliegenden Verfahren, zu deren Begründung der Antragsteller im Wesentlichen vorträgt: Zur Unparteilichkeit des Richters gehöre es, dass er sich seinen Rechtsstandpunkt erst bilde, wenn der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt sei, statt das Ergebnis weiterer notwendiger Aufklärung vorwegzunehmen. Das FG habe jedoch trotz umfangreicher Beweisangebote durch den Antragsteller ohne weitere Sachaufklärung zu Lasten des Antragstellers entschieden. Das lasse nur den Schluss zu, dass das FG von Anfang an die Auffassung des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt ―FA―) als wahr unterstellt habe. Darüber hinaus habe der Vorsitzende des FG trotz fehlender Zustimmung allein entschieden. Der Akte könne nicht entnommen werden, dass diese sich im Umlauf befunden habe und eine Entscheidung durch das Gericht insgesamt herbeigeführt worden sei. Auch dieser Umstand begründe die Besorgnis der Befangenheit.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Das FG hat den Ablehnungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Das Ablehnungsgesuch ist jedoch nicht ―wie die Vorentscheidung angenommen hat― unzulässig, sondern unbegründet.

1. Nach § 51 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 der Zivilprozeßordnung kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger Betrachtung Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4. Juli 1985 V B 3/85, BFHE 144, 144, BStBl II 1985, 555, ständige Rechtsprechung). Das Ablehnungsgesuch muss sich grundsätzlich auf bestimmte Richter beziehen. Wegen Rechtsmissbrauchs ist es im Allgemeinen unzulässig, pauschal den ganzen Spruchkörper oder alle Berufsrichter eines Spruchkörpers ohne Angabe ernstlicher Gründe in der Person des einzelnen Richters abzulehnen. Allerdings gilt dies nicht, wenn alle Mitglieder eines Spruchkörpers wegen Besorgnis der Befangenheit im Hinblick auf konkrete Anhaltspunkte in einer Kollegialentscheidung abgelehnt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 1992 VIII B 59/91, BFH/NV 1993, 112). Denn in einem solchen Fall kann der Betroffene wegen des Beratungsgeheimnisses nicht wissen, welcher Richter die Entscheidung mitgetragen hat. Ein Missbrauch des Ablehnungsrechts durch Ablehnung des gesamten Spruchkörpers liegt beim Anknüpfen an eine von diesem getroffene Entscheidung daher nur vor, wenn das Gesuch gar nicht oder nur mit Umständen begründet wird, welche die Besorgnis der Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können (vgl. BFH-Beschluss vom 16. April 1993 I B 155/92, BFH/NV 1994, 637). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Antragsteller hat sein Ablehnungsgesuch mit konkreten Umständen, die die Entscheidung des FG über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung betreffen, begründet. Über das somit zulässige Ablehnungsgesuch hätte das FG daher nicht durch die davon betroffenen Richter befinden dürfen.

Die Beschwerde ist gleichwohl zurückzuweisen, weil das Ablehnungsgesuch unbegründet war.

Dabei ist es unschädlich, dass die abgelehnten Richter keine dienstliche Äußerung über das Ablehnungsgesuch abgegeben haben, weil der Sachverhalt, aus dem der Antragsteller die Befangenheit herleitet, unstreitig feststeht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. September 1986 VIII B 31/86, BFH/NV 1987, 308).

2. Das Ablehnungsgesuch war unbegründet, weil die Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht auf die Rüge rechtsfehlerhafter Entscheidungen oder von Verfahrensfehlern ―selbst wenn sie vorlägen― gestützt werden kann. Auch insoweit ist ein Ablehnungsgrund nur gegeben, wenn schlüssig dargetan wird, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegen den ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl. Senatsbeschluss vom 30. August 1995 XI B 114/95, BFH/NV 1996, 225, m.w.N.). Solches ist hier aber weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Da das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung ein summarisches Verfahren ist, konnte das FG anhand der präsenten Beweismittel seine Entscheidung treffen und musste ―obwohl der Antragsteller zahlreiche Beweisangebote gemacht hatte― keine weitergehenden Sachverhaltsermittlungen vornehmen (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 1989 IV B 33/88, BFHE 156, 167, BStBl II 1989, 516, 517). Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat auch nicht der Vorsitzende allein, sondern der Senat mit drei Berufsrichtern den Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung getroffen; ausweislich der Akten ist der Beschluss von drei Richtern unterschrieben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424863

