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BFH Beschluss vom 28.02.1991 - V B 177/90 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwischenvermietung einer Eigentumswohnung

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Erklärung dafür, daß der Zwischenmieter bereit ist, Verluste bei einer auf fünf Jahre angelegten Vermietung hinzunehmen, kann nur darin gesehen werden, dem Wohnungseigentümer den im Rahmen eines Bauherrenmodells angebotenen Vorsteuerabzug zu ermöglichen.

2. Zur Festsetzung von Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG gegen den Wohnungseigentümer nach rechtsmißbräuchlicher Zwischenvermietung.

 

Normenkette

UStG 1980 § 4 Nr. 12a, §§ 9, 15 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 42

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beteiligten sich an einer Bauherrengemeinschaft und erwarben eine Eigentumswohnung. Sie vermieteten die Wohnung für eine Monatsmiete von 1 500 DM zuzüglich 302 DM Nebenkosten einschließlich Umsatzsteuer an einen Zwischenmieter, dieser vermietete sie für monatlich 1 372 DM zuzüglich 302 DM Nebenkosten an einen Endmieter.

Die Antragsteller verzichteten auf die Steuerfreiheit der Mietumsätze an den Zwischenmieter (§ 4 Nr. 12 a, § 9 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - 1980) sowie auf die Nichterhebung der Umsatzsteuer (§ 19 Abs. 1, 2 UStG 1980) und zogen die ihnen im Zusammenhang mit der Errichtung dieser Wohnung berechnete Umsatzsteuer in den Steuererklärungen für 1980 bis 1985 ab. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) ging in den vorläufig (§ 165 der Abgabenordnung - AO 1977 -) ergangenen Umsatzsteuerbescheiden für 1980 bis 1985 von den erklärten Vorsteuerbeträgen aus.

Nachdem das Mietverhältnis mit dem Zwischenmieter wegen Eröffnung des Konkursverfahrens über dessen Vermögen beendet worden war, setzten die Antragsteller die Vermietung der Wohnung an den Endmieter zu für diesen gleichen Bedingungen fort. Nunmehr änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzungen für 1980 bis 1985 (§ 165 Abs. 2 AO 1977) durch Umsatzsteueränderungsbescheide vom 7. Dezember 1989. Es beurteilte die Vermietung der Wohnung an den Zwischenmieter als rechtsmißbräuchliche Gestaltung (§ 42 AO 1977) und sah die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze nicht als gegeben an. Es setzte die Umsatzsteuer auf die Mieteinnahmen von monatlich 1500 DM gemäß § 14 Abs. 3 UStG 1980 fest und ließ Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über die Herstellung der Wohnung nicht mehr zum Abzug zu.

Über den Einspruch gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide für 1980 bis 1985 hat das FA noch nicht entschieden. Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den das FA vorher zurückgewiesen hatte, abgelehnt. Zur Begründung hat das FG dargelegt, die Zwischenvermietung erfülle den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs, weil für die Einschaltung des Zwischenmieters keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe gegeben seien. Die Zahlung einer über dem Marktniveau liegenden Monatsmiete durch den Zwischenmieter, die Dauer des Mietvertrages über fünf Jahre und die Bonität des Zwischenmieters seien bei objektiver Betrachtung nicht wirklich vorteilhaft, weil die Existenz des Zwischenmieters durch den Abschluß zahlreicher derartiger unrentabler Geschäfte erkennbar gefährdet sein mußte. Der Zwischenmieter sei bei Einbeziehung des vollständigen objektiven Sachverhalts nur noch mit Zuschüssen von dritter Seite in der Lage gewesen, wirtschaftlich zu bestehen. Eine beachtliche sonstige Entlastung durch Einschaltung des Zwischenmieters sei bei der Vermietung nur einer Wohnung nicht erreicht worden. Die Beurteilung der Mietentgelte nach § 14 Abs. 3 UStG hätten die Antragsteller nicht angegriffen.

Mit der (zugelassenen) Beschwerde wenden die Antragsteller fehlerhafte Anwendung des § 42 AO 1977 ein. Die Zwischenvermietung sei, so führen die Antragsteller zur Begründung aus, wegen der Höhe der vertraglich zugesicherten Miete gerechtfertigt, die beachtlich über die damaligen Marktmieten für vergleichbar große und gut gelegene Wohnungen hinausgegangen sei. Wegen der 1980 und 1981 herrschenden regen Nachfrage nach Wohnungen habe die Möglichkeit nicht erwogen werden müssen, daß ein Bauherrenmodell notleidend würde. Sie, die Antragsteller, seien davon ausgegangen, daß die Initiatorengruppe den Zwischenmieter letztlich fallenlassen werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.

