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BAG Urteil vom 16.10.1991 - 5 AZR 35/91

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinsvergünstigungen während des Erziehungsurlaubs

 

Leitsatz (redaktionell)

Es bestehen Bedenken gegen die Wirksamkeit einer Vereinbarung, wonach während der Dauer des Erziehungsurlaubs weitergewährte Zinsvergünstigungen für Arbeitgeberdarlehen rückwirkend entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis nach § 19 BErzGG zum Ende des Erziehungsurlaubs gekündigt wird.

 

Normenkette

AGBG § 5; BGB § 315; BErzGG § 19; ZPO § 62 Abs. 1; AGBG § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 29.11.1990; Aktenzeichen 5 Sa 1200/90)

ArbG Wesel (Entscheidung vom 10.07.1990; Aktenzeichen 1 Ca 995/90)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin auch während des Erziehungsurlaubs Zinsvergünstigungen für von der Beklagten gewährte Darlehen zustehen.

Die Klägerin war seit dem 1. August 1977 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 2.800,-- DM als Angestellte beschäftigt. Am 4. November 1985 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann einerseits und die beklagte Verbandssparkasse andererseits drei Darlehensverträge zu Sonderkonditionen ab, die die Beklagte ihren Mitarbeitern gewährt.

In den zwei über 135.000,-- DM und 39.000,-- DM abgeschlossenen Darlehensverträgen heißt es übereinstimmend:

"1.1. Verzinsung: Das Darlehen ist mit 4,0 v.H.

jährlich zu verzinsen ...

3. Besondere Vereinbarungen

Über eine Zinsänderung wird informiert.

Hinsichtlich der Dauer der Sonderkon-

ditionen gelten die Bestimmungen des Orga--

Handbuches 33342 in der Fassung vom

1.7.1984."

Im dritten Darlehensvertrag über 34.000,-- DM ist u.a. festgelegt:

I.

"1. Das Darlehen wird zinslos gewährt.

Beim Ausscheiden der Schuldner aus den

Diensten der Verbandssparkassse G ist

das Darlehen vom Tage des Ausscheidens ab

mit dem jeweiligen Zinssatz für Sparkassen-

hypotheken zu verzinsen ...

V.

12. Im übrigen gelten für die Gewährung des Ar-

beitgeberdarlehens die "Richtlinien für die

Gewährung von Arbeitgeberdarlehen der Spar-

kasse - in der jeweiligen Fassung -" ent-

sprechend."

In der bei Abschluß der Darlehensverträge gültigen Fassung des Organisationshandbuches vom 1. Juli 1984 heißt es unter anderem:

"3.4

Dauer der Begünstigung

- bis Ausscheiden aus Dienst Sparkasse; ..."

Das mit Wirkung zum 19. Mai 1989 an dessen Stelle getretene Organisationshandbuch der Beklagten bestimmt u.a.:

"3.4

Dauer der Begünstigung

- bis Ausscheiden aus Dienst Sparkasse

...

- bis Beginn einer Beschäftigung ohne Bezüge,

wenn nach Beendigung einer solchen Beschäfti-

gung ohne Bezüge kein dauerhaftes Beschäfti-

gungsverhältnis erhalten bleibt, z.B.:

- Nach Bundeswehrzeit Beschäftigungsverhältnis

bei anderem Arbeitgeber oder Studium/nach Be-

endigung Mutterschaftsurlaub Ausscheiden aus

dem Dienst bei der Sparkasse

..."

Die Klägerin brachte am 6. Oktober 1989 ihr zweites Kind zur Welt. Für die Zeit nach der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuschG nahm sie Erziehungsurlaub nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG - in Anspruch. Mit Schreiben vom 29. Dezember 1989 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum Ende des Erziehungsurlaubs. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann unter dem 4. Januar 1990 mit, daß der Anspruch auf Sonderkonditionen für die Darlehensverträge vom 4. November 1985 mit Beginn des Erziehungsurlaubes erloschen sei, und berechnete ab diesem Datum die üblichen variablen Zinsen, die sich für den gesamten Erziehungsurlaub auf 8.732,-- DM beliefen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihr die Sonderkonditionen bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gewähren. Die Zinsvergünstigungen seien keine Sachleistungen der Beklagten, sondern führten zu einer Ersparnis von Aufwendungen bei ihr, der Klägerin. Zweck der Gewährung sei die Belohnung für Betriebstreue, so daß der Anspruch bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses bestehe. Entgegenstehende Regelungen der Beklagten verstießen gegen § 15 Abs. 4 und § 19 BErzGG.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,

der Klägerin für die Darlehensverträge

Nr. 6170179, Nr. 6260152 und Nr. 7230055, jeweils

vom 4. November 1985, die Sonderkonditionen für

Dienstkräfte der Sparkasse vom 5. Dezember 1989

bis zum 5. Januar 1991 in vollem Umfange zu ge-

währen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen: Da die Sonderkonditionen mit einem Deputat vergleichbar seien, sei der Anspruch darauf während des Erziehungsurlaubes suspendiert. Sie habe mit ihnen keine Betriebstreue belohnen wollen, was daran zu ersehen sei, daß die Gewährung von keiner Mindestbetriebszugehörigkeit abhängig sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision, mit der die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Sonderkonditionen für die der Klägerin und ihrem Ehemann gewährten Darlehen trotz der Kündigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Erziehungsurlaubes fortbestanden haben.

I. Die den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO genügende Feststellungsklage ist nicht etwa deshalb abzuweisen, weil Darlehensnehmer nicht nur die Klägerin, sondern auch ihr Ehemann ist. Ein Fall notwendiger Streitgenossenschaft (§ 62 Abs. 1 ZPO) liegt nicht vor. Weder "kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden" (§ 62 Abs. 1, 1. Alt. ZPO) noch "ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grunde eine notwendige" (§ 62 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Mit letzterem sind bei Leistungsklagen die Fälle gemeint, in denen die mit der Klage geforderte Leistung entweder nur gemeinschaftlich verlangt oder nur gemeinschaftlich erbracht werden kann, so daß eine Einzelklage aus Gründen des materiellen Rechts abgewiesen werden müßte (BAGE 42, 398, 402 = AP Nr. 51 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Die Klägerin und ihr Ehemann sind im Hinblick auf die Pflicht zur Rückzahlung und Verzinsung Gesamtschuldner. Wie sich aus § 421 BGB ergibt, ist aber eine Gesamtschuld nicht gemeinschaftlich zu erbringen bzw. zu erfüllen. Da also die Beklagte die Klägerin und ihren Ehemann nicht notwendig gemeinschaftlich in Anspruch nehmen muß, kann auch die Klägerin allein auf die Feststellung des Bestehens bestimmter Darlehensbedingungen klagen.

II. Die Klage ist schon deshalb begründet, weil die Regelungen des Organisationshandbuches vom 19. Mai 1989, auf die sich die Beklagte stützt, nicht Gegenstand der Darlehensverträge geworden sind.

Das Landesarbeitsgericht hat diese Frage dahinstehen lassen, die Verträge also insoweit nicht ausgelegt. Bei den Darlehensverträgen und den darin enthaltenen Verweisungsklauseln handelt es sich um typische Vertragsklauseln. Diese können vom Revisionsgericht selbständig und unbeschränkt ausgelegt werden, wenn der festgestellte Sachverhalt dies ermöglicht. Das ist insbesondere dann zu bejahen, wenn es - wie hier - um die Auslegung von Urkunden geht und besondere Umstände des Einzelfalles, die der Auslegung eine bestimmte Richtung geben könnten, nicht in Frage stehen (BAG in ständiger Rechtsprechung, z.B. BAGE 6, 321, 344, 345 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Friedenspflicht, zu II 4 der Gründe; BAG Urteil vom 7. Dezember 1956 - 1 AZR 135/55 - AP Nr. 3 zu § 62 RegelungsG; BAG Urteil vom 4. März 1961 - 5 AZR 169/60 - AP Nr. 21 zu § 611 BGB Gratifikation; BAGE 55, 53 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

1. In den beiden Darlehensverträgen über 135.000,-- DM und 39.000,-- DM heißt es unter 3 - Besondere Vereinbarungen -, daß hinsichtlich der Dauer der Sonderkonditionen ... die Bestimmungen des Orga-Handbuches 33342 in der Fassung vom 1. Juli 1984 gelten. Eine Auslegung dieser in das Vertragsformular eingefügten "besonderen Vereinbarungen" dahin, daß sämtliche Bestimmungen des Organisationshandbuches in der jeweils gültigen Fassung maßgebend sein sollen, scheidet aus. Ein etwaiger dahingehender Wille der Beklagten war für die Klägerin nicht erkennbar.

