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BFH Beschluss vom 27.01.1988 - VII B 165/87 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabe einer gerichtlichen Entscheidung durch Niederlegung beim Postamt

 

Leitsatz (NV)

1. Die vorschriftsmäßige Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung durch Niederlegung beim Postamt bewirkt deren Bekanntgabe.

2. Der Vermerk des Postzustellers in der Postzustellungsurkunde, die Mitteilung über die Niederlegung beim Postamt sei in den Briefkasten des Adressaten eingelegt worden, begründet vollen Beweis der bezeugten Tatsache.

Zum Beweis der Unrichtigkeit dieser Tatsache ist der volle Nachweis eines anderen Geschehensablaufs erforderlich; ein bloßes Bestreiten reicht dazu nicht aus.

3. Zu den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Rechtsmittelfrist im Fall der Bekanntgabe einer gerichtlichen Entscheidung im Wege der Zustellung durch Niederlegung beim Postamt.

 

Normenkette

FGO § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1, § 129; ZPO §§ 182, 418; VwZG § 3 Abs. 3

 

Tatbestand

Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) hat gegen den Beschluß des Finanzgerichts (FG) vom 25. Mai 1987, durch den sein Antrag auf Prozeßkostenhilfe (PKH) für sein beim FG anhängiges Verfahren wegen Vollstreckungsaufschubs abgelehnt worden ist, mit Schriftsatz vom 10. Juli 1987, eingegangen beim FG am 10. Juli 1987, Beschwerde eingelegt und gleichzeitig beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Zur Begründung führt er folgendes aus: Der Beschluß des FG sei ausweislich des Briefumschlags am 23. Juni 1987 durch Niederlegung beim Postamt zugestellt worden. Eine entsprechende Benachrichtigung habe er - der Beschwerdeführer - nicht vorgefunden. Die Briefsendung, die den Beschluß enthalten habe, sei seiner Ehefrau anläßlich eines Aufenthalts im Postamt aus anderen Gründen übergeben worden, ohne daß diese irgendeine Benachrichtigung oder Mitteilung habe vorlegen müssen. Seine Ehefrau habe ihm die Sendung mit dem Beschluß des FG erst am 8. Juli 1987 ausgehändigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingelegt worden ist.

1. Die Beschwerdefrist nach § 129 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist am 7. Juli 1987 abgelaufen (§ 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - i. V. m. § 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -, § 187 Abs. 1 BGB).

a) Der Lauf der Beschwerdefrist hat - auch nach den Angaben des Beschwerdeführers - am 23. Juni 1987 begonnen, da die Bekanntgabe des Beschlusses an diesem Tag als bewirkt gilt (§ 54 Abs. 1 FGO). Für die Bewirkung der Bekanntgabe ist die Zustellung durch Niederlegung beim Postamt maßgebend; denn die Niederlegung ist eine Form der Zustellung (vgl. § 182 ZPO) und die vorschriftsmäßige Zustellung bewirkt die Bekanntgabe einer Entscheidung (vgl. Kühn/Kutter/ Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., FGO § 53 Anm. 1, § 54 Anm. 1).

Im Streitfall ist davon auszugehen, daß der Beschluß des FG vorschriftsmäßig zugestellt worden ist. Die Zustellung durch Niederlegung beim Postamt ist eine im finanzgerichtlichen Verfahren zulässige Art der Zustellung von Entscheidungen, gegen die ein Rechtsmittel innerhalb einer bestimmten Frist gegeben ist (§ 53 Abs. 2 FGO, § 3 Abs. 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG -, § 182 ZPO). Die Annahme, daß die Erfordernisse einer Zustellung durch Niederlegung beim Postamt nach § 182 ZPO nicht erfüllt worden seien, ist nicht gerechtfertigt. Das gilt auch für die Mitteilung über die Niederlegung.

In der vom Postbediensteten unterzeichneten Postzustellungsurkunde (PZU) ist dazu ausgeführt, dieser habe unter der Anschrift des Empfängers (Beschwerdeführer) die schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung - wie bei gewöhnlichen Briefen - in den Hausbriefkasten eingelegt. Daraus ist zu entnehmen, daß die Benachrichtigung über die Niederlegung den Anforderungen nach § 182 ZPO entspricht.

b) Die Einwendungen des Beschwerdeführers, er habe eine Mitteilung über die Niederlegung nicht vorgefunden und die Postsendung mit dem Beschluß des FG sei seiner Ehefrau anläßlich eines Aufenthalts im Postamt übergeben worden, rechtfertigen es nicht, die Angaben des Postbediensteten zur Mitteilung über die Niederlegung als unrichtig anzusehen.

