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BAG Urteil vom 06.04.1977 - 4 AZR 721/75

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Leitsatz (amtlich)

  • In einer Ausgleichsquittung kann der Arbeitnehmer auch auf seine Ansprüche aus dem KSchG wirksam verzichten (im Anschluß an BAG AP Nr. 36 zu § 3 KSchG).
  • Ein derartiger Verzicht kann auch noch nach Rechtshängigkeit der Kündigungsschutzklage und Beginn des Kündigungschutzprozesses erklärt werden. Jedoch sind dann an die Eindeutigkeit der entsprechenden Verzichtserklärung besonders strenge Anforderungen zu stellen.
  • Eine derartige Verzichtserklärung kann im Wege der Anfechtung (§§ 119 und 123 BGB) sowie der Kondiktion (§ 812 Abs. 2 BGB) in ihren Rechtswirkungen wieder beseitigt werden.
 

Normenkette

KSchG 1969 § 4; BGB §§ 119, 123, 142, 812; ZPO § 306

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 08.10.1975; Aktenzeichen 6 Sa 8/75)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 8. Oktober 1975 – 6 Sa 8/75 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der 41 Jahre alte, schwerbehinderte Kläger stand ab 2. Januar 1973 als Meister und Leiter der Montageabteilung in den Diensten der Beklagten. Ihm unterstanden durchschnittlich 16 Arbeitnehmer. Der Kläger bezog zuletzt ein monatliches Bruttogehalt von 2.200,-- DM. Nachdem die Hauptfürsorgestelle dazu unter dem 6. August 1974 ihre Zustimmung erteilt hatte, kündigte die Beklagte mit Zustimmung des Betriebsrates mit Schreiben vom 13. August 1974 das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30. September 1974 auf.

Mit seiner am 23. August 1974 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 18. September 1974 zugestellten Klage hat der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit dieser Kündigung unter Berufung auf das KSchG begehrt. Die Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht fand am 24. September 1974 statt. Am 30. September 1974 unterzeichnete der Kläger im Betriebe der Beklagten eine auf einem vorgedruckten Formular ausgefüllte Ausgleichsquittung des nachfolgenden Wortlautes:

“Ausgleichs – Quittung

Name: Werner P… geboren am 25.7.35 beschäftigt vom 1.12.1972 bis 30.9.74

Ich scheide am 30.9.1974 aus der Firma… aus und bestätige hiermit, daß ich meine Angestelltenversicherungskarte Nr.…, meine Lohnsteuerkarte für das Jahr 1974,

für das Urlaubsjahr 74 25 Urlaubstage.…

zusätzliches Urlaubsgeld für 25 Urlaubstage

DM 1.213,25

das mir noch zustehende restliche Arbeitsentgelt in Höhe von brutto

DM 2.136,00

../. Abzüge laut gesonderter Aufstellung

DM 378,95

netto

DM 1.757,05

+ nachber. vier Tage Urlaub 73

DM 362,90

richtig erhalten habe und daß damit sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrunde, ausgeglichen sind. Gegen die Kündigung werden von mir keine Einwendungen erhoben. Ich erkläre ausdrücklich, diese Bescheinigung sorgfältig gelesen zu haben.”

Im Termin vor dem Arbeitsgericht vom 2. Dezember 1974 hat der Kläger seine vorstehende Erklärung zu gerichtlichem Protokoll wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Der Kläger hat vorgetragen, die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Seinem Klagebegehren stehe die Ausgleichsquittung nicht entgegen. Er habe am Tage der Abgabe dieser Erklärung im Betriebe der Beklagten lediglich seine Arbeitspapiere und seine restlichen Bezüge in Empfang nehmen wollen. Die Beklagte hätte erkennen müssen, daß er seinen Kündigungsschutzprozeß habe weiterführen wollen. In rechtswidriger Weise habe sie den Umstand ausgenutzt, daß er bei Erteilung der Ausgleichsquittung nur durchschnittliche Aufmerksamkeit habe walten lassen. Mehr könne von ihm in dieser Lage auch nicht verlangt werden. Den ihm abverlangten Verzicht auf Kündigungsschutz habe er nicht erkennen können. Unter diesen Umständen stelle sich das Verhalten der Beklagten ihm gegenüber sogar als arglistig dar. Zudem sei seine auf Erteilung der Ausgleichsquittung gerichtete Willenserklärung infolge seiner Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen. Demgemäß hat der Kläger beantragt

festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 13. August 1974 nicht aufgelöst ist und über den 30.9.1974 fortbesteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, vorliegend bedürfe es keines Eingehens auf die Kündigungsgründe, da der Kläger aufgrund der von ihm erteilten Ausgleichsquittung keinerlei Einwendungen mehr gegen die Kündigung erheben könne. Die Ausgleichsquittung sei auch rechtswirksam. Dem Kläger sei nämlich vor seiner Unterschriftsleistung ausdrücklich eröffnet worden, daß seine Unterschrift einen Anspruchsverzicht beinhalte. Anfechtungsgründe aus § 119 BGB und § 123 BGB bestünden nicht. Die Kündigung sei auch betriebsbedingt und damit sozial gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 6.600,-- DM festgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme bei unverändertem Streitwert die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Nach seinem Lebensalter, der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit und der Zahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer genießt der Kläger Kündigungsschutz nach dem KSchG (§ 1 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG a.F.). Er hat seine Kündigungsschutzklage auch binnen der Frist des § 4 KSchG erhoben (§ 496 Abs. 3 ZPO), wovon das Landesarbeitsgericht mit Recht ausgegangen ist.

Das Landesarbeitsgericht hat sich mit den von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründen nicht auseinandergesetzt, sondern die Berufung des Klägers mit Rücksicht auf den Inhalt seiner im Tatbestand dargestellten Ausgleichsquittung zurückgewiesen. Dazu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, in dieser Ausgleichsquittung habe der Kläger ausdrücklich und eindeutig zu verstehen gegeben, daß er gegen die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung keine Einwendungen mehr erhebe. Mit der Vorlage der vorentworfenen Ausgleichsquittung habe die Beklagte dem Kläger gegenüber auch nicht arglistig gehandelt, zumal der Kläger noch ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, daß seine Unterschrift einen Anspruchsverzicht zur Folge habe. Auch sei der Kläger zum gründlichen Durchlesen seiner Erklärung aufgefordert worden. Der Kläger müsse daher seine Ausgleichsquittung auch im vorliegenden Prozeß gegen sich gelten lassen. Gründe für eine Anfechtung nach § 119 BGB oder nach § 123 BGB seien weder aus dem Parteivorbringen ersichtlich noch bewiesen worden. Dagegen sprächen auch die Begleitumstände.

Diese rechtliche Beurteilung des Landesarbeitsgerichts ist sowohl in der Begründung als auch im Ergebnis zutreffend. Da sich die vom Kläger erteilte Ausgleichsquittung auf einem vorgedruckten und von der Beklagten ausgefüllten Formular befindet und entsprechende Formulare in der Branche der Beklagten in B… üblicherweise verwendet werden, handelt es sich bei dem vorentworfenen Angebot der Beklagten und seiner Annahme durch den Kläger um einen “typischen Vertrag”, der durch das Revisionsgericht selbständig und unbeschränkt ausgelegt werden kann (vgl. den ähnlich gelagerten Fall BAG AP Nr. 36 zu § 3 KSchG).

