Gem. Art. 395 Abs. 1 MwStSystRL kann der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von der MwStSystRL abweichende Sondermaßnahmen anzuwenden, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhindern.
Mit Durchführungsbeschluss (EU) 2024/3150 ist Italien unter Änderung des Durchführungsbeschlusses 2018/593/EU ermächtigt worden, weiterhin eine von den Art. 218 und 232 MwstSystRL abweichende Regelung anzuwenden. Damit ist es Italien erlaubt, weiterhin (befristet bis 31.12.2027) für alle im italienischen Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmer, auch für Steuerpflichtige, die die Steuerbefreiung für Kleinunternehmen gem. Art. 282 MwStSystRL in Anspruch nehmen, die obligatorische elektronische Rechnungsstellung anzuwenden. Italien zufolge sind mit der Einführung des Systems der obligatorischen elektronischen Rechnungsstellung, das alle ausgestellten Rechnungen durch das von der italienischen Steuerbehörde verwaltete System "Sistema di Interscambio" leitet, alle Ziele der Maßnahme – Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, Vereinfachung der Einhaltung der Steuervorschriften, effizientere Steuererhebung und damit Senkung der Verwaltungskosten für die Unternehmen – vollständig erreicht worden.
Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2024/3205 ist Ungarn unter Änderung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2018/1493 ermächtigt werden, weiterhin, bis 31.12.2027, das Recht auf Vorsteuerabzug bei Ausgaben im Zusammenhang mit Pkw, die nicht ausschließlich für geschäftliche Zwecke genutzt werden, auf 50 % zu begrenzen und abweichend von Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL gleichzeitig die Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw für den unternehmensfremden Bedarf des Steuerpflichtigen nicht als steuerbare unentgeltliche Wertabgabe zu behandeln.
Außerdem ist Ungarn mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2024/3209 unter Änderung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2018/789 ermächtigt worden, weiterhin, bis 31.12.2026, das Reverse-Charge-Verfahren auch anzuwenden auf Lieferungen durch Unternehmer, die sich in einem Insolvenzverfahren befinden, nämlich für die Lieferung von Investitionsgütern sowie die Lieferung anderer Gegenstände oder die Erbringung von Dienstleistungen mit einem "Normalwert" von über 100 000 HUF.
Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2024/3206 ist Lettland unter Änderung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2015/2429 ermächtigt worden, weiterhin, bis 31.12.2027, das Recht auf Vorsteuerabzug bei Ausgaben für Pkw, die nicht ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet werden, auf 50 % zu begrenzen und die Nutzung eines dem Unternehmen eines Steuerpflichtigen zugeordneten Pkw für private Zwecke gleichzeitig nicht als steuerbare unentgeltliche Wertabgabe zu behandeln.
Außerdem ist Lettland mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2024/3207 unter Änderung des Durchführungsbeschlusses 2009/1008/EU ermächtigt worden, weiterhin, bis 31.12.2026, bei Lieferungen von Holz oder damit zusammenhängenden Dienstleistungen das Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden.
Nach dem Vorschlag der EU-Kommission vom 14.1.2025 soll Polen mit Änderung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2019/310 ermächtigt werden, weiterhin, bis 28.2.2028, das sog. Split-Payment-Verfahren anzuwenden. Danach müssen unternehmerische Leistungsempfänger die ausgewiesene MwSt in Rechnungen, die im Zusammenhang mit bestimmten Lieferungen und Dienstleistungen zwischen Unternehmern ausgestellt und per elektronischer Banküberweisung bezahlt werden, auf ein gesondertes MwSt-Sperrkonto des Fiskus in Polen entrichten. Hiervon sind Lieferungen folgender Gegenstände bzw. folgende Dienstleistungen betroffen: Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten, Bau- und Montageleistungen, Stahl und Stahlerzeugnisse, Metalle und Erzeugnisse daraus, Edelmetalle und Erzeugnisse daraus, Schmuck, Perlen, Edelsteine, bestimmte elektrische Produkte und Geräte sowie bestimmte elektronische Produkte und Geräte (insbesondere: Tablets, Laptops, Notebooks, Mobiltelefone, Digitalkameras, Prozessoren, Videospielkonsolen und -geräte, Speichergeräte), Kraftstoffe, Kohle und Energieerzeugnisse aus Kohle, bestimmte gebrauchte Materialien, Schrott, Abfälle, pflanzliche und tierische Öle und Fette, Kartuschen für Geräte, einschließlich Toner, Tinten und dergleichen, Kunststoffe und Kunststoffartikel, insbesondere Streckfolien sowie Teile und Zubehör für Kraftfahrzeuge.
Nach dem Vorschlag der EU-Kommission vom 4.2.2025 soll Estland ermächtigt werden, weiterhin, bis 31.12.2027, abweichend von den Art. 168 und 168a MwStSystRL das Recht auf Vorsteuerabzug bei Ausgaben für Pkw, die nicht ausschließlich für Unternehmenszwecke genutzt werden, auf 50 % zu begrenzen, wenn diese Ausgaben den Kauf, das Leasing, den innergemeinschaftlichen Erwerb oder die Einfuhr von nicht ausschließlich für Unternehmenszwecke genutzten Pkw sowie die Wartung und Reparatur dieser Fahrzeuge und den Erwerb von Kraftstoff...