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BFH Beschluss vom 11.04.1997 - V B 135/96 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzliche Bedeutung und Verfahrensmängel

 

Leitsatz (NV)

Zu den Voraussetzungen der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und der Bezeichnung von Verfahrensmängeln (hier: Verletzung des rechtlichen Gehörs, Nichtberücksichtigung von Aktenteilen, Verletzung der Sachaufklärungspflicht).

 

Normenkette

FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3, § 119 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde 1973 in der Schweiz gegründet und hatte dort ihren Sitz. Seit 1986 befindet sie sich in der Liquidation.

Entgegen den für die Jahre 1980 bis 1984 und 1986 eingereichten Steuererklärungen setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) die Umsatzsteuer für diese Jahre und zusätzlich für das Jahr 1985 (Streitjahre) auf Null DM fest. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vertrat das FA die Auffassung, die Klägerin sei keine Unternehmerin gewesen. Sie habe zu keiner Zeit einen Geschäftsbetrieb unterhalten. Weder in X (Inland) noch in Y (Inland) habe sie Geschäftsräume gehabt, von denen aus sie am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen habe.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei nicht in der Lage gewesen, die behaupteten Umsätze auszuführen. Sie sei in der Schweiz bloße Domizilgesellschaft ohne eigene Geschäftstätigkeit gewesen. In ihrer bei ihrem Prozeßbevollmächtigten in X geführten Repräsentanz sei kein eigener Geschäftsbetrieb möglich gewesen. Sie habe auch nicht substantiiert dargelegt, daß sie in Y in den Räumen der ... -GmbH Umsätze ausgeführt habe.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und wegen Verfahrensfehlern.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist gegeben, wenn über eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und einheitlichen Handhabung des Rechts berührt (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 20. April 1977 I B 65/76, BFHE 122, 119, BStBl II 1977, 608). In der Beschwerdeschrift ist die grundsätzliche Bedeutung darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die grundsätzliche Bedeutung ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn der Beschwerdeführer substantiierte und konkrete Angaben darüber macht, aus welchen Gründen die erstrebte Revisionsentscheidung der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung dienen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 3. Februar 1987 V B 99/86, BFH/NV 1987, 312). Wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung begehrt, ist die Prüfung auf die vom Beschwerdeführer dargelegten Rechtsfragen beschränkt (BFH-Beschluß vom 6. August 1986 II B 53/86, BFHE 147, 219, BStBl II 1986, 858).

Die Klägerin hat keine Rechtsfrage herausgestellt (Nr. 6 der Beschwerdeschrift, im folgenden BS genannt). Sie hat sich auf die Beschreibung des Rechtsstoffes, der den rechtlichen Rahmen für die Entscheidung der Streitsache bildet, beschränkt und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur behauptet. Den Ausführungen der Klägerin kann nicht entnommen werden, daß, in welchem Umfang und aus welchen Gründen eine Rechtsfrage umstritten ist und worin die Bedeutung einer Entscheidung zu dieser Rechtsfrage durch den BFH für die Fortentwicklung des Rechts im Hinblick auf die Rechtsprechung -- insbesondere des BFH -- oder auf gewichtige Auffassungen im Schrifttum zu sehen ist.

2. Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, kann die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls keinen Erfolg haben. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist, wenn die Beschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gestützt wird (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), der Verfahrensmangel zu bezeichnen. Die Tatsachen, die dem Mangel zugrunde liegen sollen, sind so vollständig anzugeben, daß es dem Revisionsgericht möglich ist, allein anhand der Beschwerdeschrift zu prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die Behauptungen zutreffen.

Die Klägerin hat in diesem Sinne keinen Verfahrensmangel bezeichnet.

a) Sie hat ausdrücklich als Verfahrensmangel Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt. Zur schlüssigen Erhebung einer solchen Rüge gehört, daß substantiiert dargelegt wird, wozu sich der Beteiligte nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Außerdem muß dargelegt werden, daß bei Berücksichtigung des angeblich nicht beachteten Sachvortrags eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre. Ferner hat der Beschwerdefüher vorzutragen, inwieweit er alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, sich das rechtliche Gehör vor dem FG zu verschaffen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 119 Rz. 13, mit Nachweisen zur Rechtsprechung).

