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BFH Beschluss vom 12.07.1988 - IX B 188/87 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlust des Rügerechts der Befangenheit

 

Leitsatz (NV)

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, bereits die schriftliche Klagebegründung bei dem FG eingereicht und Anträge gestellt hat.

 

Normenkette

FGO § 51 Abs. 1 S. 1; ZPO § 43

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), vertreten durch ihre Prozeßbevollmächtigten, erhob mit Schriftsatz vom 23. Juni 1987, der am 24. Juni 1987 beim Finanzgericht (FG) einging, gegen den Ergänzungsbescheid vom 18. Juli 1985 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 1987 Klage. In dem Schriftsatz war der Streitgegenstand nicht bezeichnet und kein konkreter Antrag gestellt worden. Er enthielt keine Begründung und ihm war keine schriftliche Prozeßvollmacht beigefügt. Der Berichterstatter - Richter am FG A - forderte die Prozeßbevollmächtigten mit der am 8. Juli 1987 zugestellten Verfügung vom 1. Juli 1987 auf, die Mängel der Klage zu beseitigen. Die Prozeßbevollmächtigten legten mit Schriftsatz vom 15. Juli 1987 eine schriftliche Prozeßvollmacht der Klägerin vor und baten um Fristverlängerung bis zum 10. September 1987 für die Klagebegründung. Ihren Fristverlängerungsantrag begründeten sie damit, daß der Unterzeichner des Schriftsatzes, der Steuerberater B, noch in derselben Woche in Urlaub gehe und ihm eine vorherige Bearbeitung aus anderweitigen Terminsgründen nicht möglich sei. Der Berichterstatter setzte daraufhin mit Verfügung vom 21. Juli 1987 gemäß Art. 3 § 3 Nrn. 1 bis 3 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (VGFGEntlG) der Klägerin eine Frist bis zum 10. August 1987

,,a. zur vollständigen Angabe der Tatsachen, die ihrer Ansicht nach bei der Entscheidung berücksichtigt werden müssen; b. zur Stellungnahme zu den in der o. a. Verfügung (vom 1. Juli 1987) als aufklärungsbedürftig bezeichneten Punkten;

c. zur Vorlage von Urkunden (Verträge, Korrespondenz, Belege, sonstige Schriftstücke) bzw. anderer zur Niederlegung bei Gericht geeigneter Gegenstände und genauen Bezeichnung aller sonstigen für die Entscheidung bedeutsamen Beweismittel (Zeugen mit ladungsfähiger Anschrift)."

Am 29. Juli 1987 ging ein von dem der Sozietät angehörenden Prozeßbevollmächtigten C unterzeichneter Schriftsatz beim FG ein, in welchem um die Verlängerung der bis zum 10. August 1987 gesetzten Frist bis zum 31. August 1987 gebeten wurde. Die Angelegenheit werde von dem Steuerberater B bearbeitet, der erst Mitte August aus dem Urlaub zurückerwartet werde. Diesen Fristverlängerungsantrag lehnte der Berichterstatter mit Verfügung vom 29. Juli 1987 ab und es wurde auf den 24. August 1987 Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Die Ladung wurde den Prozeßbevollmächtigten lt. Postzustellungsurkunde (PZU) am 4. August 1987 zugestellt. Am 6. August 1987 ging ein vom Prozeßbevollmächtigten C unterzeichneter Schriftsatz beim FG ein, der die Klagebegründung und einen Antrag der Klägerin enthielt.

Mit Schreiben vom 18. August 1987 hat die Klägerin den Berichterstatter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung ihres Ablehnungsgesuchs verwies sie auf die beim Präsidenten des FG eingelegte ,,Aufsichtsbeschwerde" vom 17. August 1987 und trug darüber hinaus vor:

,,Der durch nichts gerechtfertigte massive Termindruck, das völlige Ignorieren der berechtigten und begründeten Fristenbitten und die rechtsfehlerhafte Anwendung des Entlastungsgesetzes haben bei uns und der Klägerin den Eindruck erzeugt, daß der Herr Berichterstatter aufgrund des ersten aufsichtlichen Beschwerdeverfahrens (im Verfahren V 72/86) voreingenommen und befangen ist."

