Entscheidungsstichwort (Thema)
Anzeigepflicht des ausgeschiedenen Wohnungseigentümers über einen Eigentumswechsel
Leitsatz (amtlich)
Jedenfalls dann, wenn die GdWE den ausgeschiedenen Wohnungseigentümer zur Zahlung nicht mehr geschuldeter Vorschüsse bzw. Nachschüsse zur Kostentragung aufgefordert hat, ist er aufgrund nachwirkender Treuepflichten gehalten, der GdWE den Eigentümerwechsel anzuzeigen.
Bei Verletzung dieser Pflicht ist der ausgeschiedene Wohnungseigentümer verpflichtet der GdWE Schadenersatz für die Kosten eines mit der Beitreibung beauftragten Rechtsanwalts zu leisten.
Normenkette
BGB § 242
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 587,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozent über dem Basiszinssatz ab dem 16.02.2022 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte war seit 21.01.2016 Sondereigentümerin zweier Eigentumswohnungen der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese Objekte übertrug sie auf ihren Ehegatten. Der Eigentumswechsel wurde am 03.08.2021 in das Grundbuch eingetragen.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe der Verwalterin die Änderungen der Eigentumsverhältnisse nicht mitgeteilt.
Ab September 2021 wurden für die Objekte keine Hausgelder gezahlt. Für ein Objekt betrug der Rückstand 2.588,52 EUR, für das andere Objekt 1.513,20 EUR.
Die Klägerin mahnte durch ihre Verwalterin am 13.01.2022 die Beklagte wegen dieser Beträge fruchtlos.
Die Klägerin beauftragte ihre Prozessbevollmächtigte mit der Beitreibung der Hausgelder.
Mit Schreiben vom 28/30.01.2022 hatte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zur Zahlung des rückständigen Hausgeldes aufgefordert. Eine Zahlung erfolgt nicht.
In der Folge hatte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Grundbuchauszüge eingeholt und festgestellt, dass die oben erwähnte Eigentumsübertragung stattgefunden hatte.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.03.2022 mitgeteilt, dass die Hausgeldrückstände nicht zu zahlen seien und hat die Beklagte allerdings zur Zahlung der durch die anwaltlichen Schreiben vom 28.01.2022 und 30.01.2022 entstandenen Anwaltskosten aufgefordert. Die Beklagte zahlte allerdings nicht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 587,50 zu zahlen nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.02.2022
und weitere Kosten in Höhe von 10,00 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab 16.02.2022.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, sie habe unmittelbar nach dem 12.08.2021 der Klägerin eine Abschrift der Grundbuchnachricht über den Eigentumswechsel übermittelt.
Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass allenfalls der neue Eigentümer verpflichtet sei einen Eigentumswechsel anzuzeigen, eine derartige Pflicht treffe jedenfalls nicht die Beklagte als ehemalige Eigentümerin.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Die Beklagte ist verpflichtet an die Klägerin 587,50 EUR nebst Zinsen in tenorierter Höhe zu zahlen.
Die Beklagte war aufgrund der sich aus dem wohnungseigentümerrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebenden Treuepflichten verpflichtet, die Klägerin über ihr Ausscheiden aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu informieren.
Die Treuepflicht dauert zwar grundsätzlich nur bis zum Ausscheiden des Wohnungseigentümers aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Allerdings kommen darüber hinaus auch noch nachwirkende Treuepflichten in Betracht. Wann diese eingreifen, ist eine Frage des Einzelfalls. Im hier zu entscheidenden Fall bestehen derartige Treuepflichten, da die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 13.01.2022 zur Zahlung rückständigen Hausgeldes aufgefordert hat. Die Beklagte hatte gegenüber der Klägerin hinsichtlich des Eigentumswechsels einen Wissensvorsprung und wusste aufgrund der Geltendmachung von Hausgeldrückständen ihr gegenüber, dass die Klägerin über diese Kenntnis nicht verfügte. Unter diesen Umständen war es der Beklagten ohne Weiteres zuzumuten die Klägerin über den Eigentumswechsel in Kenntnis zu setzen. Dieser Verpflichtung steht auch nicht die Pflicht des Erwerbers, der Klägerin seinen Eigentumserwerb anzuzeigen (hierzu vgl. LG Köln, Urteil vom 4.April 2019 – 29 S 189/18 –, juris), entgegen, denn die Beklagte konnte auf Grund der Anforderung der Hausgelder erkennen, dass der Erwerber dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist.
Soweit die Beklagte behauptet, dass sie den Eigentumswechsel der Klägerin angezeigt hat, hat sie trotz Hinweis des Gerichtes im Beschluss vom 21.10.2022 hierfür keinen Beweis angeboten.
Das Unterlassen der Anzeige des Eigentumswechsels war kausal für die Beitreibungsschreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 28/30.01.2022. Hätte die Beklagte die Klägerin über den Eigentumswechsel informiert, hätte di...