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BAG Beschluss vom 01.08.1989 - 1 ABR 51/88

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung bei Entsendung an anderen Arbeitsort

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird einem Arbeitnehmer für die Dauer von nicht mehr als einem Monat ein anderer Arbeitsort zugewiesen und ist damit eine erheblich längere Anfahrt verbunden, so liegt eine Versetzung iS von § 95 Abs 3 BetrVG auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer nicht in eine organisatorische Einheit eingegliedert wird und er mit der Entsendung einverstanden ist (Bestätigung BAG Beschluß vom 18. Februar 1986 1 ABR 27/84 = BAGE 51, 151 = AP Nr 33 zu § 99 BetrVG 1972).

 

Orientierungssatz

Nach § 95 Abs 3 S 2 BetrVG gilt für Arbeitnehmer, die nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt sind, die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung. Die Begriffe Arbeitsplatz und Arbeitsbereich in § 95 Abs 3 S 1 BetrVG werden aber weitgehend synonym gebraucht, der Begriff Arbeitsplatz macht dann aber auch den örtlichen Bezug des Arbeitsbereiches besonders deutlich. Deshalb ist abgesehen von den Fällen des § 95 Abs 3 S 2 BetrVG die Bestimmung eines anderen Arbeitsortes auch stets die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs.

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Entscheidung vom 22.10.1987; Aktenzeichen 4 TaBV 3/87)

ArbG Berlin (Entscheidung vom 27.02.1987; Aktenzeichen 47 BV 6/86)

 

Gründe

A. Antragstellender Betriebsrat und Arbeitgeber streiten darüber, ob der Einsatz von spieltechnischen Arbeitnehmern zu Werbezwecken außerhalb Berlins eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG darstellt.

Der Arbeitgeber entsandte den Croupier G mit dessen Einverständnis für die Zeit vom 7. bis 9. Oktober 1986 nach Köln zu einer vom Dachverband der Deutschen Autobusunternehmer veranstalteten Messe. Der Croupier demonstrierte als Werbemaßnahme das Spiel am Roulette. Die Veranstaltung dauerte an den genannten Tagen jeweils von 9.00 Uhr/10.00 Uhr bis 17.00 Uhr/18.00 Uhr. Der Betriebsrat wurde vor dem Einsatz des Arbeitnehmers nicht unterrichtet. Er vertritt die Auffassung, es handele sich bei dieser Maßnahme um eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG, die dem Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG unterliege. Er hat behauptet, der Arbeitgeber habe sich des Rechtes berühmt, derartige Maßnahmen bei entsprechender Gelegenheit ohne Beteiligung des Betriebsrats zu wiederholen, so daß ein Interesse an der Feststellung der Zustimmungsbedürftigkeit bestehe.

Der Betriebsrat hat beantragt

festzustellen, daß der Einsatz von spieltechnischen Arbeitnehmern zu Werbezwecken außerhalb Berlins auch dann der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, wenn die Entsendung die Dauer von einem Monat nicht übersteigt und der Arbeitnehmer mit der Maßnahme einverstanden ist.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Antrag sei unzulässig, da das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehle. Der Einsatz des Arbeitnehmers G auf der Messe in Köln sei abgeschlossen und entfalte keine Wirkung für die Zukunft. Darüber hinaus habe er, der Arbeitgeber, mit dem Betriebsrat Verhandlungen über den Abschluß einer Betriebsvereinbarung zur Regelung von Werbemaßnahmen und dem internen und externen Einsatz von Mitarbeitern bei solchen Werbemaßnahmen geführt. Der Betriebsrat sehe aber keinen Regelungsbedarf für den Abschluß einer Betriebsvereinbarung über den Einsatz von spieltechnischen Arbeitnehmern bei Werbemaßnahmen. Außerdem sei der Betriebsrat vor dem nächsten Werbeeinsatz des Arbeitnehmers G im Jahre 1987 in Köln um Zustimmung zu dieser Maßnahme gebeten worden und habe die Zustimmung auch erteilt.

