Zusammenfassung
Nichts bleibt mehr wie es war. Wir leben in einer Welt, die von ständiger Veränderung geprägt ist. So machen auch die voranschreitende Digitalisierung und elektronische Dienste vor sämtlichen Lebensbereichen keinen Halt. Dieser digitale Wandel rückt nun auch mehr und mehr in den Fokus der Politik, die seit längerer Zeit Handlungsschwerpunkte in das Themenfeld der Digitalisierung, unter anderem im Bereich der öffentlichen Verwaltung, setzt. Bereits im einleitenden Kapitel des aktuellen Koalitionsvertrags wird ihr Ziel deutlich: "Wir schaffen eine bürgernahe, digitale Verwaltung". Entsprechend der generellen und grundgesetzlich verankerten Gewährleistungs- und Gestaltungsverantwortung für das Funktionieren von Basisinfrastrukturen stehen Staat und öffentliche Verwaltung somit vor der großen Herausforderung, die Digitalisierung auch in ihrem unmittelbaren Handlungsbereich weiter voranzutreiben.
Doch wie soll dies in Zukunft geschehen? Welche Faktoren beeinflussen die Umsetzung eines solchen Vorhabens? Und inwieweit erfolgt eine Berücksichtigung dieser Faktoren in der Praxis? Diese Fragen beantwortet der Beitrag mit einem rechtlichen Überblick über status quo und mögliche zukünftige Entwicklungen sowie mit einem Einblick auf das aktuelle Projekt Baden-Württembergs "service.bw".
1 Baustein für eine digitale Verwaltung – das Onlinezugangsgesetz
Fortschritt in Sachen Digitalisierung soll das Onlinezugangsgesetz (OZG) bringen. Mit dem in 2017 neu erlassenen Gesetz bzw. dem im Rahmen der Umsetzung geplanten Portalverbund hat der Staat ein neues und eines der aktuell größten Vorhaben im Kontext des E-Governments geschaffen. Dieses Projekt soll den digitalen Entwicklungsrückstand im Bereich der öffentlichen Verwaltung in den kommenden 3 Jahren aufholen und die Aktivitäten auf allen Ebenen intensivieren. Deutschlands Bundes-CIO Klaus Vitt drängt auf eine baldige Realisierung, denn viel Zeit, um den bisherigen Rückstand in Deutschland aufzuholen, bleibe nicht mehr.
1.1 Rückständiges Deutschland?
Doch wie rückständig ist Deutschland im Bereich E-Government tatsächlich? Thematisiert wird die Erschließung der Potenziale des E-Governments seit über 20 Jahren. Erste Berührungspunkte der Verwaltung mit diesem Themenbereich finden sich bereits in den 90er-Jahren. Damals wurden vereinzelt Behördenwebsites und weitere Portale ins Leben gerufen, die über Leistungsangebote informierten. Seit den 2000er-Jahren hat auch die Politik ein verstärktes Interesse an dem elektronischen Angebot.
Im Zuge der Föderalismusreform im Jahr 2009 wurde das Grundgesetz mit dem Art. 91c ergänzt, der eine neue Grundlage schaffen sollte und dem Bund die Gesetzgebungskompetenz gab, den Zugang zu Verwaltungsleistungen des Bundes und der Länder einheitlich zu regeln. Nur 1 Jahr später nahm der IT-Planungsrat seine Arbeit auf und beschloss im September 2010 eine nationale E-Government-Strategie, welche deutliche Ziele wie etwa eine Nutzerorientierung für Bürger, Unternehmen und Verwaltung für Deutschlands Behörden definierte. Im weiteren Verlauf wurden zudem Überlegungen angestellt, wie das Bundesrecht hinsichtlich der elektronischen Kommunikation umgestaltet werden könne, um es mehr auf die Bedürfnisse zuzuschneiden.
Am 1. August des gleichen Jahres trat das E-Government-Gesetz des Bundes in Kraft, welches die Verwaltung und die Digitalisierung miteinander vereinen sollte. Diesem Beispiel folgten auch die Bundesländer und entwickelten ihre eigenen landesrechtlichen E-Government-Gesetze. Bereits im Oktober 2016 bereitete sich die Mehrzahl der Länder auf ein eigenes Gesetz vor. Am 14.10.2016 entschied die Ministerpräsidentenkonferenz im Zusammenhang mit der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, dass die Online-Angebote der öffentlichen Verwaltung für Bürger und Wirtschaft über ein vom Bund errichtetes zentrales Bürgerportal erreichbar sein sollen und über das auch die Länder ihre Online-Dienstleistungen bereitzustellen haben. Daraufhin wurde am 1.6.2017 die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs vom Deutschen Bundestag beschlossen. Auch dem Gesetzespaket, das 13 Grundgesetzänderungen und ein Begleitgesetz mit 23 Einzelgesetzen enthält, wurde zugestimmt. Bund und Länder haben sich daraufhin auf einen Portalverbund geeinigt. Noch im gleichen Jahr verabschiedete die Regierung das OZG. Am 8.2.2018 wurden die Grundprinzipien der geplanten IT-Architektur vom IT-Planungsrat für verbindlich erklärt und das Pilotprojekt eines Online-Gateways für die intelligente Verknüpfung der Portale von Bund und Ländern beschlossen.
Trotz seiner Bemühungen erzielt Deutschland bei verschiedenen Studien in der Vergangenheit ein ernüchterndes Ergebnis. Sei es im nationalen als auch im internationalen Vergleich. Deutschland weist tatsächlich deutliche Rückstände auf. Derzeit gelten besonders Estland, Dänemark und Österreich als die nennenswerten Vorreiter im europäischen E-Government....