Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Beschluss vom 13.11.2019 - VIII B 42/19 (NV) (veröffentlicht am 16.01.2020)

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungsanforderungen zum Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung bei verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Steuerbefreiung in § 3 Nr. 12 EStG

 

Leitsatz (NV)

Stützt sich ein Beschwerdeführer zur Begründung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache darauf, die bisherigen Kriterien des BFH zur Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit gleichheitswidriger Begünstigungsausschlüsse im Rahmen des Art. 100 Abs. 1 GG führten zu einer verfassungswidrigen Rechtsschutzlücke, muss er gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO substantiiert sowohl darlegen, welche Norm des einfachen Rechts aus welchen Gründen einen verfassungswidrigen Begünstigungsausschluss verursacht, als auch darlegen, aus welchen Gründen die in der Rechtsprechung zu Art. 100 Abs. 1 GG bislang herangezogenen Kriterien die behauptete Rechtsschutzlücke zur Folge haben.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 12; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Urteil vom 12.12.2018; Aktenzeichen 7 K 128/15; EFG)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12.12.2018 - 7 K 128/15 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

 

Gründe

Rz. 1

Die Beschwerde ist unzulässig.

Rz. 2

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legen die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrunds nicht hinreichend dar.

Rz. 3

a) Die Kläger werfen als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, "ob es im Zusammenhang mit der milden Einkommensbesteuerung der Bundestagsabgeordneten (vgl. § 3 Nr. 12 EStG in Verbindung mit § 12 AbgG), die durch Abgeordnete als Gesetzgeber geschaffen wurde, mit dem Demokratieprinzip (Artikel 20 GG) vereinbar ist, dass verfassungswidriges Staatshandeln partiell nicht zur Überprüfung gestellt werden kann oder ob nicht dem einkommensteuerpflichtigen Nichtabgeordneten die Möglichkeit eröffnet werden muss, seinen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen".

Rz. 4

b) Es wird nicht hinreichend dargelegt, dass diese Rechtsfrage im Streitfall klärungsfähig ist.

Rz. 5

aa) Die Darlegung der Voraussetzungen des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verlangt u.a. substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer zweifelhaften Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist. Macht ein Beschwerdeführer --wie die Kläger im Streitfall-- mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfassungsrechtliche Fragen als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung geltend, so erfordert die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik. Wird ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG geltend gemacht, ist auf naheliegende Gründe für und gegen die angegriffene Differenzierung einzugehen (vgl. zum Ganzen z.B. BFH-Beschluss vom 18.04.2017 - V B 147/16, BFH/NV 2017, 1052, Rz 8, 11, m.w.N.). Hat der BFH in einer früheren Entscheidung begründet, warum er eine Norm nicht für verfassungswidrig hält, muss in der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde dargelegt werden, warum eine erneute Klärung der Frage geboten sein könnte (BFH-Beschluss vom 06.03.2019 - VIII B 94/18, BFH/NV 2019, 935, Rz 4). Eine Rechtsfrage ist klärungsfähig, wenn sie in einem künftigen Revisionsverfahren für die Entscheidung des Streitfalls rechtserheblich ist (BFH-Beschluss vom 14.06.2017 - X B 118/16, BFH/NV 2017, 1437, Rz 28). Dies gilt auch für verfassungsrechtliche Fragen, die als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen werden.

Rz. 6

bb) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung des GG handelt, die Entscheidung des BVerfG einzuholen (Art. 100 Abs. 1 GG). Wie aus Art. 100 Abs. 1 GG folgt, ist der Prüfung der Entscheidungserheblichkeit eines Verfassungsverstoßes die Überzeugungsbildung des erkennenden Gerichts vorgelagert, ob es in dem zu entscheidenden Streitfall auf die Gültigkeit einer entscheidungserheblichen Norm des einfachen Rechts ankommt. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, nach welchem Maßstab die Entscheidungserheblichkeit eines Verfassungsverstoßes aufgrund eines behaupteten gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses im Rahmen einer "Richtervorlage" gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zu beurteilen ist, stellt sich danach erst und nur dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit der im Einzelfall entscheidungserheblichen Norm des einfachen Rechts (hier: des § 3 Nr. 12 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) überzeugt ist.

Rz. 7

cc) Für die Darlegungslast gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO bedeutet dies, dass ein Beschwerdeführer im Fall eines behaupteten gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses durch § 3 Nr. 12 EStG nach dem unter 1.b aa aufgezeigten Maßstab fundiert darlegen muss, dass (1) diese Regelung eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung entgegen Art. 3 Abs. 1 GG begründet und (2) für den Fall einer entsprechenden Überzeugungsbildung des Gerichts auch ungeklärte Fragen nach dem zutreffenden Maßstab für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit dieses Verfassungsverstoßes im Rahmen des Art. 100 Abs. 1 GG aufgeworfen sind. Im Streitfall fehlt es jedoch an der notwendigen fundierten Darlegung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Kläger durch § 3 Nr. 12 EStG.

Rz. 8

aaa) Der Kläger, dessen tatsächliche Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung des Streitjahres für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit vollständig berücksichtigt worden sind, hat vor dem Finanzgericht (FG) den Abzug weiterer pauschal ermittelter und nicht nachgewiesener Betriebsausgaben in Höhe von 2.000 € begehrt, was das FG ihm versagt hat. Er rügt eine Benachteiligung gegenüber Abgeordneten, bei denen die gemäß § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei gestellte Abgeordnetenpauschale mangels entsprechender tatsächlicher Aufwendungen im Ergebnis zu einer überschießenden Steuerbefreiung der Einkünfte führe. Hierin sieht der Kläger eine eigene verfassungswidrige Benachteiligung, da er als Nichtabgeordneter seine steuerpflichtigen Einkünfte nicht um eine Betriebsausgabenpauschale mindern dürfe, die seinen tatsächlichen Aufwand übersteige.

