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BAG Urteil vom 03.06.1998 - 5 AZR 656/97

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Leitsatz (redaktionell)

Rechtsanwälte, die in den Vermögensämtern der Landkreise der neuen Bundesländer an Aufgaben nach dem Vermögensgesetz mitwirken, können freie Mitarbeiter sein.

 

Verfahrensgang

LAG Mecklenburg-Vorpommern (Entscheidung vom 06.10.1997; Aktenzeichen 5 Sa 326/96)

ArbG Stralsund (Entscheidung vom 12.06.1996; Aktenzeichen 2 Ca 542/94)

 

Tatbestand

Der Kläger macht Honoraransprüche geltend. In diesem Zusammenhang streiten die Parteien darüber, ob es sich bei ihrem Vertragsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis handelt.

Der Kläger ist Rechtsanwalt in B       . Am 25. April/9. Mai 1994 unterzeichneten die Parteien einen mit "Honorarvertrag" überschriebenen Vertragstext. Danach sollte der Kläger in der Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 1994 beim Beklagten an der Erfüllung der Aufgaben nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen mitarbeiten. Als Vergütung vereinbarten die Parteien ein pauschales Honorar von monatlich 9.500,-- DM einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer sowie eine pauschalierte Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 675,-- DM einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Der Vertrag enthält u.a. nachfolgende Bestimmungen:

"Präambel

Nach § 28 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) sind dem Auftraggeber bestimmte Aufgaben zugewiesen worden. Die Erfüllung dieser Aufgaben soll beschleunigt werden. Der Auftraggeber möchte deshalb zur Vorbereitung der Bescheide und zur Herbeiführung gütlicher Einigungen nach dem Vermögensgesetz Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Fachkräfte mit vergleichbarer Qualifikation einbeziehen.

§ 1 Aufgabenbereich

(1)

Die Tätigkeit des Auftragnehmers umfaßt die Mitwirkung an fachlichen Entscheidungen, die Beratung der zuständigen Mitarbeiter des Auftraggebers bei der Vorbereitung von Entscheidungen, gutachtliche Stellungnahmen, Durchführung von Schulungsmaßnahmen sowie die Herbeiführung gütlicher Einigungen. Die inhaltliche Ausgestaltung der Tätigkeit erfolgt in ständiger Absprache mit dem Auftraggeber, insbesondere mit dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen. (2)

Der Auftragnehmer nimmt seine Aufgaben in den Diensträumen des Auftraggebers wahr in       G         ,                        . Die Änderung des Einsatzortes während der Vertragsdauer ist möglich.

§ 2 Zeitaufwand

Die Aufgabe erfordert, daß der Auftragnehmer zumindest während der normalen Dienststunden im Amt zur Regelung offener Vermögensfragen zur Verfügung steht. Die Einzelheiten können mit dem Auftraggeber abgestimmt werden.

...

§ 7 Erholungszeiten

Der Auftragnehmer stimmt erholungsbedingte Abwesenheit mit dem Auftraggeber ab."

Nach § 6 Abs. 3 des Vertrages war jede Vertragspartei "berechtigt, das Vertragsverhältnis mit einer Frist von 1 Monat zum Monatsende zu beenden". Die Beendigung bedurfte zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Nach Darstellung der Beklagten wurden die Kosten für das Anwaltsprojekt von der Bundesrepublik getragen. Zunächst hatte sich der Kläger dort für diese Tätigkeit mit Schreiben vom 29. September 1993 beworben.

Anfang Mai 1994 nahm der Kläger seine Tätigkeit für den Beklagten in dessen Amt für Vermögensfragen auf. Seine Rechtsanwaltskanzlei in B        betrieb

der Kläger weiter, jedoch stellte er für die Vertragsdauer eine Ersatzkraft ein. Auch seine Dozententätigkeit für Arbeitsrecht in B        behielt der Kläger bei. Im Amt für Vermögensfragen erhielt der Kläger von der Amtsleitung Akten zur selbständigen Bearbeitung. Termine zur Fertigstellung wurden ihm nicht gesetzt. Etwa Ende Mai 1994 fand der Kläger - ebenso wie die im Amt beschäftigten Arbeitnehmer des Beklagten - auf seinem Schreibtisch eine Zeitnachweiskarte vor, die er für den Juni selbst handschriftlich ausfüllte. Danach war der Kläger am 1. Juni in B        und vom 8. bis 10. Juni auf einer Dienstreise in Be   , die er selbst ohne

Antrag bei der Beklagten festgelegt hatte. Für den 24. Juni vermerkte der Kläger "Frei gemäß Vereinbarung". Dieser Tag wurde anders als die beiden nachfolgenden Tage nicht als Urlaub verbucht. Außerdem verließ der Kläger nach seinen eigenen Eintragungen am 3., 17. und 30. Juni jeweils vor Ende der Kernzeit das Dienstgebäude. In den Geschäftsverteilungsplan des Beklagten war der Kläger nicht aufgenommen worden. Auch wurde keine Personalakte für ihn geführt.

Mit Telefax vom 23. Juni 1994, dem Kläger am 24. Juni 1994 zugegangen, kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31. Juli 1994, ohne vorher den bei ihm gewählten Personalrat beteiligt zu haben.

Mit seiner Klage macht der Kläger die Vergütung sowie die Aufwandsentschädigung für den Monat August 1994 geltend. Er hat vorgetragen: Er sei Arbeitnehmer des Beklagten gewesen. Er habe seine Arbeit weisungsgebunden und in einer für einen Arbeitnehmer typischen Abhängigkeit zu verrichten gehabt. Die ihm zur Bearbeitung vorgelegten Akten habe er nicht ablehnen können. Die Einhaltung der 40-stündigen Wochenarbeitszeit in der Dienststelle sei kontrolliert worden. Anders sei die ihm auf den Schreibtisch gelegte Zeitnachweiskarte nicht zu interpretieren. Die Kündigung sei wegen der unterbliebenen Beteiligung des Personalrates unwirksam. Da er im Rahmen des weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses seine Arbeitskraft angeboten habe, sei der Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zur Fortzahlung seiner Bezüge verpflichtet. Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.175,-- DM brutto zuzüglich 9 % Zinsen seit dem 3. August 1994 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, er sei mit dem Kläger kein Arbeits-, sondern ein freies Mitarbeiterverhältnis eingegangen. Der Kläger sei weisungsunabhängig gewesen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, eine bestimmte Anzahl von Stunden tätig zu sein. Die Zeitnachweise habe der Kläger auf eigene Veranlassung geführt. Auch der Einsatzort sei vertraglich nicht bindend festgelegt worden. Weder sei der Kläger während des Tätigwerdens für den Beklagten gehindert gewesen, seinem Anwaltsberuf nachzugehen, noch sei er in die Betriebsorganisation des Beklagten eingebunden gewesen. Mangels Arbeitnehmereigenschaft habe bei der Kündigung des Vertragsverhältnisses der Personalrat nicht beteiligt werden müssen. Daher habe der Kläger für die Zeit nach dem 31. Juli 1994 keinen Vergütungsanspruch. Im übrigen habe er nach diesem Zeitpunkt seine Arbeitskraft auch nicht angeboten.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 10.175,-- DM brutto gegen den Beklagten. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Beklagte nicht gemäß § 615 BGB wegen Annahmeverzuges zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung für den Monat August 1994 verpflichtet. Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien hat durch die Kündigung des Beklagten mit Datum vom 23. Juni 1994 am 31. Juli 1994 sein Ende gefunden. Die Kündigung ist wirksam. Einer vorherigen Beteiligung des Personalrates gem. § 68 Abs. 1 Nr. 2 PersVG MV bedurfte es nicht. Das PersVG MV fand auf den Kläger keine Anwendung, da er nicht Beschäftigter i.S. des § 3 Abs. 1 PersVG MV war. Die Wertung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Kläger nicht Arbeitnehmer war, ist revisionsrechtlich nicht zubeanstanden.

I. Der Beklagte hat bei Ausspruch der Kündigung die vertraglich vereinbarte schriftliche Form gewahrt. Es ist inzwischen nahezu allgemein anerkannt, daß die Übermittlung durch Fernkopie (Telefax) zur Wahrung einer durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form i.S.v. § 127 BGB ausreicht (BGH Urteil vom 22. April 1996 - II ZR 65/95 - NJW-RR 1996, 866).

II. Das Landesarbeitsgericht ist von den Grundsätzen ausgegangen, die der Senat zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters aufgestellt hat. Beide unterscheiden sich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. 1. Arbeitnehmer ist derjenige, der seine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgeber) unterliegt, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann. Für die Abgrenzung von Bedeutung sind demnach in erster Linie die Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist, nicht die Bezeichnung, die die Parteien ihrem Rechtsverhältnis gegeben haben, oder eine von ihnen gewünschte Rechtsfolge. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Dieser wiederum folgt aus den getroffenen Vereinbarungen oder aus der tatsächlichen Durchführung des Vertrages. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, so ist letztere maßgebend (vgl. z. B. BAG Urteil vom 30. November 1994

- 5 AZR 704/93 - BAGE 78, 343, 347 = AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit, unter B I der Gründe).

2. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Manche Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses erbracht werden, andere regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Letztlich kommt es zur Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung der maßgebenden Umstände des Einzelfalles an. Arbeitnehmer ist insbesondere der Mitarbeiter, der nicht im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB).

III. In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht den Kläger als freien Mitarbeiter angesehen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Arbeitnehmerbegriff ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Er unterliegt in der Revisionsinstanz nur einer beschränkten Nachprüfung, nämlich darauf, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt ist, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (BAG Beschluß vom 29. Januar 1992 - 7 ABR 27/91 - AP Nr. 1 zu § 7 BetrAVG 1972). Das ist hier nicht der Fall. Die Bewertung des Landesarbeitsgerichts ist möglich und naheliegend.

1. Es hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Arbeitszeitgestaltung sei nicht typisch für einen abhängig arbeitenden Angestellten gewesen. Zwar sei in § 2 Satz 1 des Vertrages festgehalten, daß es die Aufgabe erfordere, daß der Kläger zumindest während der normalen Dienstzeiten zur Verfügung stehe. Damit sei jedoch dem Beklagten nicht das Recht eingeräumt worden, vom Kläger eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu verlangen. Vielmehr sei im Sinne einer Geschäftsgrundlage die Erwartung festgehalten worden, daß der Kläger grundsätzlich zur Aufgabenerfüllung während der Kernzeit ("normale Dienststunden") für alle Mitarbeiter erreichbar sein solle. Der Schwerpunkt der Tätigkeit habe bei der Bearbeitung der ihm zugewiesenen Aktenfälle gelegen. Der Vertrag sei aber, wie sich auch aus den eigenen Eintragungen des Klägers in die "Zeitwertkarte" ergebe, tatsächlich freier gehandhabt worden. Der Darstellung des Klägers, er sei zur Erfassung seiner Arbeitszeit vom Beklagten angehalten worden, folge die Kammer nicht. Nur für den Monat Juni habe der Kläger seine Anwesenheitszeiten dann notiert. Er habe nicht einmal vorgetragen, daß diese Zeitwertkarte jemals vom Beklagten wieder ausgefüllt zurückgefordert worden sei. Im übrigen sei der Umfang der erholungsbedingten Abwesenheit des Klägers nach § 7 des Vertrages nicht festgelegt worden. Die Entscheidung über die Dauer seines Urlaubs während der vereinbarten achtmonatigen Dienstzeit habe beim Kläger gelegen. Auch dies sei für ein Arbeitsverhältnis untypisch. In der Präambel und in § 1 Abs. 1 des Vertrages sei der Aufgabenbereich des Klägers relativ genau festgelegt und das im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses üblicherweise gegebene Direktionsrecht eingeschränkt worden. Der Kläger habe zwar nicht das Recht gehabt, die Bearbeitung ihm zugewiesener Aktenstücke abzulehnen, er habe diese jedoch selbständig, also ohne fachliche Weisungen bearbeitet und dabei Bearbeitungsfristen nicht einhalten müssen. Der Kläger habe also im wesentlichen frei von fachlichen Weisungen seine Aufgaben erledigt.

Zur übrigen Arbeitsorganisation des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen habe nur eine lose Bindung bestanden. Es sei auch nicht vorgetragen, daß der Kläger bei der Aktenbearbeitung oder Schulung/Beratung der Mitarbeiter des Amtes zur Erledigung seiner Aufgaben auf die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Beklagten angewiesen gewesen wäre.

Der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, dem Beklagten seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Vielmehr sollte der Kläger weiter als Rechtsanwalt seine Praxis betreiben können. Durch die Art und Weise, in der er seine Leistung für den Beklagen habe erbringen müssen, sei er nicht daran gehindert gewesen, seine Rechtsanwaltstätigkeit in Bremen fortzusetzen.

Insgesamt ergebe sich unter den Kriterien der örtlichen, zeitlichen und inhaltlichen Weisungsbindung des Klägers sowie seiner Einbindung in die Organisa-tion des Beklagten ein Bild, das auf eine gewisse persönliche Abhängigkeit hindeute, andererseits aber genauso oft und schwerwiegend in einer für einen Arbeitnehmer untypischen Art und Weise durchbrochen werde. Bei dieser Sachlage seien für die Kammer zwei Überlegungen entscheidend gewesen, die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers zu verneinen. Zum einen stelle sich die Mitarbeit des Klägers beim Beklagten als Teil seiner selbständigen unternehmerischen Tätigkeit als Rechtsanwalt dar. So gesehen habe sich die Tätigkeit des Klägers für den Beklagten nicht von der Betreuung eines Großmandats oder der Wahrnehmung eines umfangreichen Beratervertrages mit weitgehender Beanspruchung der Arbeitskraft unterschieden. Zum anderen sei den Wünschen und Vorstellungen der Vertragspartner bei Abschluß des Honorarvertrages ein gewisses Gewicht einzuräumen, und zwar auch deswegen, weil der Kläger als Rechtsanwalt die Vertragsgestaltung voll habe überblicken können und von daher seine soziale und rechtliche Schutzbedürftigkeit bei Eingehung des Honorarvertrages nicht so groß gewesen sei, daß er sich nach Beendigung der Zusammenarbeit widerspruchsfrei auf seinen angeblichen Arbeitnehmerstatus berufen könne.

2. Die Angriffe der Revision gegen diese Würdigung des Berufungsgerichts haben keinen Erfolg. Weder hat das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt noch hat es wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen. Der Kläger unterlag nicht den für ein Arbeitsverhältnis typischen Bindungen.

Für die Arbeitnehmerstellung des Klägers scheint zwar zunächst der mißverständlich formulierte § 2 des Honorarvertrages zu sprechen. Danach hatte der Kläger während der normalen Dienststunden dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen zur Verfügung zu stehen; Einzelheiten sollten mit dem Auftraggeber abgestimmt werden können. Wie sich aus der Vertragspraxis ergibt, war dies aber nicht im Sinne einer ständigen Präsenzpflicht zu verstehen. Der Kläger war nicht nur aufgrund Einzelabstimmung mit dem Beklagten abwesend, sondern - wie seine Eintragungen in die "Zeitwertkarte" zeigen - auch nach eigenem Gutdünken. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, zeigt sich dies auch daran, daß er sich seine Dienstreise nach Be    nicht von der Beklagten genehmigen ließ.

Der Kläger arbeitete im wesentlichen frei von fachlichen Weisungen. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, daß auch in diesen Fällen ein Arbeitsverhältnis vorliegen kann. Gerade bei Tätigkeiten, die sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, als auch im Rahmen von freien Mitarbeiterverhältnissen ausgeübt werden können, spricht dieser Umstand aber nicht für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Zu Unrecht meint die Revision, für die Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit bedürfe es auch nicht der Setzung von Bearbeitungsfristen, da sich diese im wesentlichen schon vor Ausübung des Weisungsrechts aus dem Akteninhalt bzw. aus der Gesetzeslage ergäben. Das trifft nicht zu. Der Kläger hat schon nicht vorgetragen, daß gesetzliche Fristen zu beachten waren. Im übrigen könnten auch dort, wo dies der Fall ist, kürzere Fristen gesetzt werden.

Zu Unrecht vergleicht sich der Kläger mit einem in einer Rechtsanwaltskanzlei angestellten Assessor, der innerhalb der Bürozeiten juristische Fälle zu bearbeiten hat. Der Kläger ist gerade deshalb eingestellt worden, weil er bereits selbständiger Rechtsanwalt war. Es bestand ein Bedarf an selbständig arbeitenden Mitarbeitern. Der Kläger war kein Berufsanfänger, der sich unter Anleitung und Aufsicht erfahrener Rechtsanwälte oder anderer Mitarbeiter in die Materie einarbeiten sollte. Er hatte vielmehr von Anfang an selbständig zu arbeiten. Deswegen war er auch entgegen seiner Auffassung nicht vergleichbar mit angestellten Anwälten oder solchen angestellten Verbandsjuristen, die gleichzeitig eine Anwaltszulassung haben.

Demnach ist es auch nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht die Tätigkeit des Klägers für den Beklagten als Teil seiner freiberuflichen Tätigkeit angesehen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 440382

BB 1998, 2060

DB 1998, 2274

HFR 1999, 582

NJW 1998, 3661

ARST 1998, 258

FA 1998, 329

NZA 1998, 1165

RdA 1998, 382

SAE 1999, 116

VIZ 1999, 695

ZAP 1998, 900

ZIP 1998, 1761

ZTR 1998, 518

AuA 1999, 234

MittRKKöln 1999, 65

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