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BFH Beschluss vom 09.12.1969 - VII B 127/69

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Leitsatz (amtlich)

Die Steuergerichte können nicht durch einstweilige Anordnung die Verpflichtung aussprechen, einen Bewerber zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zuzulassen.

 

Normenkette

FGO § 114

 

Tatbestand

Im Klageverfahren wegen Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter beantragte der Beschwerdeführer, ein Diplom-Kaufmann, beim FG den Erlaß einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, ihn vorläufig unter dem Vorbehalt des Obsiegens im Hauptprozeß, in dem die Nichtzulassung des Beschwerdeführers zur Prüfung 1969 als Steuerbevollmächtigter streitig ist, zur Steuerbevollmächtigtenprüfung 1969 zuzulassen. Das FG lehnte durch Beschluß vom 1. September 1969 den Antrag ab, weil im Fall der Stattgabe die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen würde. Das StBerG vom 16. August 1961 (BGBl I S. 1301) lasse eine vorläufige Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung mit gutem Grunde nicht zu.

Mit der Beschwerde macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend: Ein endgültiger Rechtsschutz könne im Streitfall nur durch eine endgültige Zulassung zur Prüfung gewährt werden; er, der Beschwerdeführer, begehre jedoch nur eine vorläufige Zulassung zur Prüfung. Ohne Obsiegen im Hauptverfahren würde der vorläufig zugelassene Prüfling die Prüfung "nie bestanden haben" können. Im allgemeinen Verwaltungsrecht seien vorläufige Zulassungen, z. B. zum Abitur, durchaus üblich. Der Beschwerdeführer begehrt erneut, ihn vorläufig zur Steuerbevollmächtigtenprüfung 1969 zuzulassen.

Die OFD hält den ablehnenden Beschluß des FG für zutreffend. Sie beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Eine einstweilige Anordnung nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO kann das FG (§ 114 Abs. 2 FGO) treffen, um einen vorläufigen Zustand in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zu regeln, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

Eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO regelt ihrem Wesen nach nur vorläufig ein streitiges Rechtsverhältnis, insbesondere zur Vermeidung von Nachteilen für einen Beteiligten. Die einstweilige Anordnung ist dann nicht zulässig, wenn sie das Ergebnis der Entscheidung in der Hauptsache praktisch vorwegnehmen und damit dieser endgültig vorgreifen würde (vgl. Entscheidungen des BVerfG Bd. 7 S. 99 [105]; BFH 96, 455, 458 letzter Absatz; Beschluß des erkennenden Senats VII B 72/66 vom 5. August 1969, BStBl II 1969, 676; Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts II C 146.55 vom 30. Oktober 1955, Deutsches Verwaltungsblatt 1956 S. 445; FG Rheinland-Pfalz, Urteil I 235 a/66 vom 2. September 1966, EFG 1967, 100, 101 Nr. 108). Eine einstweilige Anordnung darf nicht dahin ergehen, einen Verwaltungsakt zu erlassen, zu dessen Erlaß die Verwaltungsbehörde erst durch Urteil auf Verpflichtungsklage verurteilt werden kann (Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung, Kommentar, 9 zu § 114 FGO). So liegt es aber im Streitfall, wie das FG zutreffend ausgeführt hat. Würde der Beschwerdeführer vorläufig zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zugelassen werden und würde er die Prüfung bestehen, so würde er auf Grund dieses Nachweises der Befähigung zu dem Beruf des Steuerbevollmächtigten nach rechtsstaatlichen Grundsätzen auch als Steuerbevollmächtigter zu bestellen sein (vgl. auch § 4 Abs. 2 StBerG, und Mattern, Deutsche Steuerzeitung, Ausgabe A 1966 S. 338 I 4). Durch die vorläufige Zulassung wäre also für den Fall des Bestehens der Prüfung eine endgültige Rechtslage geschaffen. Die Regelung des § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO dient aber nach ihrem klaren Wortlaut wie nach ihrem Sinn und Zweck nur zur Regelung eines vorläufigen Zustands.

Ob im Schulwesen, z. B. bei dem Abitur, andere Grundsätze gelten können, wie der Beschwerdeführer geltend macht, ist im Streitfall nicht zu prüfen. Es liegt hier rechtlich und tatsächlich anders. Für den Streitfall gelten die Vorschriften des StBerG, mithin eine Spezialregelung für das steuerrechtliche Prüfungswesen, die eine vorläufige Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung nicht vorsieht. Es bedarf im Streitfall auch nicht eines Eingehens auf die vom Beschwerdeführer angezogene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin VII A 20.68 vom 17. Februar 1968 (Die Öffentliche Verwaltung 1968 S. 700); dort handelte es sich um einen völlig anderen Sachverhalt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68734

BStBl II 1970, 222

BFHE 1970, 575

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