Hat aber der Kläger in seiner Ausgleichsquittung mit seiner Unterschrift bestätigt, daß nicht nur alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, sondern auch diejenigen

“aus seiner Beendigung ausgeglichen sind”,

und schließt sich unmittelbar daran die weitere ausdrückliche Erklärung des Klägers an

“Gegen die Kündigung werden von mir keine Einwendungen erhoben”,

so ist daraus mit dem Landesarbeitsgericht zu folgern, daß der Kläger gegen die Kündigung keinerlei sachliche Einwendungen mehr erheben und mithin auf seine entsprechenden Rechte aus dem KSchG verzichten wollte. Ein derartiger Verzicht ist auch rechtlich unbedenklich möglich, wie sich schon daraus ergibt, daß der unter das KSchG fallende Arbeitnehmer eine ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung einfach dadurch wirksam werden lassen kann, daß er die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG ohne Klageerhebung verstreichen läßt und damit die Rechtswirkungen des § 7 dieses Gesetzes herbeiführt. Daraus folgt zugleich, daß, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht annimmt, ein derartiger Verzicht auch im Wege der Erteilung einer Ausgleichsquittung erfolgen kann (vgl. BAG AP Nr. 36 zu § 3 KSchG; Auffarth-Müller, KSchG, § 1 Anm. 19; Hueck, KSchG, 9. Aufl., § 1 Anm. 164; Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. I S. 625; Maus, KSchG, § 1 Rdnr. 132; Müller, Bernd, BB 1976, S. 1467; Staudinger-Nipperdey-Neumann, Dienstvertrag, 11. Aufl., Anm. 110 vor § 620, grundsätzlich wohl auch Herschel in Arbeitsrechts-Blattei, Kündigungsschutz, Anm. zu der Entscheidung Nr. 113; a.A. Frey, AuR 1970, S. 160), wobei im Schrifttum allerdings unterschiedlich strenge Anforderungen an die Eindeutigkeit der entsprechenden Erklärung gestellt werden. Wenn indessen vorliegend der Kläger ausdrücklich erklärt hat, daß auch seine Ansprüche aus der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ausgeglichen sind und seinerseits “gegen die Kündigung keine Einwendungen erhoben werden”, so entspricht das nicht nur den für einen entsprechenden Verzicht von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernissen (vgl. auch dazu BAG AP Nr. 36 zu § 3 KSchG), sondern auch den strengsten diesbezüglichen Anforderungen im Schrifttum (vgl. Staudinger-Nipperdey-Neumann wie zuvor, sowie Frohner, AuR 1975, S. 108 [110]). Ob etwas anderes dann gilt, wenn der Arbeitnehmer die Verzichtserklärung schon vor Ablauf der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG abgibt (so Herschel, aaO), kann vorliegend dahingestellt bleiben, da der Kläger hier die Ausgleichsquittung erst erhebliche Zeit nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG erteilt hat.

Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Auslegung mit Recht nach § 157 BGB auch die Begleitumstände mitgewürdigt, die ihrerseits, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend folgert, eine gegenteilige Auslegung im Sinne des klägerischen Vortrages keineswegs rechtfertigen. Das folgt schon daraus, daß nach dem Ergebnis der vom Landesarbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme dem Kläger ausdrücklich gesagt worden ist, daß seine Unterschrift unter die vorentworfene Ausgleichsquittung zu Rechtsverlausten führt und daß der Kläger zudem nach den weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vor seiner Unterschriftsleistung auch zum genauen Durchlesen der Erklärung angehalten worden ist.

Schließlich hat das Landesarbeitsgericht auch zutreffend angenommen, daß der Kläger in seiner Ausgleichsquittung nur auf seine materiellen Rechte gegenüber der Kündigung verzichtet hat und deswegen die Klage als unbegründet und nicht etwa als prozessual unzulässig betrachtet (vgl. dazu die Anmerkung von Hueck zu BAG AP Nr. 36 zu § 3 KSchG sowie Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl., S. 682), wobei ein wirksamer prozessualer Verzicht ohnehin aus den Gründen des § 306 ZPO in der mündlichen Verhandlung vor Gericht hätte erklärt werden müssen.

