Dipl.-Kffr. Beate Behnke-Hahne
Der Mahnprozess ist der Vollstreckung vorgelagert. Bei öffentlich-rechtlichen Forderungen ist die Mahnung bei ausbleibender Zahlung eine Voraussetzung für die Aufnahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Informationen zum Umfang und zum Volumen der gemahnten Forderungen in den kommunalen Haushalten stellen bisher keine gesetzlichen Erhebungsmerkmale dar und werden daher nicht systematisch erhoben und statistisch ausgewertet. Aus einem interkommunalen Vergleich der KGSt, an dem neun Großstädte (Einwohnerzahl > 400.000) teilgenommen haben, lässt sich ein Median aus dem Vergleichszeitraum 2009 bis 2014 ableiten. In den teilnehmenden Großstädten lag der Anteil der gemahnten Forderungen (Anzahl) an den Gesamtforderungen (Anzahl) bei 6,5 Prozent. Betrachtet man das Volumen der gemahnten Forderungen, lag der Median bei 3,5 Prozent. Das heißt: 3,5 Prozent des gesamten Forderungsvolumens wurde nicht termingerecht zur Fälligkeit beglichen und musste gemahnt werden. Auch wenn die Prozentwerte als nicht besonders hoch erscheinen, veranlassen die absoluten Werte, die bei über 100.000 Mahnungen pro Jahr und einem Forderungsvolumen von bis zu 75 Mio. EUR liegen, dazu, sich intensiv mit dem Mahnprozess zu beschäftigen.
Eine Besonderheit bei den öffentlich-rechtlichen Forderungen ist die Vielzahl der eingesetzten und notwendigen Mahnverfahren, die in den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen begründet ist. In einer Großstadtverwaltung in NRW werden z. B. neun unterschiedliche Mahnverfahren eingesetzt:
Mahnverfahren |
Bezeichnung |
1 |
Öffentlich-rechtliche Forderung mit Mahngebühr ohne Säumniszuschlag und ohne weitere Vollstreckung |
2 |
Öffentlich-rechtliche Forderung mit Mahngebühr ohne Säumniszuschlag und anschließende Vollstreckung |
3 |
Öffentlich-rechtliche Forderung mit Mahngebühr und Säumniszuschlägen gemäß § 240 AO |
4 |
Öffentlich-rechtliche Forderung mit Mahngebühr und Säumniszuschlägen gemäß § 18 Gebührengesetz für das Land NRW |
5 |
Übergreifendes Mahnverfahren (bei gemischten Mahnverfahren je Forderungsart und Mahnlauf) |
6 |
Öffentlich-rechtliche Mahnung für Bußgelder für Verkehrsordnungswidrigkeiten |
7 |
Öffentlich-rechtliche Forderung mit Mahnung ohne Mahngebühr, ohne Säumniszuschläge mit anschließender Vollstreckung |
8 |
Zahlungserinnerung einer privat-rechtlichen Forderung mit öffentlich-rechtlicher Vollstreckung |
9 |
Mahnverfahren für Ratenpläne (mit Deaktivierungsfunktion) |
Die Erfolgsquote kann im Mahnprozess durch die folgenden Maßnahmen positiv beeinflusst werden:
- die Ausgestaltung der Mahnung (übersichtlich, verständlich und klar hinsichtlich der offenen Forderungen und eindeutig hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Nichtzahlung),
- einheitliche und aktuelle Personenstammdaten,
- gut erreichbarer und reaktionsfähiger Kundenservice in der Mahnphase,
- auf die Mahnphase abgestimmter Maßnahmenkatalog für zahlungswillige, aber zahlungsunfähige Schuldner,
- Anzahl der Mahnstufen vor Beginn der zwangsweisen Beitreibung.
Für den zeitlichen Prozessablauf in der Mahn- und Beitreibungsphase sind als variable Parameter die Verzugstage sowie die Anzahl und Fristdauer von Mahnstufen relevant. Als Verzugstage bezeichnet man die Zeitspanne zwischen der Fälligkeit einer Forderung und der Mahnung. Bei öffentlich-rechtlichen Forderungen soll der Vollstreckungsschuldner i. d. R. vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden (§ 259 AO i. V. m. dem einschlägigen KAG). Einige Kommunalabgabengesetze schreiben die Mahnung wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen vor Einleitung der Verwaltungsvollstreckung zwingend vor. Ist eine Forderung von einem Haftungs- oder Drittschuldner zu fordern, ist eine Mahnung nicht nur für den Vollstreckungsschuldner selbst, sondern auch für den Haftungs- bzw. Drittschuldner notwendig.
Einer Mahnung bedarf es nicht, wenn der Vollstreckungsschuldner vor Eintritt der Fälligkeit an die Zahlung erinnert wird. An die Zahlung kann auch allgemein durch eine öffentliche Bekanntmachung erinnert werden (§ 259 Satz 3 AO i. V. m. dem einschlägigen KAG).
Keiner Mahnung bedarf es bei der Beitreibung von
- festgesetzten Zwangsgeldern zur Durchsetzung einer verwaltungsrechtlichen Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht,
- Kosten der Ersatzvornahme wegen Unterlassens verwaltungsrechtlicher Handlungspflichten,
- Säumniszuschlägen als Nebenforderungen zur Hauptforderung eines Leistungs- oder Kostenbescheids,
- Zinsen als Nebenforderungen zur Hauptforderung eines Leistungs- oder Kostenbescheids.
Bei privatrechtlichen Forderungen darf die Mahnung nicht nach den Grundsätzen der Verwaltungsvollstreckung erfolgen, sondern dient dazu, den Schuldner in Verzug zu setzen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). In der kommunalen Verwaltungspraxis hat sich für die erste Mahnung eine Verzugsdauer von sieben bis zu zehn Tagen etabliert.
Im Beitreibungsprozess sind die Verzugstage zwischen der Mahnung und dem Vollstreckungsbeginn als ein variabler Parameter festzulegen. In der Verwaltungspraxis liegen die Verzugstage zw...