Abgesehen davon handele es sich aber bei der Entsendung von Arbeitnehmern außerhalb Berlins zu Werbemaßnahmen nicht um Versetzungen. Es fehle bereits an der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Darüber hinaus sei nicht erkennbar, inwieweit ggf. die Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden sein solle, unter denen die Arbeit zu leisten sei.

Der Betriebsrat hat erwidert, er habe am Abschluß einer Betriebsvereinbarung deshalb kein Interesse gehabt, weil er in jedem Einzelfalle prüfen wolle, ob er der Versetzung zustimme oder nicht. Die personellen Einzelmaßnahmen seien insofern einer generalisierenden Vereinbarung nicht zugänglich, da die Fallgestaltungen völlig unterschiedlich lägen. Im übrigen habe der Arbeitgeber in dem Entwurf seiner Betriebsvereinbarung dem Betriebsrat bei den Werbemaßnahmen nur ein Informationsrecht zugestanden und im übrigen auf § 95 Abs. 3 BetrVG verwiesen. Ebenso habe er die Zustimmung zur Entsendung des Arbeitnehmers G im Jahre 1987 unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes beantragt. Der Arbeitgeber behalte sich also weiterhin vor, solche Werbemaßnahmen auch ohne Zustimmung des Betriebsrats durchzuführen. Wenn die Rechtsfrage in dem vorliegenden Verfahren nicht geklärt werde, müsse er, der Betriebsrat, damit rechnen, daß der Arbeitgeber in Zukunft wiederum ohne Zustimmung des Betriebsrats die Werbemaßnahmen durchführe mit der Folge, daß ein neues Verfahren eingeleitet werden müsse.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats wegen der fehlenden Bestimmtheit seines Antrags und fehlenden Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein ursprüngliches Verfahrensziel weiter, während der Arbeitgeber beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

B. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats war der Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufzuheben, der Beschluß des Arbeitsgerichts abzuändern und festzustellen, daß der Einsatz von spieltechnischen Arbeitnehmern zu Werbezwecken außerhalb Berlins auch dann der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, wenn die Entsendung die Dauer von einem Monat nicht übersteigt und der Arbeitnehmer mit der Maßnahme einverstanden ist.

I. Der Antrag des Betriebsrats ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen zulässig.

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß bei einem Streit über bestehende Mitbestimmungsrechte der Betriebsrat diejenigen Maßnahmen des Arbeitgebers und denjenigen betrieblichen Vorgang, für die bzw. für den er ein Mitbestimmungsrecht beansprucht, so genau bezeichnen muß, daß mit der Entscheidung über den Antrag feststeht, für welche Maßnahmen oder Vorgänge das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist (Senatsbeschlüsse vom 14. September 1984, BAGE 46, 367 = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, vom 18. Februar 1986, BAGE 51, 151 = AP Nr. 33 zu § 99 BetrVG 1972 und vom 18. Oktober 1988 - 1 ABR 26/87 - AP Nr. 56 zu § 99 BetrVG 1972). Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts genügt auch der Feststellungsantrag des Betriebsrats diesem Erfordernis. Dieser hat die Fallgestaltung dargelegt, für die er ein Zustimmungsrecht in Anspruch nimmt: Den Einsatz von spieltechnischen Arbeitnehmern zu Werbezwecken außerhalb Berlins, auch wenn dieser die Dauer von einem Monat nicht überschreitet. Ob für alle denkbaren Fallgestaltungen, die unter diesen weit gefaßten Antrag fallen, ein Beteiligungsrecht besteht, ist keine Frage der Bestimmtheit, sondern eine Frage der Begründetheit des Antrags.

2. Der Betriebsrat kann die Frage, ob bei personellen Einzelmaßnahmen im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG ein Beteiligungsrecht besteht, auch losgelöst vom Einzelfall feststellen lassen, wenn die Maßnahme abgeschlossen ist, sofern nur die Möglichkeit besteht, daß in Zukunft mit ähnlichen Streitfällen zu rechnen ist (vgl. zuletzt Senatsbeschlüsse vom 18. Februar 1986, aaO, und 18. Oktober 1988, aaO). Nicht nachvollziehbar ist die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die mangelnde Bestimmtheit des Antrags ergebe sich daraus, daß nach Auffassung des Betriebsrats das Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG einer generalisierenden Absprache in einer Betriebsvereinbarung nicht zugänglich ist. Das Landesarbeitsgericht hat diese Hypothese auch nicht begründet. Es kann die Frage, ob eine bestimmte Fallgestaltung ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats auslöst, abstrakt entschieden werden. Eine ganz andere Frage ist, ob die Zustimmung - das ist wohl Auffassung des Betriebsrats - in einer Betriebsvereinbarung für eine unbestimmte Anzahl von Fällen, die tatbestandlich umschrieben werden, im voraus erteilt werden kann. Das ist zwar denkbar, besagt aber nichts darüber, ob der Antrag festzustellen, daß eine Maßnahme ein Beteiligungsrecht auslöst, genügend bestimmt ist oder nicht.

3. Für den Feststellungsantrag besteht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Dagegen spricht nicht, daß der Arbeitgeber bei dem letzten Einsatz des spieltechnischen Arbeitnehmers G in Köln die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt hat und von sich aus eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz des spieltechnischen Personals bei Werbemaßnahmen vorgeschlagen hat. Dieses Verhalten des Arbeitgebers zeigt zwar, daß er an einer Lösung des Konflikts interessiert ist. Er hat aber die Zustimmung zu der Werbemaßnahme des Arbeitnehmers G unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes eingeholt, es handele sich bei der Entsendung nach Köln nicht um eine Versetzung. Das Rechtsschutzinteresse ist auch nicht deshalb entfallen, weil der Betriebsrat den Vorschlag des Arbeitgebers, eine Betriebsvereinbarung über den externen Einsatz von spieltechnischem Personal abzuschließen, abgelehnt hat. Der Arbeitgeber hat nämlich zur Erläuterung des Entwurfs einer Betriebsvereinbarung darauf hingewiesen, seiner Auffassung nach stehe dem Betriebsrat nur ein Informations- und eben kein Zustimmungsrecht zu. Dementsprechend hat er in dem Entwurf darauf verwiesen, der Begriff der Versetzung werde in § 95 Abs. 3 BetrVG definiert. In dem vorliegenden Verfahren hat der Arbeitgeber dann auch durchgehend die Ansicht vertreten, dem Betriebsrat stehe ein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG nicht zu, und hat auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz diesen Standpunkt aufrechterhalten. Dementsprechend müßte der Betriebsrat in der Tat dann, wenn die Rechtsbeschwerde wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses des Antrags zurückgewiesen würde, damit rechnen, daß in Zukunft der Arbeitgeber nicht die Zustimmung zu weiteren Entsendungen zu Werbemaßnahmen außerhalb Berlins einholt.

II. Der Antrag ist begründet.

1. Der Betriebsrat ist aktiv legitimiert. Die Entscheidung des Sechsten Senats vom 30. April 1981 (- 6 ABR 59/78 - BAGE 35, 228 = AP Nr. 12 zu § 99 BetrVG 1972) steht dieser Annahme nicht entgegen. Der Senat hat in dem Beschluß vom 18. Februar 1986 (aaO) klargestellt und dies im Beschluß vom 18. Oktober 1988 (aaO) wiederholt, daß die Beteiligung des Betriebsrats im abgebenden Betrieb nur dann entfallen kann, wenn der mit seinem Einverständnis versetzte Arbeitnehmer auf Dauer aus dem abgebenden Betrieb ausscheidet und in einen anderen, den aufnehmenden Betrieb, auf Dauer eingegliedert wird. Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen - wie vorliegend - von vornherein feststeht, daß der Arbeitnehmer nach Beendigung seines externen Einsatzes auf seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehrt. Diese vorübergehende Abordnung ist eine einheitliche Maßnahme, die sich nicht in ein Ausscheiden aus dem Betrieb und ein Wiedereingliedern in den Betrieb trennen läßt. Als einheitliche personelle Maßnahme löst sie die Beteiligungsrechte des Betriebsrats in dem Betrieb aus, in dem der von der Entsendung betroffene Arbeitnehmer bis zur Abordnung beschäftigt war. Das gilt auch für die Fälle, in denen der Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung in einen anderen Betrieb eingegliedert wird.