1. Zutreffend hat das FG entschieden, daß die Zwischenvermietung der einen Eigentumswohnung der Antragsteller als Mißbrauch von Gestaltungen des Rechts (§ 42 AO 1977) zu beurteilen ist (vgl. zum Gestaltungsmißbrauch bei Zwischenvermietung nur einer Wohnung Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Februar 1987 V R 1/79, BFHE 149, 307, BStBl II 1987, 521 unter 3.), weil für die Einschaltung des Zwischenmieters - abgesehen von dem Ziel der Vorsteuererstattung - wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1987 V B 109/86, BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96).

Im Streitfall ist die Einschaltung des Zwischenmieters nicht bereits deswegen eine angemessene Rechtsgestaltung, weil er den Antragstellern ein über die erzielbare Marktmiete hinausgehendes Mietentgelt geboten hatte.

Eine Erklärung dafür, daß der Zwischenmieter bereit war, Verluste bei der auf fünf Jahre angelegten Vermietung hinzunehmen, kann nur darin gesehen werden, den Antragstellern den Zugang zum Vorsteuerabzug zu verschaffen. Dies war die den Antragstellern bekannte Aufgabe des Zwischenmieters im Rahmen der Durchführung des Bauherrenmodells. Die Antragsteller führen dazu in der Beschwerdeschrift aus, sie hätten die Bonität des Zwischenmieters ,,als Bestandteil des Funktionsträgermosaiks gesehen". Sie seien deshalb davon ausgegangen, ,,daß die Initiatorengruppe den Zwischenmie- ter letztlich niemals fallenlassen werde". Damit haben die Antragsteller an einer Gestaltung mitgewirkt, deren objektive Umstände sie als unangemessen i. S. v. § 42 Satz 1 AO 1977 erscheinen lassen. Der Gesetzgeber sieht als angemessene Gestaltung der Wohnungsvermietung an, daß die Wohnung unmittelbar an den Endmieter ohne Einschaltung eines gewerblichen Zwischenmieters vermietet wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. Februar 1989 V B 60/88, BFHE 155, 503, BStBl II 1989, 396; vom 4. August 1987 V B 16/87, BFHE 150, 478, BStBl II 1987, 756). Die bei Würdigung der objektiven Umstände den Wertungen des § 4 Nr. 12 a, § 9 Satz 1 UStG 1980 entgegenstehende Gestaltung wird nicht durch subjektive Umstände wie Unkenntnis oder Ausnutzung einer Gewinnchance beseitigt (vgl. Beschluß in BFHE 155, 503, BStBl II 1989, 396 unter II. 2. c).

Dementsprechend ist nicht die Vermietung an den Zwischenmieter, sondern die Vermietung an den Endmieter für die steuerliche Beurteilung der Vermietungsumsätze maßgebend. Diese sind gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980 steuerfrei; somit sind die aus Anlaß der Errichtung der Wohnung angefallenen Vorsteuerbeträge gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 vom Abzug ausgeschlossen (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1987 V B 61/87, BFHE 151, 251, BStBl II 1988, 45)

2. Ernstlich zweifelhaft i. S. des § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist jedoch, ob die Antragsteller dem Zwischenmieter Umsatzsteuer in Rechnung gestellt haben und diese nach § 14 Abs. 2 oder § 14 Abs. 3 UStG 1980 schulden.

Es ist bisher nicht festgestellt, daß sie in einer Rechnung über die in Teilleistungen zu erbringende Vermietung unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen haben. Ein Mietvertrag, in dem der monatliche Mietzins unter Angabe des darin enthaltenen Umsatzsteuerbetrages vereinbart worden ist, erfüllt die Voraussetzungen einer Rechnung i. S. des § 14 Abs. 2 und 3 UStG 1980 erst in Verbindung mit ergänzenden Belegen (Zahlungsbelege u. ä.), in denen die jeweiligen Leistungsabschnitte (Monate) angegeben worden sind (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 7. Juli 1988 V B 72/86, BFHE 154, 197, BStBl II 1988, 913 und BFH-Urteil vom 22. Juni 1989 V R 34/87, BFHE 158, 152, BStBl II 1989, 1007).

3. Die Vollziehung der Umsatzsteueränderungsbescheide ist somit in Höhe der für die Vermietungsleistung an den Zwischenmieter festgesetzten Umsatzsteuerbeträge auszusetzen, soweit das FA für diese Leistung Steuerbeträge fordert. Auszusetzen sind somit die im Tenor bezeichneten Beträge.

 

Fundstellen

BFH/NV 1992, 62

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