Hinsichtlich der Dauer der Begünstigung heißt es in der ursprünglichen Fassung des Handbuches nur "bis Ausscheiden aus Dienst Sparkasse". Damit ist die rechtliche Beendigung der vertraglichen Beziehungen gemeint, nicht etwa die tatsächliche Einstellung der Arbeit. Da die Klägerin erst mit dem Ende des Erziehungsurlaubs ausgeschieden ist, konnte die Beklagte aufgrund dieser Verträge erst für die Zeit danach höhere Zinsen verlangen.

Auf die Frage, ob das Organisationshandbuch, das offenbar auch interne Anweisungen an die Kreditsachbearbeiter enthält, wegen seiner Unübersichtlichkeit überhaupt Vertragsinhalt werden konnte, kam es danach nicht mehr an.

2.a) Der Vertrag über das zinslose Darlehen von 34.000,-- DM enthält unter Ziff. I.1 bereits die Regelung, daß "beim Ausscheiden der Schuldner aus den Diensten der Verbandssparkasse G ... das Darlehen vom Tage des Ausscheidens ab mit dem jeweiligen Zinssatz für Sparkassenhypotheken zu verzinsen" ist. Nach Ziff. V.12 des Vertrages gelten "im übrigen die 'Richtlinien ... in der jeweiligen Fassung' entsprechend". Diese Klausel legt der Senat so aus, daß sich die Verweisung nur auf die Punkte erstreckt, zu denen der Vertrag keine Regelungen enthält, also nicht auf die Dauer der zinslosen Gewährung. Das bedeutet: Hinsichtlich der Dauer der Begünstigung gilt allein Ziff. I.1 des Vertrages. Danach endet die Begünstigung (erst) mit dem Ausscheiden aus dem Dienst, womit wiederum die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemeint ist. Diese ist nicht mit Beginn, sondern erst mit Ende des Erziehungsurlaubes eingetreten.

b) Selbst wenn man auch die Auslegung für vertretbar hielte, daß damit auf sämtliche Bestimmungen der Richtlinien verwiesen wird, ist das Ergebnis kein anderes. Denn zumindest ist das Vertragswerk in diesem Punkt unklar. Diese Unklarheit geht zu Lasten der Beklagten.

Der Darlehensvertrag über 34.000,-- DM ist von den Parteien nicht ausgehandelt, sondern von der Beklagten vorformuliert worden. Es handelt sich also um allgemeine Geschäftsbedingungen. Für diese war bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen - AGBG (1. April 1977 - §30 AGBG) allgemein anerkannt, daß etwaige Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Aufstellers gehen (vgl. nur BGHE 5, 111, 115; 62, 83, 88, 89, m.w.N.). Heute ergibt sich dieser Auslegungsgrundsatz aus § 5 AGBG. Nach § 23 Abs. 1 AGBG findet dieses Gesetz auf Arbeitsverträge keine Anwendung. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß allgemeine Rechtsgedanken, die im AGB-Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben, auch für Arbeitsverhältnisse gelten (BAGE 46, 50, 55 = AP Nr. 9 zu § 339 BGB). Dazu gehört insbesondere die bereits vor dem Inkrafttreten des AGBG allgemein anerkannte Unklarheitenregel. Diese gilt auch für Formulararbeitsverträge (MünchKomm/Kötz, BGB, Bd. 1, 2. Aufl., § 23 AGBG Rz 2; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 6. Aufl., § 23 Rz 4 a). Es kann also hier dahinstehen, ob § 5 AGBG auf Darlehensverträge über Arbeitgeberdarlehen unmittelbar anzuwenden ist.

