Leitsatz (amtlich)
Keine Bestimmung des zuständigen Gerichts bei Klagehäufung von Ansprüchen, die teils als Familiensache und teils als Nichtfamiliensache zu behandeln sind.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, §§ 260, 621 Abs. 1 Nr. 8; GVG § 23 Nr. 1, § 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 9, § 71 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Kempten (Aktenzeichen 2 O 795/02) |
Tenor
I. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Bestimmungsverfahrens.
III. Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird auf 172.068 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger war der Ehemann der 1998 verstorbenen A., die zuletzt im Amtsgerichtsbezirk Lindau wohnhaft war. Die Verstorbene hat ihren Ehemann von der Erbschaft ausgeschlossen und ihre vier Kinder, einen Enkel und eine Schwiegertochter zu Erben berufen. B., über dessen Vermögen 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Insolvenzverwalter ist der in M. ansässige Beklagte zu 1), sowie die im Amtsgerichtsbezirk Wangen (Baden-Württemberg) wohnhafte Beklagte zu 2) und die im Amtsgerichtsbezirk Lindau wohnhafte Beklagte zu 3) sind jeweils Miterben zu einem Anteil von 15 % geworden. Der Nachlass besteht vor allem aus Grundbesitz, der überwiegend im Amtsgerichtsbezirk Lindau gelegen ist.
Mit der Klage macht der Kläger gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Zugewinnausgleichsansprüche i.H.v. 499.653,31 Euro und Pflichtteilsansprüche i.H.v. 188.617,94 Euro, insgesamt 688.271,25 Euro (1.346.141,50 DM), geltend. Der Kläger hat gegen B. und die Beklagten zu 2) und 3) einen Mahnbescheid erwirkt, gegen den diese Widerspruch eingelegt haben. Das Mahngericht hat den Rechtsstreit an das LG Kempten abgegeben, das im Mahnbescheidsantrag als für das streitige Verfahren zuständig bezeichnet worden war. Das LG wies die Parteien darauf hin, dass für das Verfahren über den Zugewinnausgleichsanspruch das FamG ausschließlich zuständig sei, während der Pflichtteilsanspruch im allgemeinen Streitverfahren behandelt werden müsse, ohne dass eine Verbindung beider Verfahren in Betracht käme. Daraufhin rügte die Beklagte zu 2) die sachliche Zuständigkeit des LG Kempten, soweit der Kläger seine Ansprüche auf Zugewinnausgleich geltend macht. Der Kläger berief sich auf den Gerichtsstand der Erbschaft, der beim LG Kempten gegeben sei, und beantragte hilfsweise, das gemeinschaftlich zuständige Gericht gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu bestimmen. Das LG legte die Akten dem OLG München zur Zuständigkeitsbestimmung vor, das die Akten an das BayObLG weiterleitete.
II.1. Das BayObLG ist zur Entscheidung über das Gesuch berufen (§ 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO), weil die Beklagten zu 1) und 3) ihren allgemeinen Gerichtsstand bei einem bayerischen Gericht haben, während die Beklagte zu 2) ihren allgemeinen Gerichtsstand bei einem Gericht in Baden-Württemberg hat, und das in Bayern gelegene LG Kempten zuerst mit der Sache befasst war.
2. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts liegen nicht vor.
Der Kläger verlangt zum einen den sich aus § 1371 Abs. 2, 3 BGB ergebenden Zugewinnausgleich, zum anderen seinen Pflichtteil gem. § 2303 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1371 Abs. 2 Halbsatz 2 BGB. Für den Anspruch auf Zugewinnausgleich ist gem. § 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 9 GVG, § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO das AG als FamG ausschließlich zuständig. Die Zuständigkeit für die Streitigkeit über das Pflichtteilsrecht richtet sich dagegen nach den allgemeinen Bestimmungen über die Zuständigkeit in vermögensrechtlichen Streitigkeiten (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG).
Gemäß § 260 ZPO können mehrere Ansprüche des Klägers, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, nur dann in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist. Diese Voraussetzungen sind aber im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil von Gesetzes wegen für den in ausschließlicher Zuständigkeit des FamG geltend zu machenden Zugewinnausgleichsanspruch (§ 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO) eine andere Prozessart vorgesehen ist, als für den im allgemeinen Streitverfahren zu verfolgende Pflichtteilsanspruch (Nichtfamiliensache). Eine Verbindung einer Nichtfamiliensache mit einer Familiensache ist mit Ausnahme der Sonderfälle von § 621a Abs. 2, § 623 ZPO nicht möglich (BGH NJW 1979, 426 [427]; BGH v. 8.7.1981 – IVb ARZ 532/81, MDR 1982, 43 = NJW 1981, 2417 [2418]; OLG Frankfurt v. 4.1.1988 – 1 UFH 20/87, FamRZ 1988, 734 [735]; Zöller/Philippi,§ 621 Rz. 59 [100]).
Eine auf den Pflichtteilsanspruch bzw. Zugewinnausgleichsanspruch beschränkte Zuständigkeitsbestimmung ist nicht beantragt, sie käme auch im Hinblick auf den gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand der Erbschaft (§ 27 bzw. § 28 ZPO) nicht in Betracht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 1987, 757). Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird gem. § 3 ZPO entspr. dem Interesse des Klägers, die Beklagten bei demselben Gericht zu verklagen, auf einen Bruchteil des Wertes der Hauptsache festgesetzt (vgl. BayObLG v. 31.8.1995 – 1Z AR 37...