2. Der Senat hat selbst entscheiden können, ob vorliegend eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG vorliegt, weil alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zwischen den Beteiligten unstreitig sind.

a) Nach § 95 Abs. 3 BetrVG liegt eine Versetzung nur dann vor, wenn dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen wird und diese Zuweisung entweder voraussichtlich länger als einen Monat dauert oder zwar für kürzere Zeit vorgesehen ist, aber mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.

Mit der Entsendung eines Arbeitnehmers aus seinem Stammbetrieb an einen anderen Ort ist - von Bagatellfällen abgesehen - die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs verbunden. Der Senat hat in dem Beschluß vom 18. Februar 1986 (aaO) zur Begründung ausgeführt, bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch sei Versetzung die Zuweisung eines anderen Dienst- oder Arbeitsortes. § 95 Abs. 3 BetrVG habe hiervon nicht abweichen wollen. Gegen eine solche einschränkende Auslegung spreche die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Schon nach § 60 Abs. 3 BetrVG 1952 habe eine Versetzung vorgelegen, wenn ein anderer Arbeitsplatz an einem anderen Ort zugewiesen wurde. Durch § 95 Abs. 3 BetrVG 1972 habe der Versetzungsbegriff erweitert werden und die landläufig als "Umsetzung" bezeichnete personelle Maßnahme nunmehr auch als Versetzung gelten sollen. An dieser Rechtsprechung wird festgehalten. Ihre Richtigkeit ergibt sich zusätzlich auch aus dem systematischen Zusammenhang von § 95 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG, worauf schon Misera (Anm. zu BAG AP Nr. 33 zu § 99 BetrVG 1972) hingewiesen hat. Nach § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt für Arbeitnehmer, die nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt sind, die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung. Die Begriffe Arbeitsplatz und Arbeitsbereich in § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG werden aber weitgehend synonym gebraucht (Kraft, GK-BetrVG, 3. Bearbeitung, § 99 Rz 47), der Begriff Arbeitsplatz macht dann aber auch den örtlichen Bezug des Arbeitsbereiches besonders deutlich. Deshalb ist abgesehen von den Fällen des § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG die Bestimmung eines anderen Arbeitsortes auch stets die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs (Hromadka, DB 1972, 1532; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 99 Rz 41, 46; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 99 Rz 22 a). Dementsprechend ist auch die Entsendung eines spieltechnischen Arbeitnehmers zu Werbezwecken außerhalb Berlins in eine Stadt des Bundesgebiets die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, weil der Arbeitnehmer aus seiner bisherigen betrieblichen Einheit herausgenommen wird und vorübergehend einen anderen Arbeitsplatz erhält.