BFH/NV 2000, 593

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Gold enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 14b Verspätungszuschlag
    217
  • Änderungsvorschriften / 3.1 "Schlichte" Änderung
    156
  • Pflegekosten / 2 Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen
    131
  • Schwarz/Pahlke/Keß, AO § 109 Verlängerung von Fristen / 5.1 Allgemeines
    124
  • Stenger/Loose, Bewertungsrecht - Kommentar zum BewG, Erb ... / VI. Umrechnungsfaktoren zur Ermittlung der Brutto-Grundfläche bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken
    124
  • Ehescheidung: Scheidungsfolgenvereinbarung / 5.3 Übertragung an Ehepartner bzw. Veräußerung des Familienwohnheims
    121
  • Weilbach, GrEStG § 1 Erwerbsvorgänge / 3 Tauschvertrag (Abs. 5)
    119
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 8 Hinzurechnungen / 8.4 Umfang der Hinzurechnung
    118
  • Kapitalgesellschaft: Liquidation / 3.3.4 Auswirkungen der Auskehrung des Vermögens
    116
  • Grundsteuer für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ... / 5.1 Landwirtschaftliche Nutzung – § 237 Abs. 2 BewG
    115
  • Frotscher/Drüen, UmwStG § 22 Besteuerung des Anteilseigners
    111
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 28 Allgemeines / 3.5 Verlegung einer Betriebsstätte von einer in eine andere Gemeinde (§ 28 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GewStG)
    107
  • Kündigung und Niederlegung von Mandaten in der Steuerber ... / 5.3 Wichtiger Grund berechtigt zur Kündigung zur Unzeit
    105
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 7 Gewerbeertrag / 4.2 Veräußerungs- und Aufgabegewinne bei Einzelunternehmen
    100
  • Bedarfsbewertung: Erklärung zur Feststellung des Bedarfs ... / 1 Erläuterungen zum Formular
    99
  • Ausschluss vom Vorsteuerabzug / 2 Ausschluss bei steuerfreien Umsätzen
    97
  • Grunderwerbsteuer bei Veränderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG) (ErbStB 2022, Heft 8, S. 247)
    93
  • Änderungsvorschriften / 3.3 Änderung wegen neuer Tatsachen und Beweismittel
    91
  • Grundstücksteile von untergeordneter Bedeutung (§ 8 EStDV) (estb 2022, Heft 12, S. 467)
    90
  • Erbschaftsteuererklärung: Anlage Erwerber vom 1.1.2009 b ... / 1.6 Erwerb durch Erbanfall (Zeilen 22 bis 31)
    89
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Steuer Office Gold
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Steuern
Wann hat ein Befangenheitsantrag Aussicht auf Erfolg?: Verfahren und Rechtsmittel für Befangenheitsanträge / Geplante Reformen
Richter im Gerichtssaal
Bild: Haufe Online Redaktion

Die Zulässigkeit des Verfahrens und die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen ein ablehnendes Befangenheitsgesuch einzulegen, divergiert in den einzelnen Prozessordnungen. Der Befangenheitsantrag kann generell nicht auf ein ganzes Gericht oder einen Spruchkörper gerichtet werden. Der Anwalt selbst hat kein Ablehnungsrecht – nur sein Mandant.


Wartepflicht bei Befangenheitsanträgen: Richter müssen Anwaltsschriftsätze vollständig lesen
Richter Waage Akte Urteilsfindung
Bild: Adobe Systems

Nimmt ein Gericht den Inhalt der von einer Prozesspartei über ihren Anwalt eingereichten Schriftsätze nicht zur Kenntnis, so begründet dies die Besorgnis der Befangenheit.


Steuern sparen: Anleitung zur Einkommensteuererklärung 2024
Anleitung zur Einkommensteuererklaerung 2024
Bild: Haufe Shop

Diese Anleitung bietet Ihnen zuverlässige Erläuterungen zu den Vordrucken und viele Hinweise auf legale Steuersparmöglichkeiten, damit Sie die gesetzlich vorgesehenen Abzugsmöglichkeiten voll ausschöpfen können.


BFH VII B 231/99 (NV)
BFH VII B 231/99 (NV)

  Entscheidungsstichwort (Thema) Pauschale Richterablehnung  Leitsatz (NV) Ein pauschal gegen alle Richter des Spruchkörpers gerichtetes Ablehnungsgesuch, welches zudem noch inhaltlich unzureichend substantiiert ist, ist als rechtsmißbräuchlich gestellt ...

4 Wochen testen


Newsletter Steuern
Bild: Adobe
Newsletter Steuern - BFH-Urteilsservice

Aktuelle Informationen zur neuesten BFH-Rechtsprechung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Kurzkommentierungen
  • Praxishinweise
  • wöchentlich
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Steuern Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Haufe Onlinetraining
Smartsteuer
Schäffer-Poeschel
Lexware
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Steuern Shop
Steuern Software
Komplettlösungen Steuern
Kanzleimanagement Lösungen
Steuern im Unternehmen
Lösungen für die Steuererklärung
Steuer-Kommentare
Alle Steuern Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren