Teil B: Rechtsbehelfe / Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Beschlagnahme [Rdn 110] | Deutsches Anwalt Office Premium | Recht

Daniel Amelung, Lars Bachler

Das Wichtigste in Kürze:

1.	Hinsichtlich des Rechtsschutzes gegen Beschlagnahmeanordnungen ist bei noch nicht erledigten, d.h. noch andauernden bzw. noch nicht vollzogene, Beschlagnahmeanordnungen bezüglich des Rechtsschutzes hinsichtlich des Anordnenden zu differenzieren.
2.	Auch bei erledigten Beschlagnahmeanordnungen ist nachträglicher Rechtsschutz möglich.
3.	Soll die Art und Weise der Vollziehung bemängelt werden, kann, solange der Vollzug andauert, bei dem für die Beschlagnahmeanordnung zuständigen Richter nach § 98 Abs. 2 S. 2 richterliche Entscheidung beantragt werden. Ist der Vollzug erledigt, die Beschlagnahme also beendet, ist ggf. eine Anrufung des Gerichts möglich.
4.	Hinsichtlich der Zulässigkeit und zum weiteren Verfahren der jeweiligen Rechtsschutzmöglichkeiten sowie zur Prüfungskompetenz des angerufenen Gerichts sind Besonderheiten zu beachten.
5.	Die zur Beschlagnahme nach § 98 entwickelten Grundsätze gelten gleichermaßen auch für die weiteren, in der StPO geregelten Beschlagnahmeanordnungen.
6.	Weder der Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch die Beschwerde bedürfen einer Begründung. Diese ist jedoch zu empfehlen.

Rdn 111

Literaturhinweise:

Amelung, Der Rechtsschutz gegen strafprozessuale Grundrechtseingriffe und die neue Rechtsprechung zur Ausweitung des Eingriffsbegriffs bei staatlichen Ermittlungsmaßnahmen, StV 2001, 131

Bachmann, Einheitlicher Rechtsschutz im Ermittlungsverfahren, NJW 1999, 2414

Biernat, Rechtsschutz gegen Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren, JuS 2004, 401

Burhoff, Beschlagnahme von Unterlagen beim Steuerberater, PStR 1999, 243

ders., Durchsuchung und Beschlagnahme im Strafverfahren, ZAP Fach 22, 299

Dörr, Rechtsschutz gegen vollzogene Durchsuchungen und Beschlagnahmen im Strafermittlungsverfahren, NJW 1984, 2258

Fezer, Effektiver Rechtsschutz bei Verletzung der Anordnungsvoraussetzung "Gefahr im Verzug", in: Festschrift für Peter Rieß, 2002, S. 93

Hilger, Über den "Richtervorbehalt" im Ermittlungsverfahren, JR 1990, 485

Laser, Das Rechtsschutzsystem gegen strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, NStZ 2001, 120

Locklair, Sind Rechtsmittel gegen Durchsuchungen und Beschlagnahmen zweckmäßig?, PStR 1999, 37

Löffelmann, Der Rechtsschutz gegen Ermittlungsmaßnahmen – Zugleich Besprechung von BGH, Beschl. v. 8.10.2008 – StB 12–15/08, StV 2009, 3

StV 2009, 379

Meyer, Die Fortsetzungsfeststellungsklage im Strafprozessrecht, in: HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer, 2008, S. 131

Nagel, Rechtsschutz gegen verfahrenseinleitende und -fortführende Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden im Ermittlungsverfahren, StV 2001, 185

Park, Der Anspruch auf rechtliches Gehör im Rechtsschutzverfahren gegen strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, StV 2009, 276

ders., Die Anfechtung von Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen, StRR 2008, 4

Roxin, Zur richterlichen Kontrolle von Durchsuchungen und Beschlagnahmen, zugleich Anm. zu BVerfG StV 1997, 393/94

LG Neuruppin StV 1997, 506, StV 1997, 654

s.a. die Hinw. bei → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil B Rdn 93 und bei → Rechtsbehelfe, Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Durchsuchung, Teil B Rdn 153.

Rdn 112

1. Die Beschlagnahme ist in erster Linie, im Fall des § 98 Abs. 2 S. 2 ausschließlich durch das nach § 162 zuständige Gericht anzuordnen. Bei Gefahr in Verzug sind auch die StA und – nachrangig – ihre Ermittlungspersonen für die Beschlagnahmeanordnung zuständig. Insoweit ist gegen noch nicht erledigte, d.h. noch andauernde bzw. noch nicht vollzogene Beschlagnahmeanordnungen bezüglich des Rechtsschutzes wie folgt zu differenzieren (eingehend hierzu Burhoff, EV, Rn 830 ff.):

Rdn 113

Nichtrichterliche Beschlagnahmeanordnung

▪

Für die nichtrichterliche Beschlagnahmeanordnung steht der Weg nach § 98 Abs. 2 zur Verfügung. D.h. zum einen obliegt es dem Beamten, mithin dem StA oder seiner Ermittlungsperson, der die Anordnung getroffen hat, die gerichtliche Bestätigung unter den in § 98 Abs. 2 S. 1 genannten Voraussetzungen herbeizuführen, sofern nicht bereits ein Antrag nach § 98 Abs. 2 S. 2 vorliegt (Meyer-Goßner/Schmitt, § 98 Rn 13). Zum anderen kann der Betroffene selbst gegen die – auch formlose (vgl. OLG Düsseldorf wistra 1997, 77) – Beschlagnahmeanordnung der StA und ihrer Ermittlungspersonen nach § 98 Abs. 2 S. 2 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen.

☆ Ein in diesem Kontext unzutreffend als Beschwerde bezeichneter Rechtsbehelf ist in einen solchen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 S. 2 umzudeuten (OLG Koblenz NStZ 2007, 285; LG Bielefeld wistra 2008, 117; LG Essen wistra 2010, 78; LG Frankfurt an der Oder StraFo 2008, 330; HK- Gercke , § 98 Rn 33; MüKo-StPO/ Hauschild , § 98 Rn 39). Gleiches gilt auch für einen Widerruf der zunächst freiwilligen Herausgabe (OLG Düsseldorf, a.a.O.; HK- Gercke , a.a.O.; KK- Greven , § 98 Rn 18; MüKo-StPO/ Hauschild , a.a.O.). Hat das Gericht die Anordnung der Beschlagnahme nach § 98 Abs. 2 S. 1 bestätigt, so ist der Antrag als Gesuch um Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses anzuseh...

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