Wie das Landesarbeitsgericht mit Recht weiter hervorhebt, kann demgegenüber bei der Eindeutigkeit des Inhalts seiner Erklärung der Kläger nicht erfolgreich einwenden, er habe der Beklagten nur den Empfang seiner Arbeitspapiere und seiner restlichen Bezüge bestätigen wollen. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er habe bei Erteilung der Ausgleichsquittung nur “durchschnittliche Aufmerksamkeit” aufgewendet. Dem stehen schon die das gesamte Privatrecht beherrschenden Grundsätze der §§ 276 und 254 BGB entgegen, wonach jedermann bei seinem tatsächlichen Verhalten und erst recht bei Rechtshandlungen mit Rücksicht auf die übrigen Rechtsgenossen und seine eigenen Belange grundsätzlich die verkehrserforderliche Sorgfalt zu beobachten hat. Das gilt in besonderer Weise bei der Leistung der Unterschrift eines Arbeitnehmers unter eine vom Arbeitgeber vorentworfene Ausgleichsquittung wegen deren erheblicher rechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. In diesem Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht auch mit Recht darauf hingewiesen, daß die vorliegende Ausgleichsquittung schon durch ihre Überschrift deutlich als solche gekennzeichnet war, was den Kläger, wie das Landesarbeitsgericht weiter zutreffend ausführt, zu besonderer Vorsicht und Aufmerksamkeit hätte veranlassen müssen, zumal er von den Angestellten der Beklagten zuvor auch noch auf die rechtliche Bedeutung seiner Unterschriftsleistung hingewiesen worden war. Das Landesarbeitsgericht hebt schließlich in diesem Zusammenhang auch noch mit Recht hervor, daß es einem Vorgesetzten von 16 Arbeitnehmern kaum abgenommen werden kann, Tragweite und Bedeutung einer im Arbeitsleben üblichen Ausgleichsquittung nicht erkannt zu haben.

Dem Landesarbeitsgericht ist weiterhin darin zuzustimmen, daß sich entgegen der Auffassung des Klägers an der Richtigkeit der vorstehenden rechtlichen Beurteilung auch nicht etwa deswegen etwas ändert, weil der Kläger die Ausgleichsquittung erst nach Erhebung der Kündigungsschutzklage bzw. nach Abhaltung der arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung erklärt hat. Ist nämlich aus den zuvor ausgeführten Gründen ein materieller Verzicht des Arbeitnehmers auf seine Rechte aus dem KSchG rechtlich möglich, so kann dieser grundsätzlich sowohl außerhalb eines Prozesses als auch nach Erhebung der Kündigungsschutzklage wirksam erklärt werden. Da indessen anzunehmen ist, daß ein Arbeitnehmer, der eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben hat und dessen Rechtsstreit dort anhängig ist, in aller Regel diesen Prozeß auch fortzuführen gewillt ist, müssen in diesem Falle allerdings an die entsprechende Verzichtserklärung in einer Ausgleichsquittung besonders strenge Anforderungen gestellt werden. Wie das Landesarbeitsgericht mit Recht ausführt, kann jedoch deutlicher, als es vorliegend der Kläger getan hat, ein derartiger Verzicht auf die Rechte aus dem KSchG kaum zum Ausdruck gebracht werden. Aus den zuvor erörterten Rechtsgründen ist es entgegen der Meinung des Klägers auch keineswegs schlechthin rechtswidrig oder gar arglistig, wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer auch noch nach Erhebung der Kündigungsschutzklage eine Ausgleichsquittung vorlegt. Etwas anderes könnte beispielsweise bei zweifelhaften und mißdeutbaren Formulierungen oder dann gelten, wenn etwa der Arbeitgeber von einem entsprechenden Verzicht auf die Rechte aus dem KSchG die Herausgabe der Arbeitspapiere an den Arbeitnehmer abhängig machen würde. Ein derartiges oder vergleichbares Verhalten auf beklagter Seite behauptet aber vorliegend nicht einmal der Kläger. Da es bei der Eindeutigkeit des Inhalts der vom Kläger abgegebenen Erklärung einer Beweiserhebung eigentlich überhaupt nicht bedurft hätte und diese zudem die auf dem Inhalt der Ausgleichsquittung beruhende zutreffende Auslegung des Landesarbeitsgerichts bestätigt hat, greifen auch die entsprechenden auf § 286 ZPO gegründeten prozessualen Rügen der Revision nicht durch.