In seiner dienstlichen Äußerung erklärte sich der Berichterstatter nicht für befangen. Der Senat des FG wies den Befangenheitsantrag als unbegründet zurück. Die von der Klägerin gegen den Berichterstatter geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit sei nicht gegeben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

Der Beschluß des FG lasse jede Auseinandersetzung mit der Besorgnis der Klägerin vermissen.

Es sei nach wie vor für die Klägerin nicht einsehbar, daß eine über den August 1987 hinausgehende Frist nicht vertretbar gewesen sein soll. Es sei nur eine Fristverlängerung um weitere knappe drei Wochen erbeten worden. Das Aussetzungsverfahren habe Monate gedauert. Daher sei es unverständlich, daß im Hauptsacheverfahren die Sache so eilig betrieben und auf den Urlaub des Prozeßsachbearbeiters keine Rücksicht genommen worden sei. Daraus ergebe sich bei der Klägerin der dringende Verdacht, daß beim Berichterstatter Befangenheit vorliege, da seitens der Klägerin gegen diesen bereits einmal ein dienstaufsichtliches Verfahren eingeleitet worden sei. Dieser Eindruck werde noch dadurch verstärkt, daß der Berichterstatter in seiner dienstlichen Äußerung vorgetragen habe, dies procedere lasse den Eindruck beabsichtigter Prozeßverzögerung aufkommen. Allein dieser unbegründete Vorwurf der beabsichtigten Prozeßverzögerung an die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin könne und müsse bei ihr höchste Besorgnis der Befangenheit auslösen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß die Aufhebung des Beschlusses des FG, mit dem der Befangenheitsantrag abgelehnt wurde.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Der Beschwerde muß der Erfolg versagt bleiben. Das FG hat das Ablehnungsgesuch im Ergebnis zutreffend als unbegründet zurückgewiesen.

Eine Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit hat Erfolg, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Gründe für ein solches Mißtrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, daß der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung wirklich von Voreingenommenheit beeinflußt ausfiele. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung des angeführten objektiven Maßstabs Anlaß hat, Voreingenommenheit zu befürchten (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Juli 1985 V B 3/85, BFHE 144, 144, BStBl II 1985, 555). Maßgebend ist zwar die Sicht des Ablehnenden; ihr kann jedoch nur insoweit Rechnung getragen werden, als die Besorgnis der Befangenheit nachvollziehbar ist.

Es kann hier dahinstehen, ob die von der Klägerin beanstandeten Fristsetzungen eine Voreingenommenheit gegenüber der Klägerin erkennen und eine Befangenheit des Richters am FG A besorgen lassen. Denn die Klägerin hat ihr Rügerecht verloren (§ 51 FGO i. V. m. § 43 ZPO). Eine Partei kann danach einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Die Klägerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 5. August 1987 die angeforderte Klagebegründung eingereicht und Anträge gestellt, ohne die Befangenheit zu rügen (vgl. dazu Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., München 1987, § 51 Rz. 32; Zöller / Vollkommer, Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, Kommentar, 15. Aufl., Köln 1987, § 43 ZPO Tz. 4).

Das gilt auch, soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 31. August 1987 - eingegangen beim FG am 1. September 1987 - ihre Besorgnis der Befangenheit zusätzlich auf die dienstliche Äußerung des Berichterstatters stützt. Denn die Klägerin hat ihre Sachanträge im Schriftsatz vom 24. September 1987 wiederholt und weiter begründet.

Damit hat die Klägerin das Ablehnungsrecht gegen den Richter am FG A verloren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415884

BFH/NV 1989, 237

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