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BFH Beschluss vom 25.08.1997 - VIII B 81/96 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzung der Sachaufklärungspflicht wegen Übergehens von Beweisanträgen; Rüge eines Gehörverstoßes

 

Leitsatz (NV)

1. Die schlüssige Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise setzt u. a. die substantiierte Darlegung durch den Beschwerdeführer voraus, daß und inwieweit das angefochtene Urteil des FG -- ausgehend von dessen sachlich-rechtlicher Auffassung -- auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen könne und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre.

2. Zur schlüssigen Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör muß der Beschwerdeführer darlegen, inwiefern ihm das FG das rechtliche Gehör versagt habe, zu welchen dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen er sich nicht habe äußern können, was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, daß er keine Möglichkeit besessen habe, die Gehörsversagung schon beim FG zu beanstanden, oder daß er den Verfahrensverstoß vor dem FG gerügt habe, inwiefern durch sein -- lediglich infolge des Verfahrensfehlers unterbliebenes -- Vorbringen die Entscheidung des FG -- auch bei Zugrundelegung dessen materiell-rechtlicher Auffassung -- anders hätte ausfallen können.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Zu den Rügen der Verletzung der Sachaufklärungspflicht

a) Rüge des Übergehens des von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) gestellten Antrages, die Akten eines Parallelverfahrens beizuziehen.

aa) Die schlüssige Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise setzt u. a. die substantiierte Darlegung durch den Beschwerdeführer voraus, daß und inwieweit das angefochtene Urteil des FG -- ausgehend von dessen sachlich-rechtlicher Auffassung -- auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen könne und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre (vgl. z. B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §120 Rdnr. 40, m. w. N.; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnr. 226).

bb) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Kläger haben sich dieserhalb lediglich mit pauschalen und jeglicher Substantiierung entbehrenden Behauptungen darüber begnügt,

-- in dem Parallelprozeß ... sei mittels umfangreicher Beweisaufnahme geklärt worden und werde "ggf. noch ergänzend geklärt ... ", daß dem Kläger die betreffenden Gelder nicht gehört hätten,

-- die Akten dieses Parallelprozesses, in denen sich auch das Strafurteil befinde, beinhalteten den Beweisstoff, daß dem Kläger die Gelder nicht zuzurechnen seien,

-- die Behauptung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt -- FA --), die streitigen Guthaben stammten aus Schwarzeinnahmen des X-Betriebes, habe im Parallelverfahren durch die Vernehmung des Mitgesellschafters A und verschiedener anderer Umstände widerlegt werden können.

Diese unbestimmten Andeutungen reichen zur Darlegung des "Beruhenserfordernisses" nicht aus. Im Parallelverfahren geht bzw. ging es ausschließlich um die Frage, ob die streitigen Geldbeträge aus Betriebseinnahmen im Rahmen des Friseurgeschäfts stammten, nicht dagegen um das im hier vorliegenden Klageverfahren entscheidungserhebliche Problem, ob die Guthaben dem Kläger i. S. von §39 i. V. m. §159 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zuzurechnen waren. Beide Fragen sind entgegen der offenbar von den Klägern vertretenen Ansicht nicht notwendigerweise im gleichen Sinne zu beantworten. Schon deswegen durften sich die Kläger nicht mit einem jeglicher Konkretisierung ermangelnden Hinweis auf die gesamten Akten des Parallelverfahrens beschränken, sondern mußten die als Beleg ihrer Behauptungen in Betracht kommenden Aktenteile präzise benennen (vgl. auch Herrmann, a. a. O., Rdnr. 220). Dies ist nicht geschehen.

Mit Recht hat das FG in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß es dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger innerhalb der ihm gemäß §79 b Abs. 1 FGO gesetzten sechswöchigen Frist zuzumuten gewesen sei, die Akten des Parallelverfahrens zu sichten und die im hier vorliegenden Rechtsstreit erheblichen Tatsachen "ggf. unter Beantragung der Aktenbeiziehung" vorzutragen.

b) Aus denselben Gründen entspricht auch die Rüge der Kläger nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO, das FG habe die Akten des Parallelverfahrens auch ohne besonderen Beweisantritt seitens der Kläger von Amts wegen beiziehen müssen (vgl. z. B. Gräber/Ruban, a. a. O., §120 Rdnr. 40; Herrmann, a. a. O., Rdnr. 228).

2. Rüge der Verletzung des Rechts der Kläger auf Gehör

a) Zur schlüssigen Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör muß der Beschwerdeführer substantiiert darlegen,

-- inwiefern ihm das FG das rechtliche Gehör versagt habe,

-- zu welchen dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen er sich nicht habe äußern können,

-- was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte,

-- daß er keine Möglichkeit besessen habe, die Gehörsversagung schon beim FG zu beanstanden, oder daß er den Verfahrensverstoß vor dem FG gerügt habe,

-- inwiefern durch sein -- lediglich infolge des Verfahrensfehlers unterbliebenes -- Vorbringen die Entscheidung des FG -- auch bei Zugrundelegung dessen materiell-rechtlicher Auffassung -- anders hätte ausfallen können (Herrmann, a. a. O., Rdnr. 230).

b) Die Beschwerdebegründung genügt allen diesen Erfordernissen nicht einmal im Ansatz.

3. Rüge der unterlassenen Aussetzung des Verfahrens gemäß §74 FGO bis zur Entscheidung des Parallelverfahrens

Eine Verfahrensrüge genügt nur dann den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO, wenn der Beschwerdeführer u. a. substantiiert darlegt, daß das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. z. B. Gräber/Ruban, a. a. O., §120 Rdnr. 38, m. w. N., i. V. m. §115 Rdnr. 65; Herrmann, a. a. O., Rdnr. 219). Die Kläger hätten folglich schlüssig-konkrete Ausführungen darüber machen müssen, daß die angefochtene Vorentscheidung -- ausgehend von dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG (vgl. Gräber/Ruban, a. a. O., §120 Rdnr. 39, m. w. N.; Herrmann a. a. O., Rdnr. 219) -- anders hätte ausfallen können, wenn das FG bis zum (rechtskräftigen) Abschluß des Parallelverfahrens zugewartet hätte.

Dies haben die Kläger unterlassen.

Es mag deshalb offenbleiben, ob -- was das FG verneint hat -- die tatbestandlichen Voraussetzungen des §74 FGO für eine Aussetzung des Verfahrens vorgelegen haben und ob darüber hinaus -- was die Kläger ohne nähere Begründung angenommen haben -- das dem FG eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Aussetzungsentscheidung "auf 0 reduziert" war.

4. Rüge der Verletzung von Beweiserhebungsgrundsätzen

Soweit die Kläger beanstandet haben, das FG habe "die Möglichkeiten indirekter Beweisführung verkannt" und man könne -- durch Ausscheidung anderer Quellen, namentlich der vom FA behaupteten Schwarzeinnahmen -- "auch indirekt beweisen, daß einem bestimmte Gelder nicht gehören", richtet sich dieser Angriff gegen die vom FG vorgenommene Beweiswürdigung. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind indessen revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und vermögen regelmäßig (und auch hier) einen Verfahrensmangel nicht zu begründen (vgl. dazu z. B. Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rdnr. 28, m. w. N.).

5. Im übrigen wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von einer Begründung abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66769

BFH/NV 1998, 196

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