Wie das Landesarbeitsgericht weiterhin rechtsfehlerfrei ausführt, besteht auch zugunsten des Klägers kein Anfechtungsgrund, der nach § 142 Abs. 1 BGB zur Unwirksamkeit seiner auf die Erteilung der Ausgleichsquittung gerichteten Willenserklärung führen könnte (vgl. auch hierzu BAG AP Nr. 36 zu § 3 KSchG). Zwar hat der Kläger zu gerichtlichem Protokoll seine darauf gerichtete Willenserklärung “wegen arglistiger Täuschung”, also nach § 123 BGB, angefochten. Sowohl in seinem Vorbringen gegenüber den Vorinstanzen als auch in der Revision fehlt es dazu jedoch an jeglicher Substantiierung. So trägt der Kläger überhaupt nicht vor, durch wen und in welcher Weise er arglistig getäuscht worden sein soll. Zudem hat die vom Landesarbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben, daß der Kläger von den mit der Abwicklung seiner Angelegenheiten beauftragten Bediensteten der beklagten Firma gerade nicht getäuscht, sondern umgekehrt über die Bedeutung der ihm abverlangten Erklärung belehrt und zum genauen Durchlesen ermahnt worden ist. Dabei ist auch von rechtlicher Erheblichkeit, daß dem Kläger die Möglichkeit zu Rückfragen gegeben worden ist, von der er jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keinen Gebrauch gemacht hat. Das Landesarbeitsgericht weist schließlich ebenfalls zutreffend darauf hin, daß beim Kläger auch kein Irrtum über den Erklärungsinhalt im Sinne des § 119 Abs. 1 BGB vorlag (vgl. Larenz. Allg. Teil des BGB, 2. Aufl., S. 309; Palandt, BGB, 32. Aufl., § 119 Anm. 3b sowie Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl., § 119 Rdnrn. 5, 17 und 19). Ein solcher käme nämlich nur dann in Betracht, wenn sich beim Kläger bei Erteilung der Ausgleichsquittung Erklärungswillen und Erklärungsinhalt nicht gedeckt hätten. Dazu fehlt es jedoch nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts an jedem Anhaltspunkt. Vielmehr steht danach fest, daß der Kläger erklärt hat, was er erklären wollte.

Zwar besteht neben der Möglichkeit der Anfechtung grundsätzlich auch die weitere rechtliche Möglichkeit, eine rechtsgrundlos erteilte Ausgleichsquittung nach Maßgabe des § 812 Abs. 2 BGB im Wege des Ausgleichs einer ungerechtfertigten Bereichung zu kondizieren (vgl. dazu Hueck-Nipperdey, aaO, S. 293 Anm. 135 f.; Nikisch Lehrbuch des Arbeitsrechts, 3. Aufl., Bd. I S. 371; Staudinger-Nipperdey-Neumann, aaO, § 611 Anm. 264). Einmal gibt es diese rechtliche Möglichkeit aber nur bei abstrakten Verträgen (vgl. Nikisch und Staudinger-Nipperdey-Neumann wie zuvor, auch Soergel-Siebert, aaO, § 812 Rdnr. 7). Zudem sieht sie auch der Kläger selbst vorliegend offenbar nicht als gegeben an, zumal er in Kenntnis des Bestehens seiner Rechte aus dem KSchG und des anhängigen Prozesses die Ausgleichsquittung erteilt hat, so daß auch die zuvor aufgezeigten rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Die Kosten seiner erfolglosen Revision trägt der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Neumann, Dr. Feller, Gröbing, Dr. Bermel

Dr. Poelmann hat Urlaub

Dr. Neumann

 

Fundstellen

Haufe-Index 870929

NJW 1977, 1983

JR 1978, 323

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