Die PZU begründet als öffentliche Urkunde i. S. des § 418 Abs. 1 ZPO (§ 155 FGO) den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen, zu denen im Streitfall auch die Einlegung der Mitteilung über die Niederlegung in den Briefkasten des Beschwerdeführers gehört (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. November 1975 I R 157/73, BFHE 117, 344, 349, BStBl II 1976, 137, und Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 16. Mai 1986 4 CB 8.86, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 303, § 418 ZPO Nr. 5).

Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von derjenigen des V. Senats in dem Urteil vom 1. August 1984 V R 66/84 (BFHE 142, 102, BStBl II 1985, 110) ab, nach der die Beweiskraft einer PZU sich nicht auf die Erklärung des Postzustellers erstrecken soll, die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung sei unter der Anschrift des Empfängers in der bei gewöhnlichen Briefen ,,üblichen Weise" abgegeben worden. Der V. Senat hat seine Auffassung damit begründet, daß die ,,übliche Weise" keine - beweisbare - Tatsache, sondern eine Würdigung tatsächlicher und rechtlicher Art sei. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Denn im Streitfall hat der Postbedienstete den Ort, an den er die Mitteilung über die Niederlegung gelegt hat, genau bezeichnet. Nach seinen Angaben in der PZU hat er die Mitteilung in den Hausbriefkasten eingelegt, wie es bei gewöhnlichen Briefen üblich ist. Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem BVerwG in der Entscheidung vom 16. Mai 1986 (Buchholz, a.a.O.) der Auffassung, daß damit eine Tatsache bezeugt worden ist.

Zwar ist nach § 418 Abs. 2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit der durch die PZU bezeugten Tatsachen zulässig. Dazu ist aber der volle Nachweis eines anderen Geschehensablaufs erforderlich, was zur Voraussetzung hat, daß der abweichende Geschehensablauf substantiiert dargelegt wird; ein bloßes Bestreiten des vom Postbediensteten dargelegten Geschehensablaufs genügt dazu nicht (vgl. Urteil des BVerwG vom 16. Mai 1986, Buchholz, a.a.O.). Diesen Anforderungen genügen die Einwendungen des Beschwerdeführers nicht. Er hat lediglich behauptet, die Mitteilung über die Niederlegung nicht vorgefunden zu haben. Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit der Angaben des Postbediensteten in der PZU über die Mitteilung der Niederlegung sprechen, sind darin nicht enthalten. Es fehlt jeglicher Hinweis auch nur auf die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs. Allein die Tatsache, daß der Beschwerdeführer die Mitteilung nicht vorgefunden hat, spricht noch nicht dagegen, daß die Mitteilung entsprechend den Angaben des Postbediensteten in den Briefkasten des Beschwerdeführers gelangt ist.

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Beschwerdeführer nicht gewährt werden. Er hat keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten.

Aus der durch die PZU bewiesenen Tatsache, daß der Beschluß des FG dem Beschwerdeführer vorschriftsmäßig zugestellt worden ist, folgt, daß die Mitteilung über die Niederlegung dem Beschwerdeführer zugegangen ist und dieser infolgedessen die Möglichkeit hatte, von dem Beschluß Kenntnis zu nehmen (vgl. Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 12. März 1986 IVb ZB 115/85, Versicherungsrecht - VersR - 1986, 787). Auch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht zu entnehmen, daß er gleichwohl ohne Verschulden daran gehindert war, fristgerecht Beschwerde einzulegen. Dazu reicht es insbesondere nicht aus, daß der Beschwerdeführer von der - wie anzunehmen ist - in seinen Briefkasten gelangten Mitteilung über die Niederlegung tatsächlich keine Kenntnis erlangt hat. Das könnte eine Wiedereinsetzung nur dann rechtfertigen, wenn den Beschwerdeführer kein Verschulden daran treffen würde, daß er entsprechend seinem Vorbringen die Mitteilung nicht vorgefunden hat. Dazu hat der Beschwerdeführer aber nichts vorgetragen. Ist die Mitteilung jedoch, wie anzunehmen ist, in den Briefkasten des Beschwerdeführers gelangt, so ist zumindest nicht auszuschließen, daß er die Umstände zu vertreten hat, die dazu geführt haben, daß er - wie er behauptet - die Mitteilung nicht vorgefunden hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415578

BFH/NV 1988, 790

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