Rz. 9

Die Begründung der Beschwerde lässt im Weiteren aber die erforderliche vertiefte Auseinandersetzung zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 3 Nr. 12 EStG mit der von der klägerischen Sichtweise abweichenden Rechtsprechung des BVerfG (vgl. Beschluss vom 26.07.2010 - 2 BvR 2227/08, 2 BvR 2228/08, BVerfGK 17, 438) vermissen. Das BVerfG hat unter Rz 8 in diesem Beschluss ausgeführt, es sei gerade nicht offensichtlich, dass die Abgeordnetenentschädigung im Kern nicht nur tatsächlich entstandenen Aufwand ausgleiche und den Abgeordneten eine ungerechtfertigte Steuerfreistellung ihrer Einkünfte vermittle. Die Tatsache, dass es sich dabei nicht um die Entscheidung eines der beiden Senate des BVerfG, sondern um einen Kammerbeschluss handelt, entbindet die Kläger nicht von der Notwendigkeit, sich zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken mit dessen Inhalt auseinanderzusetzen (BFH-Beschluss vom 19.12.2003 - II B 152/02, BFH/NV 2004, 533). Dementsprechend genügt es nicht, dass die Kläger zur Begründung der Beschwerde im Streitfall lediglich darauf verweisen, diesem Beschluss des BVerfG komme keine gesetzliche Bindungswirkung entsprechend § 31 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes zu. Zudem fehlt jedenfalls auch eine vertiefte Diskussion der Vereinbarkeit des § 3 Nr. 12 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG im Fall eines behaupteten gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses anhand des Schrifttums.

Rz. 10

bbb) Es ist angesichts der bestehenden Rechtsprechung des BVerfG zu dieser Frage auch nicht ersichtlich, dass die Vereinbarkeit des § 3 Nr. 12 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses eine Rechtsfrage aufwirft, die von offenkundiger grundsätzlicher Bedeutung ist, und deshalb das Verlangen, konkrete Angaben zur Grundsätzlichkeit der Sache zu machen, eine unnötige Förmelei bedeutete, sodass von der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung ausnahmsweise abgesehen werden könnte (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 19.10.1993 - VII B 154/93, BFH/NV 1994, 835).

Rz. 11

ccc) Da die grundsätzliche Bedeutung der Frage, ob § 3 Nr. 12 EStG zu einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss führt, nicht hinreichend dargelegt wird, fehlt es auch an einer schlüssigen Erläuterung, dass die von den Klägern im Streitfall ausschließlich aufgeworfene Rechtsfrage zu Art. 100 Abs. 1 GG im Streitfall klärungsfähig und grundsätzlich bedeutsam ist (vgl. unter 1.b cc).

Rz. 12

2. Es stellt auch keinen Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn das FG eine Vorlage des Rechtsstreits an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG unterlässt, weil er nicht von der Verfassungswidrigkeit der zugrundeliegenden Rechtsnorm überzeugt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 18.05.2011 - VII B 195/10, BFH/NV 2011, 1743, Rz 11, m.w.N.; vgl. auch BVerfG-Urteil vom 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11, BVerfGE 138, 64).

Rz. 13

3. Der Senat sieht von einer Darstellung des Tatbestands und einer weiteren Begründung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Rz. 14

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13604051

BFH/NV 2020, 234

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung
haufe-product

Meistgelesene Beiträge
  • Frotscher/Geurts, EStG § 18 Selbständige Arbeit / 11.1.1 Betriebseinnahmen
    1
  • Frotscher/Geurts, EStG § 5 Gewinn bei Kaufleuten und bei ... / 4.1 Allgemeines
    1
  • Geschenke / 5 Wertbestimmung
    1
  • IFRS 01 - Erstmalige Anwendung der International Financi ... / [IAS 1]
    1
  • Schadensersatz / 1.4 Schadensersatz wegen Diskriminierung
    1
  • Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 21 Besondere Vorschrift ... / 11.3 Rechtsbehelfsverfahren
    1
  • Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 4 Nr. 20 [Theater, Orch ... / 2.2 Andere Unternehmer
    1
  • Verhaltenskodex: Wichtiges Element für das Compliance-Ma ... / 2 Beteiligungsrechte des Betriebsrats
    1
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Finance
Die neuen Regelungen im Insolvenzrecht: Handbuch Insolvenz
Handbuch Insolvenz
Bild: Haufe Shop

Das Buch stellt die Verfahrensabläufe bei Eintritt einer Insolvenz verständlich dar und gibt Antworten auf alle praxisrelevanten Fragen. Zahlreiche Beispiele, Mustertexte und besonders gekennzeichnete Tipps helfen Ihnen, Fehler zu vermeiden und Haftungsrisiken zu minimieren.


BFH X B 60/07 (NV)
BFH X B 60/07 (NV)

  Entscheidungsstichwort (Thema) Nichtaufhebung des FG-Urteils trotz Änderungsbescheids im Beschwerdeverfahren; Anforderung an die Rügen der grundsätzlichen Bedeutung und Divergenz bei den Höchstbeträgen des Sonderausgabenabzugs für ...

4 Wochen testen


Newsletter Finance
Newsletter Steuern und Buchhaltung

Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Für Praktiker im Rechnungswesen
  • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
  • Alles rund um betriebliche Steuern
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Zum Finance Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Lexware rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Rechnungswesen Shop
Rechnungswesen Produkte Buchführung Software und Bücher Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen Produkte zu Kostenrechnung Produkte zur IFRS-Rechnungslegung Haufe Shop Buchwelt

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren