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BFH Beschluss vom 20.02.1992 - VIII B 151/90 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit von Verfahrensrügen

 

Leitsatz (NV)

Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzurechnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrevision entzogen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2-3

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Darlehensverträge mit steuerlicher Wirkung anzuerkennen sind und ob die Darlehensforderungen zum Betriebsvermögen der KG oder zum Privatvermögen der Gesellschafter gehören.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 1981 (12. Dezember 1985) und 1982 (8. Dezember 1987). Die dagegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) am 18. Oktober 1990 Beschwerde eingelegt, der das FG nicht abgeholfen hat.

Am 11. November 1991 erließ das FA einen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Gewerbesteuermeßbescheid betreffend das Jahr 1982. Dagegen hat die Beschwerdeführerin Einspruch eingelegt. Einen Antrag gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat sie nicht gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Soweit dieses Beschwerdeverfahren den Gewerbesteuermeßbescheid 1982 betrifft, war es auszusetzen (vgl. Beschluß zu VIII B 19/92). Hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens betreffend den Gewerbesteuermeßbescheid 1981 sind die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO nicht gegeben. Die beiden Verfahren waren daher gemäß § 73 FGO zu trennen.

Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision betreffend den Gewerbesteuermeßbetrag 1981 ist unzulässig.

1. a) Die Beschwerdeführerin kann mit dem Einwand, das FG habe zu Unrecht das streitige Darlehensverhältnis nach den Grundsätzen über die Beurteilung von Rechtsverhältnissen zwischen Ehegatten beurteilt, nicht gehört werden. Keine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO ist vorgetragen. Die Rüge, materielles Recht sei verletzt und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht oder nicht richtig beachtet, ist keine Darlegung einer Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 FGO).

b) Die Beschwerdeführerin kann auch mit ihrer Rüge, eine Äußerung des FG widerspreche den Grundsätzen der Beweiswürdigung, in diesem Verfahren nicht gehört werden. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzurechnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrevision entzogen (Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rdnr. 28).

Sollte in diesem Zusammenhang auch gerügt werden, daß das FG bei seiner Beweiswürdigung Teile des klägerischen Vortrags übergangen habe (d. h. gegen den Inhalt der Akten verstoßen habe, § 96 FGO), so fehlt es insoweit an der genauen Bezeichnung der Aktenteile, die das FG nicht berücksichtigt haben soll (BFH-Urteil vom 8. November 1973 V R 130/69, BFHE 110, 493, BStBl II 1974, 219).

2. a) Die Beschwerdeführerin rügt Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils vom BFH-Urteil vom 10. August 1988 IX R 220/84 (BFHE 154, 503, BStBl II 1989, 137). Die Rüge genügt nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Dazu ist darzutun, daß das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit dem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt (BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Die Beschwerdeführerin hat sich auf den Hinweis beschränkt, nach dem zitierten BFH-Urteil reiche es aus, ,,daß Vereinbarungen (neben anderen Voraussetzungen) ohne Schriftform klar und eindeutig getroffen sind".

b) Aus dem gleichen Grund genügt die Rüge, das FG weiche von der im sog. Mitunternehmererlaß zitierten Rechtsprechung des BFH ab, nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.

3. Die Beschwerdeführerin rügt ferner, für die Tatsache der Darlehensgewährung selbst, die Verzinslichkeit und Besicherung sei Beweis angeboten worden, den das FG nicht erhoben habe. Diese Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 76 FGO) genügt nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Es fehlt die Darlegung, daß das finanzgerichtliche Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (Gräber / Ruban, a. a. O., § 120 Rdnr. 38 m. w. N.). Dabei ist vom Rechtsstandpunkt des FG auszugehen (BFH-Urteil vom 7. Juli 1976 I R 218/74, BFHE 119, 274, BStBl II 1976, 621, zu I.). Das FG hat auf S. 10 des Urteils ausgeführt: ,,Insoweit hätte es jeodch eines genaueren Sachvortrages bedurft, welche Laufzeiten im einzelnen und welche genaue Verzinsung für die einzelnen Darlehensbeträge vereinbart worden sein sollen."

Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Ansicht, auf die Klärung der Laufzeit der einzelnen Tranchen und die jeweiligen Zinssätze komme es als ,,Marginalien" nicht an.

4. Die Beschwerdeführerin rügt, die Feststellung des FG, die KG habe nur einen Betrag ohne Zins zur Konkurstabelle angemeldet, sei unrichtig. Sollte das eine Rüge des Verstoßes gegen den Inhalt der Akten sein (§ 96 FGO), so genügt auch diese Rüge nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Einmal sind die Aktenteile, die das FG nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt hat, nicht genau bezeichnet (Urteil in BFHE 110, 493, BStBl II 1974, 219).

Ferner ist nicht konkret vorgetragen, welcher Zinsbetrag zur Konkurstabelle angemeldet worden sein soll.

5. Der Schriftsatz vom 15. November 1991 kann als Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berücksichtigt werden, soweit darin neue Gründe für die Zulassung der Revision vorgetragen werden; er ist nach Ablauf der Frist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO beim Revisionsgericht eingegangen (BFH-Beschluß vom 21. Juni 1968 III B 58/67, BFHE 93, 503, BStBl II 1969, 36).

Die Beschwerdeführerin geht in dem Schriftsatz allerdings zu Unrecht davon aus, sie habe in ihrer ersten Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 18. Oktober 1990 noch keine Verfahrensmängel gerügt. Sie hat dort, wie auch in dem späteren Schriftsatz vom 15. November 1991, Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 76 FGO) gerügt. Es kann dahinstehen, inwieweit das Vorbringen im Schriftsatz vom 15. November 1991 im übrigen neu oder nur Erläuterung und Vervollständigung ist (dazu Gräber / Ruban, a. a. O., § 115 Rdnr. 55). Auch in diesem Schriftsatz ist jedenfalls nicht dargetan, daß das finanzgerichtliche Urteil auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. oben zu 3.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418298

BFH/NV 1992, 616

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