b) Nach § 95 Abs. 3 BetrVG liegt eine das Beteiligungsrecht des § 99 BetrVG auslösende personelle Maßnahme jedoch nur dann vor, wenn sie entweder die Dauer eines Monats überschreitet oder zugleich mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Wie der Senat in der Entscheidung vom 28. September 1988 (- 1 ABR 37/87 - EzA § 95 BetrVG 1972 Nr. 14, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) ausgeführt hat, muß die Voraussetzung der erheblichen Änderung der Umstände, unter denen die Arbeit zu leisten ist, zu der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs hinzutreten. Aus dem Beschluß des Senats vom 3. Dezember 1985 (BAGE 50, 226 = AP Nr. 8 zu § 95 BetrVG 1972) kann nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Diese Entscheidung betraf die Zuweisung einer anderen Arbeitsstätte und die Versetzung von Auszubildenden. In jenem Beschluß hat der Senat ausgesprochen, daß in einem Betrieb mit mehreren Filialen die Zuweisung einer anderen Ausbildungsstätte als im Ausbildungsplan vorgesehen (Filiale oder Zentrale) mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden sei, unter denen die Ausbildung geleistet werden müsse. Diese Zuweisung sei eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, die Zuweisung eines Auszubildenden von einer Betriebsstätte zur anderen, die die Dauer von einem Monat nicht überschreite, sei jedenfalls mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden, unter denen die Ausbildung stattzufinden habe. Der Auszubildende habe sich nämlich nicht nur an einem anderen Ort ausbilden zu lassen. Er erhalte auch andere Ausbilder und werde Mitarbeiter in einer anderen Arbeitsgruppe. Im Hinblick auf die besondere Situation des Auszubildenden ist bei diesem eine solche Betrachtungsweise angebracht. Für den Auszubildenden gefährdet nämlich ein kurzfristiger Wechsel des Ausbilders oder der Gruppe entgegen dem Ausbildungsplan möglicherweise den Ausbildungszweck (Otto, Anm. zum Beschluß des Senats vom 3. Dezember 1985 - 1 ABR 58/83 - SAE 1987, 154 f.).

Die Entsendung von spieltechnischen Arbeitnehmern von Berlin in eine Stadt des Bundesgebiets zu Werbezwecken ist mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden, unter denen diese ihre Arbeit zu leisten haben. Einmal haben diese Arbeitnehmer einen Anfahrts- oder Anflugweg von mindestens 180 km (nach Köln erheblich mehr) mit einem entsprechenden Zeitaufwand. Damit ist eine entsprechende stärkere physische Belastung verbunden. Abgesehen davon ist die Vorführung des Glückspiels zu Werbezwecken außerhalb der Betriebsräume an einem fremden Ort auch insofern mit besonderen Belastungen verbunden, als der Arbeitnehmer, der hierbei eine etwas andere Aufgabe erhält, nämlich nicht das Spiel zu leiten, sondern zu demonstrieren und dabei den Interessierten auf didaktisch geschickte Weise den Besuch der Spielbank Berlin nahezubringen, diese ungewohnte Tätigkeit in einem fremden Umfeld ausführen muß und unter dem Druck steht, beim Fehlen von irgendwelchen organisatorischen Voraussetzungen improvisieren zu müssen.

Diese Belastungen, insbesondere die längere Anfahrt, ergeben sich aufgrund der besonderen geografischen Lage Berlins für alle Entsendungen von spieltechnischem Personal zu Werbezwecken außerhalb Berlins. Aus diesem Grunde war der Antrag auch in seiner weiten Form begründet.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der Arbeitnehmer G in dem Ausgangsfall mit seiner Entsendung einverstanden gewesen ist. Es ist ständige Rechtsprechung des Senats, daß das Einverständnis eines Arbeitnehmers das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG nicht ausschließt, da dieses dem Betriebsrat zum Schutz zwar auch des einzelnen Arbeitnehmers, vor allem aber der Interessen der Belegschaft gegeben worden ist (Senatsbeschluß vom 18. Februar 1986, aaO, zu B II 3 der Gründe).

Dementsprechend war der Rechtsbeschwerde stattzugeben.

Dr. Kissel Matthes Dr. Weller

Heisler H. Paschen

 

Fundstellen

Haufe-Index 436945

DB 1990, 382-383 (LT1)

BetrVG, (1) (LT1)

ARST 1990, 1-1 (LT1)

ASP 1990, 99 (K)

Gewerkschafter 1990, Nr 3, 43 (ST1)

NZA 1990, 196-198 (LT1)

RdA 1989, 383

AP § 95 BetrVG 1972 (LT1), Nr 17

AR-Blattei, ES 1700 Nr 13 (LT1)

AR-Blattei, Versetzung des Arbeitnehmers Entsch 13 (LT1)

ArbuR 1989, 387-387 (T)

EzA § 95 BetrVG 1972, Nr 16 (LT1)

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