Karolina Eilinghoff, Olga Broviy
Rz. 74
Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG sind 25 % der Entgelte für Schulden dem Gewerbeertrag i. S. d. § 7 GewStG wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Da aufgrund der Anwendung der Zinsschranke nicht abziehbare Zinsaufwendungen im Gewerbeertrag jedoch bereits enthalten sind, unterliegen diese nicht mehr der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschriften (vgl. auch Teil C Rz. 79). Nur soweit also Zinsaufwendungen i. R.d. Zinsschranke abziehbar sind, fallen sie in den Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Hierdurch wird die Doppelbesteuerung der Zinsaufwendungen i. R.d. Besteuerung mit der Gewerbesteuer vermieden.
Rz. 75
Vom Umfang her greift § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG für den gesamten in einem Wj. zum Abzug zugelassenen Zinsaufwand, d. h. unabhängig davon, ob er aus einem Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG) oder aus im lfd. Wj. abziehbaren Zinsen resultiert. Anderes könnte allerdings gelten, wenn man berücksichtigt, dass es sich bei dem Zinsvortrag um fingierte Betriebsausgaben und nicht um "Entgelte" im gewerbesteuerlichen Sinne handelt. Folge dieser differenzierteren Sichtweise könnte sein, dass die Nutzung des Zinsvortrags keine Hinzurechnung bei der Besteuerung auslöst. Es bleibt abzuwarten, inwieweit eine diesbezügliche Klärung durch die Finanzverwaltung bzw. die Finanzgerichtsbarkeit herbeigeführt wird.
Rz. 76
Fraglich ist in diesem Zusammenhang darüber hinaus, wie vorzugehen ist, wenn der Zinsvortrag nur teilweise genutzt wird und somit teilweise weiter vorgetragen wird. Weder der Gesetzeswortlaut noch das BMF geben eine Antwort hierzu, obwohl diese Frage gerade dann gelöst werden müsste, wenn die Qualifikation der im Zinsvortrag enthaltenen Aufwendungen aus gewerbe- und ertragsteuerlicher Sicht auseinander fällt. Eine Lösung könnte das FIFO-Verfahren darstellen, das klare Regeln bzgl. der Verwendungsreihenfolge festlegt.
Rz. 77
Von der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung auszunehmen sind jedenfalls Zinsaufwendungen, die nicht zugleich der Definition eines "Entgelts für Schulden" i. S. d. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG entsprechen. M.a.W.: Nicht alle i. R.d. § 4h EStG abzugsfähigen Aufwendungen sind automatisch bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnen. Es muss vielmehr jeweils im Einzelnen geprüft werden, inwieweit der i. R.d. Zinsschranke geltend gemachte Zinsaufwand überhaupt noch Entgelte für Zwecke der Gewerbesteuer enthält.
Rz. 78
Die Organgesellschaft gilt gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträgers (sogenannte Betriebsstättenfiktion). Die Gewerbeerträge der Organgesellschaft und des Organträgers sind dennoch zunächst getrennt voneinander zu ermitteln; erst im Anschluss daran erfolgt die Hinzurechnung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft zu derjenigen des Organträgers. Aufgrund dieser Betriebsstättenfiktion, die auf dem einheitstheoretischen Grundgedanken der gewerbesteuerlichen Organschaft beruht, werden innerorganschaftliche Sachverhalte neutralisiert, so dass Hinzurechnungen oder Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG) unterbleiben, sofern sie andernfalls zu einer doppelten Belastung bzw. Entlastung führen würden (vgl. R 7.1 Abs. 5 GewStR 2009). I.R.d. Betriebsstättenfiktion verweist § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG allerdings ausschließlich auf die Vorschriften der §§ 14, 17 oder 18 KStG. Mangels des Verweises in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG auf § 15 KStG ist daher unklar, ob diese körperschaftsteuerliche Vorschrift auch auf die Gewerbeertragsermittlung der Organgesellschaft durchschlägt. Insbes. ist hier fraglich, ob sich die Betriebsstättenfiktion auch auf § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG erstreckt, wonach die Zinsschranke bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden ist. Problematisch ist diese Fragestellung, weil die Organgesellschaft für die gesonderte Ermittlung ihres Gewerbeertrags darüber in Kenntnis gesetzt werden muss, welcher Teil i. R.d. Zinsschranke abzugsfähig war und demnach der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG unterliegt.
Rz. 79
Weder das Gesetz noch die Finanzverwaltung geben hierzu eine eindeutige Antwort. Während in der Literatur die Anwendung der Bruttomethode bei der Gewerbeertragsermittlung deutlich umstritten ist, hat sich die Finanzverwaltung bei einer ähnlich gelagerten Problematik der gewerbesteuerlichen Behandlung von steuerfreien Beteiligungserträgen der Organgesellschaft für die analoge Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG (sogenannte Bruttomethode) i. R.d. Gewerbeertragsermittlung entschieden. Folgt man der Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG auch bei der Gewerbesteuer, wird die Zinsschranke bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft grds. nicht berücksichtigt. Erst auf Ebene des Organträgers wäre zu prüfen, ob der Zinsabzug (partiell) gem. § 4h EStG zu versagen ist. Schließt man sich dieser Ansicht an, so bietet sich die folgende Vorgehensweise an, um die Höhe der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zu ermitteln:
- Organgesellschaft informiert den Organträger über die Höhe ihrer Zins...