Zumindest ist unklar, auf welche Bestimmungen verwiesen wird. Es ist daher von der - für die Klägerin günstigeren - engeren Auslegung auszugehen. Somit ist Ziff. 3.4 des Organisationshandbuches vom 19. Mai 1989 auch auf das zinslos gewährte Darlehen nicht anwendbar.

c) Schließlich erweist sich diese Bestimmung des Organisationshandbuches vom 19. Mai 1989 im vorliegenden Fall auch deshalb als unanwendbar, weil die Änderung der Darlehensbedingungen nicht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) entspricht.

Nach Ziff. V.12 des Darlehensvertrages gelten die Richtlinien "in der jeweiligen Fassung". Dadurch wird der beklagten Sparkasse ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB eröffnet (BAGE 55, 53 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 2. Februar 1988 - 3 AZR 115/86 - AP Nr. 25 zu § 5 BetrAVG). Das ist rechtlich zulässig.

Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen im Sinne von § 315 BGB, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (BAGE 47, 238, 249 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A II 2 der Gründe; BAG Urteil vom 25. Oktober 1989 - 2 AZR 633/88 - AP Nr. 36 zu § 611 BGB Direktionsrecht = DB 1990, 2026). Werden Kürzungen von Verdienstbestandteilen überprüft, so wird vielfach formuliert, es müßten sachliche Gründe dafür vorliegen (BAG Urteile vom 9. Juni 1967 - 3 AZR 352/66 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Lohnzuschläge, zu 3 der Gründe und vom 30. August 1972 - 5 AZR 140/72 - AP Nr. 6 zu § 611 BGB Lohnzuschläge, zu 3 und 4 der Gründe; BAG Urteil vom 22. August 1979 - 5 AZR 769/77 - AP Nr. 11 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung).

Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Dabei kommt dem Revisionsgericht ein unbeschränktes Überprüfungsrecht zu (vgl. die Urteile des Senats vom 28. November 1984, BAGE 47, 238, 249 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A II 2 der Gründe; vom 19. Juni 1985 - 5 AZR 57/84 - AP Nr. 11 zu § 4 BAT; BAGE 55, 53 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Allerdings ist die Billigkeitskontrolle in erster Linie Aufgabe der Tatsacheninstanzen, weil es bei ihr darum geht, die besonderen tatsächlichen Gegebenheiten eines Falles festzustellen und zu würdigen. Stehen die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen jedoch fest, so ist das Revisionsgericht in der Lage, die Beurteilung selbst vorzunehmen (BAG Urteil vom 8. Juni 1982 - 3 AZR 661/79 - AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung, zu 3 der Gründe; Urteil des Senats vom 19. Juni 1985 - 5 AZR 57/84 - AP Nr. 11 zu § 4 BAT, zu A II 2 a der Gründe). Das ist hier der Fall. Weitere Umstände, die bei der Prüfung anhand des Maßstabes des § 315 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen sind, liegen nicht vor.

Die Änderung der Darlehensrichtlinien hält der Billigkeitskontrolle nicht stand. Das ergibt sich aus folgendem: Nach den zur Zeit des Abschlusses der Darlehensverträge anzuwendenden Richtlinien (Ziff. 3.4) endete die Begünstigung erst mit dem Ausscheiden aus dem Dienst der Beklagten. Danach wäre die Klägerin für die Zeit des Erziehungsurlaubs auch dann in den Genuß der Zinsvergünstigung gekommen, wenn sie zum Ende des Erziehungsurlaubs gekündigt hätte. Nach den neuen Richtlinien (Ziff. 3.4) dauert die Begünstigung dagegen nur "bis Beginn einer Beschäftigung ohne Bezüge, wenn nach Beendigung einer solchen Beschäftigung ohne Bezüge kein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis erhalten bleibt, z.B.: nach Bundeswehrzeit Beschäftigungsverhältnis bei anderem Arbeitgeber oder Studium/nach Beendigung Mutterschaftsurlaub Ausscheiden aus dem Dienst bei der Sparkasse ..."

Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die Voraussetzungen dieser Vorschrift auch dann gegeben sind, wenn - wie im Streitfall - die Erziehungsgeldberechtigte von ihrem Sonderkündigungsrecht nach § 19 BErzGG Gebrauch macht. Danach käme die Erziehungsgeldberechtigte für die Zeit des Erziehungsurlaubs nur noch dann in den Genuß der Zinsvergünstigung, wenn sie das Arbeitsverhältnis nach dem Erziehungsurlaub fortsetzt, also nicht zum Ende des Erziehungsurlaubs kündigt. Damit verschlechterten sich die Darlehensbedingungen nach Abschluß des Darlehensvertrages und Auszahlung des Darlehens in einem zentralen Punkt, nämlich dem, für welchen Zeitraum der Kredit zinslos gewährt wird. Mit einer solchen Verschlechterung nach Darlehensgewährung brauchte die Klägerin nicht zu rechnen. Diese Änderung der Darlehensbedingungen ist daher unbillig mit der Folge, daß Ziff. 3.4 der Richtlinien vom 19. Mai 1989 auch aus diesem Grunde hier nicht anwendbar ist.

d) Auf die - vom Landesarbeitsgericht verneinte - Frage, ob eine derartige Klausel wirksam vereinbart werden kann, kommt es daher nicht mehr an.

Jedoch sei darauf hingewiesen, daß an der Gültigkeit der Klausel im Hinblick auf § 19 BErzGG erhebliche Zweifel bestehen. Diese ergeben sich nicht in erster Linie daraus, daß die Beklagte für die Zeit des Erziehungsurlaubes keine Zinsvergünstigung mehr gewähren will, oder daraus, daß die Beklagte damit einen Anreiz dafür schafft, daß die Erziehungsgeldberechtigte ihr Sonderkündigungsrecht aus § 19 BErzGG nicht ausübt. Die Zweifel ergeben sich vielmehr aus der besonderen Ausgestaltung der Klausel. Nach Ziff. 3.4 der Richtlinien vom 19. Mai 1989 endet die Begünstigung mit dem Beginn des Ruhenszeitraums nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis danach nicht fortgesetzt wird. Der Beendigungszeitpunkt bleibt also bis zum Ende des Ruhenszeitraums in der Schwebe. Wird das Arbeitsverhältnis fortgesetzt, so bleibt es bei der zinslosen Begünstigung. Wird es nicht fortgesetzt, entfällt diese. Damit hat Ziff. 3.4 dieselben Auswirkungen wie eine Klausel, wonach bei Ausübung des Sonderkündigungsrechts eine Rückzahlungsverpflichtung besteht. Das ist im Hinblick auf § 19 BErzGG bedenklich. Allerdings hat der Senat mit Urteil vom 17. Juli 1969 (5 AZR 499/68 - AP Nr. 67 zu § 611 BGB Gratifikation) entschieden, daß eine Vereinbarung, wonach eine freiwillig gewährte Gratifikation zurückzuzahlen ist, wenn der Arbeitnehmer auf eigenes Verlangen demnächst ausscheidet, auch für den Fall gilt, daß die Mutter von ihrem Sonderkündigungsrecht nach § 10 Abs. 1 MuSchG Gebrauch macht. Diese Grundsätze sind hier nicht anwendbar. Denn die genannte Bestimmung enthält keine allgemeine Rückzahlungsklausel, sondern eine solche, die nur für Arbeitnehmer gelten soll, bei denen die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis geruht haben, also insbesondere auch für Mütter, die Erziehungsurlaub genommen haben. Diese Frage bedarf aber im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung.

III. Nach alledem erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als richtig, so daß die Revision zurückzuweisen war. Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Reinecke

Kreienbaum Dr. Kappes

 

Fundstellen

Haufe-Index 440060

DB 1992, 1000 (LT1)

EBE/BAG 1992, 60-62 (LT1)

ARST 1992, 124-125 (LT1)

JR 1992, 484

JR 1992, 484 (S)

NZA 1992, 793

NZA 1992, 793-795 (LT1)

ZAP, EN-Nr 484/92

AP § 19 BErzGG (LT1), Nr 1

AR-Blattei, ES 570 Nr 3 (LT1)

EzA § 19 BErzGG, Nr 1 (LT1)

EzBAT, Zinsvergünstigungen Nr 1 (LT1)

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