Die Rüge der Klägerin erfüllt nicht diese Anforderungen. Sie macht geltend, sie habe sich zu den Ermittlungen des Bundesamtes für Finanzen (Briefkastenfirma ohne eigenen Telefonanschluß; Massendomizil), zu der vom FG in Bezug genommenen "Handelsauskunft" und zu der offenbar aufgrund eines Handelsregisterauszugs getroffenen Feststellung des FG, sie sei seit 1981 in Liquidation, nicht äußern können (Nr. 2, 3, 9, 13 f, 15 c BS). Im Rahmen dieses Vorbringens legt die Klägerin nicht dar, daß bei Berücksichtigung ihres Sachvortrags eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre. Außerdem fehlt es an der Darlegung, inwieweit sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, sich das rechtliche Gehör vor dem FG zu verschaffen, insbesondere warum sie aufgrund Einsicht in die vom FG zum Verfahren beigezogenen Akten des FA nicht in der Lage gewesen sei, zum Akteninhalt Stellung zu nehmen.

b) Die Klägerin macht ferner geltend, das FG habe die dem FA übersandte "Beschwerdeschrift des Generalbevollmächtigten" nicht berücksichtigt (Nr. 11, 20 BS). Dieses Vorbringen könnte dahin zu verstehen sein, daß hiermit die Nichtbeachtung des § 96 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz FGO geltend gemacht wird, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluß vom 2. September 1987 II B 86/87, BFH/NV 1988, 785). Die Rüge der Verletzung dieser Vorschrift muß die gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erfüllen.

Daß ein entsprechender Mangel vorliege, wird von der Klägerin nicht mit der erforderlichen Schlüssigkeit dargelegt. Es fehlt an der Darlegung, zu welchen Akten das übergangene Schriftstück gelangt ist, wann dies geschehen ist und wieso das FG es hätte berücksichtigen können.

c) Die Klägerin rügt ferner Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG. Das FG habe unterlassen, festzustellen, daß sie auf Messen aufgetreten und in Fachzeitschriften behandelt worden sei (Nr. 11 BS), Leistungen bezogen und Umsätze aus geführt habe (Nr. 13 d, 15 a, b, 21 BS), der Liquidationszustand am ... 1982 wieder aufgehoben worden sei (Nr. 15 c BS), sie immer unter ihrem Namen aufgetreten sei (Nr. 7 BS), in der Schweiz eigene Büroräume gehabt (Nr. 8 BS) bzw. ihre Geschäfts tätigkeit im Büro eines Rechtsanwalts abgewickelt (Nr. 13 c BS) und jeweils dort einen eigenen Telefonanschluß gehabt habe (Nr. 13 c BS), Büroraum und Telefon auch in Y zur Verfügung gestanden hätten (Nr. 17, 18 BS).

Mit diesem Vorbringen genügt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht den formellen Anforderungen aus § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels. Da die Klägerin sinngemäß geltend macht, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, wären darzulegen gewesen:

die ermittlungsbedürftigen Tatsachen,

die nicht verwendeten Beweismittel sowie die entsprechenden Beweisthemen,

aufgrund welcher Anhaltspunkte im schriftsätzlichen Vorbringen oder sonst in den Akten des FG die Beweiserhebung sich dem FG hätte aufdrängen müssen,

das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme,

inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann,

daß die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte.

Die Beschwerdeschrift der Klägerin genügt diesen Anforderungen ordnungsgemäßer Darlegung nicht. Zu keinem der von ihr angeführten Sachverhaltspunkte hat sie sämtliche Darlegungsvoraussetzungen erfüllt.

d) Soweit die Klägerin vorträgt, das FA habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt (Nr. 12, 13, 16 BS), macht sie keinen Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend. Verfahrensmängel sind nur Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts.

e) Soweit die Klägerin rügt, das FG habe den Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend gewürdigt (Nr. 4, 5, 10, 13 a bis f BS), macht sie keinen Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern einen Verstoß gegen Grundsätze der Beweiswürdigung geltend, die dem materiellen Recht angehören (vgl. BFH-Beschluß vom 23. August 1985 IV B 52/85, BFH/NV 1986, 739). Derartige Mängel rechtfertigen, selbst wenn sie vorliegen, nicht die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 785

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